Viel Spaß, aber bitte ohne Betriebsrat

http://www.zeit.de/karriere/2016-01/mitarbeitermotivation-feel-good-manager-betriebsrat-kuendigung:

Mitarbeitermotivation
Wer einen Betriebsrat gründet, wird gefeuert
Feel-Good-Manager sollen für ein gutes Betriebsklima sorgen. Doch mitunter gibt es gerade da Gute-Laune-Beauftragte, wo betriebliche Mitbestimmung kritisch gesehen wird.
Von Jutta Hoffritz […]
[…] Swimmingpool und Freibier – und Kündigungen
In diesem Zusammenhang weist ein Leser auch auf die jüngsten Entwicklungen beim Hamburger Unternehmen Goodgame hin – einem der Beispiele aus der ZEIT-ONLINE-Geschichte über Feel-Good-Management. Der dynamisch wachsende Spieleentwickler, der heute gut 1.200 Beschäftigte zählt und nach eigenen Angaben Deutschlands führender Spieleentwickler ist, verwöhnt seine Mitarbeiter mit firmeneigenem Swimmingpool und Freibier. Das Unternehmen überraschte im Dezember mit der Kündigung von 28 Mitarbeitern. Einen Zusammenhang mit deren Bestrebungen, einen Betriebsrat zu gründen, will das Unternehmen zwar keinesfalls hergestellt wissen. […]

Hans Dieter Gimbel machte mich in Info Psyche und Arbeit (2016-01) auf diesen Artikel aufmerksam.
 
http://www.goodgamestudios.com/de/blog/stellungnahme-zu-kundigungen/2015/12/18/:

[…] Vorwurf: Goodgame Studios hat die Mitarbeiter massiv vor der Betriebsversammlung unter Druck gesetzt, um einen Betriebsrat zu verhindern.
Realität: Falsch, die Mehrheit der Mitarbeiter hat sich in einer direkten und geheimen Wahl für eine alternative Mitarbeitervertretung entschieden.
Zu keinem Zeitpunkt hat das Unternehmen seine Mitarbeiter unter Druck gesetzt oder ihnen gar Konsequenzen angedroht. Wir haben in den vergangenen Wochen mehrfach betont, dass wir jede Form der Mitarbeitervertretung im Unternehmen respektieren werden und einen vertrauensvollen und konstruktiven Umgang pflegen möchten. Außerdem wurden alle Mitarbeiter mehrfach dazu aufgefordert an der Betriebsversammlung teilzunehmen und entsprechend ihrer Präferenz abzustimmen.
Trotz massiver Werbung für den Betriebsrat seitens ver.di auf der Betriebsversammlung sowie einer offenen und ausgewogenen Aussprache bei dieser Veranstaltung haben sich fast zwei Drittel (62,8 Prozent) der Belegschaft für eine alternative Mitarbeitervertretung ausgesprochen.
Die vielfach zitierten Flyer und Präsentationscharts, die explizit für die alternative Mitarbeitervertretung werben, stammen ohne Ausnahme von der Arbeitsgruppe, die dieses Modell aus eigenem Antrieb und ohne Auftrag oder Zutun der Geschäftsführung erarbeitet. Es stand jedem Mitarbeiter frei, sich in gleicher Weise für einen Betriebsrat einzusetzen und für dieses Modell zu werben. […]

“Offenen und ausgewogenen Aussprache” bedeutet: Keine geheimen Wahlen in einer Betriebsversammlung, an der Mitarbeiter teilnahmen, die zuvor erleben mussten, wie 28 an einem Betriebsrat interessierten Kollegen gekündigt wurde. Auch das ist eine Art massiver Werbung – gerichtet an jeden Mitarbeiter, dem es frei stand, sich für einen Betriebsrat einzusetzen und für dieses “Modell” zu werben.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/goodgame-studios-mitarbeiter-lehnen-betriebsrat-gruendung-ab-a-1073017.html:

[…] Deutschlands größter Computerspielehersteller Goodgame Studios bekommt keinen Betriebsrat. Auf einer Betriebsversammlung sprachen sich 62,8 Prozent der Mitarbeiter gegen die Einrichtung einer Mitarbeitervertretung aus. Damit werde das Verfahren zur Gründung eines Betriebsrats an diesem Punkt gestoppt, teilte das Unternehmen mit. Laut Teilnehmern stimmten von etwas mehr als tausend anwesenden Mitarbeitern 580 gegen einen Betriebsrat, 385 dafür. […]

Zur Förderung hilfreicher Arbeitsgruppen mit den subtilen Motivationstechniken der lupenreinen Demokratie erfahren Sie mehr von Maximilian Schneider:
http://www.gruenderszene.de/allgemein/goodgame-studios-kein-betriebsrat:

[…] Im Vorfeld der Betriebsratswahlen hatte sich Maximilian Schneider, Chief Strategy Officer von Deutschlands größtem Computerspielehersteller, auf einer internen Veranstaltung mit deutlichen Worten gegen einen Betriebsrat ausgesprochen: Es sei ein „veraltetes Instrument“ der Mitbestimmung, das in der modernen Goodgame-Welt keinen Platz habe, berichtet der Spiegel mit Verweis auf Aufnahmen von der Veranstaltung. Und: „Wir müssen ein Auge auf Wirtschaftlichkeit haben, damit jeder von euch nächstes Jahr noch ein Gehalt bekommt.“ Eine überaus deutliche Drohkulisse. […]

Um Gottes Willen, der CSO droht nicht. Er will doch nur spielen.
Leider kann ich keine Produkte von Deutschlands größtem Computerspielehersteller Goodgames Studios mit seinem Känguru-Betriebsrat aus meinem Computer rausschmeißen. Denn auf dem gibt’s ohnehin keine Spiele.
Suche: https://www.google.de/search?q=”Betriebsrat”+”goodgame”

Geben macht erfolgreich

http://www.zeit.de/karriere/beruf/2013-10/psychologe-adam-grant-interview-altruismus

Psychologe Adam Grant
“Die meisten Leute sind Tauscher”
Der amerikanische Psychologe Adam Grant hilft anderen ohne Gegenleistung. Er glaubt, dass Geben erfolgreich macht. Im Interview erklärt er, warum.
von Katharina Heckendorf […]

Altruismus ist nicht selbstlos. Wir geben, um die Welt zu unseren Gunsten zu verändern.
Ich habe mich nie darüber gewundert, warum zum Beispiel das Debian-Projekt erfolgreich ist. Über 1000 Entwickler geben uns damit ein ziemlich sicheres Betriebssystem.

ZEIT-Serie "Psychisch krank"

http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2013-08/volkskrankheit-psychische-erkrankungen

Serie psychisch krank
Deutschlands kranke Seele
Ob psychische Erkrankungen häufiger werden, ist schwer zu messen. Fest steht, dass mehr Menschen sie erkennen und Hilfe suchen. ZEIT ONLINE widmet dem Thema eine Serie. Von Dagny Lüdemann und Julia Völker
22. August 2013 11:54 Uhr […]

Aufmerksam auf die Serie: “psychisch Krank” wurde ich durch den Info-Brief von Hans-Dieter Gimbel.

Mit neuen Mehrheiten im Bundesrat

http://www.zeit.de/karriere/2013-01/anti-stress-verordnung-spd

Arbeitsschutz
SPD will Anti-Stress-Verordnung durchsetzen …
… Eine von SPD-geführten Bundesländern im Bundesrat vorgeschlagene Anti-Stress-Verordnung sei im vergangenen Jahr am Widerstand der Union gescheitert, sagte Schwesig. “Frau von der Leyen kann nun zeigen, ob sie es ernst meint, wenn wir die Initiative mit neuen Mehrheiten im Bundesrat erneut einbringen.” …

Siehe auch: http://blog.psybel.de/schutzluecke-beim-arbeitsschutz-schliessen/

Selbstausbeutung macht Spaß!


DIE ZEIT, 2012-10-25
http://www.zeit.de/administratives/2012-10/die-zeit
Titel auf der ersten Seite:

Was die Arbeitswelt aus uns macht
Bespaßen und quälen – viele Chefs lieben es, ihre Leute ganz für sich einzuspannen. Aber gute Mitarbeiter brauchen etwas anderes: Abstand
WIRTSCHAFT SEITE 21-23

 
S. 21-23:

Bespaßt und gequält
Wie deutsche Unternehmen ihren Beschäftigten eintrichtern: Selbstausbeutung macht Spaß!
VON AMRAI COEN UND THOMAS FISCHERMANN

Das Lied vom Chemiewerk
Geht es besser mit Musik?
Charly Glass [im Gespräch mit THOMAS FISCHERMANN], Deutschlands führender Komponist von Firmenhymnen, über Ohrwürmer, Floskeln und Zynismus

Anleitung zum Schweinsein
Der ehemalige Aldi-Manager und Buchautor ANDREAS STRAUB erklärt mit einem gehörigen Schuss Sarkasmus, wie man Mitarbeiter effizient unter Druck setzt und rausschmeißt

Arbeitsschutz wird schlechter

Anlass für diesen Blog-Eintrag sind Meldungen in zwei Wochenmagazinen. Bei KarriereSPIEGEL fand ich den folgenden BAuA-Link:
http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Statistiken/Suga/Suga.html

Bericht “Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit”
Unfallverhütungsbericht Arbeit
Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) jährlich einen statistischen Bericht zum Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in Deutschland, der einen Überblick über den Stand von Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie deren Entwicklungen gibt. Dieser Bericht wird zum Jahresende des auf das Berichtsjahr folgenden Jahres fertiggestellt und ist daher erst zu Beginn des übernächsten Jahres verfügbar.

Der aktuelle Bericht heißt: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010 – Unfallverhütungsbericht Arbeit. Bei der ZEIT fand ich einen direkteren Link:
http://www.baua.de/de/Presse/Pressemitteilungen/2012/02/pm008-12.html

Fakten: Zahl der Arbeitsunfälle erstmals wieder gestiegen – psychische Erkrankungen nehmen zu
BAuA veröffentlicht Bericht Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010 …

 
Was macht KarriereSPIEGEL daraus?
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,818097,00.html

Zahl der Psycho-Rentner steigt
Psychische Belastung im Beruf: Die Zahl der Fälle nimmt zu
Burnout mag ein Modethema sein, hat aber einen realen Hintergrund: Immer mehr Menschen können nicht mehr arbeiten, weil sie psychisch krank sind. Auch die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist gestiegen – hauptsächlich eine Folge des Aufschwungs. …

“Psycho-Rentner” ist natürlich hochoriginell. So sieht kreativer Journalismus aus. Versucht der SPIEGEL, hier die Kurve zu kriegen und von einer Darstellung des Burnouts als reines Modethema wegzukommen?
(2012-03-01: Heute morgen sah ich, dass der SPIEGEL die Überschrift korrigiert hat.)
 
Nun zur seriöseren Berichterstattung, aber auch nicht mit viel eigener Recherche:
http://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-02/arbeitsunfaelle-2012

Zahl tödlicher Arbeitsunfälle steigt drastisch an
Wirtschaftlicher Aufschwung und hohes Arbeitstempo fordern ihren Zoll: Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle in Deutschland hat zugenommen, ebenso die psychische Belastung. …

 
In Deutschland gingen wir von einem guten technischen Arbeitsschutz aus und schickten uns an, ihn auch im Bereich der psychischen Belastungen an hohe Standards heranzuführen. Statt dessen hinkt wohl auch der “klassische” Arbeitsschutz der Entwicklung hinterher.
Siehe auch: http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-07/arbeitsunfaelle-aufschwung

WiWo und ZEIT desinformieren

http://www.wiwo.de/technologie/forschung/erschoepfungsdepressionen-die-unkonkrete-volkskrankheit/5963512-2.html

… Ein Zusammenhang zwischen harten Arbeitsbedingungen und einer Depression bestehe selten. Dies treffe nur auf 20 bis 30 Prozent der Fälle zu, sagt der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Oft gilt das Gegenteil: Arbeit schützt vor psychischen Leiden. “Erwerbstätigkeit kann Psyche auch stärken”, meldete vergangene Woche die Bundespsychotherapeutenkammer und untermauerte dies mit epidemiologischen Daten der gesetzlichen Krankenversicherung. Arbeitslose seien drei- bis viermal so häufig psychisch krank wie Erwerbstätige. Meistens, so Hegerl, sei nicht Überforderung die Ursache für Depressionen, sondern eine genetische Veranlagung in Verbindung mit Verlusterlebnissen, Partnerschaftskonflikten, kränkenden Misserfolgen oder erheblichen Veränderungen der Lebensumstände. …

Das Erwerbstätigkeit als Gegenstück zur Arbeitslosigkeit die Psyche auch stärken kann, ist eine unüberraschende Feststellung.
Tacheles: Ich hatte die WiWo bereits darauf hingewiesen, dass Arbeitsbedingungen in deutschen Unternehmen nicht einmal in der mindestens vorgeschriebenen Weise beurteilt werden. Die Unternehmen sind überhaupt nicht interessiert daran, dass Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen und Depression beobachtet werden könnten. Auch wenn der Artikel (gemäß WiWo) von der ZEIT übernommen wurde, kann ich mir inzwischen nicht mehr vorstellen, dass die WiWo versehentlich vergisst, die Missachtung der Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz durch die Mehrheit der Unternehmen zu erwähnen.