Studie zur Gefährdungsbeurteilung zeigt große Defizite in Deutschland auf

Update: 2014-07-18 (siehe Ende dieses Artikels)
http://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/detailansicht/article/149/psychosozial.html

Pressemitteilung, 10.07.2014 
Psychosoziale Risikofaktoren am Arbeitsplatz: Studie zur Gefährdungsbeurteilung zeigt große Defizite in Deutschland auf
Eine aktuelle Studie der DGPPN und der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Freiburg legt in Deutschland großen Nachholbedarf bei der Gefährdungsbeurteilung psychosozialer Risiken am Arbeitsplatz offen. In vielen europäischen Staaten müssen Arbeitgeber mit deutlich empfindlicheren Sanktionen rechnen, wenn sie der Pflicht der Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz nicht nachgehen.
Wenn es um unseren Körper geht, ist Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz heute selbstverständlich. In ganz Deutschland gelten Gesetze und Verordnungen, um Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz zu reduzieren. Diese Maßnahmen waren erfolgreich: In den letzten 50 Jahren ist die Zahl der Arbeitsunfälle um 75% zurückgegangen und befindet sich heute auf einem historisch tiefen Stand.
Im Gegensatz dazu wurde der Schutz vor psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz lange vernachlässigt. Dabei nehmen die Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen quer durch alle Branchen zu. Mit 40 Millionen Arbeitsunfähigkeitstagen stehen sie heute auf Platz zwei der Krankschreibungen. Zudem werden rund 75.000 Menschen pro Jahr aufgrund von psychischen Erkrankungen frühberentet. Andauernde Überforderung am Arbeitsplatz kann sowohl bei der Entstehung als auch bei der Aufrechterhaltung psychischer Erkrankungen von Bedeutung sein.
Ende 2013 reagierte die Politik endlich und nahm die Gefährdungsbeurteilung auch bezüglich psychischer Belastungen im Arbeitsschutzgesetz auf. Allerdings sind die Vorgaben an den Arbeitgeber zur Umsetzung kaum verbindlich geregelt. Eine aktuelle Studie der DGPPN und der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Freiburg zeigt: Die Möglichkeiten der Sanktionierung sind in Deutschland im Vergleich zu europäischen Nachbarländern minimal.
Wer als Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung bei psychosozialen Risikofaktoren vernachlässigt oder gar nicht vornimmt, hat zunächst mit keinen Konsequenzen zu rechnen. Die zuständigen Landesbehörden für Arbeitssicherheit haben in Zukunft auch die Einhaltung der Gesetzesvorgaben für psychische Gesundheitsgefährdungen zu überwachen und den Arbeitgeber auf die Verletzung seiner Pflichten hinzuweisen. Erst wenn nach diesem Hinweis innerhalb einer Frist keine Nachbesserung erfolgt, kann die Pflichtverletzung als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden. Deutschlands europäische Nachbarn sind hier größtenteils in ihrer Gesetzgebung wesentlich konsequenter und können als Vorbild gelten.
[Dieser Absatz ist ein Irrtum.]

Die DGPPN fordert deshalb, psychosoziale Risikofaktoren in der Arbeitswelt stärker zu berücksichtigen und in die gemeinsame Verantwortung von Politik, Arbeitgebern und Beschäftigen zu rücken. Die bisherigen Defizite in der Umsetzung des erweiterten Arbeitsschutzgesetzes sind dringend zu beheben. Es braucht verbindliche Reglungen unter Beteiligung von Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmedizinern mit entsprechender Qualifikation.

Zu “Ende 2013 reagierte die Politik endlich und nahm die Gefährdungsbeurteilung auch bezüglich psychischer Belastungen im Arbeitsschutzgesetz auf.”: In der Rechtsprechung hat sich schon vorher ergeben, dass der Einbezug psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung zu den Pflichten des Arbeitgebers gehörte. Richtig deutlich wurde das ab etwa 2004. Die Ende 2013 beschlossene Änderung des Arbeitsschutzgesetzes machte nur bereits geltendes Recht deutlicher. Es gibt also keine Entschuldigung, wenn ein Arbeitgeber vor der Gesetzersänderung seine Pflichten im Arbeitsschutz vernachlässigt hat. Die Gesetzesänderung Ende 2013 liefert den Arbeitgebern keine Ausrede.
Zu “Die Möglichkeiten der Sanktionierung [eines fehlenden Einbezugs psychischer Belastungen] sind in Deutschland im Vergleich zu europäischen Nachbarländern minimal,” ist zu sagen, dass es eigentlich genug Möglichkeiten gab, aber in vielen Bundesländern wurden durchaus bestehende Sanktions-Möglichkeiten einfach deswegen nicht wahrgenommen, weil die behördliche Aufsicht versagte. Einerseits behauptete Ursula von der Leyen im Juli 2012, dass das Arbeitsschutzgesetz “streng” sei. Andererseits kamen die Mängel bei der deutschen Arbeitsschutzaufsicht im Jahr 2012 sogar auf die Tagesordnung des Bundestages.
Auch den Arbeitnehmervertretungen, deren Auftrag ebenfalls darin besteht, die Einhaltung von Schutzgesetzen zu sichern, fehlt leider selbst heute noch zu oft die erforderliche Kompetenz und der nötige Durchsetzungwille.
Wer als Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung bei psychosozialen und psychomentalen Risikofaktoren vernachlässigte oder gar überhaupt nicht vornam, hatte bisher leider nur theoretisch mit Konsequenzen zu rechnen. Die Arbeitnehmervertretungen und die zuständigen Landesbehörden für Arbeitssicherheit hatten schon in der Vergangenheit die Gesetzesvorgaben auch im Bereich der für psychischen Gesundheitsgefährdungen zu überwachen und den Arbeitgeber auf die Verletzung seiner Pflichten hinzuweisen. Dummerweise waren sie damit meistens überfordert. Und nachträglich revidieren auch die Gewerbeaufsichten ihre unzulänglichen Audits leider nicht. Das schadet natürlich jenen Arbeitnehmern, die in der Vergangenheit arbeitsbedingt psychisch erkrankten und heute dank der Persilscheine der Gewerbeaufsichten (und anderer Auditoren) rechtswidrig handelnde Arbeitgeber nicht mehr zur Verahntwortung ziehen können.
Interessant ist auch, sich noch einmal die Positionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz anzusehen.
Die Forderungen der DGPPN sind richtig. In der naturgemäß knappen Pressemeldung der DGPPN kann man die Details nicht nachlesen, die sich in der Studie Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber bezüglich psychischer Belastungen am Arbeitsplatz Ein innereuropäischer Vergleich (Miriam Hofmann, 2014-07) finden. Darin wird der rechtliche Ist-Stand ausgewählter europäischer Länder dem Stand der tatsächlichen Sanktionierungsmöglichkeiten in Deutschland gegenüberstellt.
Links:

Im Ausland ist man auch bei Audits von zertifizierten Arbeitsschutz-Managementsystemen weiter. Hier bieten die Niederlande ein gutes Beispiel.

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz systematisch schützen

Pressemeldung, 2013-01-28
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)

Am 29. Januar 2013 hat das Bundesarbeitsministerium zur Auftaktveranstaltung „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wir machen es zum Thema!” geladen. Vertreter der Sozialpartner, der Kranken- und Unfallversicherungsträger sowie des Bundes und der Länder werden beispielhafte Initiativen vorstellen und diskutieren. Diese Initiative ist ein wichtiger Impuls, wenn er auch längst überfällig anmutet. In der Arbeitswelt ist psychische Gesundheit bereits lange Thema: An den steigenden Zahlen der Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen kommt niemand vorbei – sie machen effektive Prävention vor psychischen Belastungen in der Arbeitswelt dringend notwendig. Die Beschäftigten im medizinischen Gesundheits- und Versorgungssystem sehen und spüren seit Jahren die Folgen der Vernachlässigung dieses Themas. Belastete Arbeitnehmer werden ihren Anforderungen nicht gerecht und fallen krankheitsbedingt aus. Burnoutfolgestörungen chronifizieren, Wiedereingliederungen sind langwierig und nicht immer erfolgreich. Zudem stellen psychische Erkrankungen seit Jahren den häufigsten Grund für Frühberentungen dar.
Bei der Auftaktveranstaltung des BMAS jedoch fehlen Vertreter der fachärztlichen Versorgung und der universitären medizinischen Forschung – und damit auch die Fachleute, die seit langem die Ursache belastungsbedingter Krankheiten erkunden und diese Erkenntnis in die medizinische Behandlungspraxis umsetzen. Die DGPPN hat bereits vor einem Jahr Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Versorgung in einer Task-Force zusammengebracht, um die Diskussion um arbeitsbedingte psychische Erkrankungen zu versachlichen und aus kurzfristig angelegtem Aktionismus zu befreien. Auch auf dem diesjährigen DGPPN Kongress wird das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz wieder im Mittelpunkt stehen. Der Kongress findet vom 27. bis 30. November 2013 in Berlin statt und steht unter dem Motto „Von der Therapie zur Prävention“. ( http://www.dgppn.de/kongress )
Obwohl Prävention bei Gesunden zwar als zentraler Teil des ärztlichen Auftrags in der Beratung von Patienten und Risikopersonen verstanden wird, hat der Gesetzgeber bisher keine tragfähige Basis geschaffen. Bereits 2005 und 2008 sind zwei Initiativen gescheitert, ein Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen. Während für spezifische Bereiche (z. B. Krebsmedizin) bereits heute gesonderte medizinisch vorbeugende Früherkennungsmaßnahmen eingeführt wurden, bleibt die Lage bei der Prävention psychischer Störungen völlig unzureichend: Die aktuelle Präventionsstrategie der Bundesregierung sieht vor, lediglich bestehende Strukturen zu stärken und beim Bundesgesundheitsministerium eine „ständige Präventionskonferenz“ unter Beteiligung der Haus- und Fachärzte einzurichten. Ein eigenes Gesetz jedoch ist nicht einmal mehr vorgesehen. Erstaunlich ist daher umso mehr, dass das BMAS keine Haus- und Fachärzte einbeziehen will, obwohl die überwiegende Mehrzahl der Risikopersonen gerade bei diesen Rat sucht. Es drängt sich der Verdacht auf: Hier soll ein wichtiges Thema öffentlichkeitswirksam besetzt werden, die Angemessenheit der angezielten Maßnahmen steht weniger im Mittelpunkt. Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels ist es aus Sicht der DGPPN sehr kurzsichtig, nicht in Prävention zu investieren.
Ein Blick zu unseren europäischen Nachbarn zeigt, dass die meisten Länder entsprechend der EU-Sozialpartnervereinbarung (2004) verpflichtende Regelungen zur Reduktion von psychosozialem Stress am Arbeitsplatz etabliert haben. In Dänemark etwa existieren pragmatische, konkrete und für alle Beteiligten nachvollziehbare Abläufe, um psychische Gefährdungen im Bedarfsfall zu prüfen und ggf. zu beseitigen. Laut einer parteiübergreifenden Vereinbarung besuchen Inspektoren der dänischen Arbeitsschutzbehörde Betriebe mit hohem Risiko für die Gesundheit häufiger, in der Überprüfung sind psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz explizit eingeschlossen. Die Ergebnisse der Inspektion sind auf der Internetseite der Behörde für alle transparent einsehbar – z.B. für zukünftige Arbeitnehmer. Zudem steht es jedem Arbeitnehmer frei, sich auch bei psychischen Belastungen in seiner Arbeitsumgebung an die Aufsichtsbehörde zu wenden.
Aus Sicht der DGPPN ist es dringend notwendig, dass auch der Gesetzgeber in Deutschland dem Vorbild der Nachbarländer folgt und dabei v.a. Fachexperten als beratendes Gremium mit einbezieht.
Kontakt
Prof. Dr. med. Wolfgang Maier
Präsident DGPPN
Direktor der Klinik der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Sigmund-Freud-Str. 25
53105  Bonn
Tel.: 022828715723
Fax: 0228-287-16097
E-Mail: wolfgang.maier[at]ukb.uni-bonn.de
Download
pm-2013-01-28_Gesundheit_am_Arbeitsplatz [162 KB; PDF]

Interessante Sichtweise, aber der Satz mit den “Risikopersonen” ist problematisch. Es werden ganz “normale” Leute durch “Risikoarbeitsbedingungen” psychisch krank. Besser als Hausärzte, an die sich “Risikopersonen” wenden, wären (wie in Österreich) Betriebspsychologen, die in ihren Betrieben auf gesunde Arbeitsplätze achten.
Die Verdachtsäußerung, dass hier ein wichtiges Thema öffentlichkeitswirksam besetzt werden solle und die Angemessenheit der angezielten Maßnahmen weniger im Mittelpunkt stehe, ist ein bisschen billig. Es ist eher so, dass hier verschiedene Akteure um verschiedene Wege ringen. Da sind dann nicht nur Psychater und Psychologen dabei, sondern Politiker und Juristen, die ganz legitim auch an die Durchsetzbarkeit von Regelungen denken müssen.
Der Hinweis auf Dänemark ist mir zwar sympatisch, aber obwohl das ein Nachbarland ist, sind die kulturellen Unterschiede meiner Ansicht nach leider so groß, dass alleine eine Übernahme dänischer Arbeitsschutzmethoden nicht ausreichen würde. Es ginge dann auch um Führungsstile, um die Stellung der Behörden (an die sich Arbeitnehmer problemloser wenden können, als in Deutschland) gegenüber den Unternehmen, um andere Ansätze bei der Ressoucenverteilung und Teilhabe usw. Der Kulturwandel wäre ziemlich dickes Brett, was da zu bohren wäre. Ich glaube, dass es für uns einfacher ist, von den Österreichern zu lernen.
Ein kleiner Witz, den mir ein dänischer Freund erzählte:
– Däne: “Ich muss zugeben, dass es etwas gibt, was die Deutschen haben, aber wir Dänen nicht.”
– Deutscher: “Oh ja! was ist das?”
– Däne: “Gute Nachbarn!”

Versachlichung der Burnout-Debatte

http://psychologienachrichten.de/?p=2805


Wie sehr die breite öffentliche Diskussion um das Thema Burnout und um schädliche psychosoziale Bedingungen unserer Arbeitswelt auch zu begrüßen ist, so sehr muss doch auch vor Missverständnissen und irreführenden Sichtweisen gewarnt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) schafft in einem Positionspapier aus medizinischer Sicht Klarheit. Das Papier wurde am 7. März 2012 im Rahmen des 11. Hauptstadtsymposiums „Burnout – Der Preis für die Leistungsgesellschaft?“ der DGPPN in Kooperation mit der Stiftung Seelische Gesundheit der Öffentlichkeit vorgestellt.


Verantwortung der Betriebe und Verwaltungen gefordert
Die DGPPN fordert, dass „psychisch gesunde“ Arbeitsplätze mehr als bisher in die Verantwortung der Betriebe und Verwaltungen rückt. Dabei sollte die Position von Betriebsärzten gestärkt werden. Wie in den meisten anderen europäischen Ländern sollten auch in Deutschland gesetzliche Regelungen zum Schutz vor gesundheitsgefährdendem psychischem Stress erfolgen. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz müssen medizinischen Risiken von Lärm, Licht, Vibrationen oder Toxinen gleichgestellt sein. Dies könnte aus Sicht der DGPPN verhindern, dass das sogenannte Burnout-Problem vornehmlich auf das Gesundheitssystem abgeschoben wird. Hier besteht in Deutschland erheblicher Nachholbedarf.
In der medizinischen Forschung ist der Risikofaktor „psychisch ungesunder Arbeitsplatz“ bisher kaum untersucht. Das Thema „Psychische Krankheit und Arbeitsplatz” muss auch Gegenstand einer breit angelegten wissenschaftlichen Forschungsinitiative der Bundesregierung werden.

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind im Arbeitsschutz jetzt schon medizinischen Risiken von Lärm, Licht, Vibrationen oder Toxinen gleichgestellt. Nur wissen das viele Verantwortliche immer noch nicht.

Burnout: Klärendes zur Unklarheit

Aus Franz Engels in Medizinisches Weblog eines Psychiaters und Psychotherapeuten,
http://medblog.franzengels.ch/2012/03/07/stress-im-job-macht-krank-positionspapier-der-dgppn-zum-thema-burnout/:

… Bleibt anzumerken, dass die Behauptung, Burnout sei (noch?) keine Krankheit, sondern eine normale Reaktion, ebenso irreführend ist, wie die Behauptung, es sei eine Krankheit. Denn für beide Behauptungen gibt es keine stichhaltigen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Meine Erfahrung allerdings ist, dass das, was heute geläufig als Burnout bezeichnen, ganz real die Arbeitsfähigkeit zu beeinträchtigen scheint, und dass Depressionen, die im Zusammenhang mit Burnout-Prozessen auftreten zumeist langwieriger verlaufen und schwieriger zu behandeln sind als andere depressive Zustandsbilder. Unabhängig davon, ob man sich auf die Begrifflichkeiten bereits einigen konnte oder nicht.

DGPPN: Macht Arbeit krank?

http://www.dgppn.de/veranstaltungen/arbeit:

Die Themen „Burnout“ und „Stress am Arbeitsplatz“ sind derzeit in aller Munde. Zwar sollte in der gegenwärtigen Diskussion nicht vergessen werden, dass für die allermeisten Menschen ihre Arbeit mehr ist als bloßer Broterwerb. Tatsächlich aber haben die Anforderungen der modernen Arbeitswelt dazu geführt, dass arbeitsbedingte psychische Belastungen zunehmen. Nach Angaben der AOK ist der Anteil der Krankheitstage durch psychische Erkrankungen in den letzten 15 Jahren um 70 bis 80 Prozent gestiegen. Immer mehr Arbeitnehmer müssen aufgrund einer psychischen Erkrankung wie Depression oder Angststörungen in Frührente gehen.  Laut Deutscher Rentenversicherung (DRV) sind psychische Erkrankungen mit fast 40 Prozent der Hauptgrund für Erwerbsunfähigkeit. Auch werden die Betroffenen immer jünger. Viele müssen ihren Beruf aufgrund einer psychischen Störung noch vor dem 50. Lebensjahr aufgeben. Rechtzeitig krankmachende Faktoren aufzudecken und vorzubeugen gewinnt so an Bedeutung.
Was Arbeitnehmer tun können, um am Arbeitsplatz seelisch gesund zu bleiben, erfahren Interessierte am Samstag, den 26. November 2011, in Berlin. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit laden zur Veranstaltung „Macht Arbeit krank? – Psychische Belastungen am Arbeitsplatz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ ein. Die veranstaltung ist kostenfrei und steht unter dem Motto “Laien fragen, Experten antworten”.
Programmübersicht:

  • Macht Arbeit wirklich psychisch krank? Was macht an Arbeit krank?
    Prof. Dr. med. Thomas Becker, Günzburg
    DGPPN-Referateleiter „Versorgung/Sozialmedizin“
  • Was kann ich tun, um gesund zu bleiben?
    Prof. Dr. med. Joachim Klosterkötter, Köln
    DGPPN-Referateleiter „Prävention psychischer Erkrankungen“
  • Wie gehe ich mit psychisch kranken Kollegen um?
    Christian Gredig, Bonn
    Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK)
  • Arbeit und psychische Erkrankung aus Betroffenensicht
    Jurand Daszkowski, Hamburg
    Vorstandsmitglied, Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE e.V.)

Moderation:

  • Prof. Dr. med. Wolfgang Gaebel, Aktionsbündnis Seelische Gesundheit, Düsseldorf
  • Ruth Fricke, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE e.V.), Herford

Was können Arbeitnehmer tun? Wenden Sie sich an Ihre Arbeitnehmervertretung (Betriebsrat bzw. Personalrat) und an Ihre Gewerkschaft. Und wenn das nichts hilft: Wählen Sie bei den nächsten Wahlen kompetente Leute in die Arbeitnehmervertretung, die für eine gute Umsetzung der Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes sorgen.