Damit OHSAS 18001 nicht zur Farce wird

Kleiner Tip an Aufsichtsbeamte: Wenn es in den von Ihnen kontrollierten Betrieben Arbeitnehmervertreter gibt und wenn diese Betriebe nach OHSAS 18001 zertifiziert sind, dann lassen Sie sich bitte nicht von dem Zertifikat sedieren, sondern fragen Sie die Arbeitnehmervertreter proaktiv, ob und wie sie an dem Zertifizierungsprozess und den Überprüfungen (z.B. interne Audits) beteiligt werden. Der Standard verlangt das. Ist es geregelt und dokumentiert, wie die Arbeitnehmer beteiligt werden oder läuft das als Gefälligkeit des Arbeitgebers? Wie wird der Standard, wie es so schön heißt, wirklich gelebt?
Kennen die Arbeitnehmer die Gefährdungsbeurteilung zu ihren Arbeitsplätzen? Wurden die Arbeitnehmer in den vorgeschriebenen Unterweisungen auch mit dem kniffeligen Thema der psychischen Belastungen vertraut gemacht?
Überprüfung des Arbeitsschutzsystems: Alternativ zur nach der LV 54 etwas “lockereren” Kontrolle zertifizierter Unternehmen ist es keine schlechte Idee, die zertifizierte Norm, die sich das Unternehmen ja freiwillig ausgesucht, auch zum Maßstab der Kontrolle zu machen. In Hamburg verfährt die Aufsichtsbehörde dabei wieder nach der LV 54. Interessant ist auch eine Checkliste der BG ETEM.
Arbeitnehmervertreter sollten verstehen und nachvollziehen können, wie man für OHSAS 18001 (z.B. mit EN ISO 19011) interne Audits macht. So etwas kann man lernen. Auch der Betriebsrat kann Audits durchführen.
(aktualisiert: 2013-04-03)

Bundestag: Aufsichtstätigkeit beim Arbeitsschutz

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Drucksache 17/10026, 2012-07-03
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/102/1710229.pdf
(oder http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/07/1710229vorab.pdf)

4. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Aufsichtspersonen ausreichend qualifiziert sind, um den Anforderungen bei der Besichtigung von psychischen Gefährdungen angemessen gerecht zu werden?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht, und welche Maßnahmen plant die Regierung?

Die Integration des Gefährdungsfaktors „psychische Belastung“ in die Arbeitsschutzaufsicht erfordert eine veränderte Herangehensweise. Die bisherigen Konzepte greifen hier nicht. Psychische Belastungen sind im Rahmen von Betriebsbesichtigungen nur schwer zu ermitteln. Ein einfacher Soll-Ist-Vergleich (wie z. B. bei physikalischen oder stoffbezogenen Grenzwerten) ist nicht mögich. Psychische Belastungen müssen im Rahmen von Gesprächen mit dem Arbeitgeber und den Beschäftigten sowie durch intensive Beobachtungen vor Ort ermittelt werden. Eine solche Vorgehensweise ist zeit- und personalaufwändiger als die bisherige Ermittlung der klassischen Gefährdungsfaktoren, die in Verordnungen und staatlichen Regeln weitgehend konkretisiert sind. Erste Schritte zur Qualifizierung der Aufsichtsbeamtinnen und -beamten haben die Länder und die Unfallversicherungsträger bereits frühzeitig eingeleitet. So wurde im Jahr 2009 die LASI-Veröffentlichung LV 52 „Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder“ erarbeitet. Mit der Umsetzung der LV 52 wurde durch ein spezielles länderübergreifendes Schulungskonzept begonnen. Im Rahmen des „Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung“ der GDA wird die Qualifizierung der Aufsichtspersonen der Länder und auch der Unfallversicherungsträger einen Schwerpunkt darstellen. Eine „Leitlinie Beratung und Überwachung zu psychischer Belastung“ ist in Vorbereitung.

(Links nachträglich eingetragen)
-> Alle Beiträge zu dieser Kleinen Anfrage im Bundestag

2002: Schleppende Umsetzung

In einem Hinweis (http://lasi.osha.de/de/gfx/publications/lv21_info.htm) zur LV 28 schrieb der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (LASI) bereits im Jahr 2002:

Konzept zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention (LV 28)
Ausgabejahr 2002 – Seiten 33 – Format A4 – ISBN 3-936415-24-2
Psychische Über- und Falschbelastungen am Arbeitsplatz schädigen nicht nur die Gesundheit der Menschen, sondern wirken sich auch auf die Leistungsfähigkeit der Betriebe negativ aus. Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation aus dem Jahr 2000 kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland jeder 7. Fall von Frühinvalidität und jeder 6. Krankheitstag durch psychische Fehlbelastungen verursacht sind. Die gesamten Folgekosten werden auf rund 70 Mrd. Euro geschätzt. Europaweit klagen mehr als ein Viertel aller Beschäftigten über arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme infolge von Stress, Tendenz zunehmend.

Vor diesem Hintergrund hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe aller Länder unter Leitung Bayerns beauftragt, ein “Konzept zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention” zu erstellen. Die Informationen des Konzeptes sind nicht nur für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder geeignet, sondern von allen nutzbar, die mit diesen Themen zu tun haben oder sich dafür interessieren.
Zur praktischen Umsetzung des Konzeptes wird die interdisziplinäre Arbeitsgruppe eine “Handlungsanleitung für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen und zu Möglichkeiten der Prävention” erstellen, die als LV 31 erscheinen wird.

(Links und Hervorhebungen nachträglich eingefügt)
 
http://lasi.osha.de/docs/lv21_03_06.pdf

Vorwort 
Die gegenwärtige Arbeitswelt ist von einem Strukturwandel geprägt, der für eine Vielzahl von Beschäftigten erhebliche Veränderungen im Hinblick auf

  • Arbeitszeit (Nacht- und Schichtarbeit, Arbeit an Wochenenden, Flexibilisierung),
  • Arbeitsorganisation (Gruppenarbeit, Telearbeit, Scheinselbständigkeit) und
  • Belastungen am Arbeitsplatz mit sich bringt

mit sich bringt.
Während in der Vergangenheit die Probleme des Arbeitsschutzes primär im Bereich der Unfallgefährdung und der physischen Belastungen (Lärm, Hitze/Kälte, Gefahrstoffe usw.) lagen, tritt heute und in der Zukunft die Gefährdung von Beschäftigten durch psychische Belastungen am Arbeitsplatz immer stärker in den Vordergrund.
Dies bedeutet aber auch, dass die im Arbeits- und Gesundheitsschutz tätigen Institutionen und Personen sich intensiver mit den „neuen“ Belastungen (z.B. Burnout-Syndrom, Mobbing usw.) auseinandersetzen müssen. Die schleppende Umsetzung in der Praxis zeigt, dass die Problemschwerpunkte unter anderem im Mangel geeigneter Instrumente für die Aufsichtsbehörden zu sehen sind, mit denen psychische Belastungen analysiert und bewertet werden können.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder haben daher den Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) beauftragt, ein Konzept zu erstellen, das geeignete Instrumente für die Beurteilung psychischer Belastungen anhand konkreter betrieblicher Situationen beschreibt und Methoden aufzeigt, mit denen Aufsichtsbehörden in das Betriebsgeschehen eingreifen können.
Dieses Konzept liegt jetzt vor und wird durch die Aufnahme in die Reihe der LASI-Veröffentlichungen einer breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt.
Es wird in Kürze durch einen Handlungsleitfaden für die staatlichen Arbeitsschutzbehörden ergänzt.
Saarbrücken, den 10. Juni 2002
Gerd Rink
LASI-Vorsitzender

(Links und Hervorhebungen nachträglich eingefügt)
Die “schleppende Umsetzung” startete vermutlich mit der Verabschiedung des Arbeitsschutzgesetzes im Jahr 1996.

Arbeitsschutzorganisation ist Pflicht

Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle, LV 54, 2011-03
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI)
http://blog.psybel.de/2011/12/29/grundsaetze-der-behoerdlichen-systemkontrolle/
S. 9:

2 .Ziele der behördlichen Systemkontrolle 
Die behördliche Systemkontrolle stellt das Instrumentarium dar, mit dem die zuständige Arbeitsschutzbehörde das Vorhandensein und das Funktionieren einer systematischen Arbeitsschutzorganisation hinsichtlich ihrer Eignung im Sinne des § 3 ArbSchG überprüft. Werden Defizite festgestellt, wirkt die zuständige Arbeitsschutzbehörde auf eine geeignete betriebliche Organisation hin.
Eine geeignete Organisation muss sicherstellen, dass:

  • die Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden,
  • Mängel im Arbeitsschutz festgestellt und beseitigt werden,
  • Schwachstellen in der Arbeitsschutzorganisation einschließlich der organisatorischen Ursachen konkreter Arbeitsschutzdefizite analysiert sowie Korrektur- und Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden,
  • die innerbetriebliche Kommunikation und die Zusammenarbeit sowie der innerbetriebliche Erfahrungsaustausch im Arbeitsschutz unter Einbeziehung aller Hierarchieebenen erfolgt,
  • die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nachhaltig verbessert werden,
  • sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten dauerhaft ermöglicht und gefördert wird.

 
S. 37, Anlage:

4.1 Rechtsgrundlagen 
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) regelt die Gewährleistung und Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Dabei stehen Prävention und Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Mittelpunkt. Die Verpflichtung des Arbeitgebers eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes zu schaffen ist in § 3 ArbSchG verankert.
Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) regelt den Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit und
den Einsatz von Betriebsärzten. Damit soll erreicht werden, dass

  • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Vorschriften den besonderen Betriebsverhältnissen entsprechend angewandt werden,
  • gesicherte arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Erkenntnisse zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung verwirklicht werden und
  • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Maßnahmen einen möglichst hohen Wirkungsgrad erreichen.

Rechtsgrundlagen für die Überwachung der Arbeitsschutzorganisation, die Beratung des Arbeitgebers, die Möglichkeit der Anordnung und weiterer Befugnisse sind das Arbeitsschutzgesetz (§ 21 (1), § 22 ArbSchG) und das Arbeitssicherheitsgesetz (§12, § 13 ASiG) sowie Einzelregelungen in den auf das Arbeitsschutzgesetz gestützten Rechtsverordnungen.
Für die Länderbehörden bedeutet dies, dass

  • die Überwachung der Erfüllung der Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitsschutzorganisation und die diesbezügliche Beratung Kernaufgaben sind,
  • die Erfüllung der rechtlich vorgegebenen Einzelverpflichtungen und deren betriebliche Wirksamkeit zu überprüfen ist und
  • im Rahmen der Beratung mindestens eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation bis hin zu einem Arbeitsschutzmanagementsystem als kontinuierlicher Prozess im Betrieb anzustreben ist.

Das heißt für Arbeitnehmervertreter, dass die Implementierung der Gefährdungskategorie “psychische Belastungen” beim Arbeitsschutz ihres Betriebes schon irgendwie prozesshaft geregelt sein muss. Das Gesetz schreibt dem Arbeitgeber zwar nicht vor, wie er den Einbezug dieser Kategorie in den Arbeitsschutz umsetzt. Aber es muss eine nachvollziebar und prüfbare Organisation dafür aufgebaut werden.
Gibt es Betriebsräte oder Personalräte in dem Unternehmen, dann dürfen sie in die zu dieser Organisation notwendige Dokumentation nicht nur Einsicht nehmen, sondern Arbeitnehmervertreter haben dann sogar die Pflicht zur Mitbestimmung. Diese darf nicht durch eine intransparente Organisation des Arbeitsschutzes behindert werden.

4.3 Zielsetzung
Zielsetzung der behördlichen Systemkontrolle ist die

  • Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozessen in Betrieben,
  • Stärkung der unternehmerischen Eigenverantwortung,
  • Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in Betrieben,
  • Feststellung und Abstellung von Mängeln,
  • Verbesserung der betrieblichen Aufbau- und Ablauforganisation,
  • Integration von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Geschäftsprozesse der Organisation,
  • Förderung der systematischen Wahrnehmung des Arbeitsschutzes in Betrieben,
  • Nachhaltigkeit der behördlichen Überwachungstätigkeit im Betrieb.

 
Siehe auch: http://www.gda-portal.de/de/Betreuung/Leitlinie-Organisation-AS.html

Trick 18

Können Unternehmen ein Zertifikat z.B. nach OHSAS 18001 für ihr Arbeitsschutzmanagementsystems (AMS) vorzeigen, dann fühlt sich die behördliche Aufsicht bei vom Unternehmen eigeninitiierten Überwachungsmaßnahmen entlastet und prüft darum weniger sorgfältig. Das kann zu Problemen für die zu schützenden Arbeitnehmer führen, denn die Zertifikatoren haben eine unterschiedliche Qualität. Deswegen sollt sich die behördliche Aufsicht nicht zu naïv auf Zertifikate verlassen.
Die Ergebnisse aktueller Forschungsprojekte zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung (aus einem Bericht von Ina Krietsch und Thomas Langhoff, Prospektiv GmbH, Dortmund für BAuA/GRAziL, 2007-09 – 2010-04) sehen immer noch so aus:

Unternehmen greifen ohne die Impulsgebung durch Gewerkschaften, Betriebsräte bzw. Arbeitsschutzbehörden (vereinzelt) das Thema »Psychische Belastungen« als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung (GB) i. d. R. nicht auf.

Diese Impulsgeber sind auch unter den Akteuren, die daran interessiert sind, eine hohe tatsächliche Qualität des Einbezugs psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz zu sehen:

  • Arbeitsschutzbehörden,
  • Berufsgenossenschaften,
  • Arbeitnehmer (ggf. vertreten durch den Betriebsrat oder den Personalrat).

Es gibt eine ganz gute Tradition der Zusammenarbeit zwischen diesen drei Beobachtern. Einen weiterer Akteur ist jedoch hinzugekommen:

  • Zertifizierungsgesellschaften


 
Mit diesen Zertifizierungsgesellschaften sind Arbeitnehmer und ihre Vertreter oft viel weniger gut vertraut. Das Thema ist den Betriebsräten und Personalräten zu trocken und zu kompliziert. Sie nehmen es nicht ernst. Das ist ein Fehler. Denn nun schreiben die Arbeitsschutzbehörden in ihren Grundsätzen der behördlichen Systemkontrolle (LASI: LV 54, Anhang, S. 42):

5. Umgang mit zertifizierten Systemen
Der erfolgreiche Abschluss einer Prüfung der Wirksamkeit eines Arbeitsschutzmanagementsystems (AMS) oder vergleichbaren Systems soll zu Entlastungen bei eigeninitiierten Überwachungsmaßnahmen führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betrieb Bescheinigungen, Gütesiegel oder andere Zertifikate, die die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes bewerten, vorlegt und diese die Inhalte und Anforderungen des Nationalen Leitfadens erfüllen. Anlassbezogene Maßnahmen der zuständigen staatlichen Behörden bleiben unberührt. Über die Ergebnisse werden die Unfallversicherungsträger ggf. informiert.

Trick 18: Gesundheit und ethische Überlegungen haben für viele Arbeitgeber im Arbeitsschutz einen niedrigeren Stellenwert, als die Notwendigkeit, Vorschriften einhalten zu müssen. Der Hauptmotivator ist also Rechtssicherheit. Diese zu gewinnen ist für Unternehmer ein wichtiger Grund, sich nach OHSAS 18001 zertifizieren zu lassen. Der Kontrolldruck durch überlastete Berufsgenossenschaften und Arbeitsschutzbehörden auf die Betriebsleitungen wird schwächer, wenn Betriebe eine Zertifizierung nach OHSAS 18001 (oder ähnliche Zertifikate) vorzeigen können. Damit gehen den Betriebsräten und den Personalräten die Berufsgenossenschaften und Arbeitsschutzbehörden als wichtige Partner teilweise verloren. Diese Organe werden aber zur Stärkung der Mitbestimmung benötigt. Mitarbeiter haben das Recht, sich an die Behörden wenden zu können, nicht aber in gleicher Weise an Zertifikatoren. Zertifizierten Unternehmen könnte es so gelingen, mit dem von einem Unternehmen der Privatwirtschaft erteilten Vorzeigezertifikat die Rechte der Arbeitnehmer zu schwächen, darunter auch das Recht auf Mitbestimmung.
Gegenstrategien:

  • Arbeitnehmervertreter arbeiten sich z.B. in OHSAS 18001:2007 ein, oder besser noch in OHSAS 18002:2008 (ein kleines und gut lesbares Lehrbüchlein). Wenn sie ganz professionell vorgehen wollen, dann lassen sie sich als interne Auditoren ausbilden. Das sollte innerhalb einer Woche zu schaffen sein. Wenn die Gewerkschaften aufwachen (es gibt da schon Leute, die’s gemerkt haben), dann könnten auch sie möglicherweise solche Auditoren trainieren, ggf. in Zusammenarbeit mit Zertifizierungsgesellschaften.
  • Kontrolle nach LV 54, ob sich das Unternehmen an die von ihm selbst gewählten Regeln hält.
  • Arbeitnehmervertreter müssen darauf achten, dass sich behördliche Aufsichtspersonen nicht unkritische auf zertifizierte Arbeitsschutzmanagementsysteme verlassen.
  • Arbeitnehmervertreter beteiligen sich an Audits und können den § 81 des Betriebsverfassungsgesetzes nutzen, um für eine kritische Überprüfung Einblick in Auditberichte zu erhalten.

 


http://netkey40.igmetall.de/homepages/sued-niedersachsen-harz/hochgeladenedateien/Dokumente/metallzeitung/2011/2011_06_LS_SNH.pdf

… Deshalb achtet der Betriebsrat besonders auch auf den Gesundheits und Arbeitsschutz. So sind die Seesener nach »OHSAS 18001« und Sicherheit mit System (SMS) zertifiziert und innerhalb der Ardagh-Group-Metal mit dem »Safety-Award 2010« ausgezeichnet. Zudem hat der Betriebsrat durchgesetzt, dass kostenlose Wasserspender aufgestellt wurden. …

Gratulation an den kämpferischen Betriebsrat.
Es gibt Unternehmen mit einem stolz vorgezeigten Zertifikat für OHSAS 18001, die jedoch die Gefährdungskategorie “psychische Belastungen” noch überhaupt nicht in ihrem Arbeitsschutz kennen. So ein Zertifikat wirkt schon ziemlich dämpfend auf die Aufmerksamkeit der Arbeitsschutzbehörden und Berufsgenossenschaften.

2003: Ermittlung psychischer Fehlbelastungen

Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und Möglichkeiten der Prävention  – Handlungsanleitung für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder (LV 31), Module 8 und 9 (LV 52 nimmt darauf Bezug)
http://blog.psybel.de/lasi-veroeffentlichungen/#LV31

1 Einleitung 7
2 Aufbau und Inhalte der Handlungsanleitung (Ablaufschema) 8
3 Module 10
Modul 1: Eingangsgespräch 10
Modul 2: Informationssammlung 13
Modul 3: Indikatoren für psychische Fehlbelastungen 15
Modul 4: Merkmale von Arbeitstätigkeiten, die psychische Fehlbelastungen auslösen können 16
Modul 5: Auswertung der Informationen 19
Modul 6: Instrumente zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen 20
Modul 7: Maßnahmen zur Belastungsoptimierung 21
Modul 8: Überwachung 25
Modul 9: Zielvereinbarung 27
Modul 10: Wissens- und Erfahrungsspeicher 28
Anhang: Prozessgestaltung 30
Literatur 35

Tabelle 14 (im Modul 8):

Kriterien zur Überprüfung der Organisation des Arbeitsschutzes im Hinblick auf die Prävention „psychischer Fehlbelastungen“

  • Besprechung von Problemen psychischer Fehlbelastungen im Arbeitsschutzausschuss (Protokolle)
  • Mitwirkung der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes
  • Vermeidung psychischer Fehlbelastung als Führungsaufgabe
    (Unternehmensleitlinien, Funktionsbeschreibungen, tarifliche und betriebliche Regelungen zu psychischen Belastungen)
  • Berücksichtigung psychischer Aspekte bei der Planung und Gestaltung von Arbeitsbedingungen durch das Führungs und Fachpersonal (unter Einbeziehung der Fachkraft für Arbeitsicherheit und des Betriebsarztes), z.B.
    • bei der Einrichtung von Arbeitsräumen,
    • bei der Beschaffung von Einrichtungsgegenständen,
    • bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen,
    • bei der Planung von Arbeitsabläufen und Aufgabengestaltung,
    • bei der Personalauswahl und -entwicklung

    (Checklisten, Verfahrensanweisungen, Besprechungsprotokolle)

  • Befähigung der an der Prävention psychischer Fehlbelastungen beteiligten Personen, psychische Fehlbelastungen zu erkennen und zu vermeiden (Schulungsnachweise)
  • Berücksichtigung des Themas „psychische Fehlbelastungen“ bei der Organisation der Betriebsbegehungen (z.B. Checklisten erweitern, Gespräche führen mit Führungskräften und Mitarbeitern)
  • Einbindung von Themen wie Stress, Gesundheitsverhalten, Erwartungen an die Arbeit und Änderungswünsche in der betriebsärztlichen Betreuung

Das war also schon seit 2003 bekannt.

Arbeitsschutzmanagementsysteme beim LASI

Aus einer Antwort von https://komnet.nrw.de/:

Informationen zur Thematik Arbeitsschutzmanagementsysteme sind den Lasi-Leitlinienien LV 21 “Arbeitsschutzmanagementsysteme – Spezifikation zur freiwilligen Einführung, Anwendung und Weiterentwicklung von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS)” und LV 22 “Arbeitsschutzmanagementsysteme – Handlungsanleitung zur freiwilligen Einführung und Anwendung von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ” zu entnehmen.
Auf die Leitlinie LV 28 “Konzept zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention” weisen wir ebenfalls hin.
Die v.g. Lasi-Leitlinien sind unter http://lasi.osha.de/de/gfx/publications/lasi_publications.php einsehbar.

Siehe auch:

Begehungen durch Arbeitsschutzfachleute und den Betriebsrat

Hier finden Sie ein paar Hinweise, worauf bei Begehungen von Arbeitsplätzen hinsichtlich der Qualität von Gefährdungsbeurteilungen zu achten ist.
http://blog.psybel.de/wie-die-aufsicht-prueft/#lv52, LV 52, Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder, darin aus dem Anhang 6 GB-Check Prozessqualität – Arbeitshilfe Interviewleitfaden zur Bewertung des Prozesses der Gefährdungsbeurteilung,  2009, S. 26 und 27:

Beteiligung Führungskräfte: Die mittleren und unteren Führungskräfte wurden bei der Ermittlung und Veränderung psychischer Belastungen beteiligt? 

  • Wie?
  • Melde-/ Beschwerdewesen, durch die Methodenwahl z.B. Fragebogen, Gruppenmoderation, MAG, Einzelinterviews

Planungen: Gefährdungsbeurteilung wurde systematisch geplant.

  • Wer war mit der Umsetzung beauftragt?
  • Wurden Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festgelegt?
  • Beurteilungsablauf festgelegt?

Risikofaktoren: Die wesentlichen Risikofaktoren für psychische Fehlbelastung werden berücksichtigt.

  • Abgleich mit Merkmalliste

Vollständigkeit: Alle Arbeitsbereiche und Tätigkeiten wurden auf psychische Belastungen hin beurteilt.

  • Wurden Prioritäten gesetzt?
  • Welche Bereiche wurden ausgelassen?
  • Aus welchem Grund?

Maßnahmenfestlegung: Bei psychischen Fehlbelastungen wurden Maßnahmen festgelegt.

(nachträgliche Anmerkung in eckigen Klammern)
 
Siehe auch:

 
(Aktualisierung: 2012-06-23. Ursprüngliches Datum: 2011-10-21)

Mobbing und Bossing

2011.01.11
http://politik.pr-gateway.de/wann-liegt-nach-der-rechtsprechung-mobbing-oder-bossing-vor/

Wann liegt nach der Rechtsprechung Mobbing oder Bossing vor?
Ein Fachbeitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Essen und Rechtsanwalt Dr. Attila Fodor, Essen

Häufig wird als Mobbing bezeichnet, was eigentlich Bossing ist.
 
Siehe auch vom Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI): LV 34 Gegen Mobbing

Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle

Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
http://blog.psybel.de/lasi-veroeffentlichungen/#LV54, Inhalt:

1. Einleitung 9
2. Ziele der behördlichen Systemkontrolle 9
3. Bestandteile der behördlichen Systemkontrolle 10
3.1 Vorgehen 10
3.2 Inhalte 11
3.3 Bewertung 14
3.3.1 Bewertungssystematik 14
3.3.2 Gesamtbewertung 15
Anhang 17
Bewertungssystematik für die Arbeitsschutzorganisation 19
Verfahrensanleitung zur Systemkontrolle 35

Vorwort:

Das Ziel des Arbeitsschutzgesetzes ist, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Maßnahmen des Arbeitsschutzes, einschließlich der Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit, können in den Betrieben längst nicht mehr von Einzelinitiativen und Zufällen abhängig gemacht werden. Die komplexen Anforderungen an den Arbeitsschutz bei neuen Technologien und Prozessen sowie die notwendige weitere Reduzierung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen drängen zu einem effizienten und systematischen Arbeitsschutz in den Betrieben. Dieser trägt zur langfristigen Kostenentlastung der Betriebe sowie der sozialen Sicherungssysteme bei.
Angesichts dieser Entwicklungen in der Arbeitswelt kann auch die Aufsichtstätigkeit (Überwachung und Beratung) der staatlichen Arbeitsschutzbehörden nicht mehr bei Einzelmaßnahmen ansetzen. Vielmehr müssen Betriebe als Systeme betrachtet und als „Organisationsgebilde“ verstanden werden. Ursachen für Arbeitsschutzmängel müssen aufgedeckt werden. Dabei kann die Ursachenprüfung nicht beim Fehlverhalten des Arbeitnehmers enden, denn allzu häufig finden sich Fehler in der Delegationskette, in der Bereitstellung von Informationen, oder es sind Zuständigkeiten oder Abläufe unklar.
Die vorliegende LASI-Veröffentlichung „Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle“ (LV 54) konkretisiert die Ziele, das Vorgehen und die Inhalte der Überwachung und Beratung durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden zur Arbeitsschutzorganisation. Sie ersetzt teilweise die im Jahr 2003 erschienene LASI-Veröffentlichung LV 33 [Teil A; Teil B der LV 33 wird noch überarbeitet].
Die Neufassung dieser LASI-Veröffentlichung verdeutlicht den hohen Stellenwert, den die behördliche Systemkontrolle für die Arbeitsschutzbehörden der Länder hat.
Die Aufsichtstätigkeit der staatlichen Arbeitsschutzbehörde hat insbesondere die wirksame Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtungen im Blick. Der Bewertung der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Durch die LV 54 wird die Überwachung und Beratung von Betrieben als kontinuierlicher Prozess der Behörden angelegt, der die Verbesserung des Niveaus der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb anstrebt. Gleichzeitig wird im Rahmen der staatlichen Beratung eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation bzw. ein Arbeitsschutzmanagementsystem als kontinuierlicher Prozess im Betrieb gefördert.
Bremen / Hannover im März 2011

(Hervorhebung, Hyperlinks und Anmerkung in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)
Siehe auch: