EcoVadis sollte seinen Kunden die Veröffentlichung von CSR-Reports empfehlen

Ein CSR-Rating kann im Bereich des Umgangs eines Unternehmens mit Mitarbeitern nur dann glaubwürdig sein, wenn die Mitarbeiter nachvollziehen können, wie sich ihr Arbeitgeber gegenüber EcoVadis dargestellt hat. Nach meiner Kenntnis überlässt es EcoVadis aber seinen Kunden, wie sie mit den Reports von EcoVadis umgehen. Es ist also Eigeninitiative, wenn ein Kunde den Report veröffentlicht.
EcoVadis behandelt die Daten seiner Kunden vertraulich und kann sie nicht zwingen, dem guten Beispiel eines schweizerischen Kunden und eines deutschen Kunden zu folgen. Aber EcoVadis könnte für Offenheit im Umgang mit den Reports Punkte vergeben. Und wenn Reporte gegenüber Betriebsräten geheim gehalten werden, müssten meiner Ansicht nach sogar Punkte abgezogen werden. (Einige Erkenntnisse z.B. zum Arbeitsschutz muss ein Unternehmen seinen Arbeitnehmervertretern sogar zur Kenntnis bringen. EcoVadis sollte das überprüfen und auch Betriebsräte an seinen Audits beteiligen.)
Wenn Unternehmen basierend auf Angaben, die von den “Stakeholdern” nicht nachgelesen werden können, von EcoVadis ausgezeichnet werden, dann schadet das allen, die sich auf das Rating von EcoVadis verlassen. Arbeitnehmer sind ganz besonders von der CSR ihres Arbeitgebers betroffene “Stakeholder”. Darum muss gerade von ihnen nachvollzogen werden können, wie das Rating zustande kam. Das gilt nicht nur für EcoVadis, sondern für alle Anbieter von CSR-Rankings.
EcoVadis hat ein Web-basiertes Reporting-System, das die Erfassung einer großen Zahl von Betrieben ermöglicht. Wie EcoVadis die Selbstauskünfte der Betriebe auswertet, kann man hier nachlesen: EcoVadis CSR Rating Methodology (Whitepaper, 2013-01-01). EcoVadis listet auch die Dokumente auf, die dem EcoVadis-Fragebogen beigefügt werden können. Das bedeutet auch, dass Unternehmen bei der Erstellung dieser Dokumente deren Auswertung durch Assessment-Unternehmen berücksichtigen.
Die Arbeitnehmervertretungen geprüfter Betriebe erfahren in der Regel nicht, wie ihr Betrieb beispielsweise Arbeitsschutzthemen gegenüber EcoVadis darstellt.
In Rate the Raters Phase Five, Questionnaire for Raters: EcoVadis (February 2013) beschreibt sich EcoVadis selbst.
 

Endress+Hauser macht CSR glaubwürdig

http://www.endress.com/en/Endress-Hauser-group/endresshauser-at-a-glance/sustainability/sustainability-report/sustainability-ecovadis

[…] Endress+Hauser has a structured and proactive CSR approach. Engagements and policies as well as tangible actions are on major issues. The company has a basic reporting on actions or performance indicators. Here you can find the EcoVadis Premium report of the Endress+Hauser Group as well as the EcoVadis Sustainability Profile and the EcoVadis Certificate […]

Endress+Hauser hat beim CSR-Rating von EcoVadis nur “Silber” bekommen, veröffentlicht aber trotzdem den EcoVadis Premium report (bzw. Corporate Social Responsibility (CSR) Report), in dem auch Verbesserungspotential angesprochen wird. Das ist glaubwürdiger, als das Werben mit “Gold” ohne Angabe der Details.
Ich finde, dass mindestens die Mitarbeiter und die Arbeitnehmervertreter der von EcoVadis ausgezeichneten Unternehmen verstehen können sollten, wie sich das Unternehmen gegenüber EcoVadis dargestellt hat und welche Anmerkungen EcoVadis dazu gemacht hat.
Endress+Hauser gibt hier ein ungewöhnlich erfreuliches Beispiel: EcoVadis macht seine CSR-Assessments bei über 20000 Kunden, aber nur wenige zeigen so viel Offenheit, wie Endress+Hauser. Ich nehme an, dass Enderess+Hauser auch mit seinen Geschäftsprozessen so umgeht wie mit seiner CSR. Das ist für die Kunden des Unternehmens ein klares Zeichen von Verlässlichkeit. Ein offenes Fehlermanagement kommt bei Kunden immer gut an. Sie wissen, dass in der Wirklichkeit nichts perfekt ist. Fehler lassen sich nie vermeiden, darum ist der offene Umgang mit Fehlern und ein gutes Fehlermanagement vertrauensfördernd. Mit seinem CSR-Ansatz macht Endress+Hauser also auch Werbung für seine Geschäftsprozesse.
Link: EcoVadis Evaluation – Häufig Gestellte Fragen

Deutsche Bank:He who controls the past controls the future.He who controls the present controls the past.

Zumindest im Mai 2016 gibt es dieses Photo noch auf dem Webserver der Deutschen Bank:
(https://www.db.com/ir/img/Georg_F_Thoma.jpg)
Georg Thoma hat am 28. April 2016 den Aufsichtsrat der Deutschen Bank verlassen. So sieht das aus, was man als “Vergangenheitsmanagement” der Deutschen Bank bezeichnen könnte. Wenn ein Aufsichtsratsmitglied zu viel aufsieht, dann gibt es Aufsehen.
 
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/deutsche-bank-thoma-ruecktritt-101.html (2016-04-29)

Genau dafür ist der Integritätsausschuss zuständig. Doch Thoma ging vielen zu weit, grub unnötig tief.

Mobbig gibt es eben auf allen Ebenen. An der öffentlichen Diffamierung des Aufklärers Georg Thoma hatte sich auch der Betriebsratschef und Aufsichtsratsvize Alfred Herling (ver.di) beteiligt: “Mit seinem Übereifer und der juristischen Selbstverwirklichung stößt Dr. Thoma zunehmend auf Kritik.”
 
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/deutsche-bank-ruecktritt-nach-massivem-druck/13521702.html

Im Aufsichtsrat hätten sich dann nochmal alle Mitglieder über den Schritt informiert und einhellig festgestellt, dass man diesen Schritt für richtig hält. Erst vor diesem Hintergrund war Thoma zurückgetreten.

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat: Alfred Herling, Wolfgang Böhr, Frank Bsirske, Thimo Heider, Sabine Irrgang, Martina Klee, Henriette Mark, Gabriele Platscher, Bernd Rose, Rudolf Stockern, Stephan Szukalski.
 
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/deutsche-bank-ein-gremium-demontiert-sich-selbst/13522394.html

Thoma habe es mit der Aufklärerei übertrieben, er habe die Bank gelähmt, habe einem Blick nach vorne im Weg gestanden, werfen ihm seine Kritiker vor.

“Blick nach vorne”, das ist wohl der beliebeste Klassiker unter den Argumentationsmustern derer, die sich aus ihrer Verantwortung stehlen wollen. Der Blick in die Vergangenheit stört jene beim Blick nach vorne, die die Vergangenheit fortgesetzten wollen.

He who controls the past controls the future. He who controls the present controls the past.

George Orwell, “1984”
 
Deutsche Bank, Geschäftsbericht 2015 (https://geschaeftsbericht.deutsche-bank.de/2015/gb/serviceseiten/downloads/files/dbfy2015_gesamt.pdf)

Integritätsausschuss: Der Integritätsausschuss berät und überwacht den Vorstand fortlaufend im Hinblick darauf, ob die Geschäftsleitung einer wirtschaftlich tragfähigen, nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens verpflichtet ist und unter Beachtung der Grundsätze guter und verantwortungsvoller Unternehmensleitung sowie unter Wahrnehmung der sozialen Verantwortung des Unternehmens und gleichzeitiger Schonung der natürlichen Ressourcen der Umwelt erfolgt (Environment Social Governance – ESG) und ob die Ausrichtung der betriebswirtschaftlichen Unternehmensführung an diesen Werten mit dem Ziel einer ganzheitlichen Unternehmenskultur ausgerichtet ist. Der Integritätsausschuss behandelt insbesondere die folgenden Angelegenheiten: Er überwacht die Maßnahmen des Vorstands zur Sicherstellung der Einhaltung von Rechtsvorschriften, behördlichen Regelungen und der unternehmensinternen Richtlinien durch das Unternehmen. Er überprüft regelmäßig die Ethik- und Verhaltenskodizes der Bank, um ein vorbildliches Verhalten der Mitarbeiter des Unternehmens innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu fördern, das nicht allein an der formalen Einhaltung von Rechtsvorschriften ausgerichtet ist. Er beobachtet und analysiert die für die Bank wesentlichen Rechts- und Reputationsrisiken und wirkt auf deren Vermeidung hin. Zu diesem Zweck berät er den Vorstand, wie auf die Bedeutung derartiger Risiken aufmerksam zu machen ist. Der Integritätsausschuss bereitet des Weiteren die Entscheidungen des Aufsichtsrats über die Verfolgung von Ersatzansprüchen oder die Ergreifung sonstiger Maßnahmen gegenüber amtierenden oder ehemaligen Mitgliedern des Vorstands vor. Im Geschäftsjahr 2015 fanden fünfzehn Sitzungen des Integritätsausschusses, davon vier gemeinsam mit dem Prüfungsausschuss, statt.
Die derzeitigen Mitglieder des Integritätsausschusses sind Georg Thoma (Vorsitzender), Dr. Paul Achleitner, Sabine Irrgang, Timo Heider, Martina Klee und Peter Löscher.

Mal sehen, wie lange Georg Thoma noch auf dem Gruppenfoto des Aufsichtsrats zu sehen ist:
(https://geschaeftsbericht.deutsche-bank.de/2014/gb/bilder/img/10a.jpg)
Reihe vorn, von links nach rechts:
Georg F. Thoma, Martina Klee, John Cryan, Dr. Paul Achleitner, Louise M. Parent, Alfred Herling, Katherine Garrett-Cox
Reihe hinten, von links nach rechts:
Gabriele Platscher, Rudolf Stockem, Stephan Szukalski, Professor Dr. Klaus Rüdiger Trützschler, Dr. Johannes Teyssen, Dina Dublon, Timo Heider, Henriette Mark, Peter Löscher, Bernd Rose, Sabine Irrgang, Professor Dr. Henning Kagermann, Frank Bsirske

 

Auch eine Bank ist nur ein Spielzeug

http://www.tagesschau.de/wirtschaft/deutsche-bank-179.html

Krach im Aufsichtsrat wird zur Schlammschlacht
Stand: 26.04.2016 21:47 Uhr
Bei der Deutschen Bank könnte es zum Eklat kommen. Der Rücktritt des Aufsichtsratsmitglieds Thoma gilt als möglich – und wird von Mitgliedern des Gremiums sogar ganz offen herbeigesehnt. Die Konflikte werden zunehmend zur öffentlichen Schlammschlacht. […]

Aufsichtsratsmitglieder, die selbst nur mit einem – sagen wir mal – kräftig ausgeprägten Ego solche geworden sein können, diffamieren ihren Kollegen Georg Thoma, den “Chef-Aufklärer” bei der Deutschen Banke, als “Egomanen”. Thoma weiß zu viel und will noch mehr wissen. Das ist lästig. Da hilft seinen Kollegen nur noch der Angriff auf die Person. Ego gegen Ego – was für eine Posse: Mobbing auf höchstem Niveau.
Für die Mitarbeiter der Deutschen Bank ist das nicht so lustig. Wenn da eine Aufsichtsratsmitglied zu tief in der Vergangenheit herumgräbt, dann verdirbt das den anderen Aufsichtsratsmitgliedern den Spaß an ihrem Spielzeug, also an der Bank, ihren Mitarbeitern, ihren Kunden und deren Geld. Schließlich will man ja in die Zukunft schauen und sich dabei die Option bewahren, die Fehler der Vergangenheit auch in der Zukunft begehen zu können.
Und diese Leute werden sogar dafür bezahlt, dass sie mit der Bank spielen dürfen.

Schirm für Vorstände

http://www.tagesschau.de/wirtschaft/vw-abgasskandal-133.html

Untersuchungen zu VW-Abgasaffäre
Zweite Reihe im Visier der Ermittler
Stand: 25.04.2016 17:00 Uhr
Die internen Untersuchungen zum VW-Abgasskandal sprechen den damaligen Vorstand von einer Schuld vorerst frei. Unterhalb der Vorstandsebene gelten aber fast alle Führungskräfte, die in die Entwicklung des Motors eingebunden waren, als belastet. Das zeigen Recherchen von NDR und WDR.[…]
[…] Unter den Verdächtigen bei der Staatsanwaltschaft wie auch in den Unterlagen von Jones Day finden sich nach Recherchen von NDR und WDR allerdings bisher keine Belege dafür, dass Vorstandsmitglieder an der Planung beteiligt gewesen sind oder frühzeitig davon erfahren haben. […]

Heutzutage achten manche Unternehmensführer darauf, dass es keine Belege dafür gibt, dass sie nichts erfahren wollten, womit sie in die Verantwortung (für die sie sehr gut bezahlt werden) genommen werden könnten. Sie bohren auch ungerne nach, wo ihnen Berichte nicht plausibel erscheinen müssten. Hauptsache, die Form stimmt. Vorstände vor gefährlichem Wissen abzuschirmen ist eine Hauptaufgabe der Compliance-Abteilungen.

Entmündigung, Infantilisierung, Therapeutisierung

SPIEGEL 14 / 2.4.2016
Per Du mit dem Chef
Die alte Befehlskultur hat ausgedient. Wenn die deutschen Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen sie sich wandeln. Vielen fällt das schwer.
Susanne Amann, Sven Böll, Dinah Deckstein, Markus Dettmer, Frank Dohmen, Martin Hesse, Armin Mahler
https://magazin.spiegel.de/SP/2016/14/143908127/

[…] Das Neue trete [so Reinhard Sprenger] in einer sehr freundlich geschminkten Maske auf. Was man nicht sehe, sei die damit verbundene Entmündigung, Infantilisierung und manchmal sogar Therapeutisierung des Individuums […]

Schweigegelübde

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/VW-kommt-bei-Aufklaerung-der-Abgasaffaere-voran,volkswagen1134.html

[…] Demnach fühlten sich die Motoren-Entwickler damals, Ende 2006, von der Konzernspitze unter Druck gesetzt, einen sauberen Diesel-Motor zu präsentieren und zwar schnell und günstig. Offenbar war dies jedoch nicht zu schaffen.[…]
[…] “Schweigegelübde” in der Abteilung
In der Abteilung für die Motoren-Entwicklung hätten viele Ingenieure darüber Bescheid gewusst, sagen Personen, die mit den Untersuchungen bei VW vertraut sind. Auch Mitarbeiter und Manager, die erst in den folgenden Jahren neu dazu kamen, seien eingeweiht worden. […]

Neben dem Betrug am Kunden liegt hier angesichts der vom Arbeitgeber zu verantwortenden und massiv auf die betroffenen Mitarbeiter wirkenden psychischen Fehlbelastung auch ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz vor. Die Mitarbeiter wagten nicht, den Druck und ihre Fehlbelastungen zu thematisieren. Der Arbeitsschutzbeauftragte (und die Betriebsräte) waren anscheinend nicht unabhängig von Arbeitgeber genug, um vertrauenswürdige Ansprechpartner zu sein, an die sich die Mitarbeiter angstfrei hätten wenden können. Die Gefährdungsbeurteilungen der Arbeitsplätze, Aufgabenstellungen und Arbeitsbedingungen erfassten die Konfliktsituation der Mitarbeiter nicht. Der TÜV-Rheinland muss nun an den betroffenen Standorten überprüfen, ob dieser Vorfall ordentlich nach OHSAS 18001 untersucht wird.
 
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