GDA: Auftaktveranstaltung des BMAS zur psychischen Belastung

Anlässlich des Starts der neuen Arbeitsperiode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) 2013 – 2018 lädt das BMAS zu einer Auftaktveranstaltung “Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wir machen es zum Thema!” ein.
http://www.gda-portal.de/de/Veranstaltungen/Termine/2013-01-29-BMAS-Auftakt-PsychGesundheit.html

Auftaktveranstaltung des BMAS “Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wir machen es zum Thema!”
Termin: 29. Januar 2013, 11:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Psychische Gesundheit gewinnt angesichts des Wandels in der modernen Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung. Das stellt auch den staatlichen Arbeitsschutz vor neue Herausforderungen. Seelische Belastungen am Arbeitsplatz können durch gut gestaltete Arbeitsbedingungen verringert werden. Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden ihre Aktivitäten im Umgang mit psychischen Belastungen vorstellen. Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, und der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Prof. Dr. Dieter Hundt, zeigen gemeinsame Handlungsfelder auf. Ausgezeichnete Unternehmen präsentieren ihre Lösungsansätze, betriebliche Praktiker diskutieren über die Umsetzung und prominente Gäste sprechen über ihre Erfahrungen. Ihre Fragen und die Diskussionsrunden zwischen Wissenschaft und Praxis sollen ermutigen, sich dem Thema weiter intensiv zu widmen.
Ort: ewerk Berlin, Wilhelmstr. 43, 10119 Berlin
Anmeldung: www.anmeldung.bmas.de Das Kennwort lautet: PGGDA2013.
Hinweis: Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Teilnahmegebühr: Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.
Anmeldefrist: 22.01.2013

Programm: http://www.inqa.de/SharedDocs/PDFs/DE/Termine/2013/2013-01-29-gda-psychische-gesundheit.pdf?__blob=publicationFile
 
Siehe auch:

Zunahme psychischer Erkrankungen nur wegen besserer Diagnosemöglichkeiten?

2013-01-04, Interview mit Norbert Breutmann
http://www.ksta.de/politik/interview–bereitschaft-zur-therapie-waechst-,15187246,21391898.html

… Wissenschaftliche Studien und die OECD sagen, dass psychische Erkrankungen über die letzten Jahrzehnte im wesentlichen konstant geblieben sind. Wir haben allerdings eine viel höhere Bereitschaft, sich behandeln zu lassen. Früher war die Dunkelziffer deutlich höher. Inzwischen ist die Bereitschaft spürbar gewachsen, zum Arzt zu gehen. Bei Hausärzten haben wir inzwischen eine größere Sensibilität gegenüber diesem Thema. Insofern wird auch mehr diagnostiziert und mehr krankgeschrieben aus psychischen Gründen.

Norbert Breutmann vertritt hier eine Position der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Er ist dort für Arbeitswissenschaft und Soziale Sicherung zuständig. Das derzeitige Argumentationsmuster der BDA ist, dass arbeitsbedingte psychische Erkrankungen nicht wirklich zunähmen, sondern dass die beobachtete Zunahme eine Folge besserer Diagnosemöglichkeiten und der Enttabuisierung des Themas sei.
Diese Position ist richtig. Aber der Umgang damit ist häufig falsch. Erstens ist es natürlich immer ein Problem, mit “Dunkelziffern” zu argumentieren. Sie bleiben ja auch für die OECD dunkel. Zweitens: So, wie Arbeitgeber und die für sie arbeitenden Arbeitswissenschaftler diese Position häufig vortragen, wird der Eindruck erweckt, dass sie die einzige Erklärung für die Zunahme psychischer Erkrankungen sei. Um das ein bisschen zurechtzurücken, möchten Sie sich vielleicht auch mit anderen Sichtweisen vertraut machen:

  • kürzer: http://www.taz.de/!107690/

    taz: Herr Siegrist, gibt es wirklich mehr Stress im Beruf?
    Johannes Siegrist: Ja, in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren haben sich in vielen Branchen die täglichen Anforderungen verschärft. Das zeigen Längsschnittstudien, unter anderem aus Schweden.

  • länger: http://blog.psybel.de/stichwort/rolf-haubl/
  •  
    Breutmann spricht sich (in Übereinstimmung mit Arbeitgeberpositionen) auch gegen eine konkretere Gesetzgebung aus, wie sie von der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister der Länder (ASMK) gefordert wird. Die Arbeitgeber setzen auf die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA). Den Hinweis auf ein Vollzugsdefizit bei der Gewerbeaufsicht habe ich allerdings bisher von der Arbeitgeberseite so deutlich noch nicht gehört:

    … Mit dem neuen Jahr startet eine Kampagne, um die Handlungsunsicherheit [im Bereich der psychischen Belastungen im Arbeitsschutz] zu beseitigen. Ende Januar gibt es dazu eine Auftaktveranstaltung mit der Bundesministerin.

    Dahinter steckt die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie, in der Bund, Länder und die Unfallversicherung zusammenarbeiten. Hier hat man sich darauf verständigt, sich 2013 dem Thema psychische Belastung im Arbeitsprozess schwerpunktmäßig zu widmen. Das ist effektiver als eine neue Verordnung. Bei der würde sich ja auch die Frage stellen, inwieweit sie überhaupt vollzogen werden kann. Wir haben ja ohnehin ein Vollzugsdefizit bei der Gewerbeaufsicht, weil die Länder, gerade auch NRW, dafür viel zu wenig Beamte haben, um Kontrollen vorzunehmen. …

    (Link nachträglich eingefügt)

    Gesundheitsminister schnappt sich den Arbeitsschutz

    http://www.haufe.de/sozialwesen/leistungen-sozialversicherung/praevention-koalition-einigt-sich-auf-praeventionsstrategie_242_156026.html

    14.12.2012
    Prävention: Koalition einigt sich auf Präventionsstrategie Mit neuer Strategie für mehr Gesundheitsvorsorge.
    Eine neue Strategie zur Gesundheitsvorsorge soll mehr Menschen zu einem gesünderen Leben bewegen.
    Die Koalition einigt sich auf die Eckpunkte einer seit langem angekündigten Präventionsstrategie für mehr Gesundheitsvorsorge in Deutschland. Schwerpunkte sind eine Stärkung der betrieblichen Gesundheitsvorsorge und neue Ansätze für soziale Brennpunkte. Das teilte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums der dpa am 13.12.2012 auf Anfrage mit. Die gesetzlichen Änderungen sollen im Jahr 2013 angegangen werden. …

    Die FDP arbeitet weiter an der Besetzung des Arbeitsschutzthemas Prävention durch das Bundesgesundheitsministerium. Von Ursula von der Leyen hört man hier nicht mehr so viel.
    Info:

    • Betriebliche Gesundheitsvorsorge – vorwiegend Verhältnisprävention – vorgeschriebener Arbeits- und Gesundheitsschutz – während der Arbeitszeit – auf Kosten des Arbeitgebers – Standards: OHSAS 18001, ILO-OSH usw. – Mitbestimmung: zwingend – Politik: BMAS (von der Leyen, CDU)
    • (Betriebliche) Gesundheitsförderung – vorwiegend Verhaltensprävention – freiwillige Angebote an Mitarbeiter – auch während der Freizeit – auch mit finanzieller Beteiligung der Mitarbeiter (“Eigenverantwortung”) – Standards: evtl. DIN SPEC 91020 – Mitbestimmung: mindestens konsensual – Politik: BMG (Bahr, FDP)

     


    2012-11
    http://www.bmg.bund.de/praevention/betriebliche-gesundheitsfoerderung/best-practice-beispiele-bayern/projekte-psychische-belastungen/foerderung-psychischer-gesundheit-in-der-arbeitswelt.html
    Frage an Siemens Healthcare:

    Förderung psychischer Gesundheit in der Arbeitswelt – Siemens Healthcare und
    Siemens-Betriebskrankenkasse

    Wo haben Sie Präventionsbedarf?
    Mit dem Projekt soll Stress, Burnout und weiteren psychischen Erkrankungen präventiv entgegengewirkt werden. Die Handlungskompetenz und das Wissen zu den Themen psychische Gesundheit und Umgang mit belasteten Mitarbeitern, sowie die Zufriedenheit mit der eigenen Work­Life­Balance soll erhöht werden. Außerdem soll das Thema „psychische Belastung“ enttabuisiert werden und Entspannungsmethoden erprobt werden. …

    Das Bundesgesundheitsministerium des Daniel Bahr (FDP) hilft hier der Firma Siemens, Verhaltensprävention als das Hauptwerkzeug gegen psychische Fehlbelastungen darzustellen. Das ist natürlich falsch. Aber im Augenblick kann Daniel Bahr das durchsetzen.
    Für den Arbeitsschutz ist eigentlich die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zuständig. Jetzt aber läuft erst einmal das Projekt von Arbeitgebern und FDP, den verhältnispräventiven Arbeitsschutz in einem überwiegend verhaltenspräventiven Betrieblichen Gesundheitsmanagement zu marginalisieren.
    Übrigens: Die FDP versteht die Wichtigkeit des verhältnispräventiven Arbeitsschutzes dann sehr gut, wenn sie der SPD damit auf die Füße treten kann. Sollte sie im Jahr 2013 nicht unter 5% bleiben, bestünde eine gewissermaßen nationale Arbeitsschutzmaßnahme also darin, die FDP auch im Bundestag in die Opposition zu schicken, damit sie einer regierenden SPD kräftig zuleibe rücken kann.
     


    http://www.european-news-agency.de/wirtschaft_und_finanzen/psychische_erkrankungen_werden_ernster_genommen-52181/

    Psychische Erkrankungen werden ernster genommen
    Verfasser: Siegfried Kubiak
    Barendorf, 23.08.2012, 18:37 Uhr

    Barendorf [ENA] Das Bundesgesundheitsministerium fördert ein dreijähriges Projekt des „Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit“ zur Einbindung der Medien in Maßnahmen zur Bekämpfung von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Monatlich sollen damit Journalisten über aktuelle Themen aus dem Bereich der seelischen Gesundheit informiert werden. Hintergrundmaterialien werden angeboten. …

    … Das Deutsche Institut für Normung e.V. hat im Juli dieses Jahres einen neuen Zertifizierungsstandard DIN SPEC 91020 für das betriebliche Gesundheitsmanagement vorgestellt, weil bereits heute knapp 28 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 60 und 65 Jahre alt sind. Die Zahl derjenigen, die vor Rentenbeginn ausscheiden wächst jedoch. Fast jeder Vierte scheide vorzeitig wegen Rückenproblemen, Depressionen, Burnout oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus dem Berufsleben aus. Die Anforderungen an die DIN SPEC 91020 würden ermöglichen, dass die Arbeitsorganisation, Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse gesundheitsfördernd gestaltet werden.

    (European News Agency. Executive-Patronage: Deutscher Verband der Pressejournalisten AG.)
    Siegfried Kubiak packt das Projekt des Bundesgesundheitsministeriums mit Werbung für die DIN SPEC 91020 zusammen. Die DIN SPEC 91020 dient dem freiwilligen Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Arbeitsbedingte “Rückenproblemen, Depressionen, Burnout oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen” sowie daraus entstehende Frühverrentung haben jedoch von Arbeitgebern mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutz verhindert zu werden, und zwar verhältnispräventiv. Dafür gibt es andere Normen (z.B. OHSAS 18001 oder ILO-OSH), auf die Sigfried Kubiak jedoch nicht hinweist. Die DIN SPEC 91020 wurde nach dem PAS-Verfahren entwickelt, bei dem das DIN Standards zum Arbeitsschutz explizit ausschließt, da diese einen Konsens zwischen den am Standard interessierten Parteien erfordern.

    Menschenrechtsbericht 2012

    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/112/1711250.pdf (S. 13/172)

    Deutscher Bundestag
    17. Wahlperiode
    Drucksache 17/11250
    24.10.2012
    Unterrichtung durch die Bundesregierung
    Zehnter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik 
    […]
    Mit der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) wurde ein wichtiger Schritt für ein modernes und anforderungsgerechtes Arbeitsschutzsystem getan, um sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu erhalten, weiter zu verbessern und zu fördern. Bund, Länder und Unfallversicherungsträger treten mit der GDA dafür ein, auf allen Ebenen des betrieblichen Gesundheitsschutzes eine nachhaltige und längerfristig angelegte Präventionspolitik zu betreiben und – abgestimmt mit den Sozialpartnern – praktische Verbesserungen für die Beschäftigten in der Prävention zu erreichen. Themenschwerpunkte für die neue GDA-Periode (2013 bis 2018) sind:

    • Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
    • Verringerung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich
    • Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung

    Die Ziele wurden jeweils in Abstimmung mit den Kooperationspartnern, insbesondere den Krankenkassen, verabschiedet.
    Ein Kernelement der GDA ist die die Erstellung eines kohärenten und anwenderfreundlichen Vorschriften- und Regelwerks. Dazu haben GDA-Träger gemeinsam mit den Sozialpartnern ein neues Leitlinienpapier verabschiedet. Dieses Papier ist nun Maßstab im Genehmigungsverfahren von Unfallverhütungsvorschriften und die Richtschnur für das gesamte Regelwerk. Im Bereich Beratung und Überwachung soll die GDA ein arbeitsteiliges System schaffen, das mit neuen Abstimmungsinstrumenten und einheitlichen Überwachungsgrundsätzen den Länderbehörden und den Unfallversicherungsträgern eine effektive und effiziente Aufsichtstätigkeit zum Nutzen der Betriebe ermöglicht. Länder und Unfallversicherungsträger haben sich mit den Leitlinien ,,Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation” sowie ,,betriebliche Arbeitsschutzorganisation” in zentralen Arbeitsschutzfeldern auf eine neue Überwachungsstrategie verständigt.

    GDA-Leitlinie Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz

    http://www.gda-portal.de/de/Betreuung/Leitlinie-PsychBelastung.html

    Leitlinie Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz
    Stand: 24. September 2012
    Herausgeber:
    Nationale Arbeitsschutzkonferenz

    Inhaltsverzeichnis:
    1. Vorwort
    2. Einleitung
    3. Ziele und Zielgruppe
    4. Beratung und Überwachung
    4.1 Personelle Rahmenbedingungen
    4.1.1 Rollenverständnis
    4.1.2 Qualifikation
    4.1.3 Personelle Ressourcen
    4.1.4 Zwei-Ebenen-Modell der Beratung
    4.2 Vorgehen im Betrieb
    4.3 Verwaltungshandeln
    5. Anhang
    5.1 Rahmenkonzept „Qualifizierung des Aufsichtspersonals“
    5.2 Instrumente und Methoden
    5.3 Checkliste: „Merkmalsbereiche und Inhalte der Gefährdungsbeurteilung“
    5.4 Checkliste: „Prozessqualität der Gefährdungsbeurteilung“
    5.5 Glossar

     
    Weitere wichtige Grundlagen:

    Bedenkliche Trends bei der Arbeitsschutzstrategie

    Am 25. September gibt es das 7. Arbeitsschutzforum der GDA: http://www.gda-portal.de/de/pdf/7-Arbeitsschutzforum-Workshopbeschreibungen.pdf
    Die GDA fördert sowohl die Stärkung und wie auch den Schutz der psychischen Gesundheit. Zwar kann auch die Stärkung der Resilienz verhältnispräventiv erreicht werden, die Ansätze in den Unternehmen sind aber oft überwiegend verhaltenspräventiv.
    Zwar muss es eine Balance zwischen beiden Ansätzen geben. Wegen der eher verhaltenspräventiv orientierten Ansätze in den Unternehmen, die zu oft vermeiden, bestehende Strukturen (und damit gewohnte Führungsstile) in Frage zu stellen, ist es bedenklich, wenn eine Arbeitsschutzstategie die Priorität der Verhältnisprävention im Arbeitsschutz aufgibt.
    Tatsache ist, dass die Mehrzahl der Unternehmen seit 1996 ihrer eigenen Verantwortung im Arbeitsschutz nicht gerecht wurden: Sie vernachlässigten den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz. Spätestens nach 2004 war das kein Versehen mehr. Heute zeigt sich, dass Vorschriften den Unternehmen immer noch den stärksten Anreiy liefern, psychische Belastungen in den Arbeitsschutz einzubeziehen. Nun, wo das Thema nicht mehr schleifen gelassen werden kann, gibt es neue Strategien im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Nach meinem Eindruck besteht die Gefahr, dass die Unternehmen bei Erledigung ihrer bisher liegen gelassenen Hausaufgaben nun mit staatlicher Hilfe unter dem Titel “Stärkung der psychischen Gesundheit” zu leicht Verantwortung zu den Mitarbeitern abschieben können.

    Hemmnisse, aber auch Erfolgsfaktoren

    3-Arbeitsschutzforum-16 (PDF-Datei, 94 KB)
    Beitrag zum 3. Arbeitsschutzforum am 16.07.2008: Impulsreferat “Praktikable Ansätze zur Erkennung und Prävention psychischer Fehlbelastungen – Erfahrungen und Erfordernisse”
    (18.08.2008)
    http://www.gda-portal.de/de/pdf/3-Arbeitsschutzforum-16.pdf (S. 5/12):

    Probleme: Hemmnisse und Hindernisse

    1. Unterschätzung der Effekte psychischer Fehlbelastungen auf körperliche und seelische Gesundheit / Überschätzung willentlicher Beherrschbarkeit der Effekte psychischer Faktoren auf die Gesundheit
    2. Abkoppelung psychischer von klassischen Belastungsfaktoren bei der Gefährdungsbeurteilung wegen mangelnder Anschlussfähigkeit an die professionelle Logik der Experten im Arbeitsschutz
    3. Mangelnde Anschlussfähigkeit an die Logik monokausaler und wesentlicher Verursachung (Entschädigung: „Last des Beweises“) / Problem der Berücksichtigung multifaktorieller Risiken (Prävention: „Last der Vernunft“)
    4. Konflikt bzw. Kollision mit wirtschaftlichen Unternehmenszielen und Prozessen betrieblicher Personalpolitik (Flexibilität, Intensität, Entgrenzung, Prekarität)
    5. Probleme der Akzeptanz bei ArbG und Führungskräften (Kosten, Wettbewerb) und bei ArbN und Interessenvertretungen (Stigmatisierung)

    Dem stehen begünstigende Erfolgsfaktoren des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz gegenüber (S. 6/12):

    Begünstigende Erfolgsfaktoren

    1. Einbettung in integrierte Managementsysteme (Qualitäts- und Arbeitsschutzmanagement; TQM, AMS)
    2. Anschlussfähigkeit an wirtschaftliche Unternehmensziele (Human Resource Management, Gesundheitsmanagement)
    3. Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz (Gefährdungsbeurteilung)
    4. Verknüpfung psychischer mit anderen Faktoren arbeitsbedingter Fehlbelastungen (Wechselwirkungen und Kohärenzgebot)

    Alfred Oppolzer, Industriesoziologie, Arbeitswissenschaft, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg

    GDA Fachkonzept

    Die folgenden Links zur Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie sind eher für Rechercheure gedacht als für Praktiker im Arbeitsschutz.
     
    (1) http://www.ifado.de/forschung_praxis/projektgruppen/biodyn/Fachkonzept_GDA_mit_Anlagen_2007-08-13_1.pdf (oder http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/08/Fachkonzept_GDA_mit_Anlagen_2007-08-13_1.pdf)

    Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
    Fachkonzept und Arbeitsschutzziele 2008 – 2012
    Fortschreibung – Stand: 13.08.2007

     
    (2) http://www.berufsgenossenschaften.de/inhalt/praevention/gemein_strat/documents/A_II_06_08.pdf

    Ingo Zakrzewski
    Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA
    Anwenderfreundlichkeit und Rechtssicherheit
    Die Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie zum Vorschriften- und Regelwerk im Arbeitsschutz …

    … Mit der Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben durch das Arbeitsschutzgesetz rückte die Eigenverantwortlichkeit des Arbeitgebers und die Formulierung von Schutzzielen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in den Mittelpunkt. Dieser Ansatz traf auf ein durch konkrete Detailvorgaben geprägtes nationales Arbeitsschutzverständnis, was mit dem Streben nach mehr Eigenverantwortung und Flexibilität beim betrieblichen Arbeitsschutz nicht im Einklang stand. Die Folge waren Kompatibilitätsprobleme, Doppelregelungen und Widersprüche innerhalb des Vorschriften- und Regelwerkes zum Arbeitsschutz. …

    … Zentrales Anliegen ist, Doppelregelungen von staatlichem Arbeitsschutzrecht und Unfallverhütungsvorschriften weiter abzubauen und künftig zu vermeiden. Dieser Deregulierungsprozess wurde bei den Unfallversicherungsträgern bereits 1999 eingeleitet und insbesondere im Zusammenhang mit dem Erlass der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ in weiten Teilen umgesetzt. Die politischen Forderungen nach Bürokratieabbau und nach mehr Eigenverantwortung verlangen jedoch, dass diese Entwicklung noch konsequenter fortgesetzt wird. Auf Grund der Europäisierung des Arbeitsschutzes sind zwischenzeitlich weite Bereiche durch staatliche Arbeitsschutzvorschriften geregelt. Die hierdurch entstehenden Überschneidungen mit den Regelungsbereichen der Unfallverhütungsvorschriften sind mit dem Ziel eines schlanken Vorschriftenwerkes nicht vereinbar. Deshalb wird der Erlass von Unfallverhütungsvorschriften nach der zwischen Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern im Rahmen der GDA abgestimmten Rahmenkonzeption nur noch zur Ergänzung oder Konkretisierung des staatlichen Rechtes für erforderlich gehalten. …

    (Hervorhebungen nachträglich eingefügt)
    Wie wir heute wissen, wird bis heute die Mehrheit der Unterneher ihrer Verantwortung nicht gerecht. Im Gegenteil, sie haben heute sogar die Chuzpe, in ihren Programmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung die Eigenverantwortung der Mitarbeiter in den Vordergrund zu stellen. Funktioniert dagegen hat die Bürokratisierung – mit dem möglicherweise politisch gewünschten Erfolg, dass die behördliche Kontrolle nicht mehr funktioniert.
     
    (3) http://www.gda-portal.de/de/Ziele/Fachkonzept_content.html (oder http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/08/GDA-Fachkonzept-gesamt.pdf)

    Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
    Fachkonzept und Arbeitsschutzziele 2008 – 2012
    Stand: 12. Dezember 2007

     
    (4) http://www.gda-portal.de/de/Ziele/Arbeitsschutzziele2013-18.html

    GDA-Periode 2013 – 2018 Arbeitsschutzziele
    In den Jahren 2013 -2018 werden Bund, Länder und Unfallversicherungsträger nach dem Beschluss der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz (NAK) vom 30. August 2011 ihre Präventionsaktivitäten schwerpunktmäßig auf die Umsetzung von drei gemeinsamen Arbeitsschutzzielen ausrichten:

    • Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
    • Verringerung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich
    • Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung

    Beim Ziel “Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes” stehen insbesondere die Integration von Sicherheit und Gesundheit in betriebliche Prozesse und Entscheidungsbereiche sowie die Verbesserung der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung im Mittelpunkt.
    Handlungsschwerpunkte im Bereich der arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich liegen in der gesundheitsgerechten Gestaltung von einerseits bewegungsarmen und einseitig belastenden Tätigkeiten sowie andererseits Tätigkeiten mit hohen körperlichen Belastungen.
    Bei der Umsetzung des Zieles “Schutz der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung” wird es zunächst darum gehen, Aktivitäten und Instrumente zu entwickeln, die ein frühzeitiges Erkennen und eine Beurteilung im Hinblick auf Gesundheitsgefährdungen ermöglichen. Im Weiteren sollen präventive, arbeitsorganisatorische sowie gesundheits- und kompetenzfördernde Maßnahmen zur Verminderung arbeitsbedingter psychischer Belastungen entwickelt und umgesetzt werden.
    Dem Beschluss zu den zukünftigen Arbeitsschutzzielen ist ein intensiver Abstimmungsprozess der in der NAK beteiligten Vertretungen von Bund, Ländern, Unfallversicherungsträger und der Sozialpartner sowie eine schriftliche Befragung der Fachöffentlichkeit voraus gegangen. Ziel der Konsultation war es, der Ausgestaltung und Fortentwicklung der GDA-Ziele eine breite und vielfältige Grundlage zu geben sowie Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktivitäten mit Kooperationspartnern zur Zielumsetzung zu ermitteln.

     
    (5) http://suqr.uni-wuppertal.de/fileadmin/Fachgebiete/SiTe/LuFG_Sicherheitsrecht/Kolloquium_Download/Kolloquium_SS_2004_-_BRUECKNER.pdf, Bernhard Brückner, 2004

    Staatliche Arbeitsschutzaufsicht zwischen Deregulierung, Verwaltungsreform und neuen Herausforderungen

    Zweck der öffentlich geführten Deregulierungsdiskussion scheint zu sein, Arbeitsschutzvorschriften grundsätzlich als Maßnahmen darzustellen, die die Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung hemmen.
    Eine fundierte Debatte über eine Neuordnung des Arbeitsschutzrechts hat – trotz vorhandener Ansätze – bis jetzt nicht stattgefunden.

     
    Ich fand zwei Quellen zunächst mit https://www.google.de/search?q=”Grundsäze+zur+Neuordnung+des+Arbeitsschutzrechts”+psych

    Merkt's die Aufsicht?

    Liebe Arbeitgeber, haben Sie schon diesen Trick versucht? Zeigen Sie den Prüfern von der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft, dass Sie psychische Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung einbeziehen, und zwar noch bevor sie ein mitbestimmtes Beurteilungsverfahren implementiert haben. Dazu muss die Gefährdungsbeurteilung nur ordnungsgemäß aussehen. Die Beurteilungsprozesse selbst schaut sich kaum eine Aufsichtsperson an. Damit beeindrucken Sie ohne viel Aufwand nicht nur die Prüfer, sondern auch ihre Mitarbeiter und sogar Zertifizierungsauditoren. Beeilen Sie sich, denn viele technische Aufsichtspersonen haben noch keine ausreichenden Kenntnisse im Bereich der psychischen Belastungen. Nutzen Sie diese Lücke so lange, wie es sie noch gibt.
    Auch den an den Begehungen teilnehmenden Betriebsratsmitgliedern ist das Thema oft unheimlich und viel zu komplex. Sie sollten als Arbeitgeber aber sicherstellen, dass Betriebsratsmitglieder so mitwirken, das man das als Mitbestimmung darstellen kann. Auch sollten Betriebsratmitglieder an den Prüfungen (z.B. Begehungen) teilnehmen, denn das wird es denen später schwerer machen, am Arbeitsschutz Kritik zu üben. Sie müssten dann ja eigenen Fehler zugeben.
    Sie brauchen für eine vorzeigbare Gefährdungsbeurteilunge gar keinen wirklich funktionierenden Gefährdungsbeurteilungsprozess, der womöglich auch noch mitbestimmt entwickelt werden muss. (So etwas vergeudet nur die Ressourcen, die sie für einen anderen Beurteilungsprozess brauchen: Die Leistungsbeurteilung, mit der Sie Minderleister nicht schützen, sondern aussortieren.) Den überforderten Prüfern reicht es, wenn Sie ein Ergebnis vorzeigen, das gut aussieht und ordentlich abgelegt werden kann. Das ist ganz einfach:

    • Behaupten Sie in der Gefährdungsbeurteilung, dass die Bildschirmarbeitsverordnung eingehalten wird, auch wenn es bei Ihnen noch keinen validiertes Verfahren zur Beurteilung psychischer Belastungen gibt. Es reicht den Revisoren nämlich, wenn in Ihrem Betrieb für Bildschirmarbeit nur bekannte Standardsoftware aus Redmond und Walldorf verwendet wird, weil die ergonomisch korrekt ist.
      Damit ist das Thema der psychischen Belastungen bei der Bildschirmarbeit erledigt, denn
      • das Zusammenwirken von Applikationen untereinander,
      • das Zusammenwirken von Applikationsnutzung und Arbeitsumgebung,
      • und Überlastungen, die mit Standardsoftware erst möglich werden,
      all das ist zu komplex für die Prüfer, von denen wohl nur die Wenigsten die LV 14 verstanden haben:

      Psychische Beanspruchung durch Bildschirmarbeit: Die Menge und die Darbietung der zu verarbeitenden Informationen kann zu Über- und Unterforderungserscheinungen führen. Mitunter erfordert Bildschirmarbeit die Fähigkeit, Handlungs- und Problemlösungsstrategien auf abstrakter Ebene zu finden. Geistige Tätigkeit, langandauernde Phasen hoher Anspannung oder Arbeiten unter Zeitdruck bzw. bei Störgeräuschen können Streßreaktionen hervorrufen. Im Fall von längerdauernden einförmigen Tätigkeiten bei zu starker Arbeitsteilung (z. B. reine Dateneingabe) können neben zunehmender Ermüdung auch Monotoniezustände auftreten. Individuelle Faktoren wie mangelnde Ausbildung und unzureichendes Training können die Beanspruchung zusätzlich erhöhen. [Quelle: LV 14, 1998]

      Es gab Betriebe, in denen in der Gefährdungsbeurteilung behauptet wurde, dass die Bildschirmarbeitsverordnung eingehalten werde, obwohl die in der LV 14 genannten psychische Belastungen nicht beurteilt wurden. Die Gewerbeaufsicht und die Berufsgenossenschaft blickten nicht durch und akzeptierten das.

    • Fügen Sie in der Gefährdungsbeurteilung zu den bisher dort aufgelisteten technischen Gefährdungskategorien nun “Psychische Belastungen” hinzu. Sehr beeindruckend finden es die Kontrolleure, wenn Sie darunter beispielsweise noch ein paar  psychischen Faktoren aus einer kleinen Tabelle der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie auflisten, z.B. “Arbeitsaufgabe”, “Arbeitsorganisation”, “soziale Bedingungen” sowie “Arbeitsplatz- und Arbeitsumgebungsbedingungen”. Das reicht den meisten Prüfern völlig. Speziell, wenn Sie nach OHSAS 18001 zertifiziert sind (weil der Trick auch mit Zertifikatoren funktioniert), ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich gering, dass Prüfer oder Auditoren genauer wissen wollen, wie Sie zu ihrer Beurteilung gekommen sind und ob Sie die Beurteilung nachvollziehbar begründet und klar verständlich dokumentiert haben.

    Es geht ja nicht um den Schutz von zu schwachen Mitarbeitern, sondern es geht um Rechtssicherheit für das Top-Management.
    (Diese ganze Geschichte ist natürlich nur ein der Phantasie entsprungenes Gedankenspiel für das Training von Revisoren im Arbeitsschutz. In einem fortgeschrittenen Land wie Deutschland käme kein Arbeitgeber mit solchen Tricks durch.)