Nachhaltigkeit bei KUKA

Beim Thema “Nachhaltigkeit” wird ein chinesischer Investor bei KUKA vermutlich nichts verändern. In https://www.kuka.com/en-de/about-kuka/strategy/sustainability beschreibt Kuka gut die verschiedenen für KUKA relevanten Standards. Zum Thema “psychische Belastungen” finde ich bei KUKA keine Aussagen.
Es gibt eine Beschwerde aus dem Jahr 2010, dass der Betriebsrat “massiv bekämpft” werde, aber ein Gesamtbild über die Zustände bei KUKA ergibt das nicht.

Warum Handlungshilfen nicht helfen

Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung Handlungshilfe für die betriebliche Praxis (Mai 2015) ist eine Veröffentlichung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Der Rundbrief von Hans-Peter Gimbel machte mich darauf aufmerksam.
Wieder eine gute Handlungshilfe. Es gibt so viele davon. Zu viele Arbeitgeber wollen psychische Belastungen aber einfach nicht beurteilen. Insbesondere wenn Unternehmen groß und politisch gut vernetzt sind, dann brauchen sie das auch nicht zu tun, denn die Berufsgenossenschaften und Gewerbeaufsichten sind zu schwach, um das Arbeitsschutzgesetz wirksam durchsetzen zu können. Es ist zumindest bei Großunternehmen einfach so, dass sowohl für die behördliche Aufsicht wie auch für die Zertifizierungsauditoren Konflikte mit diesen Unternehmen unangenehmer sind, als Konflikte mit psychische fehlbelasteten Arbeitnehmern, die Fehlbelastungen praktisch so gut wie nie werden nachweisen können.
Selbst dort, wo von einer Betriebsleitung unterschrieben dokumentiert ist, dass psychische Belastungen nicht von dem Arbeitsschutzmanagementsystem des Unternehmens (mit dem der Betrieb aber fleißig wirbt) erfasst werden, gibt es seit Jahren weder Kritik von der behördlichen Aufsicht noch von den Zertifizierungsauditoren. Es wird nur lobend festgestellt, dass das Arbeitsschutzmanagementsystem z.B. nach OHSAS 18001 zertifiziert ist. Das reicht den Auditoren dann auch, und sie sehen nicht mehr genauer hin. Unter den geschlossenen Augen der Aufsicht schaffen solche Unternehmen es dann, die Dokumentation auch offensichtlicher psychischer Fehlbelastungen zu vermeiden.
Gegen unaufmerksame Kontrollen und allzu kundenfreundlichen Audits können auch die Betriebsräte im komplexen Gefährdungsbereich der psychischen Belastungen nichts unternehmen, denn dank der unaufmerksamen Aufsicht können Großunternehmen behaupten, dass Alles in Ordnung sei. Zwar ist die behördliche Aufsicht systemisch (und vermutlich politisch gewollt) überfordert, aber sie ist immer noch stark genug, Betriebsräte so zu beeindrucken, dass die Arbeitnehmervertreter sich nicht trauen, das Urteil der Aufsicht in Frage zu stellen.
Unter diesen Bedingungen können Handlungshilfen natürlich nicht so helfen, wie sie helfen sollten.

Die Gefährdungsbeurteilung als Infografik

http://www.arbeitstattstress.de/2016/05/die-gefaehrdungsbeurteilung-als-infografik/

[…] Manche Führungskräfte befürchten, mit der Bekanntgabe der Ergebnisse “ein Fass aufzumachen”, wenn diese Engpässe im Führungsverhalten oder in der Arbeitsorganisation aufzeigen. Ganz unrecht haben sie nicht. Denn zum einen weckt man bei den Mitarbeitern bestimmte Erwartungen, zu anderen ist es tatsächlich schwerer, Verbesserungen bei den sogenannten weichen Faktoren zu erzielen. Anstatt diese dicken Bretter zu bohren, bleibt man lieber bei den Lärmmessungen. Da weiß man, was man hat. […]

Gut beobachtet.
In dem Artikel finden Sie dann auch die Infografik.

Arbeitszeitrecht als Arbeitsschutz

In einem großen Unternehmen verteilte die dortige IGM-Gruppe gestern in ihren Mitteilungen an die Belegschaft einen langen Artikel zur psychischen Belastung. “Flexible” Arbeitszeiten im Weltkonzern führen zu psychischen Fehlbelastungen. Das Arbeitsschutzrecht wurde in dem Artikel mit keinem Wort erwähnt, sondern es ging um das Arbeitszeitrecht.
Ich habe Verständnis dafür: Derzeit gibt es in etwa 75% der deutschen Betriebe immer noch keine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. (Im Jahr 2012 waren es 80%.) Die behördliche Aufsicht ist machtlos (oder wird von politischen Führungen machtlos gehalten) und die privatwirtschaftlichen Auditoren von Arbeitsschutzmanagementsystemen sorgen unter den Augen der DAkkS dafür, dass ihre Klienten (die auditierten Betriebe) nicht durch sorgfältige Audits verschreckt werden. Man will ja im Geschäft bleiben.
Bei der Arbeitszeit ist es nicht besser. Undokumentierte Mehrarbeit wird immer wieder versucht. Aber das Thema “Arbeitszeit” ist weitaus weniger komplex, als der Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz. Deswegen habe ich Verständnis dafür, dass die IGM scharf auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes achtet und dass Betriebsräte immer wieder die Arbeitszeitprotokolle der Mitarbeiter überprüfen. Das ist wohl einer der wirksamsten Hebel im Arbeitsschutz.
Ich selbst habe in Korea häufiger öfters auch mal 14 Stunden am Tag gearbeitet und mich dabei sehr wohl gefühlt, fast schon in Trance. Das war Softwareentwicklung “im Flow”, wobei ich überhaupt nicht unterbrochen werden wollte. In bestimmten Fällen ist auch lange Arbeit ein Vergnügen. Wegen solcher Beispiele könnte man au die Idee kommen, die Arbeitszeitregelungen in Deutschland “flexibilisieren” zu wollen.
Aber im Arbeitsschutz herrscht Anarchie. Solange Arbeitgeber sowohl von der behördlichen Aufsicht geduldet und wie auch von unkritisch prüfenden Auditoren abgesichert gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen dürfen, muss jeder Versuch, irgend etwas am Arbeitszeitgesetz zu drehen, mit aller Kraft abgewert werden. Die IGM hat völlig recht: Solange Arbeitgeber im Arbeitsschutz in ihrer großen Mehrheit geltendes Recht brechen dürfen und dabei vor Körperverletzungen nicht zurückschrecken, sind die Betriebsleitungen selbst daran schuld, wenn der Arbeitszeitknüppel immer wieder herausgeholt werden muss.

2009: Beschränkte staatliche Aufsicht

LV 52 (2009) Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder:

[…] trotz vielfältiger Aktivitäten ist es auch für die Aufsichtsbeamtinnen und –beamten der Arbeitsschutzbehörden noch nicht selbstverständlich, bei der Bewertung betrieblicher Gefährdungsbeurteilungen auch psychische Faktoren zu berücksichtigen. Diese werden nicht selten als „Extra“ betrachtet, auf die eingegangen werden kann, wenn alle anderen Arbeitsschutzaspekte erledigt wurden. Eine solche Prioritätensetzung erfolgt oft mit dem Hinweis, dass gezieltes Aufsichtshandeln zur Reduktion psychischer Belastungen nur sehr eingeschränkt möglich sei, da der Rückgriff auf Normen und Sanktionen schwierig ist. Demzufolge beschränkt sich die staatliche Aufsicht in der Regel auf reines Beratungshandeln.
Diese Sichtweise geht am zentralen Ziel des Arbeitsschutzgesetzes vorbei, das eine umfassende Prävention von gesundheitlichen Risiken einfordert. Hier müssen staatliche Arbeitsschutzbehörden den Erfordernissen moderner Arbeitswelten nachkommen und ihrer institutionellen Schutzfunktion gerecht werden. Der Fokus des Aufsichtshandelns ist dabei auf Tätigkeiten zu legen, in denen in besonderem Ausmaß mit gesundheitlichen Folgen psychischer Belastungen zu rechnen ist. […]

Siehe auch: Petition an den deutschen Bundestag, Januar 2009
Wie weit sind wir nun im Jahr 2016?
        Ein Gewerbaufsichtsbeamter besucht ein Unternehmen zur Inspektion des dortigen Arbeitsschutz. Thema ist unter Anderem ein Fall, in dem ein Mitarbeiter vom Unternehmen massiv unter Druck gesetzt wurde, nachdem er eine Fehlbelastung meldete. (Später melden noch andere Mitarbeiter ähnliche Fehlbelastungen, erst dann handelte das Unternehmen.) Obwohl der Gewerbeaufsichtsbeamte kompetent im Bereich des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz ist, wird wieder wird fast nur beraten. In seinem Bericht findet sich nicht einmal die Andeutung von Kritik am Arbeitgeber für einen der übelsten Fehler, die im Arbeitsschutz gemacht werden können.
        Statt dessen findet der Beamte Platz in seinem Bericht, die Nichtteilnahme des vom Arbeitgeber zur Besprechung eingeladenen betroffenen Mitarbeiters so darzustellen, als ob der Mitarbeiter seine Teilnahme grundlos abgelehnt habe. Der Aufsichtbeamte wusste, dass die Betriebsleitung erreicht hatte, dass ein von der Sicherheitsfachkraft zu Besprechung eingeladenes Betriebsratmitglied nicht an der Besprechung teilnahm, weswegen dann auch der Mitarbeiter der Besprechung fernblieb. Der Aufsichtsbeamte lässt das unerwähnt.
        Von der Gewerbeaufsicht gab es in ihrem Bericht keine Kritik am Arbeitgeber, nicht im kleinen Detail, aber auch nicht im Großen: In dem Betrieb gibt nämlich immer noch es kein geregeltes Verfahren zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz. Das steht nicht im Einklang mit dem Arbeitsschutzgesetz. Die Gewerbeaufsicht guckt zu, wie das Unternehmen seit Jahren daran arbeitet. Es gibt keine Zielvereinbarung.
Apropos Zielvereinbarung: Deutlich wurde die – sage wir mal – “höfliche” Zurückhaltung der Gewerbeaufsicht beispielsweise in Bayern. Noch im Jahr 2011 schrieb sie in ihrem Internet ganz forsch:

Psychische Fehlbelastungen lassen sich vermeiden. Die bayerische Gewerbeaufsicht überprüft die Betriebe und legt die Abhilfemöglichkeiten in einer Zielvereinbarung fest.

Aber schon das ist in Bayern anscheinend zu respektlos gegenüber den Unternehmen. Die Gewerbeaufsicht knickte ein und entfernte diesen Text aus ihrem Internetauftritt: Servus Zielvereinbarung!
Es liegt eben nicht daran, dass der Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz für die Gewerbeaufsicht ein Nebenthema sei. Im Gegenteil, es ist ein brisantes Hauptthema. Auch fehlt der Gewerbeaufsicht die Fachkompetenz nicht so, wie früher. Aber selbst mit der Materie vertraute Gewerbeaufsichtsbeamte scheuen den Konflikt mit von ihnen geprüften Unternehmen, insbesondere bei Großbetrieben. Den Aufsichtspersonen auf der unteren Ebene der Gewerbeaufsicht fehlt schlicht die für die Durchsetzung der Arbeitsschutzvorschriften erforderliche Autorität. Das ist das eigentliche Problem.
Das Aufsichtswesen in Deutschland schützt die Wirtschaft. Das ist in Ordnung, den wir alle brauchen eine gesunde Wirtschaft. Allerdings sollten die Behörden dabei auch an ihren gesetzlichen Auftrag denken und kritisch prüfen, ob die Gesundheit der Mitarbeiter ausreichend geschützt wird. Einige Aufsichtspersonen auf der unteren Ebene trauen sich von vorne herein nicht und wählen den Weg des geringsten Widerstandes: Beratung ohne Aufsicht.
Die Mutigeren unter den Aufsichtspersonen versuchen, kritisch zu prüfen. Das kann gefährlich für sie werden: Wenn sie wirklich ernsthaft prüfen, kann ihnen die Politik in den Rücken fallen. Den krassesten Fall gab es hier in Hessen. Sorgfältig arbeitende Steuerfahnder wurden von ihrem Arbeitgeber (der ihnen eigentlich Rückhalt hätte geben müssen) als psychisch krank erklärt.

Amtsärztliche Auskunft

Feststellung eines Arztes der Gewerbeaufsicht:

Eine ungerechtfertigte Abmahnung kann auf Seiten des Mitarbeiters zu einer Fehlbeanspruchung führen.

Eine Fehlbeanspruchung ist Folge einer Fehlbelastung. Eine ungerechtfertigte Abmahnung hat also die Eigenschaften einer Fehlbelastung. (Zum Zusammenhang zwischen Belastung und Beanspruchung: ISO 10075)

Zumba

http://www.infineon.com/human-resources-report-2015/de/belegschaft_alle.html

[…] „Fit durch Beweglichkeit“, „Rücken fit“, „Hatha Yoga“, „Qi Gong“, „Zumba“, „Entspannung kennenlernen“ heißen zum Beispiel Kurse, die seit 2014 im RAUM für Gesund­heit an unserem Standort in Regensburg angeboten wer­den. […]

Erinnerung an Forderungen des DGB

http://www.dgb.de/themen/++co++aa716d7e-a5e1-11e2-bf4e-00188b4dc422?t=1 (Backup)

Gefährdungen durch psychische Belastungen bei der Arbeit vermeiden –
psychisch erkrankte Menschen besser unterstützen.
Gewerkschaftliche Anforderungen
Beschluss des DGB-Bundesvorstandes vom 09. April 2013 […]

Im Arbeitsschutz herrscht Anarchie: Die Gewerbeaufsichten können sich nicht durchsetzen. Drei Jahre nach dem Beschluss des DGB-Vorstandes können Unternehmen immer noch gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen ohne wirksam bestraft zu werden.
Siehe auch: http://www.gute-arbeit-praxis.de/gute-arbeit-praxis/material/liste/