Wenn BGM zum Arbeitsschutz wird

http://www.bund-verlag.de/blog/betriebsrat/psychische-leiden-am-arbeitsplatz-nehmen-zu/?newsletter=BR-Newsletter%2F19.09.2017

AOK-Fehlzeiten-Report 2017
Psychische Leiden am Arbeitsplatz nehmen zu
18 Sep, 2017 Aktuelles ,Kategorie: Aktuelles ,Themen: Arbeitsschutz […]

Der Schwerpunkt liegt hier auf nicht-arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen, die sich natürlich auch am Arbeitsplatz auswirken. BGM (Betrieblisches Gesundheitsmanagement) hilft hier, aber der Umgang mit persönlichen Lebenskrisen ist erst nachrangig ein Arbeitsschutzthema.
Merke: Bei der Prävention im gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutz geht es um die verhältnispräventive Minderung arbeitsbedingter psychischer Fehlbelastungen.
Für Betriebsräte wichtig: BGM kann ein Rahmen für den Arbeitsschutz bieten. BGM kann aber auch dazu missbraucht werden, mitbestimmungspflichtige und nicht mitbestimmungsflichtige Maßnahmen miteinander zu verquirlen und damit die Mitbestimmung zu schwächen. Darum müssen Betriebsräte aufpassen: Alle Maßnahmen, die der Arbeitgeber der Gewerbeaufsicht und externen Auditoren (z.B. OHSAS 18001) als Beitrag zur Umsetzung der Vorschriften des Arbeitsschutz darstellt, sind mitbestimmungspflichtig.
Betriebsräte sollten deswegen mithören und mitlesen können, wie ein Unternehmen seinen Arbeitsschutz gegebnüber der behördlichen Aufsicht und externen Auditoren darstellt.

Missbrauch des Datenschutzes

Es gibt noch einen Grund, der Arbeitgeber motivieren könnte, anstelle des im Arbeitsschutzgesetz geforderten verhältnispräventiven Vorgehens ein verhaltensorientiertes Vorgehen zu bevorzugen: Bei der nur auf den ersten Blick fürsorglich aussehenden verhaltenspräventiven Zuwendung zu einzelnen Mitarbeitern kann eine Dokumentation persönlicher Daten entstehen, also auch individueller medizinischer Daten. Das können Arbeitgeber dazu missbrauchen, die Transparenz von Gefährdungsbeurteilungen und Vorfallsuntersuchungen einzuschränken. Damit kann dann auch die Arbeit von Betriebstäten bzw. Personalräten erschwert werden.
Der sicherste Datenschutz ist die Vermeidung sensibler Daten.

Maßnahmen des Arbeitsschutzes

  • Kosten: Der Arbeitgeber trägt alle Kosten (z.B. Zeit und Geld) für Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Nach dem Arbeitsschutzgesetz darf der Arbeitgeber diese Kosten den Beschäftigten nicht auferlegen, natürlich auch nicht anteilig (z.B. Verwendung von Urlaubstagen oder Freizeit für als Arbeitsschutzmaßnahmen dargestellte Fitnessprogramme).
    http://dejure.org/gesetze/ArbSchG/3.html
  • Prioritäten: Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluß der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen. Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen. Das bedeutet: Das Gesetz gibt der Verhältnisprävention Vorrang vor der Verhaltensprävention.
    http://dejure.org/gesetze/ArbSchG/4.html
  • Gefährdungsbeurteilung: Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes müssen auf einer Gefährdungsbeurteilung basieren.
    http://blog.psybel.de/erst-gefaehrdungsbeurteilung-dann-unterweisung/
  • Mitbestimmung: Maßnahmen des Arbeits und Gesundheuitsschutzes sind auch dadurch gekennzeichnet, dass Betriebsräte und Personalräte hier eine besondere Mitbestimmungspflicht und ein besonderes Recht auf Informationen haben.
    http://blog.psybel.de/betriebsverfassungsgesetz/#89

Der Hinweis auf die Mitbestimmung ist besonders dann notwendig, wenn Arbeitgeber einerseits eine Maßnahme des “Betrieblichen Gesundheitsmanagements” als “freiwillig” darstellen und damit eine Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretung schwächen wollen, andererseits diese Maßnahme dann gegenüber der Gewerbeaufsicht und Auditoren als Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes verkaufen. Das ist eine Verletzung gesetzlicher Pflichten. Die überforderten Gewerbeaufsichten sehen hier oft nicht so genau hin.

IGM muss noch dazulernen

Ich bin Mitglied der IGM und bat meine Gewerkschaft, mir Kollegen zu benennen, die sich mit OHSAS 18001 auskennen. Das ist ein Standard für Arbeitsschutzmanagementsysteme. Ich bekam keine Hilfe.
Währenddessen kenne ich inzwischen mehrere Mitglieder von Betriebsräten, die zeigen, wie man kompetent und professionell mit solchen Standards im Interesse der von Ihnen vertretenen Mitarbeiter umgehen kann. In einem Fall kennt sich das Betriebsratsmitglied besser mit dem Standard aus, als die zuständige SiFa. In einem anderen Fall (ein Tochteruntrenehmen von Daimler) haben das Betriebsratsmitglied, die SiFa und der Zertifizierungsauditor von Anfang an gut miteinender zusammengearbeitet. Es geht also. In beiden Fällen braucht man die Gewerkschaft dabei nicht, sondern nur Betriebsratsmitglieder, die sich persönlich Kompetenz (z.B. Befähigung zu internen Audits) erarbeitet haben.
Gewerkschaften, die eine Anti-Stress-Verordnung fordern, aber über von ihnen nicht verstandene Standards die Nase rümpfen und deswegen in zertifizierten Betrieben nicht einmal die Selbstverpflichtungen der Arbeitgeber nutzen können, müssen noch viel dazulernen.

DEKRA prüfte Zalando

http://www.zalando.de/zalando-logistik/

[…] Zusätzlich lassen wir einmal pro Quartal an allen unseren Logistikzentren sowie an den Standorten unserer Dienstleistungspartner die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards durch die DEKRA als unabhängiges Institut überprüfen. Diese Überprüfungen haben uns in den letzten Jahren stets sehr gute Arbeitsbedingungen bescheinigt. So ergab der letzte DEKRA-Bericht am Standort Erfurt beispielsweise ein Gesamtergebnis von 1,3 (von 1 – sehr gut bis 4 – nicht akzeptabel). […]

Welche Meßlatte verwendet die DEKRA bei ihren Audits? Zalando arbeitet mit “eigenen Sozialstandards” für die eigenen Standorte und externe Logistik-Dienstleister (dpa 2013-02-18). DEKRA prüfte also nur das, was die Zalando-Unternehmensleitung für nötig hält. Bereiche wie der Arbeits- und Gesundheitsschutz wurden nicht gemäß weitgehend anerkannten Standards geprüft, die Absprachen mit den Mitarbeitern bei der Umsetzung der Standards fordern. Schafft Zalando es nicht, sich an anerkannten Standards zu orientieren?
Außerdem können die DEKRA-Auditoren nur beurteilen, was das Unternehmen ihnen zeigt. Auditoren könnten die Darstellungen der Arbeitgeberseite mit Arbeitnehmervertretern verifizieren, aber nach meiner Erfahrung suchen externe Auditoren leider nur sehr selten das Gespäch mit Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmervertretern. Hier sollten Auditoren von sich aus mehr Eigeninitiative entwickeln.
Welchen Wert hat eine Überprüfung durch DEKRA überhaupt? Ist sie hilfreich für das auditierte Unternehmen oder kann das auditierte Unternehmen dem Ruf der DEKRA-Auditoren auch Schaden zufügen? Wofür geben sich Zertifizierer wie DEKRA her? Zalando hat in Erfurt nicht einmal einen Betriebsrat, mit dem die DEKRA-Auditoren ihre Beobachtungen hätte verifizieren können (wenn sie das überhaupt gewollt hätten). Bei einem derart großen Betrieb schadet das Fehlen einer Arbeitnehmervertretung der Glaubwürdigkeit von Audits sozialer Standards. Kleiner Hinweis: Das Arbeitsschutzthema “psychische Belastungen” war der Anlass für die Gründung des ersten Betriebsrates in einem Apple-Store.
Und welchen Wert hat eine Überprüfung durch die behördlichen Aufsicht? Kann man von der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft erwarten, dass sie von ihr übersehene Mängel nachträglich überprüfen oder wird ihnen zur Gesichtswahrung die Verteidigung ihrer bisherigen Beurteilungen wichtiger sein? Wer kümmert sich wirklich um die Arbeitnehmer?

When do audits interfere with the law?

BS OHSAS 18001 is a standard for Occupational Health & Safety (OH&S) management systems. Conformity assessment bodies (CAB) conduct audits at the sites of clients who applied for a certification or who want to get re-certified. In Germany the CABs are accredited by the Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS).
Accredited CABs in Germany for OHSAS 18001: http://www.dakks.de/en/content/directories-accredited-bodies. Leave all selections to “ALL” except “Certification for Managementsystem 2”, where you select “T64=Occupational Health and safety managementsystem: BS OHSAS 18001”.
Auditing is about assessing conformity. Strangely, in Germany it may occur that CABs support clients in acting against the law. When auditing the OH&S management system at your client’s site based on OHSAS 18001, the client may try

  • to take confidentiality as an excuse to hide findings concerning OH&S from the works council and
  • to exclude the works council from audits in order to prevent employee representatives from reporting OH&S issues to the auditor.

CABs should try to avoid this. Even best audit practices are not above the law!
Audits require confidentiality, but with regard to occupational health & safety issues, confidentiality does not allow clients of CABs to lock the work council out. CABs should not support clients in hiding information in a way which interferes with the duties of works council in Germany. Interfering with the legitimate work of the works council is a penal offence in Germany. Don’t issue certificates to clients, who act against the German Works Constitution (and against OHSAS 18001:2007 4.4.3.2).
The following exerpt from the German Works Constitution tells you which information on OH&S issues the works council of your client’s sites are entitled to ask for and where and when the works councils are entitled to participate in the audit.
The German Works Constitution (excerpt for OHSAS 18001 Auditors)

Section 2 – Status of trade unions and employers’ associations
(1) The employer and the works council shall work together in a spirit of mutual trust having regard to the applicable collective agreements and in co-operation with the trade unions and employers’ associations represented in the establishment for the good of the employees and of the establishment.
Section 80 – General duties
(1) The works council shall have the following general duties:
1. to see that effect is given … safety regulations … for the benefit of the employees;
[…]
Section 87 – Right of co-determination
(1) The works council shall have a right of co-determination in the following matters in so far as they are not prescribed by legislation or collective agreement:
1. matters relating to the rules of operation of the establishment and the conduct of employees in the establishment;
[…]
7. arrangements for the prevention of accidents at work and occupational diseases and for the protection of health on the basis of legislation or safety regulations;
8. the form, structuring and administration of social services whose scope is limited to the establishment, company or combine;
[…]
Section 89 – Health and safety as well as environmental protection at work
(1) The works council shall endeavour to ensure that the provisions on safety and health at work and accident prevention as well as environmental protection are observed in the establishment. It shall support the competent occupational safety and health authorities, the statutory accident insurance institutions and other relevant bodies in their efforts to eliminate safety and health hazards by offering suggestions, advice and information
(2) The employer and the bodies referred to in the second sentence of subsection (1) shall be obliged to invite the works council or the members it delegates for that purpose to participate in all inspections and issues relating to safety and health at work or the prevention of accidents and inquiries into accidents. The employer shall also consult the works council concerning all inspections and issues relating to environmental protection in the company, and shall immediately inform it of any conditions imposed and instructions given by the competent bodies relating to safety and health at work, the prevention of accidents, or environmental protection in the establishment.
(3) For the purposes of this Act, environmental protection in the establishment comprises all personnel and organisational measures as well as all measures relating to the establishment’s buildings, rooms, technical equipment, working methods, working processes and work places that serve the protection of the environment.
(4) Members delegated by the works council shall take part in discussions between the employer and the safety delegates within the context of section 22 (2) of the Seventh Book of the Social Code.
(5) The works council shall receive from the employer the minutes of inquiries, inspections and discussions in respect of which subsections (2) and (4) provide for its participation.
(6) The employer shall supply the works council with a copy of the accident notification to be signed by the works council under section 193 (5) of the Seventh Book of the Social Code.
Section 119 – Offences against bodies established under this Act and their members
(1) The following offences shall be punishable by a term of imprisonment not exceeding one year or a fine, or both:
[…]
2. Obstructing or interfering with the activities of the works council, the central works council, the combine works council, the youth and trainee delegation, the central youth and trainee delegation, the combine youth and trainee delegation, the ship’s committee, the fleet works council, the representative bodies of the employees referred to in section 3 (1), the conciliation committee, the arbitration body referred to in section 76 (8), the grievance committee referred to in section 86 or the finance committee,
[…]
(2) Proceedings concerning the offence shall be instituted only on application by the works council, the central works council, the combine works council, the ship’s committee, the fleet works council, the representative bodies of the employees referred to in section 3 (1), the electoral board, the employer or a trade union represented in the establishment. The application may be withdrawn.

Source:
   Co-determination 2013,
   Federal Ministry of Labour and Social Affairs,
   Information, Publication and Editorial Office
   53107 Bonn, Germany

Unabdingbare Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmervertretung im Arbeitsschutz

Das Arbeitsschutzgesetz ist ein Rahmengesetz. Was im Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht bereits gesetzlich geregelt ist und wo betriebsspezifische Ausgestaltungen von Rahmenvorschriften erfolgen, hat vom Betriebsrat mitbestimmt zu werden. Auf die Erfüllung dieser Pflicht darf auch die Arbeitnehmervertretung nicht verzichten.
Aus einem Beschluss des BAG vom 8.11.2011 (1 ABR 42/10):

[…] Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen. […]

Wenn standortübergreifende Regelungen in die Betriebe hineingreifen und somit die Wirkung betrieblicher Regelungen haben, dann sind z.B. mindestens die Gesamtbetriebsräte mitbestimmungspflichtig. Sie können von den lokalen Betriebsräten entspechend beauftragt werden. Betriebsräte bei der Mitzbestimmung zu behindern, ist strafbar.
 
Die Grundlage dieses BAG-Beschlusses ist das Betriebsverfassungsgesetz. Nicht nur Arbeitgeber könnten gegen dieses Gesetz verstoßen, sondern es kann auch Arbeitnehmervertretungen geben, die ihrer Mitbestimmungspflicht nicht gerecht werden. Es gibt Zertifizierer, die an der Überprüfung der Einhaltung der folgenden Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes und an der Zusammenarbeit zwischen der Betriebsleitung und der Arbeitnehmervertretung (siehe z.B. OHSAS 18001:2007, Absatz 4.4.3.2) nicht sonderlich interessiert sind.
 

§ 80 BetrVG, Allgemeine Aufgaben
(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;
2. Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen;
[…]
9. Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.

 

§ 81 Betrvg, Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers
(1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes getroffenen Maßnahmen zu belehren.
(2) Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.
(3) In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.
(4) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die aufgrund einer Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung sowie auf Inhalt und Art seiner Tätigkeit zu unterrichten. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Der Arbeitnehmer kann bei der Erörterung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.

 

§ 87 Mitbestimmungsrechte
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
[…]
1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
[…]
7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
[…]

 

§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.
(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.

 
Links:

§§ 87 und 89 des Betriebsverfassungsgesetzes

Der § 89 BetrVG Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz konkretisiert den § 87 BetrVG Mitbestimmungsrechte. Genau genommen geht es hier nicht um Mitbestimmungsrechte, sondern um Mitbestimmungspflichten. Beide Paragrafen sind keine Beschränkung der unternehmerischen Freiheit, sondern sie verbinden diese Freiheit der Arbeitgeber mit deren Verantwortung für die Arbeitnehmer. Beide Normen schreiben dazu den Arbeitnehmern die Ausübung von Mitbestimmunsrechten vor, denn wenn Arbeitnehmervertretungen auf ihr Mitbestimmungsrecht “verzichten” würden, dann funktionieren gesetzlich vorgeschriebene (und von weisen Leuten gut erklärte) Korrekturmechanismen nicht mehr. Die Mitbestimmungspflicht ist unabdingbar, die Arbeitnehmervertretungen haben sich also daran zu halten. Fehlen ihnen die Ressourcen (Wissen, Rechtsbeistand usw.) dazu, so hilft das nicht als Ausrede, sondern die Arbeitnehmervertreter müssen sich dann diese Ressourcen (Freistellungen, Berater, Rechtsanwälte, Weiterbildung usw.) verschaffen.

§ 87 Mitbestimmungsrechte

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
[…]
1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
[…]
7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
[…]

§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz

(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.

(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.

Damit es klar ist:

  • Der Betriebsrat hat seine Aufgaben unabdingbar zu erfüllen. § 89 gibt ihm nicht nur Rechte, sondern Pflichten. Wo Rechte der Arbeitnehmervertretung als Pflichten formuliert sind, kann sie nicht auf die Ausübung dieser Rechte verzichten. Arbeitgeber, die die Arbeitnehmervertretung bei der Ausübung ihrer Pflichten behindert, begehen eine Straftat.
  • Zu den im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen zählen auch Audits (sowohl von internen wie auch von externen Auditoren) für OHSAS 18001 und ISO 14001, denn sie dienen der Systemkontrolle z.B. von Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystemen und damit der Entlastung der behördlichen Aufsicht. Diese Entlastung bedeutet natürlich nicht, dass die Arbeitnehmervertreter von den nun in die Systemkontrolle verlagerten Aufsichtsaufgaben ausgeschlossen werden können.
  • Zu den Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen zählen auch die Berichte, die bei Audits für OHSAS 18001 und ISO 14001 erstellt werden. Der Arbeitgeber hat hier eine Bringschuld.
  • In nach OHSAS 18001 zertifizierten Betrieben gilt, dass die Dokumentation nur von Unfällen nicht ausreicht. Es sind alle Vorfälle nach Definition 3.9 und 3.8 (OHSAS 18001:2007) zu dokumentieren, also nicht nur meldepflichtige Unfälle, sondern alle Ereignisse, die eine Verletzung oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) oder einen tödlichen Unfall zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. Das kann der Betriebsrat basierend auf OHSAS 18001 verlangen. (Erkrankungen sind erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert wurden.)
  • Gesetzestext: § 89 BetrVG
  • Betriebsverfassungsgesetz im Arbeitsschutz

Mitbestimmung bei QM-Systemen

http://qm-blog.certqua.de/was-sie-ueber-die-betriebliche-mitbestimmung-bei-der-einfuehrung-eines-qm-systems-wissen-muessen/

[…]
5. Audits und Zertifizierungen

Ist das QM-System eingeführt und soll [es] durch eine externe Organisation zertifiziert werden, finden Audits durch interne und externe Auditoren statt. Sie umfassen die Kontrolle darüber inwiefern das QM-System durch die Mitarbeiter auch tatsächlich gelebt wird. Die Kontrolle eröffnet jedoch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Einzig die Benennung der internen Auditoren bedarf einer Zustimmung des Betriebsrates.
Möchten auch Sie Qualitätsexperte im Bildungsmanagement werden und mehr über die Einführung eines QM-Systems und die betriebliche Mitbestimmung erfahren? Dann besuchen Sie die Basisseminare „Qualitätsmanagementbeauftragter“, „Qualitätsmanager“ und „QM-Fachauditor“ der CERTQUA GmbH

(Hervorhebung nicht im Originaltext)
Bei einer so hilfreichen Information zitiere ich die Werbung für Seminare gerne mit. 🙂
Aber Vorsicht: Bei Audits vom QMs, die den Arbeits- und Umweltschutz betreffen, herrscht eine erweiterte Mitbestimmung, die in dem Artikel nicht berücksichtigt worden ist.
Manche Arbeitnehmervertretungen wissen nicht einmal, dass sie bei der Auswahl der internen Auditoren mitbestimmen können. Noch schlimmer: Sie interessieren sich nicht dafür. Ihnen erscheint das Thema als zu kompliziert und zu unwichtig. So kann es dann passieren, das Auditoren und Auditierte sich (entgegen der Forderungen in ISO 19011) sehr nahe stehen und die Audits zur Farce werden. Die Geschäftsführungen und Behörden bekommen geschönte Berichte. Arbeitnehmervertreter, die hier nicht aufpassen, schaden damit den von ihnen vertretenen Arbeitnehmern.
In dem Artikel geht es um die Mitbestimmung bei der Einführung von QM-Systemen generell. Und im Satz “Einzig die Benennung der internen Auditoren bedarf einer Zustimmung des Betriebsrates” geht es um Zustimmung. Die Pflichten des Betriebsrates beschränken sich aber nicht auf Zustimmung: Geht es beim QM um Arbeitsschutzmanagementsysteme (z.B. Zertifikations- und Zwischenaudits nach OHSAS 18001), dann ergeben sich u.A. aus dem § 89 des Betriebsverfassungsgesetzes für den Betriebsrat bzw. für die Personalvertretung starke zusätzliche Rechte und Pflichten.
Gerade bei Audits im Arbeitsschutz geht es nämlich darum, dass die Arbeitnehmer einseitige Darstellungen des Arbeitgebers korrigieren können müssen. (Falschdarstellungen der Qualität des AMS gab es sogar in Geschäftsberichten großer Unternehmen. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssten solche Fehler verhindern.)
Arbeitnehmervertretungen sind vom Arbeitgeber nicht nur über Arbeitsschutz-Audits zu informieren, sondern sie sind hinzuzuziehen. Das gilt auch für Audits durch private Zertifizierungsunternehmen, auf die sich Aufsichtspersonen der Gewerbeaufsicht verlassen (siehe Absatz 5 im Anhang der LV 54). Ansonsten wäre es ja möglich, die Arbeitnehmervertretung durch die Privatisierung von Teilen der Arbeitsschutzaufsicht zu behindern. Oft reicht schon die Anwesenheit eines sorgfältig Protokoll führenden Arbeitnehmervertreters, sicherzustellen, dass die dargestellte Qualität des Arbeitsschutzes den Tatsachen besser entspricht.