§§ 87 und 89 des Betriebsverfassungsgesetzes

Der § 89 BetrVG Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz konkretisiert den § 87 BetrVG Mitbestimmungsrechte. Genau genommen geht es hier nicht um Mitbestimmungsrechte, sondern um Mitbestimmungspflichten. Beide Paragrafen sind keine Beschränkung der unternehmerischen Freiheit, sondern sie verbinden diese Freiheit der Arbeitgeber mit deren Verantwortung für die Arbeitnehmer. Beide Normen schreiben dazu den Arbeitnehmern die Ausübung von Mitbestimmunsrechten vor, denn wenn Arbeitnehmervertretungen auf ihr Mitbestimmungsrecht “verzichten” würden, dann funktionieren gesetzlich vorgeschriebene (und von weisen Leuten gut erklärte) Korrekturmechanismen nicht mehr. Die Mitbestimmungspflicht ist unabdingbar, die Arbeitnehmervertretungen haben sich also daran zu halten. Fehlen ihnen die Ressourcen (Wissen, Rechtsbeistand usw.) dazu, so hilft das nicht als Ausrede, sondern die Arbeitnehmervertreter müssen sich dann diese Ressourcen (Freistellungen, Berater, Rechtsanwälte, Weiterbildung usw.) verschaffen.

§ 87 Mitbestimmungsrechte

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
[…]
1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
[…]
7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
[…]

§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz

(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.

(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.

Damit es klar ist:

  • Der Betriebsrat hat seine Aufgaben unabdingbar zu erfüllen. § 89 gibt ihm nicht nur Rechte, sondern Pflichten. Wo Rechte der Arbeitnehmervertretung als Pflichten formuliert sind, kann sie nicht auf die Ausübung dieser Rechte verzichten. Arbeitgeber, die die Arbeitnehmervertretung bei der Ausübung ihrer Pflichten behindert, begehen eine Straftat.
  • Zu den im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen zählen auch Audits (sowohl von internen wie auch von externen Auditoren) für OHSAS 18001 und ISO 14001, denn sie dienen der Systemkontrolle z.B. von Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystemen und damit der Entlastung der behördlichen Aufsicht. Diese Entlastung bedeutet natürlich nicht, dass die Arbeitnehmervertreter von den nun in die Systemkontrolle verlagerten Aufsichtsaufgaben ausgeschlossen werden können.
  • Zu den Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen zählen auch die Berichte, die bei Audits für OHSAS 18001 und ISO 14001 erstellt werden. Der Arbeitgeber hat hier eine Bringschuld.
  • In nach OHSAS 18001 zertifizierten Betrieben gilt, dass die Dokumentation nur von Unfällen nicht ausreicht. Es sind alle Vorfälle nach Definition 3.9 und 3.8 (OHSAS 18001:2007) zu dokumentieren, also nicht nur meldepflichtige Unfälle, sondern alle Ereignisse, die eine Verletzung oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) oder einen tödlichen Unfall zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. Das kann der Betriebsrat basierend auf OHSAS 18001 verlangen. (Erkrankungen sind erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert wurden.)
  • Gesetzestext: § 89 BetrVG
  • Betriebsverfassungsgesetz im Arbeitsschutz

Behördliche Systemkontrolle

Die Leitlinien zur behördlichen Kontrolle von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) sind auch betriebsintern anwendbar:

Siehe auch: Schlagwort “Systemkontrolle”

ASMK-Beschlüsse

Beispielsweise die Beschlüsse der 77. Konferenz (1997) und der 78. Konferenz (2001) zeigen, dass das Thema der psychischen Belastungen im Arbeitsschutz damals gut verstanden wurden. Interessant ist auch, was früher über Entbürokratisierung und Systemkontrolle geschrieben wurde und wie die Realität heute aussieht.
http://lasi.osha.de/de/gfx/topics/5EDF555EC0774A0F882745DDE2220A5E.php

Beschlüsse der Arbeits- und Sozialministerkonferenz
Beschluss der 85. ASMK; TOP 8.1 “Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie”
Beschluss der 84. ASMK; TOP 6.1 “Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie”
Beschluss der 83. ASMK: TOP 3.8 “Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie”
Beschluss der 82. ASMK: TOP 7.4 “Deregulierung des Arbeitsschutzrechts”
Eckpunkte für eine Strategie für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und für die Optimierung des dualen deutschen Arbeitsschutzsystems

 
Weitere Beschlüsse der ASMK
Beschluss der 78. ASMK; TOP 5.2 “Gesundheit bei der Arbeit”
Beschluss der 77. ASMK; TOP 5.4 “Gesundheit bei der Arbeit”
Beschluss der 74. ASMK; TOP 5.7 “Neuordnung des Arbeitsschutzrechts”
Beschluss der 74. ASMK; TOP 5.5 “Systemkontrolle im Arbeitsschutz auf der Grundlage von Management- und Auditsystemen für Arbeitsschutz und Anlagensicherheit” (Entlastung der behördlichen Aufsicht durch Systemkontrolle)
Beschluss der 73. ASMK; TOP 6.3 “Entlastung der sozialen Sicherungssysteme durch präventiven Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz”

Zertifikatsmühlen

“Certificate Mills” ist anscheinend ein vorwiegend von einem amerikanischen Grantler verwendeter Begriff für nichtakkreditierte Zertifizierungsgesellschaften, aber für alle Fälle merke ich mir diese wohl von “Diploma Mills” inspirierte Sprachschöpfung. (Die kommt zu “Badge on the Wall” dazu.) Denn ich kenne in Deutschland akkreditierte Zertifizierer, die nachlässig auditieren. Solange die Betriebsräte noch nicht aufgewacht sind, wird es nachlässige Audits geben.
Das liegt an der Struktur des derzeitigen Zertifizierungs- und Auditgeschäftes: Gerade bei Audits von Arbeitsschutzmanagementsystemen, die die Arbeitnehmer schützen sollen, sind die Arbeitnehmer selbst in der Praxis kaum an der Kontrolle beteiligt. Ihnen fehlt dazu in der Regel auch das erforderliche Wissen: Sie wissen oft sogar nicht, was ihnen hier an Wissen fehlt, weil sie die Wichtigkeit ihrer Mitbeteiligung an Audits nicht verstehen. Und so können Auditoren und Auditierte ohnen kritische Fragen eine harmonische Zusammenarbeit pflegen.

BG ETEM: Auditierung von Arbeitsschutz-Management-Systemen

http://www.bgetem.de/arbeitssicherheit-gesundheitsschutz/pruefen-zertifizieren/arbeitsschutz-management-systeme-ams-zertifizierung/dateien/ams-vg-umsetzung (Umsetzung-zum-VG_a03-2013-1.docx, in diesem Blog auch im Format ODT verfügbar):

Umsetzung zum Verfahrensgrundsatz
zur Auditierung von Arbeitsschutz-Management-Systemen (AMS)
Stand: 2013-03 (Änderungen gegenüber der Ausgabe 2012-03 sind fett) markiert
Dieses Dokument konkretisiert die Anforderungen der im Abschnitt 3.1 des ,,Verfahrensgrundsatz zur Auditierung von Arbeitsschutz-Management-Systemen (AMS)”, Stand: 2013-03, aufgeführten Schwerpunkte.
Dieses Dokument ist als Audit-Checkliste und Protokoll zu verwenden.
Mit der Erfüllung dieser AMS-Schwerpunkte werden auch die Anforderungen der ILO-OSH:2001-Richtlinie, des nationalen Leitfadens für AMS und der OHSAS 18001:2007 erfüllt. […]

 
Auf S. 9/14 wird der Betriebsrat (BR) explizit genannt:

[…] AMS-Schwerpunkte (vom Unternehmen zu regeln und zu dokumentieren […]

  • Gefährdungsbeurteilung
    • Verfahren zur Durchführung und Aktualisierung (z. B. nach Prozessänderungen und Vorkommnissen) festlegen, dabei sind alle Arbeiten (Normalbetrieb, Störungsbeseitigung, Einrichtung, Wartung etc.), Betriebsprozesse, Betriebsmittel, Betriebszustände und Gefahrstoffe zu berücksichtigen, Betriebsfremde sind einzubeziehen,
    • Zuständigkeiten (Unternehmer, Vorgesetzter) und Mitwirkende (SIFA, Betriebsarzt, Mitarbeiter, BR) festlegen,
    • Inhalt der Dokumentation festlegen.

    Die Dokumentation muss mindestens folgende Punkte enthalten:

    • das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung: Gefährdungen, für die Handlungsbedarf für Arbeitsschutzmaßnahmen besteht,
    • die festgelegten und die terminierten Arbeitsschutzmaßnahmen (bereits getroffene sowie geplante unter Beachtung von TOP),
    • das Ergebnis ihrer Überprüfung (Durchführung und Wirksamkeit).

    Nur bei OHSAS 18001:2007 gefordert: Ermittlung und Dokumentation der Klassifikation und Rangfolge von Risiken und der geeigneten Maßnahmen (sofern keine entsprechenden staatlichen/behördlichen Regelungen vorhanden sind).

  • […]

Natürlich gilt die Mitbestimmungspflicht nicht nur hier, sondern auch überall dort im Arbeitsschutz, wo der Arbeitgeber innerhalb eines Gestaltungsspielraums Verfahren, Politik, Kriterien usw. festlegt.

Politik erleichterte Missachtung des Arbeitsschutzes seit 1996

http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/048/1304854.pdf

Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode
Drucksache 13/4854 (zu Drucksache 13/4756)
12.06.96
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 13/3540,13/4337,13/4756 –
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien
Bericht der Abgeordneten Manfred Grund, Konrad Gilges, Annelie Buntenbach, Dr. Gisela Babel und Petra Bläss …

… Die Mitglieder der Fraktion der F.D.P. erinnerten daran, daß sie den in der letzten Wahlperiode vorliegenden Gesetzentwurf, der den Arbeitsschutz nicht verbessert, sondern allenfalls bürokratisiert hätte, gestoppt hätten. Mit Genugtuung bewerte man, daß die Bundesregierung nun einen wesentlich vereinfachten, verschlankten und entbürokratisierten Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie vorgelegt habe. Positiv sei insbesondere, daß die Beurteilungs- und Dokumentationspflichten des Arbeitgebers auf ein angemessenes Maß zurückgeführt worden seien. Zudem sei für kleine Betriebe, die weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigten, ein hohes Maß an Flexibilität gewährleistet. Ferner werde auf die Einsetzung neuer bürokratischer Arbeitsschutzgremien verzichtet. Die Mitglieder der Fraktion der F.D.P. machten deutlich, daß es ihnen nicht darum gehe, den Arbeitsschutz soweit wie möglich zu reduzieren; vielmehr gehe es der Fraktion der F.D.P. im Bereich des Arbeitsschutzes nicht um mehr, sondern um bessere Regeln. Man wolle nicht den Arbeitsschutz auf dem Papier immer weiter reglementieren und perfektionieren, sondern seine Umsetzung in der Praxis fördern und verstärken. …

(Siehe auch: http://blog.psybel.de/arbeitsschutzgesetz-im-bundestag/)
Wie sieht nun die Praxis im Arbeitsschutz seit 1996 aus? Die FDP beteiligte und beteiligt sich besonders engagiert an einem Projekt, die Missachtung des Arbeitsschutzes großzügig zu erleichtern. So ist es bis heute möglich, dass Unternehmen ohne ganzheitlichen Arbeitsschutz von überforderten Gewerbeaufsichten immer noch bestätigt wird, ihr Arbeitsschutz sei vollständig in Ordnung. Das liegt zum Teil wohl auch daran, dass Aufsichtspersonen frühere Versäumnisse zugeben müssten, wenn sie gründlich arbeiten würden. Auf dieser Basis können Prüfer und Geprüfte natürlich verständnisvoll miteinander auskommen. Dabei ist es hilfreich, dass man die Beurteilungs- und Dokumentationspflichten des Unternehmers ziemlich vergessen kann.
“Systemkontrolle”: Die FDP setzt (zusammen mit den Arbeitgebern) auf die Kontrolle von Arbeitsschutzmanagementsystemen innerhalb der Privatwirtschaft. In der Folge ist auch die privatwirtschaftlich organisierte Vorzeige-Kontrolle (also das das Zertifizierungsgeschäft) im Bereich des Arbeitsschutzes so konstruiert, dass sie gut aussieht, aber die Arbeitnehmer nicht wirklich schützt. Allerdings verdienen einige Leute mit ihren ritualisierten Kontrollen einiges Geld. Auditoren und Auditierte kommen auch hier gut miteinander aus, und die Betriebsräte sind ahnungslos genug, dass sie die Harmonie des Geschäftes nicht stören.
Es überwiegen interne Audits (Manchmal auditieren Auditoren dabei ihre eigene Arbeit) und Zertifizierungsaudits (Auditoren werden von den Auditierten bezahlt). Dass darüberhinaus Kunden ihre Lieferanten beispielsweise nach OHSAS 18001 auditieren, ist zwar theoretisch möglich, aber in der Praxis haben Kunden kein Interesse, die wirklichen Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten zu verstehen und eventuell einen kostengünstigen Anbieter zu verlieren.
Seit 1996 ermöglicht eine verlogene und unredliche Politik fast aller etablierten Parteien genau die Anarchie, die heute im Arbeitsschutz herrscht.

Mitwirkung bei der AMS-Gestaltung

BAuA: Sicherheit und Gesundheit mit System, (2011, 70 Seiten)
http://www.baua.de/de/Publikationen/Broschueren/A35.pdf?__blob=publicationFile&v=9


Auch wenn es im Arbeitsschutz in der Regel nicht üblich ist, für bestimmte Aufgaben ein Projekt zu starten und ein Projektmanagement zu praktizieren: Die Einführung eines AMS scheitert, wenn sie nicht professionell geplant und gemanagt wird. Die im Unternehmen vorhandenen Erfahrungen im Projektmanagement sollten daher genutzt werden.
Das nachfolgend dargestellte Projektmanagement kann als Leitfaden für die Einführung eines AMS auch in anderen Unternehmen verwendet werden (siehe hierzu auch die ausführliche Darstellung „AMS richtig einführen“ in Ritter 2011).
 
Projekt starten
Der Betriebsleiter veranstaltete ein Startmeeting mit allen Führungskräften, Vertretern des Betriebsrates, der Sicherheitsfachkraft, dem Betriebsarzt und dem externen Berater. Es wurde eine Projektgruppe gegründet und mit der Konzeption und Koordination der Einführung eines betriebsspezifischen AMS beauftragt. Der Projektgruppe gehörten als ständige Mitglieder an: der Betriebsleiter, Vertreter des Betriebsrates, die Sicherheitsfachkraft, der externe Berater sowie (nach seiner Ernennung) der AMS-Beauftragte. Bei Bedarf oder Interesse wurden weitere Mitglieder (z. B. der Betriebsarzt) und Gäste eingeladen. Die Projektgruppe traf sich je nach Projektfortschritt ca. alle sechs Wochen bzw. bei Bedarf. Sie hatte folgende Aufgaben:

  • Festlegung einer geeigneten Projektorganisation,
  • Gründung und Beauftragung von Arbeitsgruppen,
  • Steuerung der Entwicklung des betriebsspezifischen AMS-Konzeptes,
  • Diskussion, Abstimmung und Inkraftsetzung der von den Arbeitsgruppen entwickelten Festlegungen (AMS-Struktur, AMS-Elemente etc.),
  • Information der Belegschaft,
  • Bewertung des Projektfortschrittes sowie
  • Korrektur der Vorgehensweise, Festlegungen etc. bei Bedarf.

Siehe auch: LV 54

Systemkontrolle hat versagt

http://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/Drs-18-614_957.pdf

BREMISCHE BÜRGERSCHAFT
Landtag
18. Wahlperiode
Drucksache 18/614
23.10.12
Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD
Entwicklung des Arbeitsschutzes im Lande Bremen

Der Wechsel von der ineffizienten Abstellung von Einzelmängeln hin zur Überprüfung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der innerbetrieblichen Arbeitsschutzorganisation – der sogenannten Systemkontrolle – wurde im Jahr 1995 durch die Arbeits- und Sozialministerkonferenz beschlossen. Mit der Systemkontrolle wird die Überwachung und Beratung von Unternehmen als strukturierter Prozess der Behörden angelegt, der die Verbesserung des Niveaus der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb anstrebt. Gleichzeitig wird der Aufbau einer funktionierenden innerbetrieblichen Arbeitsschutzorganisation als kontinuierlicher Prozess im Betrieb gefördert.
Weiterhin bietet die Systemkontrolle in Verbindung mit der risikogesteuerten Aufsicht die Möglichkeit, um mit abnehmenden Personalressourcen effektiv für eine staatliche Arbeitsschutzüberwachung im Land Bremen zu sorgen.
Die Systemkontrolle hat sich in Bremen genauso wie in Deutschland bewährt.

Falsch. Die Systemkontrolle hat im Bereich der psychischen Belastungen nachweislich versagt.


Bisher lag der Schwerpunkt der Besichtigungen der Gewerbeaufsicht im „Technischen Arbeitsschutz“. Das Thema „psychische Belastung bei der Arbeit“ wird bisher noch nicht angemessen in den Betrieben sowie der Aufsicht und Beratung durch die Gewerbeaufsicht und die Unfallversicherungsträger berücksichtigt.
Um dem entgegenzuwirken, hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) 2009 Vorgaben zur „Integration psychischer Belastungen in die Beratungsund Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder – LV 52 veröffentlicht. Im Rahmen der GDA wurde am 24.09.2012 die „Leitlinie Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz“ als gemeinsamer Grundsatz für die Beratung und Überwachung der Unfallversicherungsträger und der Gewerbeaufsicht beschlossen.

(Links und Hervorhebungen nachträglich eingetragen)
Richtig.
Vielen Betriebsräten scheint das Thema “Systemkontrolle” zu komplex zu sein. Sie blicken nicht durch. So gelingt es den Arbeitgebern, den überforderten Behörden Zertifikate z.B. für OHSAS 18001 vorzulegen, deren Qualität mangels ausreichender Aufsicht durch die Arbeitnehmervertreter jedoch nicht gesichert ist. Nicht die Arbeitnehmer, sondern die Arbeitgeber sind die Auftragsgeber der Zertifizierungsgesellschaften. Und auch im Zertifizierungsgeschäft gilt: Wer zahlt, bestimmt die Musik.
In der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Zertifizierungsgesellschaft fehlt häufig der Respekt für die Arbeitnehmervertreter. Daran sind Betriebsräte, die Arbeitsschutzmanagementsysteme und die Systemkontrolle nicht verstehen, allerdings auch selbst schuld.

Butter bei die FischeSystemkontrolle in Hamburg

http://www.hamburg.de/contentblob/120342/data/systemkontrolle.pdf

Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Amt für Arbeitsschutz
Hamburger Arbeitsschutzmodell ABS
– Aufsicht, Beratung, Systemüberwachung –
Systemkontrollliste 
Die behördliche Systemkontrolle stellt das Instrumentarium dar, mit dem das Amt für Arbeitsschutz das Vorhandensein und das Funktionieren einer systematischen Arbeitsschutzorganisation überprüft. Seit der Einführung im Jahr 1999 wurde der Gesprächsleitfaden – die Systemkontrollliste – mehrfach überarbeitet und kontinuierlich den geänderten oder neuen Rechtsvorschriften angepasst. Die Systemkontrolle wurde in den letzten Jahren auch aufgrund veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen weiterentwickelt. Insbesondere der Aspekt psychischer Belastungen bei der Arbeit wurde in die Überprüfung aufgenommen und ausgebaut.
Die vorliegende Systemkontrollliste erfüllt die Anforderungen der „Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle“ (LV 54) des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) vom März 2011 und der „Leitlinie Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) vom Dezember 2011

Inhalt der Systemkontrollliste

  1. Unternehmenspolitik, Verantwortung und Betriebsstruktur (Element 1)
  2. Mitarbeitervertretung, -beteiligung (Element 11)
  3. Prävention
  4. Arbeitssicherheitssystem – Arbeitsschutzexperten (Element 3)
  5. Mitarbeiter-Unterweisungen und –Qualifikation (Element 6)
  6. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (Element 8)
  7. Erste Hilfe, Notfallmaßnahmen (Element 9)
  8. Arbeitsmittel und Geräte – Prüfung, Wartung, Beschaffung
  9. Ergebnisse stichprobenartiger Überprüfungen vor Ort
  10. Gesamtbewertung

Hier kontrolliert die Behörde, ob sie sich auch darauf verlassen kann, dass sich das Unternehmen an die selbstgewählten Spielregeln hält. Ein Beispiel ist OHSAS 18001. Wenn das Arbeitsschutzmanagementsystem in Ordnung ist, dann kann die Behörde auch darauf vertrauen, dass beispielsweise Gefährdungsbeurteilungen ordentlich durchgeführt werden.
.

Damit OHSAS 18001 nicht zur Farce wird

Kleiner Tip an Aufsichtsbeamte: Wenn es in den von Ihnen kontrollierten Betrieben Arbeitnehmervertreter gibt und wenn diese Betriebe nach OHSAS 18001 zertifiziert sind, dann lassen Sie sich bitte nicht von dem Zertifikat sedieren, sondern fragen Sie die Arbeitnehmervertreter proaktiv, ob und wie sie an dem Zertifizierungsprozess und den Überprüfungen (z.B. interne Audits) beteiligt werden. Der Standard verlangt das. Ist es geregelt und dokumentiert, wie die Arbeitnehmer beteiligt werden oder läuft das als Gefälligkeit des Arbeitgebers? Wie wird der Standard, wie es so schön heißt, wirklich gelebt?
Kennen die Arbeitnehmer die Gefährdungsbeurteilung zu ihren Arbeitsplätzen? Wurden die Arbeitnehmer in den vorgeschriebenen Unterweisungen auch mit dem kniffeligen Thema der psychischen Belastungen vertraut gemacht?
Überprüfung des Arbeitsschutzsystems: Alternativ zur nach der LV 54 etwas “lockereren” Kontrolle zertifizierter Unternehmen ist es keine schlechte Idee, die zertifizierte Norm, die sich das Unternehmen ja freiwillig ausgesucht, auch zum Maßstab der Kontrolle zu machen. In Hamburg verfährt die Aufsichtsbehörde dabei wieder nach der LV 54. Interessant ist auch eine Checkliste der BG ETEM.
Arbeitnehmervertreter sollten verstehen und nachvollziehen können, wie man für OHSAS 18001 (z.B. mit EN ISO 19011) interne Audits macht. So etwas kann man lernen. Auch der Betriebsrat kann Audits durchführen.
(aktualisiert: 2013-04-03)