Wir brauchen keine neuen Gesetze

http://www.focus.de/finanzen/karriere/psychiater-mathias-berger-gewerbeaufsicht-soll-gegen-burn-out-einschreiten_aid_695332.html

Psychiater Mathias Berger: Gewerbeaufsicht soll gegen Burn-out einschreiten
Sonntag, 18.12.2011, 17:21
Unfallschutz im Betrieb ist Pflicht. Zum Schutz vor psychischen Erkrankungen aber gibt es keine Regeln. Das muss sich ändern, fordert der Freiburger Psychiatrieprofessor Mathias Berger im Gespräch mit FOCUS.
Berger forderte die Politik auf, einzugreifen. Gewerbeaufsicht und Betriebsärzte müssten die Möglichkeit haben, in Betrieben Risiken für so genanntes Burn-out abzustellen.
Deutschland brauche eine Regelung, die klarstelle, dass Arbeitgebern die Fürsorgepflicht auch im Falle psychischer Belastung obliege, sagte der Leiter der Freiburger Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie dem FOCUS.

Das ist (trotz guter Absicht) nicht ganz richtig: Es gibt diese Regeln schon seit vielen Jahren, nämlich u.A. das Arbeitsschutzgesetz. Deswegen haben die Gewerbeaufsicht und die Betriebsärzte längst die Möglichkeit, “in Betrieben Risiken für so genanntes Burn-out abzustellen”. Nur hatten sie in der Vergangenheit von diesen Möglichkeiten nicht ausreichend Gebrauch gemacht. Die Politik muss also nicht mit neuen Gesetzen eingreifen, sondern sie muss z.B. aufhören, die Gewerbeaufsichten zu schwach zu halten und damit eine ernsthafte Umsetzung der Arbeitsschutzgesetzes auszubremsen.
In Deutschland waren es bislang vorwiegend die Betriebsräte, die hier gegen die nachhaltige Missachtung der Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen vorgingen.

Manager: Psychische Belastung steigt weiter

Die “Manager-Krankheit” kennen wir ja schon seit zig Jahren. Was im Folgenden über Manager in Österreich geschrieben wird, betrifft in Deutschland auch viele Mitarbeiter von Managern, denen der Schutz des Arbeitsschutzgesetzes (von wem?) verwehrt wird.
http://www.pressefieber.at/index.php?option=com_content&view=article&id=28498:Manager:%20Psychische%20Belastung%20steigt%20weiter&catid=52:medizinwellness&Itemid=73

Mittwoch, 14. Dezember 2011 um 15:25 Johannes Pernsteiner
Obwohl das Bewusstsein für das ausgewogene Verhältnis von Arbeit und Privatleben unter Führungskräften steigt, sind psychische Probleme in dieser Gruppe auf dem Vormarsch. Darauf deutet eine Umfrage unter 200 österreichischen Führungskräften der ersten und zweiten Ebene. Die Ergebnisse hat das Wirtschaftsforum der Führungskräfte WdF http://wdf.at gemeinsam mit der Vienna Insurance Group http://wienerstaedtische.at am heutigen Mittwoch in Wien präsentiert.
Jeder Siebte ist Burnout-Kandidat
“Die Führungskräfte machen sich mehr Gedanken über den Ausgleich von Beruf und Arbeit als noch 2009”, berichtet Felix Josef vom Marktforscher Triconsult http://triconsult.at . Ausgewogen fühlen sich jedoch nur zwölf Prozent der ersten und 18 Prozent der zweiten Führungsebene: Bei der überwiegenden Mehrheit gehen Berufsanforderungen vor persönlichen Wünschen. Dabei trägt die Arbeit nur zu einem knappen Drittel zum Wohlbefinden bei: Andere als wichtig bezeichnete Elemente wie Beziehung und Familie, Gesundheit, Sport und Sozialkontakte kommen bei vielen zu kurz.
Jeder vierte Manager bezeichnet sich aktuell als krank – etwas weniger als 2009, wobei Probleme im Bewegungsapparat, im Herz-Kreislaufsystem und im Stoffwechsel weiterhin dominieren. Vier Prozent aller Befragten – doppelt so viele wie zuvor – haben psychische Probleme. Burnout kennen immer mehr aus eigener Erfahrung: Ein Prozent der Führungskräfte sind akut und massiv betroffen, sechs Prozent fühlen sich knapp davor und weitere sieben Prozent litten früher daran. “Die Erschöpfungsdiagnose betrifft damit bereits jeden siebten Manager”, warnt WdF-Bundesvorsitzender Viktor Wagner.

Ob sich Stress outsourcen oder wegdelegieren lässt? Wohin?
2011-12-29, siehe auch: https://www.wdf.at/content/site/home/presse/article/769.html

Gesund im Handlungsspielraum

http://umsetzungsblog.de/2011/11/30/04-50-weniger-burnout-wahrscheinlichkeit/

50% weniger Burnout Wahrscheinlichkeit …
… wenn Mitarbeiter sich einen Tag die Woche mit den Dingen auf der Arbeit beschäftigen können, die ihnen am wichtigsten sind. (Shanafelt. 2009)
Bei aller Panik um die neue Volkskrankheit, ist der Weg doch so einfach: Handlungsspielräume sind das Rezept gegen Burnout und Boreout.

Selbstständigkeitsverlust macht krank

http://umsetzungsblog.de/2011/12/02/burnout-auswege/


Gefühlter Selbstständigkeitsverlust verschlechterte die persönliche Zufriedenheit und erhöhte die Mortalität. Diesen Effekt haben verschiedene Wissenschaftler mit eigenen Studien bestätigt.

Keine ZEIT für Recherche

Nun auch DIE ZEIT: Noch jemand ohne Burn-out?, fragt die ZEIT49/2011 (2011-12-01) auf der Titelseite (nachdem sie dort eine Woche zuvor K. T. v&z. Guttenberg Platz einräumte). Burn-out ist in der WISSEN-Rubrik ihr Thema und Titel des Beitrages von Harro Albrecht auf Seite 39.
Markus Pawelezik schreibt dann auf Seite 40 über eine Gefühlte Epidemie. Er nennt zum Beispiel als einen kulturellen Faktor für die zunehende Erschöpfung: “ein einseitiger wie naiver Hedonismus: möglichst viel konsumieren, um möglichst große Lust zu erleben.” Der Psychiater, Philosoph und Sprachwissenschaftler sollte eigentlich besser wissen, was Hedonismus bedeutet.
Ein schon interessanteres Gespräch, dass Harro Albrecht und Ulrich Schnabel mit dem Verhaltenstherapeuten Nico Niedermeier geführt hatten, finden Sie auf Seiten 41. “Extrem viel Adrenalin” ist die sich auch hier wieder auf einzelne Betroffene fokussierende Überschrift, für deren Auswahl man Nico Niedermeier nicht haftbar mache kann. Auch kann man einem Verhaltenstherapeuten nicht vorwerfen, dass die Verhältnistherapie (Verhältnisprävention wäre noch besser) nicht sein Geschäft ist.
Es wäre die Aufgabe von Harro Albrecht und Ulrich Schnabel gewesen, hier gründlicher zu recherchieren. Dazu müssten sie sich aber für den heute vorgeschriebenen ganzheitlichen Arbeitsschutz erst einmal interessieren – und für die bisher von den Aufsichtsbehörden zugelassene Vernachlässigung des Arbeitsschutzes. Das Thema ist aber vielleicht auch für einige ZEIT-Schreiber zu unanschaulich und zu kompliziert: Seit 1996 haben die Unternehmen die Pflicht, psychische Belastungen in den Arbeitsschutz einzubeziehen. Die Mehrheit der Arbeitgeber ignorieren diese Pflicht, mit der Fehlbelastungen vorgebeugt werden soll. Zu erkennen, dass durch die Vernachlässigung des Arbeitschutzes bei der heute durchaus zu beobachtenden Arbeitsverdichtung das Gefährdungsrisiko steigt, ist für die Macher des heutigen Burn-out-Dossiers vermutlich eine doch zu große intellektuelle Herausforderung.
Angesichts des inzwischen existierenden Wissens ist diese Vernachlässigung wohl kein Versehen mehr. Die dafür verantwortlichen Unternehmen versuchten bisher also vorsätzlich, die psychisch wirksamen Belastungen aus dem Arbeitsschutz auszuklammern. Die Folgen alleine schon dieser Einstellung sollten Harro Albrecht und Ulrich Schnabel doch klar sein.
Es ist gut, die Begriffe zu klären. “Burn-out” ist tatsächlich ein oft zu leichtfertig missbrauchter Begriff. Der Begriff des “Hedonismus” kann hier aber auf eine viel längere Leidenszeit zurückblicken. Wer besser versteht, was Hedonismus bedeutet, kann auch über Burn-out vernünftiger schreiben. Dann auch noch Aussagen zum Grad der Arbeitsbedingtheit von Burn-out und Depressionen zu machen, ohne die oft schon vorsätzliche Vernachlässigung Arbeitsschutzes in Deutschland auch nur andeutungsweise zu erwähnen, ist schon eine ziemlich schwache Leistung.
Die schlechte Nachricht ist also: Die so anspruchsvolle ZEIT zeigt am 1. Dezember nur die Hälfte des Problems. Sie hat wichtige Positionen zum Thema ignoriert. Die gute Nachricht: Wie man es besser macht, können Harro Albrecht, Ulrich Schnabel und Markus Pawelezik bei der ZEIT nachlesen: “So können Arbeitgeber bei Burn-out helfen, Psychisch kranke Mitarbeiter fallen oft lange aus. Was Arbeitgeber tun können, um mit guten Arbeitsbedingungen psychischen Erkrankungen vorzubeugen, erklärt Sabine Hockling.”: http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-11/burnout-hilfe-arbeitgeber. Und David Hugendick stellte in der ZEIT die Frage nach dem “System der Arbeit”: http://blog.psybel.de/2011/11/01/muedigkeitsgesellschaft/. Da beginnt die Verhältnisprävention.

Ständig unter Druck

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/lebenszeit/1610953/ (Sendezeit: 2011-11-25 10:10)

Zeitphänomen Burn-out
Eine Sendung von Dörte Hinrichs und Daniela Wiesler (Moderation) 
Zeitdruck am Arbeitsplatz, mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte oder Kollegen, Dauerstress – das sind Begleiterscheinungen der heutigen Arbeitswelt, die viele kennen: Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung klagen 75 Prozent der Befragten in Unternehmen über hohen und sehr hohen Stress. …

… Gesprächspartner:

Sehr empfehlenswert. Ein Mitschnitt (MP3 und Flash) ist auch verfügbar.

Burnout, ein Wort des Tages

http://wortschatz.uni-leipzig.de/wort-des-tages/2011/11/27/Burnout.html

 
Ein bisschen mehr:

http://wortschatz.uni-leipzig.de/cgi-bin/wort_www?site=23&Wort_id=5865087&Wort=Burnout&stpw=5&verweise=4&kanz=144

Das Wort kommt natürlich auch noch an ein paar anderen Tagen vor.
Die Grafiken zeigen, wie das Wort im Alltag gebraucht wird.
https://psybel.snrk.de/depression-und-burn-out/ zeigt, wie man das Wort gut gebraucht.

DGPPN: Macht Arbeit krank?

http://www.dgppn.de/veranstaltungen/arbeit:

Die Themen „Burnout“ und „Stress am Arbeitsplatz“ sind derzeit in aller Munde. Zwar sollte in der gegenwärtigen Diskussion nicht vergessen werden, dass für die allermeisten Menschen ihre Arbeit mehr ist als bloßer Broterwerb. Tatsächlich aber haben die Anforderungen der modernen Arbeitswelt dazu geführt, dass arbeitsbedingte psychische Belastungen zunehmen. Nach Angaben der AOK ist der Anteil der Krankheitstage durch psychische Erkrankungen in den letzten 15 Jahren um 70 bis 80 Prozent gestiegen. Immer mehr Arbeitnehmer müssen aufgrund einer psychischen Erkrankung wie Depression oder Angststörungen in Frührente gehen.  Laut Deutscher Rentenversicherung (DRV) sind psychische Erkrankungen mit fast 40 Prozent der Hauptgrund für Erwerbsunfähigkeit. Auch werden die Betroffenen immer jünger. Viele müssen ihren Beruf aufgrund einer psychischen Störung noch vor dem 50. Lebensjahr aufgeben. Rechtzeitig krankmachende Faktoren aufzudecken und vorzubeugen gewinnt so an Bedeutung.
Was Arbeitnehmer tun können, um am Arbeitsplatz seelisch gesund zu bleiben, erfahren Interessierte am Samstag, den 26. November 2011, in Berlin. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit laden zur Veranstaltung „Macht Arbeit krank? – Psychische Belastungen am Arbeitsplatz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ ein. Die veranstaltung ist kostenfrei und steht unter dem Motto “Laien fragen, Experten antworten”.
Programmübersicht:

  • Macht Arbeit wirklich psychisch krank? Was macht an Arbeit krank?
    Prof. Dr. med. Thomas Becker, Günzburg
    DGPPN-Referateleiter „Versorgung/Sozialmedizin“
  • Was kann ich tun, um gesund zu bleiben?
    Prof. Dr. med. Joachim Klosterkötter, Köln
    DGPPN-Referateleiter „Prävention psychischer Erkrankungen“
  • Wie gehe ich mit psychisch kranken Kollegen um?
    Christian Gredig, Bonn
    Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK)
  • Arbeit und psychische Erkrankung aus Betroffenensicht
    Jurand Daszkowski, Hamburg
    Vorstandsmitglied, Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE e.V.)

Moderation:

  • Prof. Dr. med. Wolfgang Gaebel, Aktionsbündnis Seelische Gesundheit, Düsseldorf
  • Ruth Fricke, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE e.V.), Herford

Was können Arbeitnehmer tun? Wenden Sie sich an Ihre Arbeitnehmervertretung (Betriebsrat bzw. Personalrat) und an Ihre Gewerkschaft. Und wenn das nichts hilft: Wählen Sie bei den nächsten Wahlen kompetente Leute in die Arbeitnehmervertretung, die für eine gute Umsetzung der Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes sorgen.

Gejammer: Die Not der Psychiater

Andreas Meißner ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in München. Auch ist er
Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Münchner Nervenärzte und Psychiater. Er schreibt heute in der Außenansichten-Rubrik (Seite 2) der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel Die Not der Psychiater:

Alle reden vom Burn-out, kaum einer von den Menschen mit Psychose oder Depressopn. Patienten und Helfer bleiben allein. …
… Studien haben gezeigt, dass ein Viertel der psychisch Kranken eine Psychotherapie machen, was jedoch drei Viertel des zur Verfügung stehenden Budgets verschlingt. Die anderen 75 Prozent der Patienten werden dagegen durch Nervenarzte und Psychiater behandelt – ihnen stehen lediglich die restlichen 25 Prozent des entsprechenden Honorartopfes zur Verfügung. Dadurch wächst die Gefahr, dass die psychotherapeutische Behandlung oft leichter, dafür eloquenter psychisch Kranker, die meist noch über ein stabiles soziales Netz und einen Arbeitsplatz verfügen, vieles an Ressourcen verbraucht. Ressourcen, die dann fehlen für die psychiatrische Versorgung von Patienten mit ausgeprägten Störungen wie schweren Depressionen und Psychosen.
Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen sind daher gefordert, die Schieflage in der Versorgung psychisch Kranker zu korrigieren …

Wenn Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenkassen, Psychiater und Journalisten (auch der SZ) ihren Job ordentlich machen würden, dann wäre die seit vielen Jahren auch von den Kassen und Journalisten tolerierte Mißachtung der Pflicht der Unternehmen zum Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz längst deutlich thematisiert worden. Die Krankenkassen (und damit ihre Kunden) hätten weniger Kosten und auch der von Andreas Meißner angepeilte nicht durch Fehlbelastungen am Arbeitsplatz geschädigte Rest der psychisch Erkrankten hätte weniger Wartezeiten in der Psychotherapie und der Psychiatrie. Andreas Meißner müsste dann auch nicht so sehr über fehlende Ressoucen jammern, die ihm die Psychotherapeuten mit ihren “eloquenten” Klienten angeblich wegschnappen.
(Nachtrag, 2011-11-28: Zum Burnout einer großen Gruppe von weniger “eloquenten” Betroffenen gibt es interessante Anmerkungen von Prof. Johannes Siegrist ab 53m30s im Podcast einer Sendung Ständig unter Druck bei dradio.de. Und noch etwas: “Der Trend ist klar. Und es trifft durchweg den Otto Normalverbraucher, der [wegen Burnout] dann still und heimlich und mit Abschlägen in der Erwerbsminderungsrente verschwindet.”)
Besonders erstaunlich finde ich in Andreas Meißners SZ-Beitrag, dass der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie anscheinend Psychotherapie nicht versteht:

… Dabei wäre oft gar nicht gleich eine tiefgehende Psychotherapie nötig, wie sie mit durchschnittlich 40 Stunden durchgeführt wird und mit einem festen Satz von 80 Euro pro Stunde schnell hohe Kosten verursacht. Nicht jeder Burnout-Betroffene muss seine Kindheit aufarbeiten – nicht jeder will das auch. …

Meißner hat wohl nicht bemerkt, dass schon seit einiger Zeit auch nicht jeder Psychotherapeut die Kindheit seiner Klienten aufarbeiten will. Kennt Meißner in der Psychotherapie nur die Psychoanalyse? Warum unterschlägt er das ganze Spektrum der verhaltenstherapeutischen Therapien? Damit schreckt Meißner Menschen vor der Psychotherapie ab, die eine Psychoanalyse weder brauchen noch wollen.

Burnout nun auch bei "hart aber fair"

2011-11-14:
• ARD, 03:25 Uhr
2011-11-15:
• ARD, 03:25 Uhr
• WDR, 08:45 Uhr
• 3sat, 10:15 Uhr
• EinsExtra, 20:15 Uhr
2011-11-16:
• EinsExtra, 07:45 Uhr
http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/ (2011-11-13):

Sendung vom 14.11.2011 
Burnout – Modekrankheit oder echte Seuche?
Millionenfach leiden Menschen an Burnout, sind erschöpft, depressiv, angstgepeinigt. Eine Quittung für das moderne Leben: gehetzt und ständig erreichbar? Oder ist Burnout eine Modekrankheit, die nur besser klingt als Depression?

Aus dem gewohnten Talkshowgästepool wieder dabei sind:

  • Andreas Biermann, der Fußballer
  • Leni Breymaier, die Gewerkschafterin (ver.di)
  • Bernd Sprenger, der Arzt
  • Tim Mälzer, der Koch
  • RA Helmut Naujoks, der von Talkshows abonnierte Arbeitgeberanwalt

Dass auch “hart aber fair” mehr an Show als an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema “Burnout” interessiert ist, sieht man an der Teilnahme des RA Naujoks. Fachleute, die in der Sache kompetenter die Arbeitgeberseite vertreten könnten, wären A. Hofmann, K.- J. Keller und R. Neuhaus. Außerdem gibt es auch einige Arbeitgeber, die ganzheitlichen Arbeitsschutz praktizieren. Warum wurde hier keiner eingeladen? Bei einem RA wie Naujoks dagegen wäre es konsequenter, ihm seinen Kollegen Jens Gäbert gegenüberzustellen. Da käme dann wirklich Butter bei die Fische. Der WDR hat aber Gäbert wohl nicht in seinem Pool, und leider auch nicht Jochen Prümper, der zusammen mit Bernd Sprenger hätte anreisen können.
Moderator ist natürlich Frank Plasberg, immer für quotenträchtige Themen offen. Mal sehen, ob er der erste Moderator zu Burnout-Talks ist, der versteht, dass die Mehrheit der Arbeitgeber die Regeln des Arbeitsschutzes missachtet und dass das natürlich auch die ablehnende Einstellung der Unternehmer zu ihrer Pflicht erhellt, psychische Fehlbelastungen zu mindern. Vermutlich wird auch in dieser Runde wieder einmal nicht klar werden, dass der seit 1996 geduldete Rechtsbruch tatsächlich Menschen schaden kann.
Und der Unterschied zwischen Belastung und Beanspruchung sowie zwischen Verhältnisprävention (Priorität des Arbeitsschutzes) und Verhaltensprävention (Priorität der Arbeitgeber) ist für Talk-Magazine vermutlich ohnehin viel zu kompliziert. So wird’s dann bei den üblichen individualpsychologischen Ratschlägen bleiben, beim “persönlichen Erleben”. Strukturelle Fragen und der Ansatz des ganzheitlichen Arbeitsschutzes sind leider für Talk-Formate zu anspruchsvoll. Das zeigt der (noch vor der Sendung wieder gelöschte) Eintrag von Frank Plasbergs Firma Ansager und Schnipselmann GmbH & Co KG in http://www.wernerschell.de/forum/neu/viewtopic.php?t=16541 (2011-11-14, 13:00):

In unserer Sendung hart aber fair (montags, 21 Uhr mit Frank Plasberg, ARD) wollen wir am 14.11.2011 über das Thema Burnout diskutieren. Für ein Einzelgespräch im Rahmen der Sendung suchen wir eine(n) “Burnout-Betroffene(n)” aus dem Pflegebereich (Krankenhaus, Heim, häusliche Pflege, Pflegestationen etc.).

Es geht uns aber weder um Kritik an einzelnen Arbeitgebern noch der Gesamtbranche als solche. Es geht vielmehr um das persönliche Erleben einer solchen Situation, um Auslöser, Warnzeichen und mögliche Wege heraus. 

Was ist das denn für ein Journalismus? Nachtrag (2011-11-14, 20:45): Der obige Text war um 13:00 noch online. Jetzt sieht der Text anders aus:

Die Redaktion suchte einen Betroffenen. Hier war ein entsprechender Suchtext eingestellt. Dieser Text hat sich erledigt. Heute läuft die Sendung. Siehe den nachfolgenden Hinweis. 

Es ist nun dank des Forenbetreibers nicht mehr im Originaltext nachvollziehbar, wie Frank Plasberg die Richtung seiner Sendung vorbestimmt.
21:10: Bernd Sprenger weist auf Verhältnisprävention und Verhaltensprävention hin. Das ist Plasberg wohl schon zu kompliziert, um nachzuhaken.
21:10: RA Naujoks meint, die Arbeitgeber seien selbst daran interessiert, dass die Mitarbeiter keinen Burnout bekommen. Das ist einfach nicht glaubwürdig: Die Mehrheit der Arbeitgeber darf sich seit 1996 über das Gesetz stellen und ihre Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz ignorieren.
21:15: Frank Plasberg verfolgt seine Linie, dass “die ordentliche Analyse immer bei einem selbst beginnt”.
21:25: Das Publikum klatscht an merkwürdigen Stellen, auch als Tim Mälzer im Scherz meinte, dass er alle ver.di-Leute rauswerfenwürde.
21:35: Sprenger kritisiert Naujoks. Plasberg lenkt den Talk schnell wieder auf Mälzer um.
21:43: Leni Breymaier weist auf die Änderungen im Arbeitsschutz hin, Plasberg moderiert weg.
21:52: Wichtiger Hinweis von Tim Mälzer: Sein “Burnout” ist geheilt, aber Versicherungen gehen von einem bleibend erhöhten Risiko aus.
21:55 – 22:03 Lange human touch Einlage mit Andreas Biermann.
22:15: Sprenger weist auf notwendige Ausgewogenheit zwischen Verhältnis- und Verhaltensprävention hin.
Auf der Website zu “hart aber fair” wird Bernd Sprengers Position einseitig falsch dargestellt:

Dr. Bernd Sprenger 
Der Facharzt für Psychosomatische Medizin betreut seit mehr als 15 Jahren Burnout-Patienten und rät: Der Schutz vor Burnout beginnt im Kopf. Denn wenn die Einstellung zur Arbeit stimmt, kann einem der größte Stress nichts anhaben.
Biographie (Homepage von Dr. Bernd Sprenger)

Sprenger steht für Ausgewogenheit. Nur die Hälfte seiner Position darzustellen, ist journalistische Stümperei. Der Infotainment-Unternehmer Frank Plasberg (oder das Redaktionsteam seines Unternehmens) suchte sich auch bei Sprenger gnadenlos nur das aus, was zur Tendenz passt, die Plasberg seiner Sendung geben will. Dass dabei Sprengers Position verzerrt dargestellt wird, ist wohl kennzeichnend für Plasbergs Art von Journalismus. An der Sachlichkeit und Ausgewogenheit, die Sprenger während der Sendung immer wieder einzubringen versuchte, war Plasberg überhaupt nicht interessiert.
Passend zu Plasbergs Konzept gab es übrigens auch ein in der Show eingespielter Clip, in mit dem die Burnout-Therapie als Geschäft dargestellt wurde. Das ist sie ja in unserem Gesellschaftssystem auch, wie jede professionelle Therapie. Dazu wählte der Medien-Unternehmer Plasberg wenige verhaltensorientierte Fragen aus einem Fragebogen aus, der irgendwie im Zusammenhang mit Bernd Sprenger steht und ließ sie mit einem negativen Geschmäckle aus dem Off kommentieren. So macht Plasberg mit dem Burnout-Geschäft sein Talk-Geschäft.
 
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