Stoiber-Kommission: Arbeitsschutz unter Beschuss

http://www.wiki-gute-arbeit.de/index.php/Die_europ%C3%A4ische_Arbeits-_und_Gesundheitsschutzpolitik.2#Die_Vorschl.C3.A4ge_der_Stoiber-Kommission

… Vor allem zwei EU-Richtlinien wurden einer Untersuchung unterzogen und Vorschläge zu deren Veränderung vorgelegt. Dies sind die Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (89/391/EWG) und die so genannte Baustellenrichtlinie (92/57/EWG). Die Vorschläge treffen im Kern zentrale Aspekte des Arbeitsschutzes:

  • Für kleine Firmen soll die Dokumentationspflicht zur Risikobeurteilung suspendiert werden, was in der Konsequenz einen abgestuften Arbeitsschutz je nach Betriebsgröße bedeuten würde;
  • analog zum vorherigen Punkt soll die Verpflichtung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes für Baustellen mit geringen Risiken entfallen;
  • Ebenfalls eines von drei zentralen Dokumenten des Arbeitsschutzes für Baustellen, die Sicherheitsunterlagen (health and safety file), soll für Baustellen mit geringen Sicherheitsrisiken entfallen;
  • es soll eine Unterscheidung zwischen risikoreicheren Betrieben und risikoarmen eingeführt werden (wobei die irrige Aussage getroffen wird, kleine Firmen seien risikoärmer);
  • den Mitgliedsstaaten soll mehr Freiraum bei den Anforderungen bezüglich der Gefährdungsbeurteilung und der Dokumentationspflichten gegeben werden.

Unter Berufung auf eine im Januar 2009 durchgeführte Konsultation von Interessengruppen unterbreitet die HLG weitere Vorschläge auch zu anderen Rechtsbereichen. Unter anderem:

  • die Abschaffung eines Ruhezeitenregimes in der europäischen Arbeitszeitrichtlinie;
  • die Abschaffung oder Revidierung des Anhangs zur Bildschirmarbeitsverordnung mit ihren konkreten Vorgaben für die Gestaltung von Bildschirmarbeit;
  • völlig außer Acht lassend, dass EU-Richtlinien im Arbeitsschutz Mindestanforderungen formulieren, plädiert die HLG für eine „schlanke“ Umsetzung in nationales Recht;

Der EGB hat in einer ersten Stellungnahme seine Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass hiermit die Errungenschaften und die Grundstruktur des europäischen Arbeitsschutzes ausgehebelt werden sollen. In einem Brief an die Europäische Kommission hat die Arbeitnehmergruppe des Beratenden Ausschusses in Luxemburg unter anderem auf die absolute Unzulänglichkeit der Datenerhebung hingewiesen. Demnach sind 89 Prozent aller Kosten in Zusammenhang mit den betrieblichen Tätigkeiten rund um die Gefährdungsbeurteilung vermeidbare administrative Lasten. 3,78 Milliarden Euro könnten angeblich europaweit eingespart werden. Obwohl in dem Bericht der HLG in einer Bilanz der europäischen Arbeitsschutzpolitik für den Zeitraum 1995 bis 2004, also für den relevanten Zeitraum der Einführung der europäischen Rahmenrichtlinie, ein Rückgang der Arbeitsunfälle von 5 Millionen auf 3,9 Millionen ausgewiesen wird, findet sich keinerlei Betrachtung darüber, welches Leid und welche Kosten auf der individuellen, der betrieblichen und der gesellschaftlichen Ebene durch die vermuteten Kosten für die Gefährdungsbeurteilung vermieden wurden. …

(Links zu diesem Blog und Hervorhebungen nachträglich eingefügt)
Siehe auch: http://ec.europa.eu/enterprise/policies/smart-regulation/administrative-burdens/high-level-group/index_en.htm

Schreibe einen Kommentar