Unkritische DGUV

Ohne Zweifel gibt es sehr gutes Informationsmaterial der DGUV zur Minderung psychischer Fehlbelastungen in den Betrieben der bei ihren Unfallversicherern versicherten Arbeitgeber. Die DGUV senkt damit auch die Risiken einer Inanspruchnahme der Unfallversicherung. Das ist ethisch kein Problem.
Ich frage mich allerdings, warum die DGUV Projekte des Gesundheitsmanagements der bei ihr versicherten Arbeitgeber lobend darstellt, wenn der Arbeitsschutz in deren Betrieben im Bereich der psychischen Belastungen noch überhaupt nicht ausreichend implementiert ist.
Es geht mir nicht darum, die Leistungen von Unternehmen schlecht zu reden. Wenn aber Unternehmen in wissenschaftlich aussehenden “Reports” des “Institute for Work and Health of the German Social Accident Insurance” gelobt werden, die weder regelmäßigen Gefährdungsbeurteilung noch eine vollständige Erfassung und Bewertung aller potenziellen Gefahren durchführen, dann wäre das durchaus ein ethisches Problem: Natürlich fällt es beispielsweise durch arbeitsbedingte psychische Fehlbelastungen erkrankten Mitarbeitern eines von der DGUV öffentlich gepriesenen Vorzeigearbeitgebers schwerer, Ansprüche an die Berufsgenossenschaft zu stellen, als wenn die DGUV im Bereich der psychischen Belastungen Verstöße des Arbeitgebers gegen Arbeitsschutzbestimmungen dokumentiert hätte. Der Arbeitgeber stellt sich mit dem werbewirksamen Lob der DGUV als fürsorglich dar, obwohl es bei ihm noch kein prozesshaftes Verfahren und keine mit dem Betriebsrat vereinbarten Kriterien zur Erfassung und Beurteilung psychischer Belastungen gibt.
Die Hilfe der DGUV beim Showbusiness der bei ihr versicherten Unternehmen schwächt die Position geschädigter Arbeitnehmer in Konflikten mit dem Arbeitgeber und könnte so den Berufsgenossenschaften helfen, Kosten zu sparen. Wenn das die Absicht der DGUV wäre, dann hätten durch Fehlbelastungen geschädigte Arbeitnehmer schlechte Karten. Derzeit jedenfalls haben Arbeitnehmer derzeit kaum eine Chance, dass die Berufsgenossenschaft durch arbeitsbedingte psychische Fehlbelastungen verursachten Erkrankungen auch als arbeitsbedingt anerkennt.