Schweigegelübde

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/VW-kommt-bei-Aufklaerung-der-Abgasaffaere-voran,volkswagen1134.html

[…] Demnach fühlten sich die Motoren-Entwickler damals, Ende 2006, von der Konzernspitze unter Druck gesetzt, einen sauberen Diesel-Motor zu präsentieren und zwar schnell und günstig. Offenbar war dies jedoch nicht zu schaffen.[…]
[…] “Schweigegelübde” in der Abteilung
In der Abteilung für die Motoren-Entwicklung hätten viele Ingenieure darüber Bescheid gewusst, sagen Personen, die mit den Untersuchungen bei VW vertraut sind. Auch Mitarbeiter und Manager, die erst in den folgenden Jahren neu dazu kamen, seien eingeweiht worden. […]

Neben dem Betrug am Kunden liegt hier angesichts der vom Arbeitgeber zu verantwortenden und massiv auf die betroffenen Mitarbeiter wirkenden psychischen Fehlbelastung auch ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz vor. Die Mitarbeiter wagten nicht, den Druck und ihre Fehlbelastungen zu thematisieren. Der Arbeitsschutzbeauftragte (und die Betriebsräte) waren anscheinend nicht unabhängig von Arbeitgeber genug, um vertrauenswürdige Ansprechpartner zu sein, an die sich die Mitarbeiter angstfrei hätten wenden können. Die Gefährdungsbeurteilungen der Arbeitsplätze, Aufgabenstellungen und Arbeitsbedingungen erfassten die Konfliktsituation der Mitarbeiter nicht. Der TÜV-Rheinland muss nun an den betroffenen Standorten überprüfen, ob dieser Vorfall ordentlich nach OHSAS 18001 untersucht wird.
 
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Die DAkkS kommt in die Nachrichten

https://magazin.spiegel.de/SP/2015/53/140604225/index.html

Au­to­mo­bi­le
Voll­brem­sung
TÜV, Dekra und Co. könnten ihre Zulassung als Kfz-Prüfer verlieren. Das System der Hauptuntersuchung ist bedroht – mit Folgen für Werkstätten und Millionen Pkw-Halter.
[…]
Auf zwei Sei­ten führ­te DAkkS-Chef Nor­bert Barz auf, war­um sei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on ge­den­ke, den Prü­fern eine Ver­län­ge­rung der Ak­kre­di­tie­rung zu „ver­wei­gern“. Be­su­che vor Ort hät­ten er­ge­ben, dass „im er­heb­li­chen Um­fang“ Mess­ge­rä­te ein­ge­setzt wer­den, die nicht nach den „ein­schlä­gi­gen An­for­de­run­gen“ und dem „Stand der Tech­nik ka­li­briert sind“. […]

Die DAkkS traut sich was. Dass sie damit im Kfz-Bereich anfängt, hat mindestens zwei Gründe:
(1) Es ist jetzt wirklich schwer geworden, wegzusehen.
(2) Kalibrierungsmängel und andere technisch messbaren Abweichungen und Prozesse lassen sich ziemlich klar nachweisen. Hier kann die DAkkS leichter gegen die “Prüfkonzerne” (Originalton SPIEGEL) vorgehen, als z.B. bei schlampigen Prüfungen von Arbeitsschutzmanagementsystemen, bei denen Abweichungen nicht so klar nachweisbar sind.

[…] Was erlaubt sich dieser Berliner DAkkS den da? Das kleine Unternehmen, zu zwei Dritteln in Staatsbesitz, nahm erst 2010 die Arbeit auf und hatte in den ersten Jahren seiner Existenz nie spürbar aufgemuckt.[…]

Wann muckt die DAkkS gegen unkritische Zertifizierungen von Arbeitsschutzmanagementsystemen auf?
Der Vorgänger der DAkkS war übrigens der ebenfalls nicht allzu aufmüpfige Deutsche Akkreditierungsrat. Die Prüfkonzerne sind eben ziemlich stark und haben eine gute Lobby. Sie wiederum sind gerade so kritisch, wie nötig. Denn heute können sich die Geprüften den laschesten Prüfer aussuchen.

[…] Wenn es ums Prüfen geht, dann lassen sich die Deutschen nicht gerne von aneren übertreffen. […]

Die Prüferei in Deutschland war schon eine Farce, bevor es die DAkkS gab. Das gilt auch für die politisch kräftig ausgebremste behördliche Aufsicht: Lebensmittelsicherheit, Steuerfahndung (Hessen), Gewerbeaufsicht, Arbeitsschutz usw.
 
http://www.zeit.de/mobilitaet/2015-12/tuev-dekra-akkreditierung-entzug

[…] Die Deutsche Akkreditierungsstelle mit Sitz in Berlin bemängelt laut Spiegel die Arbeit von Organisationen wie Tüv, Dekra und GTÜ. […]

Wenigstens hier wacht die DAkkS auf, gezwungenermaßen.
 
http://www.focus.de/auto/news/nicht-an-vorgaben-gehalten-kfz-pruefern-droht-der-verlust-der-zulassung_id_5173609.html

[…] Im Sommer hatte der Chef der Akkreditierungsstelle, Norbert Barz, dem Bericht zufolge zahlreiche Verkehrsminister der Länder in einem Brief auf die Probleme hingewiesen. […]

Da ist noch ein anderer Brief zu schlechten Audits von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) fällig, den die Gewerbeaufsicht machen sich in Betrieben mit einem zertifizierten AMS die Arbeit leichter und müssen sich deswegen auf gute Audits verlassen können.
 
http://www.focus.de/auto/news/die-dakks-mal-wieder-nicht-an-vorgaben-gehalten-kommentar_id_7213120.html

Auch die DAkks ist letztendlich nichts anderes als eine privatwirtschaftlich geführte Organisation, […] Und ausgerechnet diese Organisation, die selber keiner Kontrolle unterliegt, will bestimmen, wer korrekt handelt und wer nicht?

Na ja, formal wird sie von ihren Geschäftsführern kontrolliert: Bundeswirtschaftsministerium, BDI, Bundesländer.
 
Leider ist das Thema Arbeitsschutz etwas komplexer und zieht nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich. Aber auch hier gibt es Schlampereien bei Audits von Arbeitsschutzmanagementsystemen z.B. nach OHSAS 18001. Es gibt da mindestens einen bei der DAkkS akkreditierten Auditierungsgroßmeister (natürlich auch privatwirtschaftlich geführt), bei dem die DAkkS meiner Ansicht nach immer noch nicht kritisch genug hinschaut.
Außerdem wird in den Redaktionen oft gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes im Bereich der Arbeitsbelastungen verstoßen. Bei einer kritischen Berichterstattung über das Aufsichtsversagen im Arbeitsschutz müssten sich die Medienunternehmen mit ihren eigenen Problemen befassen.
 
Siehe auch:

Gutes über den TÜV und die KPMG

Ich meckerte kürzlich über schlechte Betriebsräte und schlechte Arbeitsschützer. Nun aber einmal etwas Positives: Der Betriebsrat eines Unternehmens im Raum Stuttgart berichtete mir über eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat, dem Arbeitsschutzbeauftragten seines Betriebes und der KPMG bei Audits ihres nach OHSAS 18001 zertifizierten Arbeitsschutzmanagementsystems. Und von dem Betriebsrat eines anderen Unternehmens im Osten Deutschlands höre ich, dass der TÜV aktiv Beschwerden von Mitarbeitern über schlechte Softwareergonomie nachging und erst nach ausreichenden Nachbesserungen sein Zertifikat erteilte.

Zertifizierung nach OHSAS 18001 durch TÜV Rheinland

In http://www.tuv.com/de/deutschland/gk/managementsysteme/arbeitsschutz/ohsas_18001/ohsas_18001.jsp wirbt der TÜV-Rheinland wie folgt:


Checkliste Ihrer Vorteile auf einen Blick
Mit einer Zertifizierung nach OHSAS 18001 durch TÜV Rheinland

  • steigern Sie das Sicherheitsbewusstsein und die Motivation Ihrer Mitarbeiter.
  • sichern Sie die Erfüllung der gesetzlichen und behördlichen Auflagen zu Arbeits- und Gesundheitsschutz.
  • vermeiden Sie Unfälle.
  • vermindern Sie Ausfallzeiten und Produktionsunterbrechungen.
  • reduzieren Sie Versicherungskosten.
  • stärken Sie Ihren guten Ruf bei Kunden, Lieferanten, Behörden und Investoren als sicheres, seriöses Unternehmen.

(Hervorhebung nachträglich in das Zitat eingetragen)
Was machen Betriebsräte und Personalräte, wenn zwischen der Arbeitgeberin und den Arbeitnehmervertretungen noch gar keine Vereinbarungen zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz getroffen wurden, aber das Arbeitsschutzmanagement gegenüber Kunden, Lieferanten, Behörden, Investoren, Versicherungen, Mitarbeitern, Bewerbern und dem eigenen Top-Management mit einer Zertifizierung nach OHSAS 18001 nachweisen möchte, dass die Vorschriften des Arbeitsschutzes eingehalten werden? Versteht das Top-Management auf der Suche nach Rechtssicherheit die Grenzen der Aussagekraft von Zertifikaten? Wie ernsthaft befassen sich Betriebsräte und Personalräte mit Zertifikaten und Audits im Arbeitsschutz, in dem sie eine Mitbestimmungspflicht haben? Wie überfordert sind sie mit OHSAS 18001? Wie proaktiv werden die Arbeitnehmer und ihre Vertreter (siehe OHSAS 18001:2007 Punkt 4.4.3.2) von ihrem Unternehmen und der Zertifizierungsgesellschaft an Audits beteiligt?
-> Trick 18