Psychische Belastung ist einfach messbar

Psychische Belastungen sind einfach messbar. Die Gründe für die oft langjährigen Verzögerungen des Einbezugs psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung haben mit anderen Schwierigkeiten zu tun:

  • Fehlende Handlungsbereitschaft des Arbeitgebers
  • Geringe Handlungskompetenz der Arbeitsschützer
  • Schwierige Kooperation zwischen Arbeitsschützern, Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretern


Eine der höchsten Hürden ist gewolltes Unwissen und dass “Führungskräfte ahnen/wissen, dass es bei ggf. erforderlichen Veränderungen häufig ans Eingemachte geht – Organisation, Personaleinsatz/ -entwicklung, Führung/ Kommunikation – und man dieses (Diskussions-) Risiko scheut.”
Kleine und mittlere Betriebe begreifen das schneller, bei Großunternehmen begreifen das in der Regel zunächst die Betriebsräte.
Für den Einstieg in den Einbezug psychischer Belastungen stehen schon seit vielen Jahren bewährte und getestete Fragebogenverfahren zur Verfügung. Für z.B. tausend Mitarbeiter kann ein kleines Team für weniger als 10000 Euro in etwa einem halben Jahr eine gute Mitarbeiterbefragung durchführen und auswerten. Das Team besteht dabei aus dem Arbeitsschutzbeauftragten, dem Betriebsarzt, Spezialisten des Betriebsrates und ggf. auch einem externen Sachverständigen. Mit dieser Hilfe und den schon seit einiger Zeit zur Verfügung stehenden Verfahren ist die von den Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingung ausgehende psychische Belastung einfach messbar.
Wenn ein Betriebsrat das begriffen hat, kann es allerdings durchaus sein, dass das Thema der psychischen Belastung der Unternehmensleitung schon seit einigen Jahren sehr gut bekannt ist und bewusst vermieden wurde. Die BDA machte spätestens im Jahr 2005 ihre Mitglieder darauf aufmerksam. Einige Unternehmen kümmerten sich aber erst einmal mit geeigneten Beratern um den Stress ihrer Führungskräfte. Mit der Sorge um die restlichen Mitarbeiter warten sie jedoch ab, bis der Betriebsrat aufwacht. Wenn das nach einigen Jahren geschieht, dann fordert das Unternehmen Bedenkzeit, weil das Thema der psychischen Belastung ja so fürchterlich “neu” und “komplex” ist. Mit weiteren Verzögerungen kann das Unternehmen derweil versuchen, das Thema möglichst mitbestimmungsfrei im Gesundheitsmanagement unterzubringen.
Zu oft wird mit all diesen Verzögerungen wieder die Gesundheit einiger Mitarbeiter mehr zerstört. So ist das Arbeitsschutzrecht in Deutschland gestrickt. Bei einer aktiveren behördlichen Aufsicht gingen nicht so viele Jahre verloren.
Links zur BAuA:

Auf die Arbeitnehmervertretung kommt es an

http://openjur.de/u/145965.html
VG Köln, 19.02.2010, 33 K 141/10.PVB: Es geht um die Ablehnung einer Forderung einer Unfallkasse, dass bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes eine Gefährdungsbeurteilung mit Einbezug psychischer Belastungen durchgeführt werde. Wichtig ist hier, die Gründe der Ablehnung zu verstehen. Auch hier kann man sehen, dass Arbeitnehmervertretungen (im Vergleich zu Kassen einerseits, aber auch individuellen Mitarbeitern andererseits) die besten Möglichkeiten haben, Arbeitsschutzrechte durchzusetzen, also hier bessere Möglichkeiten, als die Berufsgenossenschaft. Deswegen sind sorgfältig erarbeitete Betriebsvereinbarungen wichtig. Sie sind keine Nebensache. Darum ist der erste Schritt bei der Erarbeitung einer Betriensvereinbarung zur ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung oft die Hinzuziehung von Sachverständigen.
Die Auffassung des Gerichts, dass die Gefährdungsbeurteilung keine Maßnahme sei, sondern die Vorbereitung möglicher Maßnahmen, sollte vielleicht doch noch einmal überdacht werden. Logisch schließt die Tatsache, dass eine Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen vorbereitet, nämlich keineswegs aus, dass die Gefährdungsbeurteilung selbst eine Maßnahme ist. Wenn etwas “Maß nimmt” dann ist das gerade der ganze Prozess der Gefährdungsbeurteilung.
Andererseits stellte das BAG im Jahr 2011 fest, dass die Gefährdungsbeurteilung eine notwendige Voraussetzung für Maßnahmen ist. Das ist wichtig, weil Unternehmen jetzt schnell Maßnahmen beim Einbezug psychischer belastungen in den Arbeitsschut ergreifen, um vor der Berufsgenossenschaft und der Gewerbeaufsicht gut auszusehen. Wenn diese Maßnahmen aber vom Arbeitgeber nicht aus einer Gefährdungsbeurteilung (die vielleicht nicht so gut für das Unternehmen aussähe) abgeleitete werden, dann verstößt er gegen den BAG-Beschluss.
Unabhängig davon darf nicht vergessen werden, dass Arbeitnehmervertretungen bei der Gestaltung des Beurteilungsprozesses (z.B. in einer betriebsvereinbarung geregelt) einer sehr wirksamen Mitbestimmungspflicht gerecht werden müssen. Aus dieser Aufgabe leiten sich weitere wichtige Rechte ab, z.B. im Bereich der Weiterbildung.

Selbst-Audit: Betriebliches Gesundheitsmanagement

Update 2011-10-10:
http://www.stmas.bayern.de/arbeitsschutz/managementsysteme/gabegs.htm

Internes Audit – Hilfsmittel und Handlungshilfen
Die Hilfsmittel zum internen Audit und die Handlungshilfe für internes Audit, Prüfung und Anerkennung des Systems (siehe auch Downloads bei Weiterführende Informationen) wurden überarbeitet und das Verfahren zur Erteilung eines Zertifikats angepasst.

Vorsicht: Als Messinstrument benutzen die Bayern die MAF. In ihr werden Verhaltensprävention und Verhältnisprävention vermengt. Das ist nur dann sinnvoll, wenn gemäß Arbeitsschutzgesetz der Vorrang der Verhaltensprävention (Verantwortung des Arbeitgebers) gegenüber der Verhältnisprävention (Mitarbeiter werden in die Verantwortung genommen) respektiert wird. Betriebsräte müssen hier aufpassen, denn Arbeitgeber neigen zur Vernachlässigung der Verhältnisprävention gegenüber der Verhaltensprävention. Entsprechend kompensatorisch müssem die Arbeitnehmervertretungen hier wirken. Sie handeln damit sogar im Einklang mit der FDP, allerdings in Berlin :-).
(Die alten Dateien wurden zum Vergleich mit den aktuellen Dateien in diesem Blog gespeichert.)
 


Update 2011-08-12:

EDV-Tool Internes Audit (für Microsoft Office) bgm-ia-edvtool.zip (Stand: 21.07.2011, ZIP, 16 KB)
Handlungshilfe für internes Audit, Prüfung und Anerkennung des Systems
bgm-ia-handlhilf.pdf (Stand: 21.07.2011, PDF, 113 KB)

 


2011-07-14:
In http://www.stmas.bayern.de/arbeitsschutz/managementsysteme/gabegs.htm gibt es einen Link zu einem gezippten Spreadsheet:

Selbstaudit Betriebliches Gesundheitsmanagement

EDV-Tool Selbstaudit (für Microsoft Office)
bgm-sa-edvtool.zip (Stand: 15.02.2011, ZIP, 16 KB)
Vereinbarung, Zertifikat (für Microsoft Office)
(Wird derzeit überarbeitet)

Bei all meiner Moserei über die MAF muss ich sagen, dass im Paket “Ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement System (GABEGS)” auch feine Sachen wie dieses Selbst-Audit zu finden sind (“bgm-sa-edvtool.zip” enthält eine Kalkulationstabelle: “bgm-selbstaudit-edv-tool.xls”). Arbeitnehmervertretungen können hier lernen, worauf sie beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement achten sollten.
Der Selbst-Audit ist unterteilt in:

  • Unternehmenspolitik,
  • Umsetzung,
  • Gesundheitsförderung,
  • Mitarbeiterbeteiligung,
  • Arbeitsschutz,
  • Notfallmanagement,
  • Fehlzeitenmanagement,
  • Suchtprävention,
  • Gesundheitsbericht.

Die Fragen werden mit einer vierstufigen Skala beantwortet.
Zur Unternehmenspolitik gibt er diese Fragen:

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) funktioniert nur, wenn es als Führungsaufgabe wahrgenommen wird und integriert ist.

  • [Ziele, Verantwortliche] Gibt es eine betriebseigene Handlungsanleitung für das BGM, in der die Ziele des BGM definiert sind und die Akteure des BGM namentlich benannt sind, sowie deren Aufgaben, die Aufgaben der Führungskräfte (Abteilungsleiterebene) und ein Zeitplan?
  • [Mitbestimmung] Gibt es eine betriebseigene Handlungsanleitung für das BGM, die mit der Personalvertretung abgestimmt ist und die die Personalvertretung mit unterschrieben hat?
  • [Budget, Ressourcen] Reichen die bereitgestellten finanziellen und personellen Ressourcen für das reibungslose Funktionieren des BGM aus?
  • [Feedback zu Führungskräften] Gibt es einen Anreiz für Führungskräfte, dass diese regelmäßig ein Führungskräftefeedback bei Ihren Mitarbeitern einholen? (in Form einer schriftlichen anonymen Mitarbeiterbefragung)
  • [Unterweisung an Führungskräfte] Die Führungskräfte haben im Rahmen des BGM spezifische Aufgaben zu erfüllen und guten Führungsstil zu pflegen. Werden die Führungskräfte gezielt daraufhin fortgebildet (im Rahmen von Führungsseminaren, die auch diese Thematik behandeln)?
  • [Arbeitsplatzgestaltung] Wird bei der Planung neuer Arbeitsplätze oder der Veränderung von Arbeitsplätzen oder organisatorischer Veränderungen der Steuerungskreis Gesundheitsmanagement angehört?


Fragen zum Arbeitsschutz:

Arbeitsunfälle und berufsbedingte Erkrankungen können effektiver vermieden werden, wenn auch dem Arbeitschutz eine Systematik zu Grunde liegt (Arbeitsschutzmanagement)

  • [Gefährdungsbeurteilung, Maßnahmenfestlegung, Wirksamkeitskontrolle] Gibt es eine schriftlich dokumentierte Gefährdungsbeurteilung, die auch die festgelegten Maßnahmen enthält und jeweils einen Prüfvermerk, ob die Maßnahme erfolgreich war?
  • [Arbeitsschutzausschuss] Gibt es einen betrieblichen Arbeitsschutzausschuss, dem der Arbeitgeber selbst oder ein von ihm Beauftragter angehört, der mindestens einmal im Vierteljahr tagt und in den der Arbeitgeber folgende Ausschussmitglieder berufen hat? (zwei von der Personalvertretung bestimmten Mitgliedern der Personalvertretung falls eine Personalvertretung vorhanden ist, Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte)
  • [Defiziterfassung durch Mitarbeiter] Werden die Mitarbeiter regelmäßig und systematisch an der Ermittlung von Defiziten im Arbeitsschutz beteiligt?
  • [Unterweisung der Mitarbeiter: Nach der Qualität der im Arbeitsschutz vorgeschriebenen Unterweisung wird leider nicht gefragt. Häufig ist sie nur eine Pflichtübung, z.T. auch computergestützt und ohne Dialogmöglichkeit.]
  • [Arbeitsplatzbegehung, Aktualisierung der GB] Führen die Sicherheitsfachkraft und der Betriebsarzt Arbeitsplatzbegehungen durch, deren konkrete Ergebnisse in die Gefährdungsbeurteilung einfließen?
  • [Fehlbelastungserfassung] Werden auch psychische und körperliche Fehlbelastungen und Fehlbeanspruchungen systematisch ermittelt? (z.B. durch regelmäßige Mitarbeiterbefragungen)

(Anmerkungen in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)

Belastungskategorien im Arbeitsschutz

http://www.stmas.bayern.de/arbeitsschutz/technisch/gefaehrdungsbeurteilung.pdf

  • mechanische Gefährdungen
  • elektrische Gefährdungen
  • biologische Gefährdungen
  • Brand- und Explosionsgefährdungen
  • Gefährdungen durch spezielle physikalische Einwirkungen (z. B. Lärm, Strahlung, Vibrationen, hohe und tiefe Temperaturen)
  • Gefährdungen durch ergonomische Mängel des Arbeitssystems (Arbeitsplatzgestaltung)
  • Gefährdungen durch Mängel an der Organisation
  • Gefährdungen durch psychosoziale Belastungen
  • sonstige Gefährdungen

LfAS (Bayerisches Landesamt für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik)
 
Mit chemischen Belastungen erweitert, sieht das so aus:

  • technisch analysierbare Belastungen
    • mechanische
    • elektrische
    • chemische
    • biologische
    • Brand und Explosion
    • spezielle physikalische Einwirkungen (z. B. Lärm, Strahlung, Vibrationen, hohe und tiefe Temperaturen)
    • Gefährdungen durch ergonomische Mängel des Arbeitssystems (Arbeitsplatzgestaltung)
  • psychologisch analysierbare Belastungen
    • Gefährdungen durch Mängel an der Organisation
    • Gefährdungen durch psychosoziale Belastungen
  • sonstige Belastungen
  •  
    Im technischen Arbeitsschutz ist die Erfassung der Belastungsparameter sehr weit fortgeschritten. Messinstrumente für die Erfassung psychischer Belastungen stehen aber auch schon seit einiger Zeit zur Verfügung. Innerhalb des Rahmens des Arbeitsschutzgesetzes und basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Grenzwerte miteinander, mit denen sie Fehlbelastungen von zulässigen Belastungen unterscheiden.

    Hinzuziehen eines Sachverständigen

    http://www.forba.de/beratung/hinzuziehung-sachverstaendiger/index.htm, 2010

    Hinzuziehen eines Sachverständigen
    Die Rechtslage
    “Der Betriebsrat kann bei Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist” (§ 80 Abs. 3 BetrVG).
    Damit hat der Gesetzgeber anerkannt, dass es in bestimmten Problemsituationen erforderlich sein kann, dass der Betriebsrat zur Bewältigung des Problems einen Sachverständigen zu seiner Unterstützung hinzuzieht. Dies erfordert jedoch eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Kann eine solche Vereinbarung nicht erzielt werden, dann entscheidet das Arbeitsgericht gegebenenfalls im Rahmen einer “Einstweiligen Verfügung” über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen. …

    (Forschungs- und Beratungsstelle für betriebliche Arbeitnehmerfragen, Partnerschaft der Ingenieure und beratenden Betriebswirte)

    Unternehmensberater

    http://www.betriebsrat.de/portal/themen/dbrartikel/beratung-in-der-unternehmenskrise.html

    Wenn der Arbeitgeber den Unternehmensberater ruft
    Erfahrene Praktiker wissen: Wenn der Arbeitgeber den Unternehmensberater ruft, ist die Unternehmenskrise oftmals nicht weit. Alexander H. Lottis gibt Tipps, worauf der Betriebsrat in einer solchen Situation achten sollte und wie er reagieren kann. …

    … Resümee
    Wenn der Arbeitgeber einen Unternehmensberater beauftragt, sollte der Betriebsrat versuchen, sehr rasch in das Beratungsprojekt eingebunden zu werden. Im besten Fall gelingt dies mit einem Berater, der durch den Betriebsrat und die Arbeitgeberseite gemeinsam beauftragt wird. Ist dies nicht durchsetzbar, sollte der Betriebsrat zügig einen eigenen wirtschaftlichen Sachverständigen in Anspruch nehmen. Dessen Aufgabe ist es dann, das Konzept des Arbeitgebers und seiner Berater mit den dort vorgeschlagenen Maßnahmen zu hinterfragen und gegebenfalls Alternativen zur Beschäftigungssicherung zu entwickeln.

    Hobbypsychologisch beratene Personaler

    Aktuelles Beispiel: Eine (in diesem Artikel nicht namentlich benannte) Beratung für “Personaler” gab kürzlich Tipps, wie ein Vorgesetzter mit einem von Burn-out betroffenen Mitarbeiter umgehen soll. Da beginnt schon das Problem: Es gibt “Burn-out” nicht einmal als Diagnose. Es geht hier häufig um Erschöpfungsdepressionen.
    Die Fehlberatung für “Personaler: empfiehlt, dass mit dem Mitarbeiter ein Coaching, eine Kur oder therapeutische Behandlung vereinbart werden soll. Der Mitarbeiter soll überzeugt werden, dass der Betriebsarzt oder ein externer Arzt bzw. Therapeut ihm aus seinem Erschöpfungszustand heraushelfen kann. Dem Mitarbeiter soll zwar einerseits nicht das Gefühl gegeben werden, dass er wegen seiner jüngsten Leistungsschwäche um seinen Arbeitsplatz fürchten muss, aber zur Sicherheit empfehle es sich andererseits, alle Leistungsveränderungen des Mitarbeiters für arbeitsrechtliche Konsequenzen zu dokumentieren.
    Für “Personaler” scheint es aus der Sicht dieser Beratungsfirma nicht nötig zu sein, über möglicherweise auch beim Unternehmen liegende Gründe für fehlbelastete Mitarbeiter nachzudenken. Der Beratungsdienst erzählt seinen E-Mal-Abonnenten nur, was sie ohnehin bereits als Hobbypsychologen mit ihren Mitarbeitern machen würden. Für den Personaler-Berater sind die Gefährdungsbeurteilung und der Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz vermutlich ein Thema, von dem er meint, dass seine Klienten darüber nichts hören wollen.
    Mitarbeiter müssen damit rechnen, dass die für sie zuständigen “Personaler” von ihnen eine hohe Bereitschaft zur Introspektion und Selbstkritik erwarten, aber einer transparenten Beurteilung der Arbeitsverhältnise im Unternehmen versuchen sie unter Missachtung der Arbeitsschutzvorschriften auszuweichen. Darum sollten sich Mitarbeiter, die vom Arbeitgeber fehlbelastet werden und bei denen der Arbeitgeber seine Pflicht zum Einbezug der psychischen Belastung in den Arbeitsschutz missachtet (oder überhaupt nicht kennen will), zunächst an den Betriebsrat wenden (wenn der genug Kompetenz entwickelt hat) oder sich extern beraten lassen, z.B. von einem Dienst der kirchlichen Betriebsseelsorge oder von der Gewerkschaft, bei der sie Mitglied sind. Im Bereich des Umgangs mit psychischer Arbeitsbelastung haben die Gewerkschaften inzwischen nämlich viel Kompetentenz aufgebaut.
    Sind Sie ein möglicherweise fehlbelasteter Mitarbeiter, dann achten Sie darauf, dass ihr Arzt arbeitsmedizinische Kenntnisse hat und ihr Therapeut versteht, einen mangelhaften Arbeitsschutz bei Ihrem Arbeitgeber zu erkennen und in Ihrer Patientenakte zu dokumentieren. Möglicherweise ist sogar Ihre Krankenkasse auf Ihrer Seite: Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen durch die Vernachlässigung des Arbeitsschutzes eine Körperverletzung zufügt hat und diese Vernachlässigung gut dokumentiert ist, dann kann die Kasse Ihren Arbeitgeber für daraus resultierende Behandlungskosten in die Haftung nehmen.

    Druck auf Betriebsräte

    Das Recht des Stärkeren, ZDF, 2011-06-22, 22:45-23:30
    http://zoom.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,8235154,00.html

    … Es gibt massive Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung insgesamt. Seien es Löhne, geregelte Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche, Weihnachtsgeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Bildung von Betriebsräten: Um ihre Ziele durchzusetzen, heuern Arbeitgeber dabei immer wieder skrupellose Anwaltskanzleien an, die sich darauf spezialisiert haben, “Unkündbare” zu kündigen.
    Wie wird man “Unkündbare” los?
    Unter Einsatz einer versteckten Kamera ist es Günter Wallraff nun gelungen, die dubiosen Praktiken skrupelloser Anwälte aufzudecken: In speziellen Arbeitgeber-Seminaren lassen sie die Maske fallen und verraten ihre Tricks, wie man “Unkündbare” los wird: Zum Beispiel, indem man einen Deal mit einem befreundeten Unternehmen macht, der einen Arbeitnehmer übernimmt. …

    Siehe auch:

    Mehr dazu:

    Arbeitgebermentalität?

    arbeitgeber.org mag nicht repräsentativ für die Arbeitgebermentalität sein. Aber es scheint wohl doch einen Markt für die Anregungen zu geben, die arbeitgeber.org anbietet:
    http://arbeitgeber.org/Betriebsratswahl/
    Die Seite sollte nicht mit dem moderateren Auftritt der BDA verwechselt werden: http://arbeitgeber.de/.

    Warum zeigen Betriebsräte bei Arbeitsschutz kein Interesse?

    Ist das so? Die Frage wurde (per Suchmaschine) an dieses Blog gestellt, warum Betriebsräte beim Arbeitsschutz kein Interesse zeigen.
    Ich glaube, dass viele Betriebsräte sehr wohl Interesse haben, sich aber oft nicht so richtig trauen, das Thema anzugehen. Das ist eine Gemeinsamkeit mit Personalern.
    Der technische Arbeitsschutz ist eigentlich recht einfach zu handhaben, zumindest hinsichtlich seiner Klarheit. Damit sind Betriebsräte doch recht gut vertraut. Aber “jetzt” (seit 1996) kommt das Thema der psychischen Belastungen dazu. Das ist ein “weicheres” Thema – und ein hartes zugleich: Menschen, die sich professionell mit Psychologie befassen, lernen sich dabei auch selbst kennen. Sie lernen deswegen (mehr oder minder gut) in ihrer Ausbildung, wie sie mit dieser Selbsterkenntnis umgehen müssen, um sich nicht selbst zu schaden. Laien (Arbeitnehmervertreter und die Mehrheit der Personaler) sind hier nicht so gut vorbereitet, aber ahnen vielleicht doch, dass es manchmal schon recht hart werden kann, sich mit “Psycho-Themen” auseinanderzusetzen.
    Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung mag sein, dass Betriebsratsmitglieder in vielen Betrieben genauso wie ihre Klienten einerseits und die Arbeitgeber andererseits “psychische Probleme” immer noch zuerst beim Individuum verorten. Das erschwert auch das Gespräch mit den Klienten (der Belegschaft) und der Arbeitgeberseite.
    Noch eine Hürde könnte der beträchtliche Kompetenzaufbau sein, der beim Thema der psychischen Belastung nötig ist. Das ist gerade für nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder ein Problem. Das Thema der Arbeitsbelastung kann selbst eine große zusätzliche Arbeitsbelastung sein, wenn man es ernst nimmt. Die Grundlagen von Unternehmenskulturen sind hier auf dem Prüfstand und Veränderungen gehen ans Eingemachte. Dank für erfolgreiche Arbeit gibt es (wenn überhaupt) hier vielleicht erst viele Jahre später, nachdem der Betriebsrat das Thema aufgegriffen hat.
    Trotz der Berührungsängste sind es häufig aber doch die Betriebsräte, die in den Unternehmen den ganzheitlichen Arbeitsschutz vorantreiben. Also kann man eben nicht so allgemein sagen, dass Betriebsräte kein Interesse hätten.
    Praxistip: Arbeitnehmervertretungen und Personaler, die psychisch wirksame Belastungen in den Arbeitsschutz integrieren wollen, sollten sich unbedingt von externen Fachleuten beraten lassen. Es geht dabei anfangs erst einmal darum, die Prioritäten zu verstehen und einen Überblick über den Umfang der Arbeit zu bekommen, die auf Arbeitnehmervertretungen und Personaler zukommen wird.