Behördliche Systemkontrolle

Die Leitlinien zur behördlichen Kontrolle von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) sind auch betriebsintern anwendbar:

Siehe auch: Schlagwort “Systemkontrolle”

ASMK-Beschlüsse

Beispielsweise die Beschlüsse der 77. Konferenz (1997) und der 78. Konferenz (2001) zeigen, dass das Thema der psychischen Belastungen im Arbeitsschutz damals gut verstanden wurden. Interessant ist auch, was früher über Entbürokratisierung und Systemkontrolle geschrieben wurde und wie die Realität heute aussieht.
http://lasi.osha.de/de/gfx/topics/5EDF555EC0774A0F882745DDE2220A5E.php

Beschlüsse der Arbeits- und Sozialministerkonferenz
Beschluss der 85. ASMK; TOP 8.1 “Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie”
Beschluss der 84. ASMK; TOP 6.1 “Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie”
Beschluss der 83. ASMK: TOP 3.8 “Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie”
Beschluss der 82. ASMK: TOP 7.4 “Deregulierung des Arbeitsschutzrechts”
Eckpunkte für eine Strategie für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und für die Optimierung des dualen deutschen Arbeitsschutzsystems

 
Weitere Beschlüsse der ASMK
Beschluss der 78. ASMK; TOP 5.2 “Gesundheit bei der Arbeit”
Beschluss der 77. ASMK; TOP 5.4 “Gesundheit bei der Arbeit”
Beschluss der 74. ASMK; TOP 5.7 “Neuordnung des Arbeitsschutzrechts”
Beschluss der 74. ASMK; TOP 5.5 “Systemkontrolle im Arbeitsschutz auf der Grundlage von Management- und Auditsystemen für Arbeitsschutz und Anlagensicherheit” (Entlastung der behördlichen Aufsicht durch Systemkontrolle)
Beschluss der 73. ASMK; TOP 6.3 “Entlastung der sozialen Sicherungssysteme durch präventiven Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz”

DGUV-Vorschrift 2 und psychische Belastungen

Im letzten Jahr fand eine Tagung zum Thema statt. Die Präsentationen der Vorträge gibt es hier: http://www.gesundheitsdienstportal.de/gemeinsame-deutsche-arbeitsschutzstrategie/aktivitaeten/fachtagungen/dokumentation-der-fachtagung-dguv-vorschrift-2-psychische-belastungen-vom-02-oktober-2012/

Das Arbeitsschutzgesetz bleibt ein Rahmengesetz

Dieser Artikel wurde durch einen Blogeintrag in blog.humanresourcesmanager.de zur vorgesehenen Änderung des Arbeitsschutzgesetzes angeregt (http://blog.humanresourcesmanager.de/2013/03/08/psychische-belastungen-bei-der-arbeit/):

[…] Auch wenn es zu begrüßen ist, dass der Gesetzgeber eine gesetzliche Grundlage dafür schafft, dass das betriebliche Gesundheitsmanagement auch auf psychische Belastungen ausgeweitet werden kann, bleiben in der Praxis weiterhin viele Fragen offen. Insbesondere ist es für das Unternehmen nach wie vor schwer, zu erkennen, ob ein Arbeitnehmer tatsächlich psychisch erkrankt ist oder unter dem Deckmantel eines Burn-outs eine Krankheit lediglich vortäuscht und hierdurch umfangreiche Kosten verursacht […] 

Jens Ginal erläutert auch,

  • dass bereits in der Vergangenheit galt, dass der Arbeitgeber auch dafür Sorge tragen muss, die Arbeitnehmer vor allen Faktoren zu schützen, die eine psychische Erkrankung auslösen können und
  • dass nach der vorgesehenen Änderung des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) im Rahmen der nach § 5 Abs. 3 ArbSchG zu berücksichtigenden Gefährdungsfaktoren auch „psychische Belastungen bei der Arbeit“ einzubeziehen sind.

Weil gemäß Arbeitsschutzgesetz Arbeitsplätze beurteilt werden und nicht Erkrankte, geht Jens Ginals Hinweis auf offen bleibenden Fragen in die falsche Richtung. Ob ein Arbeitnehmer tatsächlich psychisch erkrankt ist oder eine Krankheit lediglich vortäuscht, ist kein Problem des Arbeitsschutzgesetzes. Das Arbeitsschutzgesetz ist so konstruiert, das Arbeitgeber genau auf diese Frage nicht ausweichen können. Da kann es dann z.B. darum gehen, ob bei einem Arbeitsplatz vorgetäuscht wird, ob er psychisch fehlbelastend sei, oder nicht 😉 Es kann ja auch vorkommen, dass Gefährdungsbeurteilungen falsch und Arbeits(platz)beschreibungen nicht realistisch sind. Es gibt Unternehmen, die selbst krasse Fälle psychischer Fehlbelastungen vor Audits verstecken.
Außerdem schafft der Gesetzgeber keine gesetzliche Grundlage dafür, dass das “Betriebliche Gesundheitsmanagement” (BGM) auch auf psychische Belastungen ausgeweitet werden kann. Diese Grundlage gibt es schon seit 1996. Sondern der Gesetzgeber schafft nun nur noch eine Grundlage für weniger Streit bei der Umsetzung der geltenden Vorschriften des Arbeitsschutzes: Spätestens im Jahr 2004 machte das BAG klar, dass der vorgeschriebene Arbeits- und Gesundheitsschutz (das freiwillige BGM ist hier kein Thema) seit Bestehen des Arbeitsschutzgesetzes auch auf psychische Belastungen ausgeweitet wurde. Die Arbeitgeber sollen nicht so tun, als ob das jetzt erst nach einer Änderung des Arbeitsschutzgesetzes klar werden würde.
 
Tatsächlich bleiben aber auch im geänderten Arbeitsschutzgesetz Fragen offen, und zwar mit Absicht: Wie sollen “psychische Belastungen bei der Arbeit” als Gefährdungsfaktoren berücksichtigt werden? Wo ist die Grenze zwischen Belastung und Fehlbelastung? Dass diese Fragen offen bleiben, liegt daran, dass das Arbeitsschutzgesetz (im Gegensatz zu der von den Ländern vorgeschlagenen “Anti-Stress-Verordnung”) ein Rahmengesetz geblieben ist, innerhalb dessen der Arbeitgeber den Arbeitsschutz betriebsnah gestalten muss. So wollten die Arbeitgeber das Ende des letzten Jahrhunderts. Sie argumentierten, dass bei zu engen konkreten Vorgaben in den unterschiedlichen Unternehmen keine betriebsgerechten Lösungen möglich seien. Die Erarbeitung konkreter Normen wurde also aus der Legislative in die Betriebe verlagert. Dass das Arbeitsschutzgesetz seit 1996 viele Fragen offen lässt, ist die logische Konsequenz aus diesem von den Arbeitgebern gewünschten und in einer eropäischen Richtlinie entsprechend bestimmten Vorgehen. Genau aus diesem Grund gehört zur Gestaltungspflicht der Arbeitgeber die Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmervertreter.
Der weite Rahmen, den das Arbeitsschutzgesetz bietet, bedeutet nun aber nicht, dass ein Arbeitgeber beispielsweise einfach fünf Punkte zur psychischen Belastung (wobei der letzte Punkt 10.5 ein noch auszugestaltendes “Sonstiges” ist) aus einer Leitlinie der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzinitiative (GDA) in Vordrucke zur Gefährdungsbeurteilung eintragen und dann behaupten kann, es gäbe keine festen Vorgaben, mit denen sich Pflichtverletzungen nachweisen ließen. Manche Arbeitgeber “vergessen” hier nämlich das Betriebsverfassungsgesetz und die Urteile des BAG (z.B. 2004) zur Gefährdungsbeurteilung. Wendet der Arbeitgeber in einem Betrieb mit Arbeitnehmervertretern ein derart zusammengebasteltes Formular ohne Respekt für die Mitbestimmung an, dann stellt sich sogleich die Frage, ob er ein Straftäter ist, weil er die Mitbestimmung behindert hat. Einsetzen darf der Arbeitgeber solche Formulare erst, wenn er auch Prozesse gestaltet hat, mit denen dieses Formular nachvollziehbar ausgefüllt werden können. Die Arbeitnehmervertreter können bei der Gestaltung mitarbeiten, in jedem Fall müssen sie aber nach Abschluss der Gestaltung und vor der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen mitbestimmen.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können z.B. mit einer Betriebsvereinbarung regeln, wie psychische Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung (und auch in die vorgeschriebene Unterweisung der Mitarbeiter) einbezogen werden sollen. Können sie sich nicht einigen, dann hilft zunächst eine Einigungsstelle. Wie auch immer, auf die Mitbestimmung darf keinesfalls verzichtet werden. Sie ist auch für die Arbeitnehmervertreter nicht nur ein Recht, sondern eine unabdingbare Pflicht, denn im Betriebsverfassungsgesetz steht nicht, dass sie mitbestimmen dürfen, sondern dass sie mitzubestimmen haben. Das ist sogar manchen Pesonal- und Betriebsräten immer noch nicht klar.
Übrigens: Die GDA hat nicht von Null angefangen. Der LASI leistete eine enorme Vorarbeit.

Psychische Gesundheit als oberstes Ziel der zweiten GDA-Periode

http://www.arbeitsschutz-portal.de/beitrag/asp_news/2164/psychische-gesundheit-als-oberstes-ziel-der-zweiten-gda-periode.html

Psychische Gesundheit als oberstes Ziel der zweiten GDA-Periode 2013-2018 mit Veranstaltung eröffnet
07. Februar 2013 [ GDA ]

Unternehmen wünschen mehr Handlungssicherheit

http://www.me-arbeitgeber.de/metallindustrie/verbaende.nsf/id/F2254A53C6823A98C1257B030034BC42

Die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie
ME – Arbeitgeber
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt im Fokus des ifaa
30.01.2013 – Im Zuge der gegenwärtigen Diskussion zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt und der Vorstellung des „Stressreport Deutschland 2012“ durch die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen betont Prof. Dr. Sascha Stowasser, Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa): „Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung bei der Arbeit ist gegenwärtig mit Fragen der praktischen Umsetzung verbunden – Unternehmen brauchen daher noch mehr Handlungssicherheit. Daher intensiviert das ifaa bei seiner Arbeit die Weiterentwicklung objektiver Methoden und Instrumente zur Erfassung und Messung psychischer Belastung.“.

(Link nachträglich eingefügt)
1996 wünschten sich die Unternehmen mehr Freiheit. Es entstand das Arbeitsschutzgesetz als Rahmengesetz, innerhalb dessen betriebsnahe Lösungen flexibel gestaltet werden sollten. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer hätte hier als Hilfte genutzt werden können. Das hat wohl nicht so recht geklappt. Die Gründe dafür liegen natürlich sowohl bei den Arbeitgebern wie auch bei den Arbeitnehmern. Oder war diese Art von Gesetzgebung realitätsfern?
Jetzt rufen die Unternehmer wieder nach konkreten Handlungsanweisungen, möglichst irgendwelche Listen, in denen man – wie bei der guten alten Arbeitssicherheit – nun auch psychische Belastungen mit einfachen Checkboxen abhaken kann. Es gibt z.B. namhafte Unternehmen, die die paar Beispiele aus einer GDA-Leitlinie in ihre Gefährdungsformulare kopieren und dann ernsthaft meinen, sie könnten damit psychische Gefährdungen vollständig und betriebsspezifisch erfassen und bewerten. Bei den Beispielen handelt es sich um die Zeilen 10.1 bis 10.4 auf Seite 13 der Leitlinie. Geflissentlich übersehen wird die leere Zeile 10.5 mit drei Pünktchen und der Fußnote “Die Aufzählung ist nicht abschließend”. Die betriebsnahe Vervollständigung muss nämlich erst erarbeitet werden. Das war ursprünglich doch die Idee. So wie die Rechtssituation in Deutschland ist, machen sich Arbeitgeber, die hier die Mitbestimmung “vergessen”, zwar strafbar, werden aber nicht bestraft.
Zu allem Übel kommt dann noch dazu, dass sich die überforderte Gewerbeaufsicht mit solchen Formularen tatsächlich einlullen lässt.

Offenbarung

(überarbeitet: 2013-01-30)
Das Bundesarbeitsministerium, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) wollten/sollten bei der heutigen Auftaktveranstaltung zur Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzinitiative gemeinsamen eine “Erklärung zur psychischen Gesundheit bei der Arbeit” unterzeichnen. Eigentlich war von vorneherein klar, dass das nichts werden konnte. Die DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach machte die Arbeitgeberseite dafür verantwortlich, dass das nicht geschah. Ihre Forderungen (gemäß ARD-tagesschau von heute, http://www.tagesschau.de/inland/stress110.html):

  • klare Regeln durch eine Anti-Stress-Verordnung,
  • mehr Mitbestimmung und
  • Sanktionen gegen diejenigen Unternehmen, die das Arbeitsschutzgesetz nicht einhalten.

Mehr Mitbestimmung und Sanktionen sind erforderlich, da bis heute die Mehrheit der Unternehmen ungestraft ihre Mitarbeiter höheren Risiken der Körperverletzung aussetzen darf, als es eigentlich erlaubt ist. Und die Behörden sehen zu. Dafür ist auch eine Arbeitsministerin verantwortlich, die die Strenge des Arbeitsschutzgesetzes anpreist, obwohl sie weiß, dass seit 1996 kein Unternehmen für die von ihm zu verantwortenden Ordnungswidrigkeiten wegen mangelhaften Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz ernsthaft belangt wurde. Für einen Rechtsstaat ist das ein sehr merkwürdiger Zustand.
Immerhin unterstützt auch Ursula von der Leyen eine (allerdings welche?) “Anti-Stress-Verordnung” (http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2013/01/2013-01-29-psychische-gesundheit-in-der-arbeitswelt.html):

… Konkrete Anti-Stress-Verordnung nötig 
Viele Unternehmen seien unsicher, so von der Leyen, wie sie bei psychischen Erkrankungen, oft verursacht durch Stress am Arbeitsplatz, reagieren können. Sie lobte Arbeitgeber und Gewerkschaften, die versucht haben, hier eine gemeinsame Erklärung zu finden. Die Ministerin hofft, dass der noch strittige, kleinste Teil in absehbarer Zeit fertiggestellt werden könne. Eine Anti-Stress-Verordnung müsse so konkret wie möglich sein. Andererseits müsse sie genügend Freiraum für die Eigenheiten jedes einzelnen Unternehmens lassen. …

Weiter wird in der ARD-tagesschau berichtet, Arbeitgeber-Sprecher Dieter Hundt meine:

… Auch die Betriebe seien an der psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeiter interessiert. Es offenbarten sich jedoch nur 16 Prozent derer, die Hilfe benötigen, ihren Vorgesetzten. Das Thema müsse aus der Tabuzone heraus. …

Das Arbeitsschutzgesetz erlaubt den Arbeitgebern nicht, zu warten, bis sich Mitarbeiter “offenbaren”, sondern es verpflichtet die Arbeitgeber zur an Verhältnisprävention. Dafür sind die Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen hinsichtlich der von ihnen ausgehenden Gesundheitsrisiken zu beurteilen. Abzuwarten, bis erkrankte Mitarbeiter sich melden, ist keine Prävention. Mitarbeiter werden sich außerdem selbst gegenüber guten Vorgesetzten nicht ausreichend “offenbaren” können, wenn sie in einem der vielen Unternehmen arbeiten, die das Arbeitsschutzgesetz nachhaltig und ganz offen missachten dürfen. Solchen Arbeitgebern zu vertrauen, ist für Mitarbeiter zu gefährlich.
Links:

Und täglich grüßt der Säbelzahntiger

http://www.welt.de/print/wams/nrw/article112730656/Wenn-die-Arbeit-zermuerbt.html

Welt am Sonntag 13.01.13
Wenn die Arbeit zermürbt
Rot-Grün sagt krank machendem Stress im Beruf den Kampf an. Experten zweifeln, ob das per Gesetz möglich ist Von Till-R. Stoldt
Anders als sein Vorfahr muss sich der Mensch heute zwar nicht mehr mit Säbelzahnkatzen herumschlagen, wohl aber mit Termindruck, Dauererreichbarkeit oder Überforderungsanfällen. Und darauf reagieren wir wie der Frühmensch beim Anblick einer Raubkatze: mit Stress. Nur baut der Arbeitnehmer unserer Tage diesen nicht mehr umgehend körperlich ab. Daher “richten sich die Stressreaktionen schließlich gegen den eigenen Körper – mit zum Teil schwerwiegenden gesundheitlichen Konsequenzen”, wie Experten der Techniker Krankenkasse jüngst warnten.

Da haben wir ihn wieder, den Säbezahntiger. Die Katze springt durch fast jeden Vortrag zu Stress, Burnout usw. Und dann wird auf fehlenden Stressabbau hingewiesen. Wie aber steht es um den Stressaufbau? Statt der gelegentlichen Abwehr von Säbezahntigerangriffen fahren wir jetzt in einem vom Hochfrequenzhandel begleiteten Dauerlastbetrieb. Die Kosten turbulenter Veränderungen werden jetzt spürbarer. Dagegen soll sich eine Norm wenden, die heute derzeit unter dem Begriff “Anti-Stress-Verordnung” diskutiert wird.
Der Artikel in Welt am Sonntag (Springer Verlag) ist zeitlich gut plaziert. Die Meldung zur Initiative der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister (ASMK) der Länder liegt noch nicht lange zurück und am 29. Januar gibt es die Auftaktveranstaltung zur Deutschen Gemeinsamen Arbeitsschutzinitiative (GDA) haben.
Die Welt am Sonntag lässt die Minister der ASMK Hoffnungen pflegen, die sie gar nicht haben.

Kann man diese Urgewalt per Gesetz einhegen? Darauf hoffen die Arbeitsminister von NRW, Hamburg, Bremenund Brandenburg. …

Hier ist der Trick, einen Vorschlag zu verzerren, um ihn dann angreifen zu können. Damit es klar ist, die Minister wollen keine Urgewalten einhegen, sondern die geplante Bundesratsinitiative soll zu einem den heutigen Paradigmen gerecht werdenden Umgang mit ziemlich veränderten und vergleichsweise neuen Gewalten führen.

[Nelson Taapken, Personalexperte der Wirtschaftsprüfer von Ernst &Young] zufolge muss man die psychische Belastung am Arbeitsplatz zwar ernster nehmen als bisher. Stress per Gesetz bekämpfen zu wollen, sei aber “so aussichtslos wie schädlich. Was soll zum Beispiel mit den Millionen kleinen und mittleren Selbstständigen im Land passieren?”, fragt der Personalexperte. Solle man denen “Pflichtfreizeit vorschreiben, in der sie nicht mehr mailen und telefonieren dürfen? Das würde viele Selbstständige in ernste Nöte stürzen – abgesehen davon, dass sich dies kaum kontrollieren lassen dürfte”.

Taapken probiert hier den gleichen rhetorischen Trick. Was für einen Experten hat sich die Welt am Sonntag ausgesucht? Taapken ist hier Experte insbesondere für seine eigenen Interessen in einer Arbeitgeberfunktion, in der sich nach meiner Erfahrung die Begeisterung für Schutzgesetze ohnehin in Grenzen hält. Gerade in Unternehmen wie seinem ist die Beobachtung der Qualität des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz dieser Firmen sicherlich eine interessante Aufgabe für die Gewerbeaufsicht.

… Laut VDBW-Präsident Panter lässt sich eine psychische Überlastung oft verhindern, indem man seine Stressbewältigungskompetenz steigert. Man müsse nicht gleich die berufliche Flexibilität zurückfahren. Darauf setzen auch die Krankenkassen, die seit Jahren Angebote zu diesem Zweck ausbauen – von autogenem Training über positives Denken bis zu Kursen zur “erfolgreichen Bewältigung täglicher Belastungen”. Aber auch hier heißt es aus dem NRW-Arbeitsministerium, die verstärkte Nutzung solcher Kurse gehöre ja zu den Zielen der Gesetzesinitiative. Und wenn die Angebote vermehrt genutzt würden, werde sich ein gewisses Maß an Arbeitsflexibilisierung vielleicht als tolerabel erweisen. …

“Positives Denken” wird auch gerne immer wieder empfohlen. Hier lohnt es sich besonders, erst einmal mit Denken überhaupt anzufangen. Was hier vorgeschlagen wird, ist die gute alte Verhaltensprävention. Aus gutem Grund hat im Arbeitsschutz die Verhältnisprävention Vorrang.
Ohne neue Gesetze und Verordnungen gilt jetzt schon, dass individuelle Schutzmaßnahmen nachrangig zu anderen Schutzmaßnahmen sind. Anstatt die Menschen arbeitsgerecht zu gestalten, haben die Arbeitgeber die Arbeitsplätze menschengerecht zu gestalten. Etwa 80% der Unternehmen missachten diese Pflicht schon bei der im Arbeitsschutz vorgeschriebenen Beurteilung der Arbeitsplätze. Es herrscht Anarchie – und dazu sagt der VDBW-Präsident Panter nichts?
Springers Blätter achten darauf, dass man ihnen keine Falschdarstellungen vorwerfen kann, aber filtern viel: Vom VDBW gibt es auch vernünftigere Stellungnahmen, als das, was sie Welt am Sonntag sich aus den Äußerungen des VDBW-Präsidenten herausgesucht hat: http://blog.psybel.de/position-von-betriebsaerzten-und-gewerkschaft/

Systematisch betriebener Arbeitsschutz

http://www.cducsu.de/Titel__psychische_gesundheit_in_der_arbeitswelt_wird_schwerpunktthema/TabID__6/SubTabID__7/InhaltTypID__1/InhaltID__24214/inhalte.aspx

02.01.2013
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt wird Schwerpunktthema
Neue Arbeitsperiode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) startet
Peter Weiß
2013 geht die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in ihre neue Arbeitsperiode. Hierzu erklärt der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß:
Mit Jahresbeginn 2013 startet die neue Arbeitsperiode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) – eine Aktion von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern – unter dem Vorsitz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Wir begrüßen, dass der Erhalt der psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt Schwerpunktthema wird. Hier besteht angesichts der Entwicklung der letzten Jahre großer Handlungsbedarf.
Durch einen systematisch betriebenen Arbeitsschutz und betriebliches Gesundheitsmanagement können psychischer Erschöpfung, Depression und Burn-out Einhalt geboten werden. Um tragfähige Konzepte zu erhalten gilt es, die GDA so aufzustellen, dass sie Unternehmen sowie Betriebs- und Personalräten einen Stütze für eine umfassende und passgenaue betriebliche Gesundheitsförderung ist. Unverzichtbar ist, das Know-How in den Betrieben zu erhöhen, indem die betrieblichen Akteure informiert und qualifiziert werden. Dazu gehört auch ausreichend geschultes Aufsichts- und Arbeitsschutzpersonal, das Betriebe berät und überwacht. Daneben bedarf es künftig mehr tariflicher Regelungen und Betriebsvereinbarungen für das Feld der psychischen Gesundheit.
Damit ein Präventionssystem geschaffen werden kann, das alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht, sind auch die Sozialpartner gefragt. Ohne deren Impulse aus der Praxis und der konkreten Umsetzung der Beschlüsse vor Ort bleibt das Ziel psychische Gesundheit am Arbeitsplatz eine leere Worthülse.
Schwerpunkte in der GDA-Periode 2013 bis 2018 sind neben Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung, die Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes sowie die Verringerung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich. Nähere Informationen unter www.gda-portal.de.

(Hervorhebungen nachträglich vorgenommen))
Peter Weiß (CDU) ist seit dem Jahr 2000 Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) in Südbaden. Den Vorsitz der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat er seit dem Jahr 2009.

Mehr Eristik von Dieter Hundt

http://www.arbeitgeber.de/www/arbeitgeber.nsf/id/DE_Interview_in_der_Welt

… Hundt: Psychische Erkrankungen sind ein Problem, das die Arbeitgeber sehr ernst nehmen, das aber nicht durch Arbeit verursacht wird. Studien belegen, dass psychische Erkrankungen in der nicht erwerbstätigen Bevölkerung häufiger auftreten als bei denjenigen, die arbeiten. Nicht die Zahl der psychischen Erkrankungen hat zugenommen, sondern die Zahl der entsprechenden Diagnosen, weil Ärzte im Vergleich zu früher über größeres Wissen verfügen und die Menschen offener mit psychischen Problemen umgehen. Für psychische Erkrankungen gibt es viele Einflussfaktoren, die oft im Privatleben und Freizeitverhalten liegen und von den Unternehmen nur schwer zu beeinflussen sind.
Die Welt: Umfragen zufolge hat nur ein Bruchteil der Unternehmen das Problem auf der Agenda.
Hundt: Das kann ich nicht bestätigen. Arbeit schafft in der Regel Zufriedenheit, ein besseres Selbstwertgefühl und gesellschaftliche Anerkennung. Auch kleinere Unternehmen tun heute sehr viel, um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern. Wir sind doch alle aus ureigenem Interesse auf gesunde, motivierte und tatkräftige Arbeitnehmer angewiesen. Die Unternehmen können aber nicht alles reparieren, was in Einzelfällen in anderen Lebensbereichen schiefläuft.

Dieter Hundts Trick: Er nennt Fakten, die aber die Zunahme der arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen nicht widerlegen. Diese Zunahme ist aber eine Tatsache und hat Gründe, für die auch die von Hundt vertretene Klientel verantwortlich ist.
Hundt betreibt Eristik und weiß das natürlich auch: Niemand verlangt von den Arbeitgebern, alles zu reparieren, was in Einzelfällen in anderen Lebensbereichen schiefläuft. Es würde schon reichen, wenn sich alle Arbeitgeber endlich erst einmal um die nur in ihrem Handlungs- und Verantwortungsbereich auftretenden Fehlbelastungen kümmern würden. Mehr verlangt niemand, aber nicht einmal das schaffen sie: Nur ein kleiner Teil der Unternehmen hat das Problem auf der Agenda. Der große Rest der von Dieter Hundt repräsentierten Unternehmen verstößt gegen die Vorschriften.
Hundt bereitet sich wohl auf eine Veranstaltung des BMAS zur Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie am 29. Januar vor: http://blog.psybel.de/gda-auftaktveranstaltung-des-bmas-zur-psychischen-belastung/
Siehe auch: