Ein Hochzeitsmagazin mit Witz

Das Hochzeitsmagazin in Sachsen-Anhalt, http://www.supersonntag-web.de/wisl_s-cms/_supersonntag/7231/Mansfelder_Land/17367/Hilft_oefter_mal__nein__sagen_.html (Link nicht mehr aktiv)

Hilft öfter mal „nein“ sagen?
aktualisiert am 08.02.2013 um 17:47:33

MSH (rh). … Bis 2018 will Bundesarbeitsminis­­terin Ursula von der Leyen (CDU) deshalb die psychische Gesundheit bei arbeitsbedingten Belastungen deutlich stärken. Wie sie das wohl anstellen will? Zuallererst muss sie dafür ja wiedergewählt werden. Man könnte allerdings auch die Zahl der arbeitenden Bevölkerung minimieren.
Experten wiederum ge­­ben Arbeitnehmern so wohlmeindende Ratschläge wie „Sie müssen lernen, öfter mal nein zu sagen“ (tja, wer sich‘s erlauben kann) oder sich besser zu organisieren. (Aber, sind wir nicht schon überall erreichbar und ziemlich überorganisiert?) …

Die haben es begriffen.
Aber dann ist der Artikel verschwunden.

Man kann nicht ohne Ende draufpacken

“Man kann nicht ohne Ende draufpacken” ist wohl einer von vielen Beiträgen, mit dem die Medien auf den Stressreport 2012 reagieren. Der SPIEGEL machte ein Interview mit der Verfasserin des Reports.
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/burn-out-und-stress-im-job-was-zur-belastung-fuehrt-a-880940.html

Arbeitgeber müssen in Zukunft dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter nicht psychisch erkranken. Doch kaum einer weiß, was genau die Überbelastung verursacht. Im Interview erklärt Psychologin Andrea Lohmann-Haislah, was zu Stress führt. Arbeitspensum und Termindruck haben wenig damit zu tun. …

Nicht “in Zukunft”, sondern schon seit vielen Jahren.


KarriereSPIEGEL: Was kann ein Arbeitgeber tun, um arbeitsbedingte psychische Erkrankungen zu verhindern?
Lohmann-Haislah: Die Unternehmen müssen eine Gefährdungsbeurteilung machen. Das schreibt der Gesetzgeber in Paragraph 5 des Arbeitsschutzgesetzes vor – dort sind die psychischen Belastungen explizit einbezogen.

Nicht explizit, aber durchaus durch Gerichtsurteile, Feststellungen des Bundestages, die Bildschirmarbeitsverordnung usw. gilt, dass auch der Bereich der psychischen Belastungen bei der Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes in einem Betrieb zu berücksichtigen ist. Explizit wird der Einbezug psychischer Belastungen vermutlich erst in Zukunft im Arbeitsschutzgesetz stehen.
Immerhin ist die Gefährdungsbeurteilung jetzt in den Medien kein Fremdwort mehr.

Haftung für psychische Verletzungen


http://diepresse.com/home/recht/rechtallgemein/1339019/Neue-Pflicht-zur-Praevention

Neue Pflicht zur Prävention
30.01.2013 | 18:13 | von Katharina Braun (Die Presse)
Arbeitnehmerschutz. Dienstgeber müssen künftig mehr auf die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter achten. von Katharina Braun …

Tatsächlich gehen die Anfang des Jahres umgesetzten Änderungen des österreischen Arbeitnehmerschutzgesetzes weiter, als die anstehenden Klarstellungen im deutschen Arbeitsschutzgesetz. Aber auch in Österreich hatten die Arbeitgeber psychische Belastungen schon vorher in den Arbeitsschutz einzubeziehen. Der Vorteil der österreichischen Nachbesserungen gegenüber den deutschen Klarstellungen: In Österreich ist durch konkrete Vorgaben zur Umsetzung der Vorschrift die Überprüfbarkeit der Vorschriftenbefolgung einfacher geworden.
Auch Folgendes wird nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland festgestellt werden können:

… Anwälte orten einen erhöhten Beratungsbedarf im Zusammenhang mit psychischen Belastungen in der Arbeitswelt …

Deutschland gehört zu der Art von Ländern, in denen Arbeitgeber ungestraft gegen Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen dürfen. Die große Mehrheit der Unternehmen tut das dann auch, und zwar (angesichts des inzwischen vorhandenen Wissens) vorsätzlich. Wenn manche Unternehmen psychische Fehlbelastungen vermindern, dann geschieht das nicht basierend auf einer Gefährdungsbeurteilung, sondern gerade zur Vermeidung einer Gefährdungsbeurteilung. Dass das eine Missachtung von Vorschriften (und ggf. von Selbstverpflichtungen z.B. nach OHSAS 18001) ist, stört die Gewerbeaufsicht nicht.
Unternehmen verstoßen gegen ihre Pflichten wohl auch, weil Gefährdungsbeurteilungen Haftungsgründe dokumentieren könnten. Da kann es für Unternehmen kostengünstiger sein, einfach das Gesetz zu missachten. In der Diskussion um die Hemmnisse, ernsthaft psychische Belastungen in Gefährdungsbeurteilungen zu evaluieren, wird in den Medien das Thema “Haftung” bzw. “Entschädigung” erstaunlich selten thematisiert. In Österreich spricht Die Presse das Thema an:

… Rechtsanwältin Ulrike Kargl weist außerdem darauf hin, dass Leiharbeiter diesbezüglich jetzt ebenfalls gleiche Rechte wie die Stammbelegschaft haben: „Bei erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen kann man laut Gesetz eine Entschädigung fordern. Bisher konnte das einfach dadurch umgangen werden, dass die Überlassung beendet und das Dienstverhältnis anschließend vom Überlasser gekündigt wurde.“

Die derzeit vorgesehenen Änderungen im deutschen Arbeitsschutzgesetz stellen nur Pflichten klar, die auch bisher schon bestanden. Die Durchsetzbarkeit des Arbeitsschutzgesetzes verbessert sich dadurch also nicht. Unter Anderem mangels ausreichender Kontrolle durch die Gewerbeaufsicht können geschädigte Arbeitnehmer auch weiterhin nur mit großen und kräftezehrenden Anstrengungen nachweisen, dass ihr Arbeitgeber die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes ignoriert. Darum ist die “Anti-Stress-Verordnung” wohl nicht vermeidbar. Vielleicht werden auch Verbesserungen im Betriebsverfassungsgesetz durchsetzbar sein, aber es reicht nicht, die Betriebsräte zu stärken, sondern im Arbeitsschutz muss in den Betriebsräten ein besseres Wissen um psychische Belastungen aufgebaut werden.

Der Arbeitsschutz kommt in den Medien an

http://www.taz.de/Psychische-Belastung-am-Arbeitsplatz/!109865/

Psychische Belastung am Arbeitsplatz
„Ein Raum ohne Telefon“
Arbeitsschützer sollen psychische Belastungen in Betrieben identifizieren – doch viele wissen noch gar nicht, wie. Die Psychologin Hiltraut Paridon erklärt, was man tun kann.
Interview: Eva Völpel

Das ist ein Interview mit Hiltraut Paridon, Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

… An welchem Punkt sagen Sie, hier muss sich etwas ändern?
Es gibt bei psychischen Belastungen keine allgemeingültigen Grenzwerte. Deshalb muss der Betrieb festlegen, ab wann er reagiert. Wenn beispielsweise über 70 Prozent der Belegschaft die Kommunikation kritisiert, sollte man Maßnahmen ergreifen. …

Wie man das macht, vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander. Die Betriebs- und Personalräte haben hier eine Mitbestimmungspflicht. D.h., die Arbeitnehmervertretung muss mitbestimmen.

Koalition gegen Stress

Hier einmal ein Beispiel für einen guten Artikel zum Thema der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz: http://www.welt.de/print/wams/wirtschaft/article113157196/Grosse-Koalition-gegen-Stress.html

Welt am Sonntag 27.01.13
Große Koalition gegen Stress
Arbeitgeber, Gewerkschaften und Politik wollen gegen die steigende Zahl der Burn-out-Fälle vorgehen. Dabei sind sie sich nicht einmal über deren Ursachen einig
Von Ileana Grabitz und Flora Wisdorff
Nichts lag dem Arbeitgeberpräsidenten bislang ferner als einzugestehen, dass Arbeit auch krank machen kann: Erst jüngst verwehrte sich Dieter Hundt, Chef der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände, wieder vehement gegen die Kritik, dass die Unternehmen an der drastischen Zunahme psychischer Erkrankungen zumindest eine Mitschuld tragen könnten. Derlei Erkrankungen seien kein durch Arbeit verursachtes Problem, erklärte Hundt entrüstet. Entscheidend sei vielmehr die persönliche Disposition und das Lebensumfeld der Betroffenen: “Die wesentlichen Ursachen liegen in genetischen und entwicklungsbedingten Faktoren, im familiären Umfeld und im Freizeitverhalten”, war sich der Arbeitgeberpräsident sicher. Die Unternehmen könnten “nicht alles reparieren, was in Einzelfällen in anderen Lebensbereichen schiefläuft”.
So überzeugt Hundt damals urteilte: Kurz vor einem Gipfeltreffen, an dem das Bundesarbeitsministerium, hochrangige Gewerkschafts- und Arbeitgebervertreter erstmals gemeinsam nach Rezepten gegen den Stress am Arbeitsplatz fahnden wollen, schlägt der Verbandschef in der “Welt am Sonntag” nun spürbar sanftere Töne an. …

 
Nun zu einer neuen Argumentationstaktik der Arbeitgeber: http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2013-01/25802964-stress-am-arbeitsplatz-bda-will-auf-gewerkschaften-zugehen-003.htm

… Auch Hans-Joachim Wolff, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), sieht die Arbeitgeber in der Pflicht: Die Gründe für psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz seien zwar vielfältig, betont Wolff gegenüber der “Welt am Sonntag”. Einen zentralen Einfluss habe aber auch das Verhalten der Führungskräfte. Wichtig sei daher, “für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen, die auch die psychischen Belastungen mit einschließt”. Schon heute habe die DGUV dabei einen Katalog von Leitlinien [http://blog.psybel.de/dguv-infos/] in petto, an denen sich Unternehmen orientieren könnten. Die Arbeitgeber sehen den Handlungsbedarf jedoch vor allem an anderer Stelle: Der Erfolg einer psychotherapeutischen Behandlung hänge wesentlich von der frühen Erkennung und richtigen Einordnung ab, moniert Arbeitgeberchef Hundt. Deshalb sei der Zustand “unhaltbar, dass Betroffene im Schnitt drei Monate auf das Erstgespräch für eine psychotherapeutische Behandlung warten” müssten. “Ich erwarte von der Gesundheitspolitik, den Ärztevereinigungen und den Krankenkassen, dass sie diesen Missstand entschlossen beheben”, so Hundt.

Hier kommt zu den bekannten Argumentationsmustern der BDA noch ein neues (bzw. eine Variation älterer Argumente) hinzu: Die Mahnung, bessere Verhältnisprävention zu betreiben, pariert Dieter Hundt nun mit der Forderung, durch frühzeitigere psychotherapeutische Behandlung individuelles Verhalten zu ändern. Auf den ersten Blick klingt das nach einer Unterstützung erkrankter Menschen, aber Behandlung ist schon keine Prävention mehr. Hier wird ein neuer “Red Herring” in die Debatte geschmissen, der von den vorgeschriebenen Prioritäten ablenkt: Im Arbeitsschutz wird Verhältnisprävention gefordert, nicht Verhaltensbehandlung. Hundt versucht nun, den Schwarzen Peter zu den Psychotherapeuten zu schieben. Die Tricks hören nicht auf.
Selbst die Medien halten sich bei der Feststellung einer Tatsache zurück: 80% der Unternehmen haben psychische Belastungen nicht in ihren Arbeitsschutz integriert. Sie begehen eine Ordungswidrigkeit. Das ist spätestens seit 2004 klar. Die Nachhaltigkeit, mit der sie ihre Pflichten im Arbeitsschutz missachteten, lässt sogar an strafbares Handeln denken. Da ist ja nun wohl etwas Grant erlaubt: Alleine ihrer wirtschaftlichen Stärke ist es wohl zu verdanken, dass die Unternehmen, die diese Vergehen begingen, nicht zur Veranwortung gezogen wurden und eine ausgedünnte Gewerbeaufsicht ziemlich hilflos dabei zusehen musste. So rücksichtsvoll wird beispielsweise mit den wohl weniger “systemrelevanten” und deswegen gnadenloser beaufsichtigten kleinen Harz-IV-Betrügern nicht umgegangen, obwohl diese mit ihren Vergehen kaum Körperverletzungen riskieren. Dass die BDA dann noch entschlossens Handeln bei der Therapie psychischer Krankheiten fordert, ist Chuzpe vom Feinsten.
Ich erwarte von den Arbeitgebern, dass sie die Vorschriften des Arbeitsschutzes entschlossen respektieren. Es mag sein, das der Hinweis auf ihren Rechtsbruch die betroffenen Unternehmer nicht motiviert, ihren Pflichten nachzukommen. Politiker, Gewerkschaften, Behörden und Unternehmensberater sind deswegen diplomatisch. Mir jedoch geht es um eine zukünftig illusionslosere Gesetzgebung. Nicht nur die Erfahrungen mit der “Bankenkrise”, sondern auch mit der modernen “entbürokratisierten” Arbeitschutzgesetzgebung sollten gezeigt haben, dass eine konsequente Aufsicht der Unternehmen unerlässlich ist.

Psychische Erkrankungen: Fehlzeiten zwischen 2007 und 2011 um 50% gestiegen

Die Zeitschrift “Focus” berichtete unter Berufung auf Zahlen der Techniker Krankenkasse wieder einmal, dass psychische Belastungen zunähmen. Die Zahl der Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen ist zwischen 2007 und 2011 um etwa 50 Prozent gestiegen. Die Zahl der Klinikaufenthalte wegen Depressionen und der Menge der verordneten Antidepressiva hat einen ähnlichen Verlauf genommen. In den Medien wird in diesem Zusammenhang auf die Forderung von DGB-Vorstandsmitglied nach einer Anti-Stress-Verordnung und Sanktionen für Arbeitgeber berichtet. Und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr grätschte sogleich rein und rief die Unternehmen wieder einmal auf, gesundheitsfördernde Bedingungen zu schaffen. Die sind freiwillig und für die Arbeitnehmer nicht immer kostenlos, wenn sie dafür Geld und Urlaub aufbringen müssen. Vorgeschrieben, von den Arbeitgebern zu bezahlen und von der Mehrheit der Unternehmen (spätestens seit 2004 wissentlich) vernachlässigt wurde dagegen der Arbeitsschutz, ohne den die betriebliche Gesundheitsförderung keinen Sinn macht. Das ist in den Medien anscheinend noch immer nicht so recht angekommen. Für den “Focus” ist Bahr aber in dieser Sache relevant. Auch Chefredakteure lenken als Arbeitgeber gerne mit Betrieblicher Gesundheitsförderung vom strengeren Arbeitsschutz ab.
Für den Arbeitsschutz ist die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen zuständig. Anlässlich des Starts der neuen Arbeitsperiode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) 2013 – 2018 lädt sie zu der Auftaktveranstaltung “Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wir machen es zum Thema!” ein. Auf die geplanten Änderungen im Arbeitsschutzgesetz geht der Focus allerdings auch ein: http://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/tid-29210/fehlzeiten-schnellen-nach-oben-neue-initiative-soll-psycho-stress-im-job-eindaemmen-bahr-aufgabe-der-betriebe_aid_906194.html

… Arbeitsministerin von der Leyen hat Ende des vergangenen Jahres immerhin eine Klarstellung im Arbeitsschutzgesetz durchgesetzt. Nun steht dort [langsam, das war zunächst einmal nur ein Kabinettsbeschluss], dass auch übermäßige psychische Belastungen am Arbeitsplatz ein Gesundheitsrisiko darstellen können. [Das gilt nach BAG-Beschlüssen auch jetzt schon!] Für von der Leyen reicht das erst einmal aus, das sei schon „ein sehr scharfes Gesetz“ [für dessen Missachtung die große Menge der Verweigerer aber nicht bestraft wurden], sagt sie und setzt darüber hinaus ebenfalls auf unverbindliche Hilfen und Informationen. Die von den Gewerkschaften geforderte Anti-Stress-Verordnung sieht sie zumindest skeptisch, hat sich aber nicht ausdrücklich festgelegt. Denn die Arbeits- und Sozialminister der Bundesländer wollen eine solche Verordnung über den Bundesrat durchsetzen – und dort hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition keine Mehrheit mehr. …

(Links und Anmerkungen nachträglich eingetragen)

Und täglich grüßt der Säbelzahntiger

http://www.welt.de/print/wams/nrw/article112730656/Wenn-die-Arbeit-zermuerbt.html

Welt am Sonntag 13.01.13
Wenn die Arbeit zermürbt
Rot-Grün sagt krank machendem Stress im Beruf den Kampf an. Experten zweifeln, ob das per Gesetz möglich ist Von Till-R. Stoldt
Anders als sein Vorfahr muss sich der Mensch heute zwar nicht mehr mit Säbelzahnkatzen herumschlagen, wohl aber mit Termindruck, Dauererreichbarkeit oder Überforderungsanfällen. Und darauf reagieren wir wie der Frühmensch beim Anblick einer Raubkatze: mit Stress. Nur baut der Arbeitnehmer unserer Tage diesen nicht mehr umgehend körperlich ab. Daher “richten sich die Stressreaktionen schließlich gegen den eigenen Körper – mit zum Teil schwerwiegenden gesundheitlichen Konsequenzen”, wie Experten der Techniker Krankenkasse jüngst warnten.

Da haben wir ihn wieder, den Säbezahntiger. Die Katze springt durch fast jeden Vortrag zu Stress, Burnout usw. Und dann wird auf fehlenden Stressabbau hingewiesen. Wie aber steht es um den Stressaufbau? Statt der gelegentlichen Abwehr von Säbezahntigerangriffen fahren wir jetzt in einem vom Hochfrequenzhandel begleiteten Dauerlastbetrieb. Die Kosten turbulenter Veränderungen werden jetzt spürbarer. Dagegen soll sich eine Norm wenden, die heute derzeit unter dem Begriff “Anti-Stress-Verordnung” diskutiert wird.
Der Artikel in Welt am Sonntag (Springer Verlag) ist zeitlich gut plaziert. Die Meldung zur Initiative der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister (ASMK) der Länder liegt noch nicht lange zurück und am 29. Januar gibt es die Auftaktveranstaltung zur Deutschen Gemeinsamen Arbeitsschutzinitiative (GDA) haben.
Die Welt am Sonntag lässt die Minister der ASMK Hoffnungen pflegen, die sie gar nicht haben.

Kann man diese Urgewalt per Gesetz einhegen? Darauf hoffen die Arbeitsminister von NRW, Hamburg, Bremenund Brandenburg. …

Hier ist der Trick, einen Vorschlag zu verzerren, um ihn dann angreifen zu können. Damit es klar ist, die Minister wollen keine Urgewalten einhegen, sondern die geplante Bundesratsinitiative soll zu einem den heutigen Paradigmen gerecht werdenden Umgang mit ziemlich veränderten und vergleichsweise neuen Gewalten führen.

[Nelson Taapken, Personalexperte der Wirtschaftsprüfer von Ernst &Young] zufolge muss man die psychische Belastung am Arbeitsplatz zwar ernster nehmen als bisher. Stress per Gesetz bekämpfen zu wollen, sei aber “so aussichtslos wie schädlich. Was soll zum Beispiel mit den Millionen kleinen und mittleren Selbstständigen im Land passieren?”, fragt der Personalexperte. Solle man denen “Pflichtfreizeit vorschreiben, in der sie nicht mehr mailen und telefonieren dürfen? Das würde viele Selbstständige in ernste Nöte stürzen – abgesehen davon, dass sich dies kaum kontrollieren lassen dürfte”.

Taapken probiert hier den gleichen rhetorischen Trick. Was für einen Experten hat sich die Welt am Sonntag ausgesucht? Taapken ist hier Experte insbesondere für seine eigenen Interessen in einer Arbeitgeberfunktion, in der sich nach meiner Erfahrung die Begeisterung für Schutzgesetze ohnehin in Grenzen hält. Gerade in Unternehmen wie seinem ist die Beobachtung der Qualität des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz dieser Firmen sicherlich eine interessante Aufgabe für die Gewerbeaufsicht.

… Laut VDBW-Präsident Panter lässt sich eine psychische Überlastung oft verhindern, indem man seine Stressbewältigungskompetenz steigert. Man müsse nicht gleich die berufliche Flexibilität zurückfahren. Darauf setzen auch die Krankenkassen, die seit Jahren Angebote zu diesem Zweck ausbauen – von autogenem Training über positives Denken bis zu Kursen zur “erfolgreichen Bewältigung täglicher Belastungen”. Aber auch hier heißt es aus dem NRW-Arbeitsministerium, die verstärkte Nutzung solcher Kurse gehöre ja zu den Zielen der Gesetzesinitiative. Und wenn die Angebote vermehrt genutzt würden, werde sich ein gewisses Maß an Arbeitsflexibilisierung vielleicht als tolerabel erweisen. …

“Positives Denken” wird auch gerne immer wieder empfohlen. Hier lohnt es sich besonders, erst einmal mit Denken überhaupt anzufangen. Was hier vorgeschlagen wird, ist die gute alte Verhaltensprävention. Aus gutem Grund hat im Arbeitsschutz die Verhältnisprävention Vorrang.
Ohne neue Gesetze und Verordnungen gilt jetzt schon, dass individuelle Schutzmaßnahmen nachrangig zu anderen Schutzmaßnahmen sind. Anstatt die Menschen arbeitsgerecht zu gestalten, haben die Arbeitgeber die Arbeitsplätze menschengerecht zu gestalten. Etwa 80% der Unternehmen missachten diese Pflicht schon bei der im Arbeitsschutz vorgeschriebenen Beurteilung der Arbeitsplätze. Es herrscht Anarchie – und dazu sagt der VDBW-Präsident Panter nichts?
Springers Blätter achten darauf, dass man ihnen keine Falschdarstellungen vorwerfen kann, aber filtern viel: Vom VDBW gibt es auch vernünftigere Stellungnahmen, als das, was sie Welt am Sonntag sich aus den Äußerungen des VDBW-Präsidenten herausgesucht hat: http://blog.psybel.de/position-von-betriebsaerzten-und-gewerkschaft/

Tönissteiner Medienpreis 2013

http://www.ahg.de/AHG/Standorte/Toenisstein/Klinik/Presse/Aktuelles/Ausschreibung_Medienpreis_2013.html

… Zum elften Mal in Folge schreibt die AHG Klinik Tönisstein den ‘Tönissteiner Medienpreis’ aus. Der journalistische Wettbewerb steht in diesem Jahr unter dem Thema “Arbeit ist alles!? Sucht, psychische Belastung und das Arbeitsleben”. Einsendeschluss ist der 30. Januar 2013.

Im Rahmen der Fachtagung der AHG Klinik Tönisstein am 13. März 2013 in Bad Neuenahr-Ahrweiler, werden die journalistisch besonders hochwertigen Berichte prämiert. Ziel der Fachtagung ist es, die Zusammenhänge von Arbeit, psychischen Belastungen und Sucht zu diskutieren und anhand empirischer Daten zu analysieren. Darüber hinaus geht es um die Integration abhängiger Menschen in die Arbeitswelt. Hierzu sollen die unterschiedlichen Sichtweisen – Heilberufe, Rentenversicherungsträger und Einrichtungen der Selbsthilfe – zu Wort kommen. …. …

(Hervorhebungen nachträglich eingefügt)

Kamillentee kochen gegen das Burnout

http://derstandard.at/1343745014031/Burnout-Anti-Burnout-Trainings-Maslach

… Das Problem all dieser Angebote Burnout-Trainings, Yoga usw.: Ihre Wirksamkeit ist kaum erforscht. “Wer daran glaubt”, schreibt ein Betroffener in einem Lebenshilfe-Forum, “der kann sich auch Kamillentee kochen gegen das Burnout.” Er dürfe dann nur nicht behaupten, dass er allein durch den Tee geheilt worden sei. (Peter Illetschko, STANDARD, 17.8.2012) …

Auch Der Standard hätte sich mit der Recherche ein bisschen mehr anstrengen sollen: In Österreich gibt es einen Arbeitsschutz, in den der Gesetzgeber jetzt auch explizit psychische Belastungen mit einbeziehen wird. (In Deutschland ergibt sich dieser Einbezug zwar aus der Rechtsprechung und der Bildschirmarbeitsverordnung, aber ich halte die österreichische Lösung für sauberer.)

Langweilig

Mit http://www.br.de/themen/ratgeber/inhalt/gesundheit/arbeit-stress-beruf-burn-out100.html versucht der Bayerische Rundfunk vielleicht, irgendein Sommerloch zu stopfen. Das ist nämlich wieder ein Burn-Out-Artikel mit oft schon wiedergekäutem Stoff und den üblichen langweiligen Fotos von zusammengebrochenen Burn-Out-Managern usw.