Aktualisierung: 2014-08-18
Leider kann man sich im Gegensatz zu Gesetzen viele Standards zu Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) nicht kostenlos im Internet ansehen. Auch darum kennen wohl nur wenige Arbeitnehmer die Pflichten jener Unternehmen, die sich nach OHSAS 18001 haben zertifizieren lassen.
Wenn eine Arbeitgeberin nach OHSAS 18001 zertifiziert wird, dann ergeben sich daraus in der Betriebspraxis Rechte und Pflichten sowohl für die Arbeitgeberin wie auch für die Arbeitnehmer. Insbesondere wenn Standards nicht wörtlich (sondern z.B. vom Arbeitgeber interpretiert) in Unternehmenshandbücher zum Arbeitsschutzmanagement übernommen werden, sollten sich Arbeitnehmervertretungen das Büchlein zu OHSAS 18002:2008 trotz des Preises leisten. Das kann auch helfen, wenn es noch kein Arbeitsschutzhandbuch gibt und es erst noch mitbestimmt gestaltet werden muss (z.B. mit dem Ziel einer Zertifizierung).
Neben den Standards für die Gestaltung von Arbeitschutzmanagementsystemen gibt es auch Standards und Normen für Audits. Solche Audits generieren wichtige Informationen für die Betriebsratsarbeit. Wenn Betriebsräte und Personalräte verstehen wollen, wie ein interner Auditor (1st-Party-Auditor) und ein Lieferantenauditor (2nd-Party-Auditor) arbeitet, dann hilft das Kapitel 4.5.5 in OHSAS 18002:2008 oder darüber hinaus gehend die DIN EN ISO 19011. Die zu beschaffen, kostet noch ein paar Euro. (Ich habe von einem Betrieb gehört, in dem Mitarbeiter nur gegen Unterschrift und Angabe von Gründen Einblick in die Norm nehmen dürfen.)
Die Norm für Zertifizierungsaudits ist ISO 17021 und für interne Audits (sowie Kundenaudts bzw. 3rd Party Audits) ISO 19011. Wichtig für die Betriebsratsarbeit: § 89 des Betriebsverfassungsgesetzes gibt Arbeitnehmervertretungen das Recht, sich an Besichtigungen im Betrieb zu beteiligen. Audits sind Besichtigungen. Dazu gehören auch Dokumente: der Zertifizierungsbericht, der Abweichungsbericht (soweit nicht im Zertifizierungsbericht enthalten) und in die Dokumente, die dem Auditor vorgelegt wurden. Das gilt nicht nur für die Dokumentation des Zertifizierungsaudits, sondern auch des internen Audits. Die Vertraulichkeit als eines von sechs Audit-Prinzipien der Audits setzt das Information- und Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertretung nicht außer Kraft, sondern verpflichtet auch die Arbeitnehmervertreter, aus Audits gewonnene Erkenntnisse nicht zum persönlichen – z.B. wirtschaftlichen – Vorteil oder zum Vorteil Dritter zu missbrauchen.
Lesetipps:
- Gerd Reinartz / Ludger Pautmeier: OHSAS 18002:2008, PDF 48,50 €
(Inhaltsverzeichnis) - Kallmeyer / Kretschmar / von Below: Die ISO 19011:2011, PDF 39,90 €
- DIN EN ISO 19011:2011-12, Leitfaden zur Auditierung von Managementsystemen, PDF 164,50 €
- Monika Wloka: Leitfaden zur Auditierung von Managementsystemen: Kommentar zur DIN EN ISO 19011:2011 Änderungen gegenüber der DIN EN ISO 19011:2002, 98,00 € (Hier gibt es auch etwas über Fernaudits.)
- DIN 17021:2011: https://www.google.de/search?q=DIN-EN-ISO-IEC-17021
- DIN SPEC 91020 (ohne Aspekte des Arbeits- und Gesundheitsschutzes) zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement: http://blog.psybel.de/musterhandbuch-gesundheitsmanagement/ (Alternative: SCOHS)
Kostenlos gibt es (2014-03-19):
- Präsentation von Heinrich Preis zu OHSAS 18001
- OHSAS 18001 Guide
- SCCM Certification Scheme for OHSAS 18001
- BSI: Erster Entwurf der Norm ISO 45001 (Englisch, mit Diskussionsmöglichkeit)
- TÜV Süd: OHSAS 18001 – Sicherheit im Unternehmen
Weitere Hinweise (2014-08-01):
- “Vorfall” und “Erkrankung” in OHSAS 18001
- 12 Vorfallskategorien (aus OHSAS 18001 abgeleitet)
- Von OHSAS 18001:1999 zu OHSAS 18001:2007 (Diese Umstellung führte zu wesentlichen Verbesserungen für die Arbeitnehmerseite in nach OHSAS 18001 zertifizierten Unternehmen. Treiber waren hier britische Gewerkschaften und der Wettbewerb mit ILO-OSH. In einem Fall hatte ein großes Zertifizierungsunternehmen sogar bis 2013 bei mehreren Audits übersehen, dass sein Klient die Umstellung nicht vollzogen hatte.)
- Leitlinien zur behördlichen Systemkontrolle
2016 oder 2017?: