Zu viele Organisationen drücken sich vor dem Arbeitsschutz

http://www.sapler.igm.de/news/meldung.html?id=45990

19.07.2011 Prof. Dr. Jochen Prümper ist Wirtschafts- und Organisationspsychologe. Er nimmt Stellung zum Thema Stress in der Arbeitswelt und den Möglichkeiten, diesem nachhaltig entgegen zu treten.

Wie sieht die Situation, der Umgang mit Arbeits- und Gesundheitsschutz in der betrieblichen Praxis aus?
Prümper: Die Situation in der betrieblichen Praxis ist sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite gibt es eine Reihe von Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen und Non-Profit-Organisationen, die die Bedeutung des Themas Arbeits- und Gesundheitsschutz verstanden haben, sehr ernst nehmen, und in denen die Geschäftsführung zusammen mit dem Betriebs- oder Personalrat gemeinsam, proaktiv und mit Hilfe professioneller Unterstützung ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement aufgebaut haben. Viele gehen dabei auch weit über die gesetzlichen Verpflichtungen zum Arbeitsschutz hinaus, weil sie begriffen haben, dass – neben der betrieblichen Gesundheitsförderung im engeren Sinne – eine Verbesserung der Führungskultur, bessere Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf und eben auch die Gestaltung alternsgerechter Arbeit sowohl die Gesundheit und Motivation nachhaltig fördert, als auch die Produktivität, Produkt- und Dienstleistungsqualität und Innovationsfähigkeit des Unternehmens erhöht.
Sie sagten “Auf der einen Seite …” Gibt es noch eine andere Seite?
Prümper: Leider ja. Es gibt noch viel zu viele Organisationen, die sich bei dem Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz zum “Jagen tragen lassen”, die sich viel zu wenig um die Gesundheit ihrer Beschäftigten sorgen und die sich sogar davor drücken, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes nachzukommen. Die entsprechenden Entscheidungsträger handeln in meinen Augen nicht nur grob fahrlässig, weil sie es versäumen, ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und für das Wohlergehen ihrer Beschäftigten Sorge zu tragen, sondern sie stellen auch leichtfertig – gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des sich abzeichnenden Fachkräftemangels – die Existenz ihrer Unternehmen aufs Spiel.

(Hervorhebung nachträglich eingefügt)


Spielten psychische Erkrankungen schon immer eine solch schwerwiegende Rolle, oder ging der heutigen Situation eine Entwicklung voraus?
Prümper: Die Ergebnisse einer Studie des Landesinstituts für Gesundheit und Arbeit des Landes NRW zeigen, dass für die Beschäftigten heutzutage vor allem psychische Belastungen, wie hoher Zeitdruck, hohe Verantwortung und die zu leistende Arbeitsmenge, eine bedeutsame Rolle spielen. Hinzu kommen Belastungen durch Umstrukturierungsmaßnahmen und die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Körperlich belastend werden insbesondere Zwangshaltungen, Lärm und die klimatischen Bedingungen am Arbeitsplatz empfunden. Im Längsschnitt zeigt sich, dass in den letzten Jahren besonders deutliche Zunahmen in den Belastungseinschätzungen bezüglich der Faktoren hoher Zeitdruck und Überforderung durch die Arbeitsmenge zu verzeichnen ist. Damit hat sich in den letzten Jahren insbesondere das psychische Belastungsniveau ständig erhöht, der Leistungsdruck am Arbeitsplatz ist immer stärker geworden. Entsprechend lassen sich Trends im Beanspruchungserleben aufzeigen.

  • Der Anteil Beschäftigter, die angaben, unter Erschöpfung zu leiden, stieg von 28 % im Jahr 1999 auf 48 % im Jahr 2008,
  • und der Anteil derer, die angaben, nicht abschalten zu können von 23 % im Jahr 1999 auf 47 % im Jahr 2008.
  • Nach einer aktuellen Studie der AOK sind Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen seit 1999 um nahezu 80 % angestiegen.
  • Und diese führen zu langen Ausfallzeiten: Mit 23,4 Tagen je Fall dauern psychische Erkrankungen doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 11,6 Tagen – Tendenz steigend.
  • Und dieser Trend geht weiter: Nach dem aktuellen Gesundheitsbericht der DAK nahm der Anteil der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen im vergangenen Jahr erneut zu. Ihr Anteil am Krankenstand lag im vergangenen Jahr bereits bei 12,1 % aller Fehltage.
  • Psychische Erkrankungen bilden damit heutzutage die viert wichtigste Krankheitsgruppe, Anfang der Neunzigerjahre nahmen sie gerade einmal den siebten Rang ein und waren vorher nahezu bedeutungslos.

(nachträgliche Layoutänderungen im Zitat)
Zitiert habe ich Prof. Prümper von einer Seite der IG-Metall. Man kann es sich nun leicht machen und ihn in die Gewerkschaftsschublade einordnen. Wie seine Kritik am DGB-INDEX “Gute Arbeit” zeigt, gehört er aber in diese Schublade nicht hinein.
Dass bisher die Mehrheit der Unternehmen die Vorschriften des Arbeitsschutzes missachten durfte, ist offensichtlich: http://blog.psybel.de/stichwort/keine-gb/.

Psychische Belastungen und Gestaltungsperspektiven bei Wissens- und Dienstleistungsarbeit

http://www.petrabock.de/documents/BAUA_Flyer_FB3_Zeitdruck_Web.pdf

Fachtagung der BAuA
am 15. September 2011 in Berlin
Immer schneller, immer mehr – Psychische Belastungen und Gestaltungsperspektiven bei Wissens- und Dienstleistungsarbeit
Zielsetzung:
In der Veranstaltung werden neue Erkenntnisse und Forschungsfragen zum Wandel der Arbeit, zu Arbeitsbelastungen und Interventionsmöglichkeiten im Dienstleistungsbereich vorgestellt und diskutiert. Forschungsstand und Forschungsbedarf zur Thematik sollen in einem interdisziplinären Dialog zwischen Industriesoziologie und Arbeits- und Organisationspsychologie reflektiert werden. Auch der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis wird thematisiert.
Zeitpunkt:
15. September 2011
11:00 bis 17:00 Uhr
Anmeldeschluss:
1. September 2011
Ort:
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Standort Berlin, Vortragssaal A 400
 
11:00 Begrüßung / Einführung Isabel Rothe, Präsidentin der BAuA
11:15 Psychische Belastungen im Spiegel repräsentativer Befragungen
Dr. Martina Morschhäuser, BAuA
11:30 Wandel der Arbeitswelt – Wandel der Belastungen
Prof. Eberhard Ulich, Institut für Arbeitsforschung und Organisationsberatung, Zürich
12:00 Neue Steuerungsformen bei Dienstleistungsarbeit –
Folgen für Arbeit und Gesundheit. Ergebnisse des Projektes „PARGEMA“ Dr. Nick Kratzer, Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung, München
12:30 Zeit- und Arbeitsdruck und deren Folgen in der Wahrnehmung supervisorischer Experten
Prof. Günter Voß, Institut für Soziologie an der Technischen Universität Chemnitz
13:00 Pause
13:45 Psychische Belastungen durch illegitime Tätigkeiten
Prof. Norbert Semmer, Institut für Psychologie an der Universität Bern (angefragt)
14:15 Beschleunigung in der Arbeitswelt – Darstellung eines Forschungsprojektes
Prof. Christian Korunka, Fakultät für Psychologie an der Universität Wien
14:45 Pause
15:00 Zeit- und Leistungsdruck bei Führungskräften – Herausforderungen und Handlungsfelder aus der Coaching-Perspektive Dr. Petra Bock, Managementberaterin und Coach, Dr. Bock Coaching Akademie, Berlin
15:30 Psychische Belastungen in der IT-Projektarbeit – Betriebliche Ansatzpunkte der Gestaltung und ihre Grenzen
Dr. Anja Gerlmaier, Dr. Erich Latniak, Institut Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen
16:00 Vorstellung des BAuA-Projektes „Zeit- und Leistungsdruck bei Wissens- und Dienstleistungsarbeit – Entstehungszusammenhänge und Gestaltungsorientierung
Dr. Gisa Junghanns, Dr. Jörn Hurtienne, Ulrike Stilijanow, BAuA
16:45 Resümee und Ausblick Dr. Gisa Junghanns, BAuA
17:00 Ende der Veranstaltung

BKK Wegweiser Psychotherapie

http://www.bkk-psychisch-gesund.de/wegweiser-psychotherapie/, BKK, 2011

BKK Ratgeber für Hilfesuchende
Der Wegweiser Psychotherapie gibt Auskünfte zu den wichtigsten Fragen, die sich zu Beginn einer Psychotherapie stellen. Die wichtigsten Inhalte

  1. Was versteht man unter einer Psychotherapie?
  2. Bei welchen seelischen Problemen kann eine Psychotherapie hilfreich sein?
  3. Wann wird eine Psychotherapie benötigt?
  4. Welche Arten von Psychotherapie gibt es?
  5. Welche Personen bieten Psychotherapie an und auf
  6. welche Unterschiede weisen die verschiedenen Berufsbezeichnungen hin?
  7. Ambulante, teilstationäre und stationäre Psychotherapie
  8. Welche Therapieformen werden von den Krankenkassen bezahlt und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
  9. Wie lange dauert eine Psychotherapie?
  10. Wie finde ich die für mich geeignete Therapiefom?
  11. Wie finde ich einen passenden Psychotherapeuten?
  12. Einige allgemeine Regeln der Psychotherapie
  13. Ist ein Wechsel des Psychotherapeuten im Verlauf der Psychotherapie möglich?
  14. Woran merke ich, dass meine Psychotherapie erfolgreich ist?
  15. Ergänzende Maßnahmen

SPA

http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/Toolbox/Verfahren/SPA.html

Screening psychischer Arbeitsbelastungen, in den Formen SPA-P (Person) und SPA-S (Situation)

Gestaltungsbezug: Quantitative Verfahren der Verhältnisprävention
Analysetiefe: Screeningverfahren

Gütekriterien: vorhanden (2007)

Siehe auch: http://www.psych.uni-potsdam.de/work-metz/research/verfahren-d.html

Wie arbeitsbedingten Depressionen vorbeugen?

http://www.sifatipp.de/fachwissen/fachartikel/arbeitsschutzmanagement/wie-arbeitsbedingten-depressionen-und-suiziden-vorbeugen/ (2009-11-18)

Die durch schwer belastende Arbeitsbedingungen verursachten Suizide in Frankreich machen Schlagzeilen – und das nicht erst seit der jüngsten Krise. In Japan hat das traurige Phänomen schon seit den 80er Jahren einen eigenen Namen: Karojisatsu, übersetzt: Suizid als Folge von Depressionen durch Überarbeitung und Stress. …

Trotz allen Verantwortungsgedöns ist Deutschland hinter Frankreich, Großbritannien und Japan zurückgeblieben:

… Die Haftungsfrage
Anders als in Frankreich oder Großbritannien [oder Japan] werden arbeitsbedingte Suizide in Deutschland (noch) nicht statistisch erfasst. Das heißt nicht, dass es sie nicht gibt. Für Angehörige ist die Frage nach der Ursache auch eine wichtige Haftungsfrage. Wird ein Suizid wie ein Tod durch einen Arbeitsunfall anerkannt, bestehen auch entsprechende Versorgungsansprüche. Auch wenn dieser Nachweis äußerst schwierig ist, haben in der Vergangenheit deutsche Gerichte den klagenden Angehörigen in einigen Einzelfällen Recht gegeben und Versorgungsansprüche gesichert. …

(Anmerkung in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)
Siehe auch: Jan von Trotha: Stress am Arbeitsplatz – Haftung des Arbeitgebers auf Schadensersatz für hieraus resultierende Gesundheitsschäden?, 2009, ISBN 978-3-428-13105-1

Das Zeitalter der Depression

http://www.zukunftsforum-personal.de/programm_2011.html
2011-10-07

Das Zeitalter der Depression: Fluch der Freiheit?
Impulsgeber: Prof. Dr. Heiner Keupp, LMU München

Siehe auch: http://www.google.com/search?q=Zeitalter-Depression+Keupp
 
http://www.dnbgf.de/fileadmin/texte/Downloads/uploads/dokumente/2011/Keupp.pdf (Seiten 62/63 und 63/63):
Verhaltensprävention:

Auf das Individuum gerichtete Präventionsprojekte können hilfreiche Angebot sein, sich in diesen gesellschaftlichen Umbruchprozessen Unterstützung bei einer Neuorientierung, Reflexion und Selbstorganisation zu holen. Sie sollten keinesfalls „Trainingslager“ für Fitness im globalen Netzwerkkapitalismus liefern. Sie stellt einen Rahmen der „inneren Modernisierung“ dar, aber die Frage, was in diesem Rahmen Emanzipation oder Affirmation sein kann, bleibt auf der Tagesordnung.

Verhältnisprävention:

Eine Strategie der universellen oder Verhältnisprävention muss letztlich auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zielen und dazu ist nicht nur die professionelle Arbeitsgestaltung gefragt, sondern die aktive Beteiligung der Betroffenen, denen bewusst ist, dass individuelle Selbstsorge nur im Rahmen kollektiver Interessenvertretung (z.B. in Selbsthilfegruppen, Netzwerken, Gewerkschaften, Attac) möglich ist.

Die drei Selektionen von Wissenschaft

Es geht um die interessengesteuerte Selektion von Resultaten wissenschaftlicher Forschung:

  • Vorselektion
  • Nachselektion
  • Wegselektion

 

Vorselektion

Zwar fand ich beim Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht (kurz ZAAR) in München keine Veröffentlichungen zum Thema der psychischen Belastungen, aber das Institut zeigt, wie die Wirtschaft Wissenschaft beeinflusst. Der Stand der Wissenschaft ist bei der Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes (ausfüllungsbedürftiges Rahmengesetz) ein wichtiges Kriterium. Achten Sie beim Hinzuziehen wissenschaftlicher Sachverständiger darauf, von wem und unter welchen Bedingungen deren Forschung finanziert wird.
Dabei ist es nicht so, dass sich die Arbeitgeber Forschungsergebnisse kaufen. Das ZAAR ist tatsächlich unabhängig. Aber die Glaubensrichtung der Wissenschaftler muss stimmen:
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2011%2F07%2F02%2Fa0034&cHash=bcc251bf29


Der Vertrag [mit einer Siftung der Arbeitgeber] sieht ein “koordiniertes Berufungsverfahren” vor, bei dem zunächst die Hochschule nach ihren Regeln Arbeitsrechtsprofessoren beruft. Die Professoren werden dann sofort beurlaubt und gewissermaßen als Leiharbeiter an die Stiftung weitergereicht, die sie wieder anstellt. Zu welchen Konditionen, darüber verhandelt der Kandidat allerdings ausschließlich mit dem Stiftungsrat. Weitergedacht heißt das: Selbst wenn die Universität der abwegigen Idee verfallen sollte, einen arbeitnehmerfreundlichen Professor zu berufen, könnten die Stifter ihm die Stelle mit einem unattraktiven Vertrag madig machen. “Es wurden natürlich von vornherein nur Leute berufen, die der Arbeitgeberseite nahestehen”, sagt der Arbeitsrechtsprofessor Wolfgang Däubler von der Universität Bremen.
Das Ergebnis ist also ähnlich wie bei den theologischen Fakultäten – auch dort darf als Professor nur arbeiten, wer sich eindeutig zum entsprechenden Glaubenssystem bekennt. …

(Bernd Kramer, Abhängig Beschäftigt – LOBBYISMUS: Arbeitgeberverbände leisten sich für 55 Millionen Euro deri Lehrstühle an der Universität München, die tageszeitung, 2011-07-02, S. 30)
Wie unabhängig und überparteilich das ZAAR ist, bestimmt, wer es finanziert.
Volker Rieble ist Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in  München. Er wird gerne von der Süddeutschen Zeitung zitiert. Sein An-Institut wird direkt von den Arbeitgeberverbänden der bayerischen und baden-württembergischen Metallindustrie sowie der Bundesarbeitgeberverband Chemie finanziert. Mit einem Stiftungsvermögen von 55 Millionen Euro ausgestattet, entstand im Jahr 2004 das ZAAR an der LMU. Zwei weitere Professuren beim ZAAR haben Andrea Angleitner und Abbo Junker.

 

Nachselektion

Neben der Vorselektion der “richtigen” Wissenschaftler gibt es noch die Nachselektion der “richtigen” Forschungsergebnisse:

… Wie stark die Wissenschaft dabei geknebelt werden kann, zeigt das Beispiel zweier Berliner Universitäten, die sich in einem Vertrag mit der Deutschen Bank sogar verpflichteten, Forschungsveröffentlichungen vorab abzustimmen. …

(TAZ, ebd.)
 

Wegselektion

Der Dritte Weg ist der brutalste: Unerwünschter Wissenschaft wird der Geldhahn zugedreht. Es fällt in diesem Zusammenhang auf, dass ausgerechnet in einer Zeit steigender Aufmerksamkeit für organisationspsychologische Fragestellen die Forschung dazu an der Universität Oldenburg einfach dichtgemacht wurde. Da dort bei Friedhelm Nachreiner anscheinend weder Vor- noch Nachselektion funktionierte, blieb wohl nur noch die Wegselektion: Die Uni Oldenburg entfernte seinen Lehrstuhl. Daneben wurde in Lüneburg eine den Niedersachsen genehmere Forschung aufgebaut.

ISTA – ein Fragebogen zur Verhältnisprävention

Im Gegensatz zum WAI (ABI) und zur MAF, ist das “Instrument zur stressbezogenen Tätigkeitsanalyse” (ISTA[1]) sehr gut für den Einsatz im ganzheitlichen Arbeitsschutz geeignet.
Achten Sie bei Fragebögen generell darauf, wie die BAuA sie in ihrer Toolbox bewertet. Insbesondere muss für im ganzheitlichen Arbeitsschutz angegebene Verfahren unter “Gestaltungsbezug” erkennbar sein, dass das Verfahren der Verhältnisprävention dient.
http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/Toolbox/Verfahren/ISTA.html

ISTA: Instrument zur Stressbezogenen Arbeitsanalyse, Version 6.0

Gestaltungsbezug: Quantitative Verfahren der Verhältnisprävention
Analysetiefe: Expertenverfahren

Gütekriterien: Reliabilität und Validität vorhanden

http://de.wikipedia.org/wiki/Instrument_zur_stressbezogenen_Tätigkeitsanalyse, BAuA:

ISTA ist ein Instrument zur Messung von aufgaben-, organisations- und arbeitsumgebungsbezogenen Belastungen. Das Instrument gehört ist ein quantitatives Expertenverfahren der Verhältnisprävention. In der Toolbox der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erfüllt es die Gütekriterien der Reliabilität und Validität.[1]
Ein Einsatzgebiet des ISTA ist die Untersuchung der von den Arbeitsbedingungen ausgehenden psychischen Belastung im Rahmen der im betrieblichen Arbeitsschutz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung.
Entwickelt wurde das Verfahren auf der Grundlage der transaktionalen Stresstheorie von Lazarus und der Handlungsregulationstheorie. Es identifiziert förderliche und hinderliche Faktoren für Wohlbefinden sowie Gesundheit und klärt Zusammenhänge zwischen Ressourcen und Stressoren.


 
In den Informationen der Uni Frankfurt (Arbeits- und Organisationspsychologie) zum ISTA gibt es auch eine Liste von Kategorien psychischer Belastungen:
http://web.uni-frankfurt.de/fb05/psychologie/Abteil/ABO/forschung/ista.htm

… Das Instrument zur Stressbezogenen Tätigkeitsanalyse ISTA ist eines der wichtigen deutschsprachigen Instrumente zur Messung von aufgaben-, organisations- und arbeitsumgebungsbezogenen Belastungen am Arbeitsplatz. Theoretische Grundlage sind psychologische Stresstheorien (sensu Lazarus) sowie die Handlungstheorie. Das Instrument wurde in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet. Derzeit aktuell ist die Version ISTA 6.0 vom Mai 1998 (vorige Fassung: ISTA 5.1, Okt. 1995). Folgende Merkmale werden erfaßt:

  • Arbeitskomplexität,
  • Handlungsspielraum,
  • Zeitspielraum,
  • Partizipation,
  • Variabilität,
  • Unsicherheit,
  • Arbeitsorganisatorische Probleme,
  • Zeitdruck,
  • Konzentrationsnotwendigkeiten,
  • Arbeitsunterbrechungen,
  • Unfallgefährdung,
  • Umgebungsbelastungen,
  • Kommunikationsmöglichkeiten,
  • Kooperationserfordernisse,
  • Kooperationsspielraum,
  • Kooperationszwang


 
[1] Verwechselungsgefahr: Hier wird über das verhältnisorientierte “Instrument zur Stressbezogenen Arbeitsanalyse” gesprochen, nicht über den verhaltensorientierten “Ich-Struktur-Test nach Ammon”, der später kam. (Man könnte vielleicht sagen, dass dieser “Ich-Struktur-Test” einer “Deutschen Akademie für Psychoanalyse” zwar psychischen Belastungen erforscht, aber dass die Wahl des Akronyms “ISTA” eher psychische Fehlbelastungen, Kopfschmerzen, Augenrollen usw. verursacht. Den im Jahr 1995 verstorbenen Ammon kann man für diese Namenswahl nicht verantwortlich machen. Passen Sie also auf, dass Sie im Arbeitsschutz das ISTA nach Semmer, Zapf und Dunckel erwischen.)