Pflicht schon im Jahr 2006 bekannt: Bewertung psychischer Fehlbelastungen

Natürlich gab es diese Pflicht schon früher. Aber als ich diese Veröffentlich einer Berufsgenossenschaft las, musste ich wieder an die “Unwissenheit und Hilflosigkeit” denken, die unsere Arbeitsministerin den deutschen Unternehmen zubilligte. Das ist einfach nicht glaubhaft.
BGFE und TBBG (seit 2010 in der BG ETEM), Ulla Nagel: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz, 2006-06-13, also schon vor der heutigen Ausgabe 2011.
In beiden (2006 und 2011) Ausgaben steht:


Nach dem Arbeitsschutzgesetz (§§ 2,3) und dem Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII, §§ 1, 14, 21) sind Arbeitgeber und Berufsgenossenschaften verpflichtet, nicht nur Unfälle und Berufskrankheiten, sondern auch »arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren« zu verhüten. Dazu zählen psychische Belastungen, soweit sie gefährdend sind. Somit ist die Bewertung psychischer Fehlbelastungen in die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung mit eingeschlossen (§ 5 Arbeitsschutzgesetz). 
Über Pflichten klärt auch die EU-Rahmen-Richtlinie 89/391/EWG zur »…Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes …« Art. 6 Abs. 1 und 2 (1989) auf.

(Das hatten wir doch schon einmal: http://blog.psybel.de/2011/03/24/bg-etem/. So richtig ernsthaft geprüft wurde von der Berufsgenossenschaft aber wohl schon seit 2006 und auch davor nicht.)


Wie gehen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung vor?

  1. Bilden Sie ein Team für die Analyse und Lösung der Probleme:
    Zum Team gehören: Arbeitgeber, Führungskräfte, Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft, Sicherheitsbeauftragter,Vertreter der Mitarbeiter. Die Kollegen vor Ort sind Experten für die Bewertung ihrer Tätigkeiten!
  2. Ermitteln Sie den Handlungsbedarf
    Wie grenzen Sie die Problembereiche sinnvoll ein? Werten Sie betriebliche Kennzahlen aus:
    Überdurchschnittlich hoher oder niedriger (!) Krankenstand/Fluktuation, Fehlleistungen, Nacharbeit, Qualitätsmängel, Terminüberziehung, Überstunden, Reklamationen, Unfälle/Beinaheunfälle, gesundheitliche Klagen
  3. Erstellen Sie die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG
    Nutzen Sie dazu hier den psy.Risk®-10-Faktorentest in dieser Broschüre. Leiten Sie Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ab. Mitarbeiter der Präventionsabteilung der BG helfen gern dabei!
  4. Setzen Sie die Maßnahmen um und prüfen Sie die Wirkung.

(Auch das war schon im Jahr 2006 bekannt. Von wegen “unwissend und hilflos“, Frau Dr. von der Leyen.)


Andere Belastungsquellen wirken aus der Freizeit in die Arbeit hinein: aus dem Privatleben (Familie, Freunde), aus nebenberuflicher Betätigung (z.B. Verein) sowie aus den Problemen von Nachbarschaft, Kommune und Gesellschaft (siehe Außenkreis des Modells). Arbeits- und Freizeitbelastungen lassen sich in ihren Wirkungen heute noch nicht völlig trennen. Studien belegen aber, dass die Arbeitsbelastungen das Privatleben nachhaltiger stören als umgekehrt!

(Der letzte Absatz ist auf S. 9/20 in der 2006er Ausgabe und S. 7/20 in der aktuellen Ausgabe.)
Siehe auch: http://blog.psybel.de/analysieren-sie-ihren-arbeitsplatz-selbst/
Suche im Webauftritt der BG ETEM: http://www.bgetem.de/search?SearchableText=psychische+belastungen
 


2015: Psychische Faktoren am Arbeitsplatz, https://www.bgetem.de/medien-service/medienankuendigungen/broschuere-psychische-belastungen-am-arbeitsplatz
 

Nicht radikal böse, aber banal reicht auch schon

Die Bundesarbeitsministerin zeigt Verständnis für die “Unwissen und Hilflosigkeit” in der Wirtschaft.
 
Ursula von der Leyen: im Interview mit dem SPIEGEL (Februar 2012)
Thema: psychische Belastungen am Arbeitsplatz
in: SPIEGEL WISSEN, Patient Seele – Wie die Psyche wieder ins Gleichgewicht kommt,
(132 Seiten, Druckauflage: ca. 240000, Feb. 2012), Nr. 1/2012, S.49


Das Thema wird in der Wirtschaft noch nicht ernst genug genommen, nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissen und Hilflosigkeit.

Ursula von der Leyen in einem Inteview mit der Saabrücker Zeitung (http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Interviews/interview-vdl-saarbruecker-zeitung-2011_12_27.html, 2011-12-27):


Es gibt ein Thema, das bislang viel zu kurz gekommen ist: die psychischen Belastungen in der Arbeitswelt. Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss, wer den Arbeitsschutz auch in seelischer Hinsicht vernachlässigt, mit empfindlichen Strafen bis hin zu Gefängnis oder Betriebsstilllegung rechnen. Wir brauchen also keine schärferen Gesetze. Studien zeigen, dass sieben von zehn Unternehmen das Thema schleifen lassen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit. Deswegen müssen wir besser informieren, Lösungswege aufzeigen, kontrollieren und die Beteiligten motivieren.

In der FAZ kann man sogar nachlesen, dass die Ministerin das Wort “Arbeitsschutzgesetze” verwendet hat: http://fazjob.net/ratgeber_und_service/beruf_und_chance/fuehrungskraefte/?em_cnt=120637


Die Ministerin will dazu nicht die Gesetze verschärfen, vielmehr müssten Arbeitgeber die geltenden Arbeitsschutzgesetze besser einhalten: Sieben von zehn Unternehmen ließen das Thema “aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit” schleifen, sagte von der Leyen.

Psychotherapeuten, Arbeitssoziologen und Gewerkschafter warnen schon seit Jahren vor den Gefahren einer sich verdichtenden und beschleunigenden Arbeitswelt.

Trotz solcher (und früherer) Angriffe auf ihre Unwissenheit konnten sich die Arbeitgeber erfolgreich gegen die Belästigung durch nicht zielführendes Wissen wehren und damit auch ihre Hilflosigkeit erhalten. Spätestens seit 2005 pflegte die Mehrheit der Arbeitgeber ihre Unwissenheit mit Absicht.
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt zur Banalität des Bösen


In der Einleitung zur deutschen Ausgabe 1964 erläutert Arendt ihre Wortwahl: ,,[…] in dem Bericht kommt die mögliche Banalität des Bösen nur auf der Ebene des Tatsächlichen zur Sprache, als ein Phänomen, das zu übersehen unmöglich war. Eichmann war nicht […] Macbeth […]. Außer einer ganz ungewöhnlichen Beflissenheit, alles zu tun, was seinem Fortkommen dienlich sein konnte, hatte er überhaupt keine Motive.” Er sei nicht dumm gewesen, sondern ,,schier gedankenlos”.

1969 formulierte sie in einem Brief an Mary McCarthy: ,,[…] die Wendung »Banalität des Bösen« als solche steht im Gegensatz zu der vom »radikal Bösen« [Kant], die ich [A.] im Totalitarismus-Buch benutze.”

 
Bitte jetzt nicht mit Aufregung über einen Vergleich mit Eichmann vom Thema ablenken. Das Thema ist nicht Eichmann, sondern es geht um die Tatsache, dass das Böse aus Gedankelosigkeit sich in seiner Wirkung vom radikalen Bösen nicht notwendigerweise unterscheiden muss.
(Aktualisierung: 2012-03-20)

Motivierende Vorschriften

Die Autonomie von Einzelpersonen und Unterehmen wird durch Gesetze begrenzt. In einer Demokratie ist das legitim. Soweit zur Erinnerung. Zur zur weiteren Erinnerung an ein paar wichtige Fakten zu den Grenzen der Unternehmensautonomie zitiere ich hier einmal aus meinem eigenen Blog.
 
Auszug aus http://blog.psybel.de/2011/06/29/esner/ und http://blog.psybel.de/2011/10/07/dekra-burnout-der-moderne-arbeitsunfall/:

  • Antworten durch Arbeitsschutzverantwortliche der befragten Betriebe 1510 in Deutschland auf die Frage „Welche der folgenden Gründe haben Ihren Betrieb dazu veranlasst, sich mit psychosozialen Risiken zu befassen?:
    • 53% – Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen
    • 42% – Anforderungen seitens der Beschäftigten oder ihrer Vertreter
    • 22% – Anforderungen seitens der Kunden oder Bedenken hinsichtlich des Rufs der Organisation
    • 22% – Auflagen seitens der Gewerbeaufsicht oder Berufsgenossenschaft
    • 19% – Nachlassen der Produktivität oder der Qualität der Leistung
    • 11 % – Hohe Fehlzeitenrate“

    Michael Ertel, European Survey of Enterprises on New & Emerging Risks (ESENER)

  • Die Antworten von 600 von der DEKRA befragte Unternehmen zeigen: „Die Betriebe werden im Arbeitsschutz meist nur aktiv, weil sie gesetzliche Vorschriften befolgen müssen (84 Prozent der Nennungen) und nicht, weil sie den wirtschaftlichen Nutzen sehen (31 Prozent) oder aus „ethischen Gründen“ (38 Prozent).“
  • „Wie aus dem DEKRA Arbeitssicherheitsbarometer 2011 hervorgeht, installieren vier von fünf Unternehmen Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in erster Linie, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist.“

  •  
    Prof. Dr. Jochen Prümper ist Wirtschafts- und Organisationspsychologe in Berlin. Er meint (http://blog.psybel.de/zu-viele-organisationen-druecken-sich-vor-dem-arbeitsschutz/, 2011-07-09):

    Es gibt noch viel zu viele Organisationen, die sich bei dem Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz zum “Jagen tragen lassen”, die sich viel zu wenig um die Gesundheit ihrer Beschäftigten sorgen und die sich sogar davor drücken, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes nachzukommen. Die entsprechenden Entscheidungsträger handeln in meinen Augen nicht nur grob fahrlässig, weil sie es versäumen, ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und für das Wohlergehen ihrer Beschäftigten Sorge zu tragen, sondern sie stellen auch leichtfertig – gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des sich abzeichnenden Fachkräftemangels – die Existenz ihrer Unternehmen aufs Spiel.

     
    Dr. Ursula von der Leyen meinte in einem Inteview mit der Saabrücker Zeitung (http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Interviews/interview-vdl-saarbruecker-zeitung-2011_12_27.html, 2011-12-27):

    Es gibt ein Thema, das bislang viel zu kurz gekommen ist: die psychischen Belastungen in der Arbeitswelt. … Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss, wer den Arbeitsschutz auch in seelischer Hinsicht vernachlässigt, mit empfindlichen Strafen bis hin zu Gefängnis oder Betriebsstilllegung rechnen. Wir brauchen also keine schärferen Gesetze. Studien zeigen, dass sieben von zehn Unternehmen das Thema schleifen lassen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit. Deswegen müssen wir besser informieren, Lösungswege aufzeigen, kontrollieren und die Beteiligten motivieren.

    Ihr Ministerium sagt (http://blog.psybel.de/bmas-psychische-gesundheit-im-betrieb/, 2011-12):

    Die Aufsichtspersonen werden in Zukunft noch stärker prüfen, ob in den Gefährdungsbeurteilungen die im Betrieb existierenden psychischen Belastungen angemessen aufgegriffen werden und die entsprechenden Maßnahmen veranlasst und umgesetzt sind.


     
    Welche Hemmnisse gibt es?
    Auszug aus http://blog.psybel.de/ganzheitlicher-arbeitsschutz-nur-bei-16prozent-der-betriebe/:

    Die Ergebnisse aktueller Forschungsprojekte zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung (aus einem Bericht von Ina Krietsch und Thomas Langhoff, Prospektiv GmbH, Dortmund für BAuA/GRAziL, 2007-09 – 2010-04) sehen immer noch so aus:

    1. Fehlende Handlungsbereitschaft: Unternehmen greifen ohne die Impulsgebung durch Gewerkschaften, Betriebsräte bzw. Arbeitsschutzbehörden (vereinzelt) das Thema “Psychische Belastungen” als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung (GB) i. d. R. nicht auf.
    2. Geringe Handlungskompetenz: Weder bei betrieblichen noch bei überbetrieblichen Arbeitsschutzakteuren ist in der Breite eine ausreichende Kompetenz zum Umgang mit dem Thema “Psychische Belastungen” vorhanden.
    3. Schwierige Kooperation: Von Betriebsrat, Arbeitgeber und betrieblichen Arbeitsschutzakteuren bei der GB zu psychischen Belastungen bzw. unzureichende Abstimmung der Akteure untereinander.

    (s.a.: http://www.arbeitstattstress.de/2011/07/wie-wird-die-gefaehrdungsbeurteilung-in-den-betrieben-umgesetzt/)
    Siehe auch: Ralf Bellmann, Holger Wellmann, Andreas Blume, Uta Walter, Betriebsräte als Motor der betrieblichen Gesundheitspolitik, Gute Arbeit 2012-03

     
    Gründe für fehlende Begeisterung der Unternehmern beim Thema der psychischen Belastungen sieht Perry Jordan (Arbeitsgestaltung & Betriebsorganisation) darin (http://blog.psybel.de/veraenderungen-gehen-ans-eingemachte/, 2011), dass:

    1. psychische Belastungen oft noch als individuelles Problem angesehen wird (man kennt sie ja, die Workaholiker oder unfähigen Zeitmanager …) bzw. eine gedankliche Trennung zwischen Mensch und Betrieb vornimmt,
    2. Führungskräfte ahnen/wissen, dass es bei ggf. erforderlichen Veränderungen häufig ans Eingemachte geht – Organisation, Personaleinsatz/ -entwicklung, Führung/ Kommunikation -und man dieses (Diskussions-) Risiko scheut,
    3. ganz einfach Zusammenhänge nicht klar sind.

     
    Das zeigt auch, woran Arbeitnehmervertretungen ansetzen müssen, wenn sie ihrer Mitbestimmungspflicht im Arbeitsschutz gerecht werden wollen. Ohne die Nutzung der motivierenden Kraft von Vorschriften wird Betriebsrats- bzw. Personalratsarbeit ein äußerst zähes und frustrierendes Geschäft werden.
     

    Bewusste Pflichtverletzung seit 2005

    Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.

    Richard von Weizsäcker
     
    http://blog.psybel.de/praeventive-arbeitsgestaltung-unter-nutzung-von-§§-90-91-betrvg/

    Seit den 70er Jahren gibt es den gesetzlich verankerten gemeinsamen Auftrag für Arbeitgeber und Betriebsrat, arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit bei der Planung und Korrektur von Gestaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

    Uwe Dechmann, Sozialforschungsstelle Dortmund
    Zu viele “Macher” vergessen gerne die Vergangenheit. Sie schauen lieber “nach vorne”, denn sie möchten zwar für ihre Verantwortung sehr gut entlohnt, aber für Pflichtverletzungen nicht verantwortlich gemacht werden. Sie verlangen göttliche Unantastbarkeit:

    Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! Denn sehe, ich will ein Neues schaffen.

    Jesaja 43, 18 – 19

    Who controls the past controls the future. Who controls the present controls the past.

    George Orwell
    Geschichte, unter die ein Schlussstrich gezogen werden soll, ist in der Regel eben besonders interessant. Geschichte wird ja nicht nur vergessen, sondern auch noch geklittert. Wir schauen schon deswegen in die Vergangenheit, weil beispielsweise unsere Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen heute versucht, die nachhaltige Missachtung der Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen mit “Unwissen und Hilflosigkeit” der Unternehmen zu entschuldigen. Das ist keine Enschuldigung, weil sich zeigen lässt, dass viele Unernehmer wussten was sie taten. Sie ließen das Thema bewusst schleifen und hatten mit ihrem wissentlich gepflegten Unwissen ihre Mitarbeiter die Krankheit getrieben. Dabei mussten politisch ausgebremste Aufsichtsbehörden untätig zuschauen. Unsere wirtschaftliche und politische Elite verletzte dabei nicht nur die Arbeitnehmer, sondern die Anarchie im Arbeitsschutz fügte auch dem Rechtsstaat Schaden zu.
    Den ganzheitlichen Arbeitsschutz gibt es seit 1996. Aus den Vorschriften ergab sich damals schon eine Pflicht der Arbeitgeber, psychisch wirksame Belastungen in den Arbeitsschutz einzubeziehen. Seit dieser Zeit hatten nicht nur ein Großteil der Unternehmer, sondern auch Arbeitnehmervertretungen (Ausnahmen gab es, z.B. die Pionierarbeit des Betriebsrats der SICK AG) und Aufsichtspersonen ihre Lernkurve sehr flach gehalten.
    Spätestens seit 2005 war den Arbeitgebern jedoch klar, was sie zu tun haben. Im Jahr 2004 gab es klärende Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts. Die BDA merkte nun, das es brenzlig wurde und veröffentlichte im Mai 2005 die Position der Arbeitgeber zur Bedeutung psychischer Belastungen bei der Arbeit. Zumindest bei größeren Unternehmen war das Thema also seit 2005 auf ihrem Radar. Aber selbst danach setzten sie nicht einmal das um, was im April 2000 in der eher arbeitgeberorientierten Zeitschrift für Arbeitswissenschaft Leistung und Lohn beschrieben wurde. Darum gehe ich davon aus, dass seit 2005 viele Arbeitgeber ihre Pflicht zum verhältnispräventionsorientierten Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz vorsätzlich missachteten. Mitverantwortlich ist hier aber auch eine Politik, die im naïven Vertrauen auf das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen die Aufsichtsbehörden geschwächt hat.
    Am Beispiel der BGFE (jetzt in der BG ETEM) kann man sehen, dass auch die Berufsgenossenschaften die von ihnen überwachten Unternehmen auf ihre Pflichten aufmerksam gemacht hatten (2006). Leider führt z.B. die BG ETEM bis heute keine ausreichend gründlichen Prüfungen durch.
    In Betrieben mit Bildschirmarbeit kann seit 1996 oft von einer vorsätzlichen Missachtung der Bildschirmarbeitsverordung ausgegangen werden, wenn psychische Belastungen nicht beurteilt wurden. Wurde eine Erfüllung der Bildschirmarbeitverordnung dokumentiert obwohl psychische Belastungen nicht beurteilt wurden, dann ist das eine unwahre Angabe in der Dokumentation des Arbeitsschutzes.
    Im Jahr 2010 stellte die BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) fest, dass die große Mehrheit der Arbeitgeber das Thema “Psychische Belastungen” als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung ohne die Impulsgebung durch Gewerkschaften, Betriebsräte bzw. Arbeitsschutzbehörden (vereinzelt) nicht aufgreife. Erst Ende 2011 erkannte die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen auch öffentlich, “dass sieben von zehn Unternehmen das Thema [Arbeitsschutzbestimmungen auch mit Blick auf seelische Belastungen] schleifen lassen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit”. Was “schleifen lassen” anbetrifft, hat sie sich noch recht freundlich ausgedrückt; aber mit “Unwissenheit oder Hilflosigkeit” liegt sie ziemlich daneben, wie der Blick auf die Vergangenheit zeigt.
    Meine Kritik richtet sich nicht so sehr gegen die Fachkräfte für Arbeitsschutz in den Betrieben oder gegen Aufsichtspersonen, die diese Betriebe (gelegentlich) besuchen. Das sind oft gutmütige Techniker und Chemiker, die psychische Belastungen überhaupt nicht im Blickfeld hatten. Hier gab es nicht durch Absicht, sondern durch Überforderung bedingte Unwissenheit und Hilflosigkeit. Verantwortlich sind viel mehr die oberen Führungskräfte in den Betriebs- und Behördenleitungen, die trotz Kenntnis ihrer Verpflichtungen diese Unwissenheit und Hilflosigkeit aufrecht erhielten. Die Thematisierung von Arbeitsbelastung wurde geradezu angestrengt vermieden.
    Es gibt viele Gründe, die Geschichte der “Unwissenheit oder Hilflosigkeit” (Ursula von der Leyen, Dez. 2011) beim Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz nicht in Vergessenheit geraten zu lassen:

    • Wir können aus Fehlern lernen.
    • Spätestens seit 2005 sparte sich die Mehrheit der Unternehmen die Kosten für den vorgeschriebenen Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz. Dank der dadurch erzielten Einsparungen können Unternehmen sich nun mit überdurchschnittlichen Budgets für einen hochwertigen Arbeitsschutz begeistern, und damit die erforderliche Nacharbeit beschleunigen – ohne jedoch deren Qualität zu mindern.
    • Wenn sich ein Unternehmen dazu entschließt, psychische Belastungen verspätet in den Arbeitsschutz einzubeziehen, können trotzdem die Risiken nicht vergessen werden, denen die Mitarbeiter durch die Pflichtverletzung des Unternehmens zuvor ausgesetzt waren. Zwischen psychischer Verletzung und psychischer Erkrankung können viele Jahre liegen. Eine vollständige Gefährdungsbeurteilung löst noch keine Probleme, sondern sie ist der erste Schritt zu Problemlösungen.
    • Die Gründe für die Missachtung der Regeln des Arbeitsschutzes durch Arbeitgeber müssen verstanden werden. Sind die Regeln nicht umsetzbar und/oder fehlt der Mehrheit der Arbeitgeber der Respekt gegenüber Schutzgesetzten?
    • Außerdem könnte ein Verständnis der Geschichte der mangelhaften Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes helfen, die Bedeutung von Arbeitnehmervertretungen besser zu verstehen und das (europäische) Entbürokratisierungskonzept zu überdenken, auf dem dieses Gesetz basiert.

    Für Betriebe mit kompetenten und durchsetzungsfähigen Arbeitnehmervertretern ist der Gestaltungsspielraum, den ein Rahmengesetz für betriebsnahe Lösungen gibt, eine feine Sache. Dieser Gestaltungsspielraum begründet den an die Arbeitgeber gerichteten Gestaltungsimperativ und die starke Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Aber was geschieht in den vielen Unternehmen mit überforderten (und gelegentlich sogar gemobbten) Arbeitnehmervertretungen?
    Wie wichtig Betriebsräte im Arbeitsschutz sind, sieht man an einem schönen Beispiel: Belastungen als Thema des Arbeitsschutzes führten kürzlich zur Gründung des ersten Betriebsrats bei Apple in München. Auch das ist ein interessantes Ereignis in der Geschichte des deutschen Arbeitsschutzes.
    Siehe auch: http://blog.psybel.de/motivierendevorschriften/

    Psycho-Tricks gegen Betriebsräte

    Am 10. Februar nahmen 190 von 300 Mitarbeiter der Wellpappenherstellers P-Well in Bad Bentheim an einer Betriebsversammlung teil. Auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes hatte die Gewerkschaft Verdi dazu eingeladen. Es ging um die Gründung eines Betriebsrates. Die Unternehmensleitung war nicht begeistert.
    Mehr dazu können Sie auf der ersten Seite des Wirtschaftsteils der Süddeutschen Zeitung nachlesen: “Was fällt Ihnen ein, hier aufzukreuzen!” Gewerkschafter wollten in einer niedersächsischen Fabrik einen Betriebsrat gründen – und wurden brachial daran gehindert.
    Unternehmer scheinen sich in diesem Land beim flexiblen Umgang mit dem Betriebsverfassungsgesetz sehr sicher fühlen zu können.
    Detlef Esslinger, der Verfasser des Artikels, schreibt
    (http://www.betriebsrat.de/portal/themen/sz/gruendung-betriebsrat-bei-p-well-bad-bentheim.html):

    … Generell beobachten Gewerkschaften seit einiger Zeit, dass Unternehmer, die Betriebsräte verhindern wollen, mit Psycho-Tricks arbeiten: Angst verbreiten, Kandidaten isolieren, Belegschaft spalten. Schwierig, das jeweils nachzuweisen. …

    Neben dem Betriebsverfassungsgesetz gibt es ja auch noch das Arbeitsschutzgesetz. Wenn die Gewerbeaufsicht ihren Job mit genügend Begeisterung macht, sollte der Nachweis von Verstößen gegen das Arbeitsschutzgesetz in Betrieben, in denen tatsächlich Psycho-Tricks gegen Arbeitnehmer eingesetzt werden, ganz einfach sein. Dazu müssen sich die Aufsichtspersonen nur gründlich die Gefährdungsbeurteilungsprozesse (so es sie gibt) und die im Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebene Dokumentation (so es sie gibt) ansehen.
    Ursula von der Leyens Bundesministerium teilte kürzlich mit: “Die Aufsichtspersonen werden in Zukunft noch stärker prüfen, ob in den Gefährdungsbeurteilungen die im Betrieb existierenden psychischen Belastungen angemessen aufgegriffen werden und die entsprechenden Maßnahmen veranlasst und umgesetzt sind.” Ob dieses Bundesministerium bei konkreten Anhaltspunkten ein bisschen kräftiger bei den niedersächsischen Gewerbeaufsichtlern anklopft?
    Interessant, was in Deutschland trotz Rechtsstaatlichkeit heute immer noch möglich ist.
    Siehe auch: http://blog.psybel.de/das-hamsterrad/

    Apple: Betriebsratsgründung wegen Belastung

    Bekannt ist schon, dass Betriebsräte und Gewerkschaften die stärksten Treiber bei der vollständigen Umsetzung des ganzheitlichen Arbeitsschutzes sind, denn für die meisten Arbeitgeber ist zuerst die “Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen” der Grund, psychische Belastungen in den Arbeitsschutz einzubeziehen.
    Jetzt waren der Arbeitsschutz der Treiber der Gründung des erstens Betriebsrates in der bisher betriebsratsfreien Apple-Familie. Die 250 Mitarbeiter des Apple Store München leisteten hier Pionierarbeit.
    http://www.apfeltalk.de/forum/content/3185-erster-deutscher-apple.html

    Erster deutscher Apple Store-Betriebsrat in München
    von […]
    Veröffentlicht: 16.02.2012 18:59

    […]
    Ver.di beschwert sich über die schlechte Bezahlung, den enormen Kunden-Andrang und die daraus resultierende gesundheitsgefährdende Lärmbelastung. Die Chefetage dränge systematisch auf Überstunden und wäre weder bereit zuzuhören, noch zu verhandeln. Als Reaktion gründete man nun Apples ersten Betriebsrat der Apple Store-Verkäufer am Standort München. […]

    Unwissenheit und Hilflosigkeit in der Chefetage? Christine Haderthauers “Burnout-Detektive” müssten eigentlich schon ausgerückt sein.
    Siehe auch: http://www.google.de/search?q=apple-store+münchen+”ver.di”+betriebsrat
    Siehe auch: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Erster-deutscher-Apple-Store-eroeffnet-in-Muenchner-Rosenstrasse-218477.html

    Kontrolldruck

    http://www.sueddeutsche.de/bayern/hygiene-skandal-bei-mueller-brot-rote-ampel-fuer-den-verbraucherschutz-1.1285365

    Hygiene-Skandal bei Müller-Brot
    Rote Ampel für den Verbraucherschutz
    16.02.2012, 10:14 Von Daniela Kuhr
    Die Verbraucher hätten schon deutlich früher von den Missständen bei Müller-Brot erfahren. Wenn denn die Verbraucherschutzminister in 2011 eine Hygiene-Ampel eingeführt hätten. Haben sie aber nicht, denn ausgerechnet Bayern hat ein Veto eingelegt.
    Mäusekot, Kakerlaken und Motten … … …

    Na Mahlzeit. Die zurückhaltende Lebensmittelkontrolle bei Müller-Brot hatte Arbeitsplätze nicht gerettet, sondern sie vernichtet. Verantwortlich ist dafür eine wohl politisch gewollte Schwächung der staatlichen Aufsicht.
    Die Lebensmittelkontrolleure fordern mehr Personal. Sie tun das nicht erst seit heute. Von Martin Müller (Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure) erfahren wir (heute in B5 aktuell), dass 2500 Kontrolleure mehr als 1,1 Millionen Betriebe überwachen müssen. Fachleute wüssten seit langer Zeit, das es in vielen Betrieben Hygienemägel gebe. Aber die Kontrolleure könnten den “Kontrolldruck” nicht aufrecht erhalten, den viele Betriebe bräuchten.
    Da Politiker das wussten, wollten sie nicht hinsehen. Diesen Vorsatz sehe ich auch bei der Überprüfung der Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften. An den Aufsichtsbeamten liegt das eher nicht, sondern an der politischen Führung. Auch hier stinkt der Fisch immer noch vom Kopf.

    Tabu-Thema in Redaktionen: Missachtung des Arbeitsschutzes

    WELT-Online (2012-02-11) privatisiert in http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13863024/Burn-out-Syndrom-ist-vom-Menschen-selbst-gemacht.html wieder einmal das “Burnout”-Syndrom als “Zivilisationskrankheit”.

    Burn-out-Syndrom ist vom Menschen selbst gemacht
    “Burn-out” ist nicht nur ein Fall für den Arzt, sondern ein Zivilisationsproblem. Aber nicht die moderne Vielfalt ist die Ursache, sondern unsere Unfähigkeit auszuwählen. …

    Klar ist das Burnout-Syndrom vom Menschen selbst gemacht. Aber welche Menschen sind am Burnout des Einzelnen beteiligt? Ich frage mich hier auch, wie es in den Redaktionen (on- und off-line) der WELT zugeht.
    In der WELT meint Gerd Held zu wissen: “Überforderung kommt von innen”. Der Streit, ob “Burnout” von den von ihm Betroffenen “selbst gemacht” ist, oder von den Arbeitsbedingungen verursacht wurde, ist uralt. In den Redaktionen wird das Thema in überwiegend als individuelles Verhaltensproblem behandelt. Über den tägliche Rechtsbruch im Arbeitsschutz wird dagegen kaum berichtet.
    Liegen die Ursachen für psychische Fehlbelastungen bei den Arbeitsbedingungen oder beim Ausgebrannten? Dumme Frage. Tatsächlich trifft beides zu. Noch etwas tiefer geht beispielsweise ein Dreiebenenmodell.
    Tatsache ist jedoch auch, dass ein Großteil der Arbeitgeber die Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz missachtet. Das ist konkreter darstellbar, als das komplexe Ursachengemenge für psychische Fehlbelastungen, an dem in den Redaktionen schon seit langer Zeit herumspekuliert wird. Die Bundesarbeitsministerin meinte Ende Dezember 2011 zu seelischen Belastungen am Arbeitsplatz, “dass sieben von zehn Unternehmen das Thema schleifen lassen” (Von der Leyen kündigt Kampagne an, 2011-12-28). Es gibt inzwischen genug Untersuchungen, die Ursula von der Leyens Feststellung bestätigen. Interessant ist nun, dass der Rechtsbruch der Unternehmen, die seit 1996 die Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes missachten, in den Medien kaum angesprochen wird. Bis zu wichtigen BAG-Beschlüssen im Jahr 2004 war das vielleicht noch nicht so klar. Aber angesichts des heute vorhandenen Wissens muss inzwischen bei vielen Fällen wohl von einer vorsätzlichen Verschleppung des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz ausgegangen werden. Das gesetzeswidrige Verhalten der Mehrheit der Arbeitgeber ist dermaßen offensichtlich und nun auch offiziell bestätigt, dass sich auch DIE WELT geradezu anstrengen muss, diese Tatsache zu ignorieren.
    Dabei sind Redaktionsarbeitsplätze überwiegend Bildschirmarbeitsplätze, an denen sich dank der Bildschirmarbeitsverordnung besonders einfach überprüfen lässt, ob der Arbeitgeber die Regeln des Arbeitsschutzes beachtet. Wenn Sie selbst als Redakteurin oder Redakteur an so einem Arbeitsplatz sitzen, dann stellen Sie einmal die Frage, “wie bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen bei Bildschirmarbeitsplätzen die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen insbesondere hinsichtlich psychischer Belastungen ermittelt und beurteilt werden, sowie welche konkreten Prozesse und Beispiele es dazu im Betrieb gibt.” Oder stellen sie die Frage lieber nicht, weil Sie Nachteile befürchten? Diese Furcht wäre dann schon eine Antwort auf die Frage nach dem Funktionieren des Arbeitsschutzes in Ihrer Redaktion. (Und ihren braven Betriebsrat müssten Sie wohl auch erst einmal aufwecken.)
    Eine möglicher Grund dafür, dass die “vierte Gewalt” (die Journalisten) offensichtlichen Rechtsbruch nicht thematisiert, könnte darin bestehen, dass Rechtsthemen wie “Arbeitsschutz” einfach zu unsexy sind. Vielleicht ist es aber heute auch uncool, auf Schutzbestimmungen zu vertrauen. Aus Sicht von konflikterprobten Journalisten brauchen vielleicht nur Weicheier und Warmduscher einen Arbeitsschutz. Echte Kämpfer sorgen eigenverantwortlich für ihre Gesundheit. Sie lassen sich nicht von irgendwelchen “Arbeitsschutzbürokraten” bevormunden.
    Auch könnte es sein, dass der vorgeschriebene Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz nicht für realistisch gehalten wird. “Gefährdungsbeurteilung? Wie soll das funktionieren?” Darüber könnte man ja durchaus diskutieren, aber selbst Kritik an der Arbeitsschutzgesetzgebung ist in den Medien nicht zu finden.
    Vielleicht gibt es noch eine ganz praktische Erklärung: In den Unternehmen ist das Thema der psychischen Belastungen eine ganz heiße Kartoffel. Die meisten Arbeitnehmer wissen nichts über den Einbezug psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung und sollen es wohl auch nicht wissen. (Wie würden Sie in Ihrem Betrieb eingeschätzt werden, wenn Sie danach fragen? Probieren Sie es doch einfach mal aus.) Auch Zeitungen sind Unternehmen mit Arbeitnehmern. Vermutlich wird auch in diesen Unternehmen mehrheitlich gegen die Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstoßen. Scheuen sich Journalisten also, das Thema der seelischen Belastungen am Arbeitsplatz anzusprechen, weil dann Konflikte mit den Redaktionsleitungen zu befürchten sind, die – wie die Bundesarbeitsministerin das so schön ausdrückte – das Thema schleifen lassen?
    Besonders wenn sich Journalisten, die in ihrem Unternehmen eine Führungspositionen haben, über “Burnout” auslassen, sollten sich Leser, Zuseher und Zuhörer also fragen, ob diese Führungskräfte versuchen, mit ihren Äußerungen ihre eigenen Pflichtverletzungen zu verdrängen. Ihre Mitarbeiter dagegen haben möglicherweise zum Schutz ihrer Karriere die Schere im Kopf. Schwächlinge kann keine Redaktion gebrauchen.
    Siehe auch: http://blog.psybel.de/2012/06/08/manager-magazin-burn-out-ranking/#MedienStress

    Wenn Fehlbelastungen Kakerlaken wären

    http://www.nibelungen-kurier.de/?t=news&s=Aus aller Welt&ID=42207

    … Mit Blick auf die aus Hygienegründen vorübergehend stillgelegte Großbäckerei Müller-Brot (Landkreis Freising) hat die Verbraucherschutzbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Mechthild Heil, eine zu laxe Lebensmittelaufsicht in Bayern kritisiert. …

    (Quelle für den Nibelungen Kurier: FOCUS)
    Ich dachte, dass Politiker eigentlich einen nicht ganz unerheblichen Einfluss auf die Ausstattung und Kompetenzen der Aufsichtsbehörden haben. Mit der Lebensmittelsicherheit kenne ich mich nicht so aus, aber im Arbeitsschutz ist es die Politik, die die Aufsicht ausbremst. Hoffen wir, dass nicht nur Mechtild Heil (CDU), sondern auch Christine Hadertauer (CSU) und Ursula von der Leyen (CDU) mal ein bisschen Forensik betreiben: Die Politik hat bisher auch billigend zugesehen, wie Unternehmen unter den schläfrigen Augen der Gewerbeaufsicht ganz entspannt den vorgeschriebenen Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz vernachlässigen durften.
    Wenn arbeitsbedingte psychische Fehlbelastungen Kakerlaken wären, würden sich Politiker vielleicht intensiver damit befassen müssen.

    Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle

    Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
    http://blog.psybel.de/lasi-veroeffentlichungen/#LV54, Inhalt:

    1. Einleitung 9
    2. Ziele der behördlichen Systemkontrolle 9
    3. Bestandteile der behördlichen Systemkontrolle 10
    3.1 Vorgehen 10
    3.2 Inhalte 11
    3.3 Bewertung 14
    3.3.1 Bewertungssystematik 14
    3.3.2 Gesamtbewertung 15
    Anhang 17
    Bewertungssystematik für die Arbeitsschutzorganisation 19
    Verfahrensanleitung zur Systemkontrolle 35

    Vorwort:

    Das Ziel des Arbeitsschutzgesetzes ist, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Maßnahmen des Arbeitsschutzes, einschließlich der Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit, können in den Betrieben längst nicht mehr von Einzelinitiativen und Zufällen abhängig gemacht werden. Die komplexen Anforderungen an den Arbeitsschutz bei neuen Technologien und Prozessen sowie die notwendige weitere Reduzierung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen drängen zu einem effizienten und systematischen Arbeitsschutz in den Betrieben. Dieser trägt zur langfristigen Kostenentlastung der Betriebe sowie der sozialen Sicherungssysteme bei.
    Angesichts dieser Entwicklungen in der Arbeitswelt kann auch die Aufsichtstätigkeit (Überwachung und Beratung) der staatlichen Arbeitsschutzbehörden nicht mehr bei Einzelmaßnahmen ansetzen. Vielmehr müssen Betriebe als Systeme betrachtet und als „Organisationsgebilde“ verstanden werden. Ursachen für Arbeitsschutzmängel müssen aufgedeckt werden. Dabei kann die Ursachenprüfung nicht beim Fehlverhalten des Arbeitnehmers enden, denn allzu häufig finden sich Fehler in der Delegationskette, in der Bereitstellung von Informationen, oder es sind Zuständigkeiten oder Abläufe unklar.
    Die vorliegende LASI-Veröffentlichung „Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle“ (LV 54) konkretisiert die Ziele, das Vorgehen und die Inhalte der Überwachung und Beratung durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden zur Arbeitsschutzorganisation. Sie ersetzt teilweise die im Jahr 2003 erschienene LASI-Veröffentlichung LV 33 [Teil A; Teil B der LV 33 wird noch überarbeitet].
    Die Neufassung dieser LASI-Veröffentlichung verdeutlicht den hohen Stellenwert, den die behördliche Systemkontrolle für die Arbeitsschutzbehörden der Länder hat.
    Die Aufsichtstätigkeit der staatlichen Arbeitsschutzbehörde hat insbesondere die wirksame Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtungen im Blick. Der Bewertung der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Durch die LV 54 wird die Überwachung und Beratung von Betrieben als kontinuierlicher Prozess der Behörden angelegt, der die Verbesserung des Niveaus der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb anstrebt. Gleichzeitig wird im Rahmen der staatlichen Beratung eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation bzw. ein Arbeitsschutzmanagementsystem als kontinuierlicher Prozess im Betrieb gefördert.
    Bremen / Hannover im März 2011

    (Hervorhebung, Hyperlinks und Anmerkung in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)
    Siehe auch: