CSR: Schickliche Form des Eigennutzes

Es geht um die so genannte Corperate Social Responsibility (CSR). Das ist der EU Kommission (2011) zufolge “die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkung auf die Gesellschaft”. Bei der Werbung mit sozialer Verantwortung wird allerdings gerne übertrieben. Es ist den CSR-Leuten auch irgendwie peinlich, sich nicht in erster Linie von wirtschaftlichen Interessen leiten zu lassen. Wer möchte schon ein gutmenschliches Weichei sein?
https://www.ihk-nuernberg.de/de/media/PDF/Wir-ueber-uns/bericht-der-veranstaltung-gesellschaftliche-verantwortung-in-der-betriebswirtsc.pdf (Dateidatum: 2013-11-27)

CSR: Einfach nur gutes Management
Tagung „CSR in der Betriebswirtschaft“ in der Wirtschaftskammer Salzburg in
Kooperation mit der IHK Nürnberg für Mittelfranken
[…] neueste Ansätze von CSR – und diese zielen auf die möglichst tiefe Integration von „Verantwortung“ in die betrieblichen Steuerungsinstrumente und in die Innovationspolitik der Unternehmen. Der „moralische Zeigefinger“ war gestern. „Noch immer herrscht zwar eine gewisse moralische Appellitis vor. Es kann und wird aber ein Beitrag der Betriebswirtschaftslehre sein, vor allem zu zeigen, welche Wettbewerbsvorteile sich durch CSR ergeben, indem Unternehmen sozial verantwortlich agieren“, umriss Dr. René Schmidpeter, der wissenschaftliche Leiter des Zentrums für humane Marktwirtschaft, den aktuellen CSR-Trend.
[…] Diese „schickliche Form des Eigennutzes“, eine Formulierung von Adam Smith, an die FH-Professor DDr. Hermann Rauchenschwandtner (FH Salzburg) erinnerte, ist vor allem in größeren Unternehmen vom „CSR-Add on“ zu einem selbstverständlichen Teil des Managements geworden. […]

 
Nichts gegen wirtschaftliches Denken, aber wenn es dominiert (vielleicht noch angeblich im Sinn von Bernard Mandeville und Adam Smith), dann muss ich an diese Veröffentlichung denken:
Björn Frank, Günther G. Schulze: How Tempting is Corruption? More Bad News About Economists (April 1998)
http://www.icgg.org/downloads/contribution03_frank.pdf

Abstract – In this paper, we report on an experiment on corruption which investigates various determinants of corruptibility. We find that economics students are significantly more corrupt than others, which is due to self-selection rather than indoctrination. Moreover, our results vary with gender. Also, agents are no less corrupt if rewarded in addition to, and independently of, a possible bribe. Our experiment isolates the influence of self-interest on cooperation from other influences such as risk attitude and expectations regarding the behavior of others.

Wo wirtschaftlicher Eigennutz die Haubttriebkraft für CSR ist, kann sich dann auch schon einmal die eine oder andere Tatsachenverdrehung in die CSR-Berichterstattung einschleichen. Klappern gehört schließlich zum Handwerk. Die Prüfer von Geschäftsberichten haben es hier nicht leicht.
 
Herrmann Broch, Massenwahntheorie, 1939 bis 1948, 3. Teil, Kapitel 5.8. Totalwirtschaft und Totalversklavung

[…] Das Gehirn des modernen Menschen ist ökonomisch verseucht. […]

 

Mitbestimmung und unternehmerische Betätigungsfreiheit

http://www.haufe.de/personal/personal-office-premium/87-mitbestimmungsrechte-232-unternehmerische-freiheit_idesk_PI10413_HI612654.html

Kommentar aus Personal Office Premium
§ 87 Mitbestimmungsrechte / 2.3.2 Unternehmerische Freiheit
Als sonstige Grenze der Mitbestimmung wird ferner die unternehmerische Freiheit diskutiert. Der Arbeitgeber kann in sozialen Angelegenheiten bei seinen Entscheidungen nur insoweit zu einer Einigung mit dem Betriebsrat gezwungen werden, wie dadurch nicht in seine unternehmerische Betätigungsfreiheit eingegriffen wird. Die Frage, ob Mitentscheidungsbefugnisse des Betriebsrats bestehen, lässt sich also – in Abgrenzung zu der Möglichkeit einer freiwilligen Beteiligung des Betriebsrats – nur durch die Auslegung der entsprechenden Mitbestimmungstatbestände unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit bestimmen. […]

Nein, das Grundgesetzt schützt nicht nur die unternehmerische Betätigungsfreiheit, sondern auch das Recht der Menschen auf Unversehrtheit. Darum kann mit einer demokratischen Gesetzgebung und nach einer Abwägung von Grundrechten in die unternehmerische Betätigungsfreiheit legitim eingegriffen werden.
Arbeitgeber sehen besonders im mitbestimmten Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz oft eine Einschränkung der Unternehmensautonomie. Zum Teil ist das so. Aber die Gefährdungsbeurteilung ist noch keine Einschränkung der unternehmerischen Betätigungsfreiheit, sondern sie beschreibt, wie die konkrete Umsetzung der unternehmerischen Betätigungsfreiheit die Mitarbeiter belastet. Diese Belastungen können sich günstig oder schädlich auf die Mitarbeiter auswirken. Die Gefährdungsbeurteilung erfasst das und hilft damit auch den Arbeitgebern, unternehmerische Freiheit und unternehmerische Verantwortung miteinander zu verbinden.
Suche: https://www.google.com/search?q=”Arbeitsschutz”+psychische-Belastung+unternehmerische-Freiheit+unternehmerische-Verantwortung+Unternehmensautonomie

BGM besser als der Arbeitsschutz?

Ulrich F. Schübel
Institut fÜr Veränderungsmanagement, Unternehmensentwicklung und Training
http://www.gesundheitswirtschaft.ihk.de/linkableblob/1858566/.4./data/Betriebliches_Gesundheitsmanagement_als_Management_und_Fuehrung-data.pdf;jsessionid=3DCE9D04D3CCDC87EFDCCEFF4193F8E5.repl2 (2012-04)


Gesundheit als Managementaufgabe
Defizite der Vergangenheit
Traditionelle Vorgehensweisen im Rahmen eines Arbeits- und Gesundheitsschutzes

  • konzentrieren sich auf eine Verringerung schädigender oder gefährdender Arbeitsbedingungen,
  • vernachlässigen Verhalten der Mitarbeiter ebenso wie psychische und soziale Aspekte von Gesundheit,
  • siedeln Bemühungen zur Gesunderhaltung in der Regel bei Spezialisten an (z.B. Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz).
  • Resultierendes Defizit: Etablierung von Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung auf Basis eines umfassenden Managementsystems und Verknüpfung mit bereits existierenden Managementsystemen gelingt nicht oder nur sehr unzureichend.

    Diese Darstellung erweckt den Eindruck, dass das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) mehr böte, als der Arbeitsschutz. BGM ist aber keine Alternative zum Arbeitsschutz. Sondern Arbeitsschutz ist die Voraussetzung für BGM: Bevor ein BGM eingerichtet wird, müssen überhaupt erst einmal die grundlegenden Hausaufgaben im Arbeitsschutz erledigt werden. Das ist die Pflicht. Niemand hindert Unternehmer daran, ein über den Arbeitsschutz hinausgehendes BGM einzurichten. Das wäre dann die Kür.
    Der Arbeitsschutz konzentriert sich bewusst auf eine Verringerung schädigender oder gefährdender Arbeitsbedingungen. Die Regeln des Arbeitschutzes (und die Urteile dazu) berücksichtigen die psychischen und sozialen Aspekte von Gesundheit sehr wohl, aber die Mehrheit der Arbeitsgeber hat die vorgeschriebene verhältnispräventive Umsetzung vernachlässigt. Ihnen ist vielleicht ihr traditioneller Ansatz lieber: Mit diesem verhaltenspräventiv Ansatz werden die Mitarbeiter fürsorglich belagert. Genau diesen das Individuum bedrängenden Ansatz will der moderne, ganzheitliche Arbeitsschutz verändern. Dazu gibt es eine flexible Rahmengesetzgebung, innerhalb der Arbeitgeber und Arbeitnehmer betriebsnahe Lösungen vereinbaren können.
    Es gibt auch Managementsysteme für den Arbeitsschutz und Normen dazu, z.B. OHSAS 18001 und ILO-OSH. Aber sie werden oft nicht “gelebt”, denn ihre Umsetzung erfordert eine Veränderung von traditionellen Führungsstrukturen und Führungsstilen. Beispielsweise macht der Fokus auf die Arbeitsbedingungen Führungsverhalten transparenter. Das passt nicht zu jedem Führungsstil. Der Arbeitsschutz erhöht die unternehmerische Verantwortung. Die Beschreibung von bisher unbeobachteten Gefährdungen kann zudem zu Haftungsproblemen führen, denen Arbeitgeber bisher auszuweichen versuchten.
    Das BGM wird traditionelleren Ansätzen eher gerecht: Der Fokus liegt wieder auf der Veränderung der Mitarbeiters und der Anpassung ihrer Arbeitsfähigkeit an das “System Arbeit”. Die traditionelle Zuwendung zu einzelnen Mitarbeitern ist ja eine feine Sache, aber wenn vorher gar nicht erst probiert worden ist, sich an die Regeln des Arbeitsschutzes zu halten, dann bekommt diese individuelle Fürsorge ein Glaubwürdigkeitsproblem.
    Vielleicht sind Arbeitgeber offener gegenüber dem BGM, weil sie meinen, es besser kontrollieren zu können. Insbesondere zusammen mit der Mitbestimmung sehen viele Unternehmer im modernen Arbeitsschutz eine Beeinträchtigung ihrer unternehmerischen Freiheit.

    BGF-Institut ignoriert Arbeitsschutz

    Das BGF-Institut war einmal eine Einrichtung der AOK Rheinland. Heute gehört diese GmbH als An-Institut zur Sporthochschule Köln mit der AOK Rheinland/Hamburg als Gesellschafter. Das Konzept der An-Institute ist einer unabhängigen Wissenschaft nicht zuträglich.
    http://www.bgf-institut.de/fileadmin/redaktion/downloads/broschueren/BGF_Broschuere_A4_Psyche_screen.pdf (2012):

    Gesund und gelassen trotz psychischer Beanspruchung
    Unsere Angebote für Ihr Unternehmen


    Arbeitssituationsanalyse ASA PLuS®
    Bei ASA PluS® erfolgt die Beurteilung eines bestimmten Arbeitsbereichs im Rahmen eines moderierten Gruppengesprächs. Neben den Zufriedenheitsfaktoren werden mit allen Beteiligten die abteilungsspezifischen Belastungen erfasst. ASA PLuS® geht deutlich über die Analyse hinaus: Lösungen und Strategien gehören zum Tool, erste Maßnahmen zur Verbesserung werden entwickelt. Untersucht werden Belastungsfaktoren aus den Bereichen Ergonomie, Arbeitsorganisation, Kommunikation und Betriebsklima. Die Beschäftigten werden aktiv einbezogen. Dadurch wird ihr spezifisches Know-how genutzt, aber auch das Problembewusstsein erweitert und die Eigenverantwortlichkeit gefördert.

    Mit dieser Broschüre werden Arbeitgeber schlecht beraten. “Arbeitsschutz”, “Gefährdungsbeurteilung”, “Betriebsrat” und “Mitbestimmung” kommen darin nicht vor. Der mitbestimmte Arbeitsschutz ist die wichtigste Grundlage der Prävention psychischer Belastungen. Das BGF-Institut ignoriert das in dieser Veröffentlichung. Arbeitgeber erfahren nichts über die bei ihnen (und nicht bei den Mitarbeiter) liegende Eigenverantwortung bei der Verhältnisprävention im Arbeitsschutz. Auch sehe ich die Gefahr der Vermengung von Belastungsanalyse und Arbeitsfähigkeitsanalyse.
    Mit diesem Institut konfrontierte Personal- und Betriebsräte sollten sich gute eigene Berater zulegen.

    Eine Pressemeldung, die es nie gab

    Diese Erweiterung von Positionen mehrerer Firmen zum Gesundheitsmanagement ist mir vielleicht zu phantasievoll geraten 🙂

    Die Gesundheit der Mitarbeiter und ihre Arbeitsfähigkeit ist von entscheidender Bedeutung für die Leistung und den Erfolg von Unternehmen. Gesunde Mitarbeiter, die sich in ihrem Arbeitsumfeld wohlfühlen und gesund sind, sind motivierter und leistungsfähiger. Darum haben wir in unserem Unternehmen eine erhöhte Aufmerksamkeit in Unternehmen dafür entwickelt, Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu fördern und Krankheit zu verhindern.
    Gesundheitsmanagement ist im breiteren Sinne zu verstehen: die Prävention von Unfällen und arbeitsbedingter Krankheit müssen über die gesetzlichen Vorschriften und arbeitsmedizinischen Vorschriften hinausreichen, ohne allerdings dabei zu vergessen, wenigstens die gesetzlichen Vorschriften selbst schon einmal ausreichend zu beachten. Unternehmen müssen auch präventiv-medizinische Handlungsfelder der Gesundheitsförderung identifizieren und sich selbst zu Aktivitäten für Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz verpflichten.
    Wir brauchen Organisationsstrukturen, in denen zielgerichtet Maßnahmen entwickelt werden und die die notwendige Management-Aufmerksamkeit und -Promotion erhalten, damit das Gesundheitsmanagement in Unternehmen gefördert wird. Wir werden dabei aber den Arbeitsschutz nicht im Gesundheitsmanagement marginalisieren. Arbeitsschutz ist mehr, als nur die möglichst kostengünstige Abwehr von Haftung.
    Gesundheitsbewusstsein und -förderung ist ein integraler Bestandteil von Personalführung. Gesunde Führung umfasst dabei nicht nur die unmittelbare Führung von Menschen, sondern im Bereich des Arbeitsschutzes auch die Mitbestimmung durch die Mitarbeiter bei der Gestaltung von Führungsstrukturen und Organisationen.
    Gesundheit muss in vielen Unternehmen erst noch zu einem Thema für Mitarbeiter (Selbstverpflichtung) und Führungskräfte (Führungsverpflichtung) gemacht werden, in unserem Unternehmen waren es jedoch die Mitarbeiter selbst, die beim von uns bisher vernachlässigten Themenfeld der psychischen Belastungen die Initiative übernahmen: Der Betriebsrat machte die Unternehmensführung auf die Notwendigkeit aufmerksam, auch die psychische Gesundheit und und das seelische Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu fördern. Obwohl wir schon vor zehn Jahren psychische Belastungen im Handbuch unseres Arbeitsschutzmanagementsystems wenigstens erwähnten, gab es dazu bis heute entgegen den Vorschriften des Arbeitsschutzes beispielsweise keine Pflichtunterweisungen.
    Dank der Initiative unseres Betriebsrates wird der Kulturwandel in unserem Unternehmen jedoch so gefördert, dass ein mitbestimmter ganzheitlicher Arbeitsschutz möglich wird. Wir haben verstanden, dass die in OHSAS 18001 geforderte Kommunikation sich nicht auf eine Kommunikation von oben nach unten beschränkt und halten es deshalb auch nicht für anmaßend, dass Mitarbeiter mitbestimmen wollen, wenn es um ihre eigene Gesundheit sowie um die Beurteilung ihrer Leistungs- und Arbeitsbedingungen geht. In diesem Bereich werden wir nun zuerst unsere Hausaufgaben machen und nach einer Wartezeit von vielen Jahren unserer unternehmerischen Verantwortung gerecht werden.
    Besonders wichtig ist Aufmerksamkeit und Unterstützung durch das Top-Management, um die Relevanz des Themas “gesunde Unternehmen” im mittleren Management und bei den Mitarbeitern zu verdeutlichen. Das Top-Management ist darauf gut vorbereitet, denn ihm ist das Thema schon seit Jahren dank der ihm gewährten persönlichen Trainer bekannt.

    GDA Fachkonzept

    Die folgenden Links zur Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie sind eher für Rechercheure gedacht als für Praktiker im Arbeitsschutz.
     
    (1) http://www.ifado.de/forschung_praxis/projektgruppen/biodyn/Fachkonzept_GDA_mit_Anlagen_2007-08-13_1.pdf (oder http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/08/Fachkonzept_GDA_mit_Anlagen_2007-08-13_1.pdf)

    Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
    Fachkonzept und Arbeitsschutzziele 2008 – 2012
    Fortschreibung – Stand: 13.08.2007

     
    (2) http://www.berufsgenossenschaften.de/inhalt/praevention/gemein_strat/documents/A_II_06_08.pdf

    Ingo Zakrzewski
    Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA
    Anwenderfreundlichkeit und Rechtssicherheit
    Die Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie zum Vorschriften- und Regelwerk im Arbeitsschutz …

    … Mit der Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben durch das Arbeitsschutzgesetz rückte die Eigenverantwortlichkeit des Arbeitgebers und die Formulierung von Schutzzielen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in den Mittelpunkt. Dieser Ansatz traf auf ein durch konkrete Detailvorgaben geprägtes nationales Arbeitsschutzverständnis, was mit dem Streben nach mehr Eigenverantwortung und Flexibilität beim betrieblichen Arbeitsschutz nicht im Einklang stand. Die Folge waren Kompatibilitätsprobleme, Doppelregelungen und Widersprüche innerhalb des Vorschriften- und Regelwerkes zum Arbeitsschutz. …

    … Zentrales Anliegen ist, Doppelregelungen von staatlichem Arbeitsschutzrecht und Unfallverhütungsvorschriften weiter abzubauen und künftig zu vermeiden. Dieser Deregulierungsprozess wurde bei den Unfallversicherungsträgern bereits 1999 eingeleitet und insbesondere im Zusammenhang mit dem Erlass der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ in weiten Teilen umgesetzt. Die politischen Forderungen nach Bürokratieabbau und nach mehr Eigenverantwortung verlangen jedoch, dass diese Entwicklung noch konsequenter fortgesetzt wird. Auf Grund der Europäisierung des Arbeitsschutzes sind zwischenzeitlich weite Bereiche durch staatliche Arbeitsschutzvorschriften geregelt. Die hierdurch entstehenden Überschneidungen mit den Regelungsbereichen der Unfallverhütungsvorschriften sind mit dem Ziel eines schlanken Vorschriftenwerkes nicht vereinbar. Deshalb wird der Erlass von Unfallverhütungsvorschriften nach der zwischen Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern im Rahmen der GDA abgestimmten Rahmenkonzeption nur noch zur Ergänzung oder Konkretisierung des staatlichen Rechtes für erforderlich gehalten. …

    (Hervorhebungen nachträglich eingefügt)
    Wie wir heute wissen, wird bis heute die Mehrheit der Unterneher ihrer Verantwortung nicht gerecht. Im Gegenteil, sie haben heute sogar die Chuzpe, in ihren Programmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung die Eigenverantwortung der Mitarbeiter in den Vordergrund zu stellen. Funktioniert dagegen hat die Bürokratisierung – mit dem möglicherweise politisch gewünschten Erfolg, dass die behördliche Kontrolle nicht mehr funktioniert.
     
    (3) http://www.gda-portal.de/de/Ziele/Fachkonzept_content.html (oder http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/08/GDA-Fachkonzept-gesamt.pdf)

    Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
    Fachkonzept und Arbeitsschutzziele 2008 – 2012
    Stand: 12. Dezember 2007

     
    (4) http://www.gda-portal.de/de/Ziele/Arbeitsschutzziele2013-18.html

    GDA-Periode 2013 – 2018 Arbeitsschutzziele
    In den Jahren 2013 -2018 werden Bund, Länder und Unfallversicherungsträger nach dem Beschluss der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz (NAK) vom 30. August 2011 ihre Präventionsaktivitäten schwerpunktmäßig auf die Umsetzung von drei gemeinsamen Arbeitsschutzzielen ausrichten:

    • Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
    • Verringerung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich
    • Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung

    Beim Ziel “Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes” stehen insbesondere die Integration von Sicherheit und Gesundheit in betriebliche Prozesse und Entscheidungsbereiche sowie die Verbesserung der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung im Mittelpunkt.
    Handlungsschwerpunkte im Bereich der arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich liegen in der gesundheitsgerechten Gestaltung von einerseits bewegungsarmen und einseitig belastenden Tätigkeiten sowie andererseits Tätigkeiten mit hohen körperlichen Belastungen.
    Bei der Umsetzung des Zieles “Schutz der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung” wird es zunächst darum gehen, Aktivitäten und Instrumente zu entwickeln, die ein frühzeitiges Erkennen und eine Beurteilung im Hinblick auf Gesundheitsgefährdungen ermöglichen. Im Weiteren sollen präventive, arbeitsorganisatorische sowie gesundheits- und kompetenzfördernde Maßnahmen zur Verminderung arbeitsbedingter psychischer Belastungen entwickelt und umgesetzt werden.
    Dem Beschluss zu den zukünftigen Arbeitsschutzzielen ist ein intensiver Abstimmungsprozess der in der NAK beteiligten Vertretungen von Bund, Ländern, Unfallversicherungsträger und der Sozialpartner sowie eine schriftliche Befragung der Fachöffentlichkeit voraus gegangen. Ziel der Konsultation war es, der Ausgestaltung und Fortentwicklung der GDA-Ziele eine breite und vielfältige Grundlage zu geben sowie Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktivitäten mit Kooperationspartnern zur Zielumsetzung zu ermitteln.

     
    (5) http://suqr.uni-wuppertal.de/fileadmin/Fachgebiete/SiTe/LuFG_Sicherheitsrecht/Kolloquium_Download/Kolloquium_SS_2004_-_BRUECKNER.pdf, Bernhard Brückner, 2004

    Staatliche Arbeitsschutzaufsicht zwischen Deregulierung, Verwaltungsreform und neuen Herausforderungen

    Zweck der öffentlich geführten Deregulierungsdiskussion scheint zu sein, Arbeitsschutzvorschriften grundsätzlich als Maßnahmen darzustellen, die die Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung hemmen.
    Eine fundierte Debatte über eine Neuordnung des Arbeitsschutzrechts hat – trotz vorhandener Ansätze – bis jetzt nicht stattgefunden.

     
    Ich fand zwei Quellen zunächst mit https://www.google.de/search?q=”Grundsäze+zur+Neuordnung+des+Arbeitsschutzrechts”+psych

    1999: Gewolltes Unwissen, erlernte Hilflosigkeit

    Psychischer Stress in der Arbeitswelt. Erkennen – Mindern – Bewältigen, RKW-Fachtagung, 127 S., 1999-11-24, http://www.infoline-gesundheitsfoerderung.de/global/show_document.asp?id=aaaaaaaaaaagejg

    Die nach dem Arbeitsschutzgesetz geforderte Gefährdungsbeurteilung verlangt vom Arbeitgeber u.a., dass psychische Belastungen ermittelt, Maßnahmen zur Regulierung eingeleitet und deren Wirksamkeit überprüft werden. Ein Schritt, um einen ganzheitlichen Arbeits- und Gesundheitsschutz zu verwirklichen, liegt deshalb im Erkennen und in der Beurteilung von kognitiven, psychosozialen und emotionalen Belastungsfaktoren. Hierzu gibt es eine Reihe von Methoden und Instrumenten, die jedoch nur zögerlich in der Praxis eingesetzt werden. Vielen betrieblichen Praktikern fehlen zum einen die Kenntnisse, angemessene Ermittlungsmethoden auszuwählen; zum anderen sind viele Verfahren noch wenig erprobt und erfüllen eher wissenschaftliche als praktische Ansprüche. …

    … Die gesetzlichen Entwicklungen tragen den veränderten Arbeitsbedingungen und der merklichen Belastungsverschiebung in der Arbeitswelt Rechnung und korrespondieren mit der notwendigen Verständniserweiterung. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vertritt diese ganzheitliche Sicht und gibt ihr die rechtliche Legitimation. Ein Gesetzesauszug, der diese systemische Auffassung repräsentiert, lautet “Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen; […].” (§ 4, Nr. 4 ArbSchG). Das betriebliche Arbeitsschutzhandeln soll demnach auf ein ganzheitliches Arbeitsschutzhandeln ausgerichtet sein und neben den technischen Bedingungen die der Arbeitsorganisation und sozialen Beziehungen berücksichtigen.
    Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung ist das Erkennen der verschiedenen Quellen betrieblicher Gesundheitsgefährdungen, um daraus präventive und korrektive Arbeitsschutzmaßnahmen abzuleiten. Ein wichtiges Instrument und eine wesentliche Entscheidungsgrundlage dafür ist die gesetzlich geforderte Gefährdungsbeurteilung. Nach § 5 Abs. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, “durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.” Dies schließt psychische Belastungen mit ein. Gefährdungen, verstanden als Quelle möglicher arbeitsbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen oder arbeitsbedingter Unfälle, werden beispielhaft in § 5 Abs. 3 aufgeführt, u.a. mit der Spezifizierung: “Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch […] (die) Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken”, d.h. eben diese Elemente eines Arbeitssystems, die mit dem Konzept der psychischen Belastungen erfasst werden. Ganz explizit genannt, werden psychische Belastungen bisher als Kriterium bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen in § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung.

    … obwohl für die Ermittlung der belastenden Arbeitsbedingungen als auch die der Beanspruchungen können zwei Erhebungsstrategien unterschieden werden: Bei der ersten Variante führt ein externer Experte, d.h. eine Person, die nicht unmittelbar von den Arbeitsbedingungen betroffen ist, die Analyse und Bewertung durch. Im Betrieb kann das die Fachkraft für Arbeitssicherheit sein oder der Betriebsarzt [Leider kann es vorkommen, dass sich beide dem Arbeitgeber verpflichteter fühlen, als den Arbeitnehmern], im Fall der überbetrieblichen Einrichtungen, die staatlichen und technischen Aufsichtsbeamten [die bis heute vorwiegend technisch geblieben sind!] oder ein Unternehmensberater. Diese Vorgehensweise wird auch häufig als “objektiv” bezeichnet, in Abgrenzung zu den subjektiven Verfahren. Bei der zweiten Ermittlungsstrategie erfolgt die Analyse und Bewertung durch die Beschäftigten. Am bekanntesten ist hier wohl die Methode der fragebogengestützten Mitarbeiterbefragung. …

    (Hervorhebungen und Anmerkungen in eckigen Klammern nachträglich eingetragen)
    Das war also schon im Jahr 1999 klar. Aber Ursula von der Leyen billigt den Unternehmern heute “Unwissen und Hilflosigkeit” zu. Es war aber eine nachhaltig gewolltes Unwissen und gut erlernte Hilflosigkeit. Auch in den Gewerbeaufsichten schein das Unwissen von den politischen Führungen gewollt und durch “Verschlankung” so erfolgreich erreicht worden zu sein, wie sich die Unternehmerverbände das wünschten. Dabei rufen die vielen Unternehmer, die erst dann Handlungsbedarf sehen, wenn es rechtlich für sie brenzlig wird, geradezu nach scharfen Kontrollen. Sie sollten sich nicht beschweren. Immerhin hatten sie eine Chance gehabt. Statt dessen hören wir von zu vielen Unternehmern, die ihrer eigenen unternehmerische Verantwortung selbst nicht gerecht werden, Aufforderungen an die Mitarbeiter, sich “eigenverantwortlich” um ihre Gesundheit zu kümmern. Wird Frechheit wieder einmal siegen?

    Laut propagierter Anspruch an Selbstverantwortlichkeit

    Matthias T. Meifert, Mathias Kesting: Gesundheitsmanagement Im Unternehmen: Konzepte – Praxis – Perspektiven (2003), ISBN 978-3-540-00583-4
    books.google.de/books?id=LmZGzGYleg0C&pg=PA165&lpg=PA165
    Mathias Kesting (von der Kienbaum-Unternehmensberatung) schrieb in dem Kapitel Selbstmanagement – Zwischen Selbstverantwortung und äußeren Sachzwängen im Fazit auf Seite 165:

    … Der heute so laut propagierte Anspruch an Selbstverantwortlichkeit von Mitarbeitern ist in den vergangenen Jahren in vielen Unternehmen im Keim erstickt worden, in dem ein übergroßer Moloch an Bürokratie und bevormundender Einschränkung vorherrschte. …

    Vielleicht ist das eigentliche Problem aber, dass Unternehmensführungen ihrer eigenen unternehmerischen Eigenverantwortung (im ganzheitlichen Arbeitsschutz seit etwa 2005 wissentlich) nicht gerecht wurden und (bei gleichzeitig überproportional steigendem Einkommenfür sich selbst) versuchten, die Verantwortung, der sie selbst nicht gerecht wurden, den Mitarbeitern als “Eigenverantwortung” zuzuschieben.
    Kesting versuchte auch, den Mitarbeitern “erlernte Hilflosigkeit” (nach Seligman, 1979) zuzuschreiben, was aber nur eine Erklärung sei, keine Entschuldigung. Da muss ich an Ursula von der Leyens Versuch denken, das unternehmerische Versagen im ganzheitlichen Arbeitsschutz mit “Unwissenheit und Hilflosigkeit” zu entschuldigen bzw. zu erklären.
    Als Kesting an dem Buch mitschrieb, war das in den Unternehmen missachtete Thema der psychischen Belastungen allerdings noch nicht so auf dem Radar, wie heute.

    Arbeitsschutzorganisation ist Pflicht

    Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle, LV 54, 2011-03
    Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI)
    http://blog.psybel.de/2011/12/29/grundsaetze-der-behoerdlichen-systemkontrolle/
    S. 9:

    2 .Ziele der behördlichen Systemkontrolle 
    Die behördliche Systemkontrolle stellt das Instrumentarium dar, mit dem die zuständige Arbeitsschutzbehörde das Vorhandensein und das Funktionieren einer systematischen Arbeitsschutzorganisation hinsichtlich ihrer Eignung im Sinne des § 3 ArbSchG überprüft. Werden Defizite festgestellt, wirkt die zuständige Arbeitsschutzbehörde auf eine geeignete betriebliche Organisation hin.
    Eine geeignete Organisation muss sicherstellen, dass:

    • die Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden,
    • Mängel im Arbeitsschutz festgestellt und beseitigt werden,
    • Schwachstellen in der Arbeitsschutzorganisation einschließlich der organisatorischen Ursachen konkreter Arbeitsschutzdefizite analysiert sowie Korrektur- und Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden,
    • die innerbetriebliche Kommunikation und die Zusammenarbeit sowie der innerbetriebliche Erfahrungsaustausch im Arbeitsschutz unter Einbeziehung aller Hierarchieebenen erfolgt,
    • die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nachhaltig verbessert werden,
    • sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten dauerhaft ermöglicht und gefördert wird.

     
    S. 37, Anlage:

    4.1 Rechtsgrundlagen 
    Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) regelt die Gewährleistung und Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Dabei stehen Prävention und Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Mittelpunkt. Die Verpflichtung des Arbeitgebers eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes zu schaffen ist in § 3 ArbSchG verankert.
    Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) regelt den Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit und
    den Einsatz von Betriebsärzten. Damit soll erreicht werden, dass

    • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Vorschriften den besonderen Betriebsverhältnissen entsprechend angewandt werden,
    • gesicherte arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Erkenntnisse zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung verwirklicht werden und
    • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Maßnahmen einen möglichst hohen Wirkungsgrad erreichen.

    Rechtsgrundlagen für die Überwachung der Arbeitsschutzorganisation, die Beratung des Arbeitgebers, die Möglichkeit der Anordnung und weiterer Befugnisse sind das Arbeitsschutzgesetz (§ 21 (1), § 22 ArbSchG) und das Arbeitssicherheitsgesetz (§12, § 13 ASiG) sowie Einzelregelungen in den auf das Arbeitsschutzgesetz gestützten Rechtsverordnungen.
    Für die Länderbehörden bedeutet dies, dass

    • die Überwachung der Erfüllung der Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitsschutzorganisation und die diesbezügliche Beratung Kernaufgaben sind,
    • die Erfüllung der rechtlich vorgegebenen Einzelverpflichtungen und deren betriebliche Wirksamkeit zu überprüfen ist und
    • im Rahmen der Beratung mindestens eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation bis hin zu einem Arbeitsschutzmanagementsystem als kontinuierlicher Prozess im Betrieb anzustreben ist.

    Das heißt für Arbeitnehmervertreter, dass die Implementierung der Gefährdungskategorie “psychische Belastungen” beim Arbeitsschutz ihres Betriebes schon irgendwie prozesshaft geregelt sein muss. Das Gesetz schreibt dem Arbeitgeber zwar nicht vor, wie er den Einbezug dieser Kategorie in den Arbeitsschutz umsetzt. Aber es muss eine nachvollziebar und prüfbare Organisation dafür aufgebaut werden.
    Gibt es Betriebsräte oder Personalräte in dem Unternehmen, dann dürfen sie in die zu dieser Organisation notwendige Dokumentation nicht nur Einsicht nehmen, sondern Arbeitnehmervertreter haben dann sogar die Pflicht zur Mitbestimmung. Diese darf nicht durch eine intransparente Organisation des Arbeitsschutzes behindert werden.

    4.3 Zielsetzung
    Zielsetzung der behördlichen Systemkontrolle ist die

    • Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozessen in Betrieben,
    • Stärkung der unternehmerischen Eigenverantwortung,
    • Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in Betrieben,
    • Feststellung und Abstellung von Mängeln,
    • Verbesserung der betrieblichen Aufbau- und Ablauforganisation,
    • Integration von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Geschäftsprozesse der Organisation,
    • Förderung der systematischen Wahrnehmung des Arbeitsschutzes in Betrieben,
    • Nachhaltigkeit der behördlichen Überwachungstätigkeit im Betrieb.

     
    Siehe auch: http://www.gda-portal.de/de/Betreuung/Leitlinie-Organisation-AS.html

    Segeltherapien als Luxus und Burnout als Waffe?

    Claudia Tödtmann (2012-05-20): Unternehmen müssen sich vor Burnout-Klagen fürchten – Gastbeitrag von Arbeitsrechtler Jörg Podehl
    http://blog.wiwo.de/management/2012/05/15/unternehmen-mussen-sich-vor-burnout-klagen-furchten-gastbeitrag-von-arbeitsrechtler-jorg-podehl/

    … Anfang Mai 2012 wurde beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf der Fall einer Wuppertaler Betriebsrätin mit einem widerruflichen Vergleich abgeschlossen. Sie war wegen Burnouts krankgeschrieben, hatte während ihrer Krankschreibung jedoch eine Segelreise unternommen und war hierfür zur Strafe gleich fristlos gekündigt worden. …

    Diese beliebte Geschichte wird gerne von Leuten erzält, die weder Ahnung vom Segeln noch Ahnung von Verhaltenstherapie haben. Tatsächlich kann eine Segelreise das Gehirn sehr wohl gut durchputzen. Bei Therapien für Top-Manager funktionierte das bekanntlich schon recht gut. Wo ist also das Problem, wenn auch Betriebsratsmitglieder Methoden anwenden, die sich bei Managern bewährt hatten?
     

    … Gefahr für Unternehmen: Burnout als Waffe
    Es besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer das Argument „Burnout“ missbräuchlich einsetzen …

    Es geht zugegebenermaßen noch schlimmer: http://blog.psybel.de/esoterik/
     

    … Ist für den Arbeitgeber eine außergewöhnliche Stressbelastung des Arbeitnehmers im Vergleich zu den gewöhnlichen Anforderungen erkennbar oder liegen bereits Anzeichen einer drohenden Krankheit vor, dann muss der Arbeitgeber wegen dieser deutlichen Anzeichen handeln und den Arbeitnehmer vor übermäßiger Stressbelastung schützen. …

    Das ist zu reaktiv. Vor 1996 konnte man vielleicht noch so argumentieren. Der ganzheitliche Arbeitsschutz schreibt jetzt Vorbeugung vor.

    … Eine Pflicht zum Einschreiten des Arbeitgebers sollte dem Arbeitgeber nur dann auferlegt werden, wenn erkennbare Störungen und Überlastungen bei den Arbeitnehmern vorliegen. Die Eigenverantwortung der Mitarbeiter darf nicht am Arbeitsplatz aufhören. Jeder muss dazu beitragen, seine psychische Gesundheit beizubehalten. …

    Nein, auch dann ist es oft schon zu spät. Speziell nach OHSAS 18001:2007 zertifizierte Unternehmen können nicht abwarten, bis Störungen und Überlastungen erkennbar sind, denn sie haben sich ja selbst verpflichtet, arbeitsbezogene Ereignisse zu erfassen und zu untersuchen, die eine Verletzung oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) oder einen tödlichen Unfall zur Folge hatten oder hätten(!) zur Folge haben können. Erkrankungen sind hierbei als erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände definiert, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert wurden. Die “Außergewöhnlichkeit” der Stressbelastung ist kein Kriterium, dass ein Auditor oder ein Richter akzeptieren würde. Wer denkt sich so etwas denn aus? Stimulierender Stress kann außergewöhnlich, und außergewöhnlicher Stress kann stimulierend sein.
    Wer entscheidet, welche Ereignisse z.B. Erkrankungen hätten(!) zur Folge haben können? Natürlich kann das der Arbeitgeber nicht alleine entscheiden. Auch das Vorliegen von Fehlbelastungen davon abhängig zu machen, ob sie ausgerechnet vom Arbeitgeber erkennbar sind, wäre ein eher unintelligenter Ratschlag. Aber natürlich kann man das Erkennen auch den Arbeitnehmern nicht alleine überlassen. Unkenntnis, Voreingenomenheit, Parteilichkeit oder (im schlimmsten Fall) auch Missbrauch ist auf beiden Seiten nicht ausgeschlossen. Darum gibt es die Mitbestimmung und Mitwirkung (bei OHSAS 18001:2007 im Absatz 4.4.3.2), die Jörg Podehl mit keinem Wort erwähnt.
    Zur Eigenverantwortung der Mitarbeiter: Ja, die Eigenverantwortung der Mitarbeiter darf nicht am Arbeitsplatz aufhören. Jeder muss dazu beitragen, seine psychische Gesundheit beizubehalten. Gerne stimme ich dem zu, denn dazu gehört natürlich auch, sich gegen ansteigende psychosoziale Kosten turbulenter Veränderungen zu wehren. Warum aber kommt die Forderung nach der Eigenverantwortung der Mitarbeiter immer wieder ausgerechnet aus den Kreisen, in denen die Mehrheit der Unternehmer jahrelang ihrer eigenen Verantwortung nicht gerecht geworden sind?
    Re-editiert: 2012-11-12