Vereinbarung über das Anschreiben nicht vergessen

Vereinbaren Sie in Betriebsvereinbarungen auch, wie die Belegschaft über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung informiert werden soll.
Ist die Vereinbarung die Basis für Prozesse (z.B. Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, Betriebliche Gesundheitsförderung, aber auch: Regelung der Privaten Nutzung des Internets), über die die Belegschaft vor ihrer Implementierung informiert werden soll, dann ist es wichtig, dass das Anschreiben an die Mitarbeiter ebenfalls Gegenstand der Betriebsvereinbarung ist.
Sind von den Mitarbeitern zu unterzeichnende Erklärungen in einem vereinbarten Prozess notwendig (z.B. Teilnahme am Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement, Kenntnisnahme von Regeln, Zustimmung zur Kontrolle der Internetnutzung usw.), dann sollten diese Erklärungen (Inhalt, Termine usw.) ebenfalls in der Betriebsvereinbarung geregelt und ggf. einzelvertragliche Abweichungen ausgeschlossen werden.

Psychische Belastung ist einfach messbar

Psychische Belastungen sind einfach messbar. Die Gründe für die oft langjährigen Verzögerungen des Einbezugs psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung haben mit anderen Schwierigkeiten zu tun:

  • Fehlende Handlungsbereitschaft des Arbeitgebers
  • Geringe Handlungskompetenz der Arbeitsschützer
  • Schwierige Kooperation zwischen Arbeitsschützern, Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretern


Eine der höchsten Hürden ist gewolltes Unwissen und dass “Führungskräfte ahnen/wissen, dass es bei ggf. erforderlichen Veränderungen häufig ans Eingemachte geht – Organisation, Personaleinsatz/ -entwicklung, Führung/ Kommunikation – und man dieses (Diskussions-) Risiko scheut.”
Kleine und mittlere Betriebe begreifen das schneller, bei Großunternehmen begreifen das in der Regel zunächst die Betriebsräte.
Für den Einstieg in den Einbezug psychischer Belastungen stehen schon seit vielen Jahren bewährte und getestete Fragebogenverfahren zur Verfügung. Für z.B. tausend Mitarbeiter kann ein kleines Team für weniger als 10000 Euro in etwa einem halben Jahr eine gute Mitarbeiterbefragung durchführen und auswerten. Das Team besteht dabei aus dem Arbeitsschutzbeauftragten, dem Betriebsarzt, Spezialisten des Betriebsrates und ggf. auch einem externen Sachverständigen. Mit dieser Hilfe und den schon seit einiger Zeit zur Verfügung stehenden Verfahren ist die von den Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingung ausgehende psychische Belastung einfach messbar.
Wenn ein Betriebsrat das begriffen hat, kann es allerdings durchaus sein, dass das Thema der psychischen Belastung der Unternehmensleitung schon seit einigen Jahren sehr gut bekannt ist und bewusst vermieden wurde. Die BDA machte spätestens im Jahr 2005 ihre Mitglieder darauf aufmerksam. Einige Unternehmen kümmerten sich aber erst einmal mit geeigneten Beratern um den Stress ihrer Führungskräfte. Mit der Sorge um die restlichen Mitarbeiter warten sie jedoch ab, bis der Betriebsrat aufwacht. Wenn das nach einigen Jahren geschieht, dann fordert das Unternehmen Bedenkzeit, weil das Thema der psychischen Belastung ja so fürchterlich “neu” und “komplex” ist. Mit weiteren Verzögerungen kann das Unternehmen derweil versuchen, das Thema möglichst mitbestimmungsfrei im Gesundheitsmanagement unterzubringen.
Zu oft wird mit all diesen Verzögerungen wieder die Gesundheit einiger Mitarbeiter mehr zerstört. So ist das Arbeitsschutzrecht in Deutschland gestrickt. Bei einer aktiveren behördlichen Aufsicht gingen nicht so viele Jahre verloren.
Links zur BAuA:

BKK Wegweiser Psychotherapie

http://www.bkk-psychisch-gesund.de/wegweiser-psychotherapie/, BKK, 2011

BKK Ratgeber für Hilfesuchende
Der Wegweiser Psychotherapie gibt Auskünfte zu den wichtigsten Fragen, die sich zu Beginn einer Psychotherapie stellen. Die wichtigsten Inhalte

  1. Was versteht man unter einer Psychotherapie?
  2. Bei welchen seelischen Problemen kann eine Psychotherapie hilfreich sein?
  3. Wann wird eine Psychotherapie benötigt?
  4. Welche Arten von Psychotherapie gibt es?
  5. Welche Personen bieten Psychotherapie an und auf
  6. welche Unterschiede weisen die verschiedenen Berufsbezeichnungen hin?
  7. Ambulante, teilstationäre und stationäre Psychotherapie
  8. Welche Therapieformen werden von den Krankenkassen bezahlt und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
  9. Wie lange dauert eine Psychotherapie?
  10. Wie finde ich die für mich geeignete Therapiefom?
  11. Wie finde ich einen passenden Psychotherapeuten?
  12. Einige allgemeine Regeln der Psychotherapie
  13. Ist ein Wechsel des Psychotherapeuten im Verlauf der Psychotherapie möglich?
  14. Woran merke ich, dass meine Psychotherapie erfolgreich ist?
  15. Ergänzende Maßnahmen

Auf die Arbeitnehmervertretung kommt es an

http://openjur.de/u/145965.html
VG Köln, 19.02.2010, 33 K 141/10.PVB: Es geht um die Ablehnung einer Forderung einer Unfallkasse, dass bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes eine Gefährdungsbeurteilung mit Einbezug psychischer Belastungen durchgeführt werde. Wichtig ist hier, die Gründe der Ablehnung zu verstehen. Auch hier kann man sehen, dass Arbeitnehmervertretungen (im Vergleich zu Kassen einerseits, aber auch individuellen Mitarbeitern andererseits) die besten Möglichkeiten haben, Arbeitsschutzrechte durchzusetzen, also hier bessere Möglichkeiten, als die Berufsgenossenschaft. Deswegen sind sorgfältig erarbeitete Betriebsvereinbarungen wichtig. Sie sind keine Nebensache. Darum ist der erste Schritt bei der Erarbeitung einer Betriensvereinbarung zur ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung oft die Hinzuziehung von Sachverständigen.
Die Auffassung des Gerichts, dass die Gefährdungsbeurteilung keine Maßnahme sei, sondern die Vorbereitung möglicher Maßnahmen, sollte vielleicht doch noch einmal überdacht werden. Logisch schließt die Tatsache, dass eine Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen vorbereitet, nämlich keineswegs aus, dass die Gefährdungsbeurteilung selbst eine Maßnahme ist. Wenn etwas “Maß nimmt” dann ist das gerade der ganze Prozess der Gefährdungsbeurteilung.
Andererseits stellte das BAG im Jahr 2011 fest, dass die Gefährdungsbeurteilung eine notwendige Voraussetzung für Maßnahmen ist. Das ist wichtig, weil Unternehmen jetzt schnell Maßnahmen beim Einbezug psychischer belastungen in den Arbeitsschut ergreifen, um vor der Berufsgenossenschaft und der Gewerbeaufsicht gut auszusehen. Wenn diese Maßnahmen aber vom Arbeitgeber nicht aus einer Gefährdungsbeurteilung (die vielleicht nicht so gut für das Unternehmen aussähe) abgeleitete werden, dann verstößt er gegen den BAG-Beschluss.
Unabhängig davon darf nicht vergessen werden, dass Arbeitnehmervertretungen bei der Gestaltung des Beurteilungsprozesses (z.B. in einer betriebsvereinbarung geregelt) einer sehr wirksamen Mitbestimmungspflicht gerecht werden müssen. Aus dieser Aufgabe leiten sich weitere wichtige Rechte ab, z.B. im Bereich der Weiterbildung.

MAF, das bayerische Danaergeschenk

2012-07-13
http://www.caritasmuenchen.de/archive/media1646520.pdf

GANZHEITLICHES BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT SYSTEM
(GABEGS)
HANDBUCH

3.1.1.1 Der Fragebogen
Der Fragebogen erfasst körperliche und psychische Beschwerden als Hinweise
auf Fehlbeanspruchungen.
Anhand der Befragungsergebnisse lassen sich Rückschlüsse ziehen auf:
· physische Fehlbelastungen
· psychomentale Fehlbelastungen
· psychosoziale Fehlbelastungen/ Konflikte
· Führungsverhalten der Vorgesetzten
· Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen
Der Fragebogen ist im Unterschied zu herkömmlichen Konzepten nur ein
Indikator, der neben einer Häufung bestimmter Beschwerden zunächst nur
Hinweise auf die möglichen Ursachen liefert.
Der Vorteil dieses „offenen“ Befragungssystems ist, dass auch diejenigen
Probleme aufgedeckt werden, die mit detailgenauen Fragen nicht erfasst würden.

Der Nachteil ist, dass der Fragebogen den Anforderungen des Arbeitsschutzes nicht genügt, denn es gibt getestete Befragungssysteme, mit denen aus Arbeitsbedingungen hervorgehende psychischen Belastungen direkt erfasst werden können. Darum können Betriebsräte und Personalräte das in GABEGS benutzte Befragungssystem ablehnen, wenn sie das für erforderlich halten. Es ist jedoch möglich, es anonymisiert neben Erhebungsverfahren zu verwenden, mit dem nicht Mitarbeiter analysiert, sondern Arbeitsbedingungen direkt beurteilt werden.
 


2012-07-07
In Bayern wird weiterhin für GABEGS geworben, und damit auch für die MAF, die Mitarbeiterbefragung über Arbeitsbedingungen als Führungselement. Schon die Bezeichnung ist irreführend, denn von den Mitarbeitern wird mehr abgefragt, als nur die Beurteilung ihrer Arbeitsbedingungen bzw. ihrer Arbeitsumwelt. Auch im Umwelt Objekt Katalog Bayern segelt die MAF unter falscher Flagge. Die Themenkategorie ist “Umweltforschung”. Gefragt wird aber auch gründlich nach Gesundheits- und Arbeitsfähigkeisdaten der Arbeitnehmer. Oder habe ich den Begriff der “Umwelt” falsch verstanden? Es könnte ja auch um Arbeitnehmer als Umwelt der in Bayern zu schützenden Arbeitgeber gehen.
Warnung an Arbeitnehmer: Das MAF-Verfahren ist immer noch nicht in der Liste der Test-Verfahren der BAuA geführt. Das Fragebogenverfahren, mit dem auch Gesundheits- und Arbeitsfähigkeisdaten individueller Mitarbeiter ermittelt werden können, ist nicht anonym. Arbeitnehmervertreter sollten das nicht zulassen. Zur Verhältnisprävention im Arbeitsschutz hat der Arbeitgeber Arbeitsplätze zu untersuchen, nicht individuelle Arbeitnehmer zur Verhaltensprävention.
Das ist keine kategorische Ablehnung der Verhaltensprävention. Fragebögen, mit denen sich auch für die Verhaltensprävention ein Bild über das Befinden und die Beanspruchung der Mitarbeiter gewinnen lässt, lassen sich durchaus zusätzlich zu den für den Arbeitsschutz geeigneten verhältnispräventiv orientierte Fragebogenverfahren zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen einsetzen. Aber die Anonymität muss sichergestellt bleiben.
Zumindest aus Arbeitnehmersicht hat das bayerische “Zukunftsministerium” wohl die falschen Berater. Es besteht die Gefahr, dass mit GABEGS der Arbeitsschutz missbraucht wird, um für Arbeitgeber Gesundheits- und Arbeitsfähigkeits-Daten individueller Mitarbeiter zu gewinnen. Solche Daten werden aber im Arbeitsschutz gar nicht benötig. Die Berater der bayerischen Landesregierung spekulieren möglicherweise auch darauf, dass sich viele Arbeitnehmervertreter mit der Thematik nicht gut auskennen und GABEGS nicht kritisch verstehen. Auch darum muss in den Betriebsräten und Personalräten dringend mehr Kompetenz aufgebaut werden.
Thematisierung in “den Medien”: Leider versteht auch kaum eine Journalistin und kaum ein Journalist, wie man das oft überwiegend Gesundheitsmanagement verhaltensorientierte als Vehikel zur Beobachtung einzelner missbrauchen und dabei den verhältnisorientierten Arbeitsschutz marginalisieren kann. Es ist heute für Unternehmen noch zu leicht, mit einem freiwilligen Gesundheitmanagement in der Öffentlichkeit Punkte zu gewinnen, ohne das überprüft wird, ob in diesem Gesundheitsmanagement der vorgeschriebene Arbeitsschutz wenigstens ausreichend berücksichtigt wurde.
 
Gesundheitsmanagement:

 


2012-02-23
Die Links im ursprünglichen Blog-Eintrag sind zum Teil nicht mehr aktuell.
Neue Links:

 


2011-07-13
Mitarbeiterbefragung über Arbeitsbedingungen als Führungselement (MAF):

Die BAuA listet die MAF nicht auf. Der Handlungsleitfaden soll in einer wissenschaftlich begleiteten Pilotphase in etwa fünf Unternehmen bis zum Jahr 2005 auf Praxistauglichkeit getestet worden sein. Vielleicht passt die MAF nicht in den Anwendungsbereich des Arbeitsschutzes oder sie erfüllt andere Kriterien der BAuA nicht oder die Bayern haben kein Interesse daran, dass die BAuA den Fragebogen in ihre Sammlung mit aufnimmt. Wer weiß.
Der MAF-Fragebogen ist verhaltens- und verhältnisorientiert. Er ist brauchbar, aber sein Einsatz (vorwiegend wohl in Bayern) blockiert die Anwendung besserer Verfahren, die auch geeigneter für den vorgeschriebenen Arbeitsschutz sind, also für den “Pflichtteil” des Gesundheitsmanagements. Die Auswahl eines schlechteren Instruments aus einem großen Angebot an besseren Instrumenten schadet darum auch der Qualität des Zertifikats “Betriebliches Gesundheitsmanagement” bayerische Betriebe, wenn sie diesen Fragebogen als Instrument des Ganzheitlichen Betriebliches Gesundheitsmanagement Systems (GABEGS) einsetzen.
Betriebsräte sollten (ggf. mit guten Sachverständigen) in der Mitbestimmung bessere Verfahren auswählen. Dabei bieten das MAF-Handbuch und das Betriebshandbuch für eine Betriebsvereinbarung durchaus eine gute Struktur und viele Anregungen zu Regelungen, für die man Arbeitgeber mit Hinweis auf den staatlich-bayerischen MAF vielleicht leichter gewinnen könnte. Das Betriebshandbuch ist eine Vorlage, die betriebsspezifisch verändert werden kann. Das MAF-Fragebogenverfahren selbst sollte aber zugunsten für den Arbeitsschutz geeigneterer Verfahren (z.B ISTA) nicht übernommen werden.

Daueraufgabe Arbeitsschutz

http://www.ruedigerhelm.de/downloads/Arbeitsschutz.pdf, AiB 2011, Heft 1

Mitbestimmung bei einer Betriebsänderung
Kann § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei Umstrukturierungen helfen?
Im Recht neigt man dazu, Sachverhalte in kleine Einheiten zu zerlegen. Im Betrieb wird oft die Arbeitszeit isoliert vom Urlaub oder der Arbeitsplatzgestaltung verhandelt. Das Arbeitsschutzgesetz passt nicht in diese Systematik.- Nach § 3 Ans. 2 ArbSchG ist es als betriebliche Querschnittsaufgabe gestaltet. Die “Daueraufgabe Arbeitsschutz” ist bei allen Aufgaben und “eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen” (§ 3 Abs. 2 ArbSchG) zu beachten.
Die WSI/Pargema-Betriebsrätebefragung 2008/2009 zeigte, dass viele Betriebsräte das Thema Gesundheitsschutz, besonders im Hinblick auf die Risiken für die psychische Verfassung als “schwierig” oder “nicht zu handhaben” erleben. Kann das daran liegen, dass häufig versucht wird, das Gesamtpaket Arbeitsschutzgesetz in ein isoliertes Paket zu stemmen? Wird die Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes zu oft als ein getrenntes, vom Betriebsrat abzuarbeitendes Thema behandelt? Bietet das Arbeitsschutzgesetz nicht ganz andere Anknüpfungspunkte?

Rüdiger Helm, Michael Huber, www.arbeitnehmeranwaelte.de und www.menschenrechte-im-betrieb.de

Hinzuziehen eines Sachverständigen

http://www.forba.de/beratung/hinzuziehung-sachverstaendiger/index.htm, 2010

Hinzuziehen eines Sachverständigen
Die Rechtslage
“Der Betriebsrat kann bei Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist” (§ 80 Abs. 3 BetrVG).
Damit hat der Gesetzgeber anerkannt, dass es in bestimmten Problemsituationen erforderlich sein kann, dass der Betriebsrat zur Bewältigung des Problems einen Sachverständigen zu seiner Unterstützung hinzuzieht. Dies erfordert jedoch eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Kann eine solche Vereinbarung nicht erzielt werden, dann entscheidet das Arbeitsgericht gegebenenfalls im Rahmen einer “Einstweiligen Verfügung” über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen. …

(Forschungs- und Beratungsstelle für betriebliche Arbeitnehmerfragen, Partnerschaft der Ingenieure und beratenden Betriebswirte)

Unternehmensberater

http://www.betriebsrat.de/portal/themen/dbrartikel/beratung-in-der-unternehmenskrise.html

Wenn der Arbeitgeber den Unternehmensberater ruft
Erfahrene Praktiker wissen: Wenn der Arbeitgeber den Unternehmensberater ruft, ist die Unternehmenskrise oftmals nicht weit. Alexander H. Lottis gibt Tipps, worauf der Betriebsrat in einer solchen Situation achten sollte und wie er reagieren kann. …

… Resümee
Wenn der Arbeitgeber einen Unternehmensberater beauftragt, sollte der Betriebsrat versuchen, sehr rasch in das Beratungsprojekt eingebunden zu werden. Im besten Fall gelingt dies mit einem Berater, der durch den Betriebsrat und die Arbeitgeberseite gemeinsam beauftragt wird. Ist dies nicht durchsetzbar, sollte der Betriebsrat zügig einen eigenen wirtschaftlichen Sachverständigen in Anspruch nehmen. Dessen Aufgabe ist es dann, das Konzept des Arbeitgebers und seiner Berater mit den dort vorgeschlagenen Maßnahmen zu hinterfragen und gegebenfalls Alternativen zur Beschäftigungssicherung zu entwickeln.

ISTA – ein Fragebogen zur Verhältnisprävention

Im Gegensatz zum WAI (ABI) und zur MAF, ist das “Instrument zur stressbezogenen Tätigkeitsanalyse” (ISTA[1]) sehr gut für den Einsatz im ganzheitlichen Arbeitsschutz geeignet.
Achten Sie bei Fragebögen generell darauf, wie die BAuA sie in ihrer Toolbox bewertet. Insbesondere muss für im ganzheitlichen Arbeitsschutz angegebene Verfahren unter “Gestaltungsbezug” erkennbar sein, dass das Verfahren der Verhältnisprävention dient.
http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/Toolbox/Verfahren/ISTA.html

ISTA: Instrument zur Stressbezogenen Arbeitsanalyse, Version 6.0

Gestaltungsbezug: Quantitative Verfahren der Verhältnisprävention
Analysetiefe: Expertenverfahren

Gütekriterien: Reliabilität und Validität vorhanden

http://de.wikipedia.org/wiki/Instrument_zur_stressbezogenen_Tätigkeitsanalyse, BAuA:

ISTA ist ein Instrument zur Messung von aufgaben-, organisations- und arbeitsumgebungsbezogenen Belastungen. Das Instrument gehört ist ein quantitatives Expertenverfahren der Verhältnisprävention. In der Toolbox der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erfüllt es die Gütekriterien der Reliabilität und Validität.[1]
Ein Einsatzgebiet des ISTA ist die Untersuchung der von den Arbeitsbedingungen ausgehenden psychischen Belastung im Rahmen der im betrieblichen Arbeitsschutz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung.
Entwickelt wurde das Verfahren auf der Grundlage der transaktionalen Stresstheorie von Lazarus und der Handlungsregulationstheorie. Es identifiziert förderliche und hinderliche Faktoren für Wohlbefinden sowie Gesundheit und klärt Zusammenhänge zwischen Ressourcen und Stressoren.


 
In den Informationen der Uni Frankfurt (Arbeits- und Organisationspsychologie) zum ISTA gibt es auch eine Liste von Kategorien psychischer Belastungen:
http://web.uni-frankfurt.de/fb05/psychologie/Abteil/ABO/forschung/ista.htm

… Das Instrument zur Stressbezogenen Tätigkeitsanalyse ISTA ist eines der wichtigen deutschsprachigen Instrumente zur Messung von aufgaben-, organisations- und arbeitsumgebungsbezogenen Belastungen am Arbeitsplatz. Theoretische Grundlage sind psychologische Stresstheorien (sensu Lazarus) sowie die Handlungstheorie. Das Instrument wurde in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet. Derzeit aktuell ist die Version ISTA 6.0 vom Mai 1998 (vorige Fassung: ISTA 5.1, Okt. 1995). Folgende Merkmale werden erfaßt:

  • Arbeitskomplexität,
  • Handlungsspielraum,
  • Zeitspielraum,
  • Partizipation,
  • Variabilität,
  • Unsicherheit,
  • Arbeitsorganisatorische Probleme,
  • Zeitdruck,
  • Konzentrationsnotwendigkeiten,
  • Arbeitsunterbrechungen,
  • Unfallgefährdung,
  • Umgebungsbelastungen,
  • Kommunikationsmöglichkeiten,
  • Kooperationserfordernisse,
  • Kooperationsspielraum,
  • Kooperationszwang


 
[1] Verwechselungsgefahr: Hier wird über das verhältnisorientierte “Instrument zur Stressbezogenen Arbeitsanalyse” gesprochen, nicht über den verhaltensorientierten “Ich-Struktur-Test nach Ammon”, der später kam. (Man könnte vielleicht sagen, dass dieser “Ich-Struktur-Test” einer “Deutschen Akademie für Psychoanalyse” zwar psychischen Belastungen erforscht, aber dass die Wahl des Akronyms “ISTA” eher psychische Fehlbelastungen, Kopfschmerzen, Augenrollen usw. verursacht. Den im Jahr 1995 verstorbenen Ammon kann man für diese Namenswahl nicht verantwortlich machen. Passen Sie also auf, dass Sie im Arbeitsschutz das ISTA nach Semmer, Zapf und Dunckel erwischen.)

Psychoseprävention

http://www.asu-arbeitsmedizin.com/gentner.dll?AID=315291&MID=30010&UID=7F91E79C1232A0AD225BE52FF53944C60141E4BF5E22FC15

In den letzten 10 Jahren entstanden eine Reihe von Früherkennungszentren, spezialisiert auf das Erkennen von Frühformen psychotischer Erkrankungen. Deren, in Studien als prädiktiv erkannte Kriterien sollen hier vorgestellt werden, sowie eine Checkliste ERIraos Early Recognition Inventory, erarbeitet von dem Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim und dem FETZ Köln (www.fetz.org) i. R. des Kompetenznetz Schizophrenie für ein erstes Screening, welche über www.asu-praxis.de heruntergeladen werden kann.

In der PDF-Datei, die über die Webseite zu erreichen ist, ist auch von “Erfassung von berufsbedingten Stressoren” die Rede. Das ist nicht ganz richtig, denn die “Checkliste ERIraos Early Recognition Inventory” erfragt (“Fühlen Sie sich phasenweise von anderen ganz besonders beobachtet, verfolgt oder bedroht? Versucht irgendjemand, Ihnen absichtlich Schaden zuzufügen?”) mögliche Stressfolgen bei Individuen und scheint damit eher der Verhaltensprävention (z.B. Früherkennung schizophrener Psychosen) zu dienen, als der Verhältnisprävention.
Verhaltensprävention ist aber nicht die Aufgabe von Arbeitgebern; zumindest muss der Schwerpunkt des Gesundheitsmanagements auf der Verhältnisprävention liegen. Bevor (wenn überhaupt) solche Checklisten in einem Unternehmen eingesetzt werden, muss zuvor im ganzheitlichen Arbeitsschutz ein gute Prozess der Verhältnisprävention mitbestimmt implementiert worden sein, bevor man sich an die Verhaltensprävention heranwagt.
Wie ein ordentliches Verfahren zur Verhältnisprävention aussieht (dass nicht Stressfolgen, sondern wirklich Stressoren erfasst), wird am Beispiel des ISTA deutlich. Am individuellen Mitarbeiter verhaltensorientiert ansetzende Psychoseprävention kann eine von Arbeitgebern freiwillig unterstützte Leistung an die Mitarbeiter sein. Aber davor haben die Arbeitgeber mit Verhaltensprävention jene Fehlbelastungen an der Quelle zu erkennen und zu bekämpfen, die psychoreaktiv zum Entstehen von Psychosen beitragen können. Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen.
Gibt es in einem Unternehmen keinen ganzheitlichen Arbeitsschutz mit Gefährdungsbeurteilungen, in die die von den Arbeitsbedingungen ausgehenden psychisch wirksamen Belastungen (von den Arbeitnehmern mitbestimmt einbezogen) zur Verhältnisprävention wurden, dann fehlt eine wichtige Voraussetzung für das Vertrauen der Mitarbeiter in Maßnahmen zur Verhaltensprävention. Hier müssen Arbeitnehmervertretungen sehr aufmerksam hinsehen, damit die Persönlichkeit der Mitarbeiter geschützt und ihre Rechtsposition gegenüber dem Arbeitgeber nicht geschwächt wird.
Ein Weg zur von Arbeitgebern geförderten Verhaltensprävention, dem Arbeitnehmervertreter zustimmen können, ist die Nutzung von Dienstleistungen bei Ärzten und Kliniken, mit denen Arbeitgeber einen entsprechenden Dienstleistungsvertrag abschließen und an die sich Mitarbeiter wenden können, ohne dass der Arbeitgeber davon weiß. Soweit mir bekannt ist, gibt es dass beispielsweise bei Daimler.