hr-online: Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

http://www.hr-online.de/website/radio/hr-info/index.jsp?rubrik=80093&key=standard_document_48129135&type=d&xtcr=1&xtmc=gesundheitsschutz

Arbeit und Soziales
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
(© hr, 20.04.2013)
[…] Wie müssen Unternehmen und Beschäftigte reagieren, damit Arbeit nicht dauerhaft krank macht? Das ist Thema in der Sendung “hr-iNFO-Arbeit und Soziales”. Zu Gast im Studio sind Dr. Stephan Sandrock vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft und Claudia Drewel-Sprenger von der Technologieberatungsstelle beim DGB Hessen.
Durch die Sendung führt Lars Hofmann.

Sandrocks Institut ist auf der Arbeitgeberseite, Drewel-Sprengers Organisation auf der Arbeitnehmerseite. Sachliches und gut moderiertes Gespräch, in dem auch einige Grundlagen klar werden. Kontrovers war im Wesentlichen, ob Arbeitgeber sich freiwillig oder eher mit Vorschriften motivieren lassen, gegen Fehlbelastungen vorzugehen.
Sehr häufig wies Stephan Sandrock darauf hin, das jetzt viele Unternehmen im Bereich des Gesundheitsschutzes aktiv geworden sind. Nach meinem Eindruck handelt es sich dabei aber überwiegend um Aktiviäten im Bereich der freiwilligen und eher verhaltenspräventiv orientierten Gesundheitsförderung, in der Maßnahmen keine gut dokumentierten Gefährdungsbeurteilungen voraussetzen. Dank unterausgestatteter Gewerbeaufsichten können Arbeitgeber im Bereich der psychischen Belastungen Gefährdungsbeurteilungen immer noch weitgehend unsanktioniert vermeiden, damit keine möglichen Haftungsgründe dokumentiert oder Führungsstile in Frage gestellt werden müssen.
Podast: http://mp3.podcast.hr-online.de/mp3/podcast/hr-info_arbeit_soziales/hr-info_arbeit_soziales_20130420.mp3

Arbeitgeberverband Gesamtmetall und BGF

Ein Interview mit arbeitgebernahen Wissenschaftlern in einer arbeitgebernahen Fachzeitschrift.
http://www.gesamtmetall.de/gesamtmetall/meonline.nsf/id/News-Betriebspraxis-301211-Burnout-betriebliche-Gesundheitsfoerderung

Burnout, Depression und Demographie – Was kann und soll betriebliche Gesundheitsförderung hier leisten?
Im Interview mit Betriebspraxis & Arbeitsforschung äußern sich Dr.-Ing. Falk-Gerald Reichel (Gesamtmetall) und Dr. Stephan Sandrock (ifaa) zur Debatte rund um den Burnout sowie zur Verantwortung der Unternehmen für die psychische und physische Gesundheit der Mitarbeiter.

Ich habe einige Punkte aus dem “Interview” herausgegriffen, die helfen, sich auf die Argumentation und die Ziele der Arbeitgeber einzustellen. Die Zitate im folgenden Text sind also aus dem Interview herausgenommen. Sie wurden von mir zum Teil kommentiert.

  • Der „Burnout“ macht Schlagzeilen. Medien, Krankenkassen und Gewerkschaften berichten von einer Zunahme dieses Phänomens. Verantwortlich wird dafür auch der angeblich oder tatsächlich gewachsene Leistungsdruck in den Unternehmen gemacht. Zu Recht? — Da wird nun – bewusst oder unbewusst – Ursache mit Wirkung verwechselt.
  • Es gibt viele weitere Einflüsse, die beim Burnout eine Rolle spielen – insbesondere aus Persönlichkeit und Lebensstil. In einem tarifgebundenen Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie verbringt ein Arbeitnehmer weniger als 18 Prozent des Jahres im Betrieb. Dass die Frage, wie und wo er die restlichen 82 Prozent verbringt, auch eine Rolle spielen musste, ist zwangsläufig, wird aber trotzdem nicht gerne gehört. [Das weinerliche “wird aber trotzdem nicht gerne gehört” ist nicht zutreffend. Der Wissenschaftler bellt hier am falschen Baum. Dieses Argument der Arbeitgeber kommt immer wieder. Soll es davon ablenken, dass der Arbeitsschutz sich nur auf Probleme im Handlungsbereich des Arbeitgebers konzentriert? Keiner verlangt von den Arbeitgebern, für außerbetriebliche Probleme ihrer Mitarbeiter Verantwortung zu übernehmen. Siehe: Dreiebenenmodell]
  • Eine öffentliche Debatte um tatsächlich oder gefühlt wachsende psychische Belastungen erleben wir übrigens auch bei Kindern in den Schulen – also noch vor dem Eintritt ins Arbeitsleben.
  • Viele Menschen fühlen sich durch die intensive Berichterstattung über den Burnout, zu dem sich Prominente zunehmend öffentlich bekennen, ermutigt, ihre persönlichen Erschöpfungsgefühle zu thematisieren. Dabei ist der Begriff „Burnout“ wissenschaftlich nicht wirklich klar definiert. Es handelt sich dabei vermutlich um eine Überlastungs-Depression. Die Grunde dafür sind vielfaltig und können weit über das Arbeitsleben hinausreichen. Zum Beispiel können finanzielle oder auch private Sorgen in der Familie dazu führen.
  • Sowohl die Betriebsrätebefragung der IG Metall als auch der DGB-Index „Gute Arbeit“ sind methodisch ungeeignet, gesicherte Aussagen zur tatsächlichen Verbreitung dieser Erscheinungen zu treffen. Denn sie beruhen auf subjektiven Aussagen und Gefühlen. [Befragungen von Betriebsräten nach Gefährdungsbeurteilungen in den Betrieben sind Fragen nach messbaren Tatsachen. Selbst die Bundesarbeitsministerin kommt zu dem Schluss, dass etwa sieben von zehn Unternehmen der Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz nicht nachkommt. Die Missachtung der Arbeitsschutzbestimmungen durch die Mehrheit der Unternehmen ist dann auch der Hauptkritikpunkt der Betriebsräte.]
  • Mitarbeiterbefragungen sind aufgrund ihrer mangelnden bedingungsbezogenen Validität und Reliabilität eher ungeeignet, psychische Belastungsfaktoren zu erfassen. Da die Auswertung von Befragungen in der Regel auch anonymisiert zu erfolgen hat, sind Rückschlüsse auf den einzelnen Arbeitsplatz und vor allem die Ableitung von gestalterischen Maßnahmen nicht möglich. [Das ist ein Irrtum, denn es gibt genügend validierte Tests. Dann führt der Wissenschaftler auch noch in die Irre und tut so, als ob es ein Ziel sei, den einzelnen Arbeitsplatz zu bewerten. Tatsächlich sind es gerade die Arbeitgeber selbst, die schon aus Kostengründen nicht jeden einzelnen Arbeitsplatz beurteilen wollen, sondern gleichartige Arbeitsplätze zusammengefasst beurteilen. Das Arbeitsschutzgesetz erlaubt dieses sinnvolle Vorgehen ja auch. Bei den Kriterien für die Zusammenfassung hat die Arbeitnehmervertretung mitzubestimmen.]
  • Die Debatte um Burnout und verwandte Phänomene verengt am Arbeitsumfeld festzumachen ist ein Irrweg, mit dem auch den meisten Betroffenen herzlich wenig geholfen sein durfte. Es ist auch deshalb spekulativ und vorschnell, weil derzeit belastbare Verfahren fehlen, um ein möglicherweise krankmachendes Belastungsgrenzniveau verlässlich angeben und erkennen zu können. [Die Arbeitgeber wollten betriebsnahe Lösungen. Die haben sie bekommen; da kann es keine außerbetrieblichen Verfahren geben. “Belastbare Verfahren” vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter betriebsnah miteinander.]
  • Gut geführte Unternehmen werden deshalb über den gesetzlichen Arbeitsschutz hinaus bestrebt sein, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fordern. [Tatsächlich beginnen viele Unternehmen mit dem Gesundheitsmanagement ohne vorher ihre Pflichten im Arbeitsschutz erfüllt zu haben.]
  • Viele Gesundheitsprobleme von Mitarbeitern resultieren aus Fehlentwicklungen vor ihrem Unternehmenseintritt oder – wenn sie schon im Betrieb sind – auch aus Problemen in ihrer freien Zeit.
  • Aus all diesen Gründen kann GesundheitsfÖrderung nicht zu einem gesetzlichen Auftrag an die Unternehmen führen. [Ablenkungsmanöver: Die Arbeitnehmer verlangen kein gesetzlich vorgeschriebenes Gesundheitsmanagement, sondern sie fordern, dass sich die Arbeitgeber endlich an die von ihnen mehrheitlich missachteten Arbeitsschutzgesetze halten.]
  • Wo würden Sie bei der Betrieblichen Gesundheitsförderung und beim systematisch betriebenen Betrieblichen Gesundheitsmanagement die Linie zwischen Unternehmen und Staat ziehen? — Grundsätzlich haben Arbeitgeber in Deutschland die Pflicht, die Gesundheit der Mitarbeiter im Arbeitsprozess zu schützen. Dafür gibt es das umfassende gesetzliche Arbeitsschutz-Regelwerk. Eine darüber hinaus gehende Gesundheitsforderung muss jedoch freiwillig bleiben. [Wieder die Ablenkung. Die Mehrheit der Arbeitgeber erfüllt ja nicht einmal die Pflicht.]
  • Eine für mich entscheidende Frage bei der betrieblichen Gesundheitsforderung ist, ob und wie der Betrieb das Bewusstsein und die Eigenverantwortung des Mitarbeiters für die eigene Gesundheit starken kann. [Eigenverantwortung ist ein interessantes Thema. Wer sie fordert, sollte zunächst seine eigenen gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten erfüllen.]
  • Unternehmen, die sich in der Gesundheitsforderung engagieren, können damit auch etwas für ihr Employer-Branding tun. Ein positives Arbeitgeber-Image wird im Wettbewerb um die knapper werdenden Arbeitskräfte immer wichtiger. [Employer-Branding ist ebenfalls ein interessantes Thema.]
  • Einige größere Unternehmen betreiben bereits ein systematisches Gesundheitsmanagement. Entscheidend dafür ist, dass die Maßnahmen durch das Management systematisch implementiert werden und dass sie messbare Ergebnisse haben. Das unterscheidet Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) von Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF).
  • Mir ist bekannt, dass einige Unternehmen mit dem Work Ability Index (WAI) arbeiten, der wesentlich mehr Parameter einbezieht. Es können über eine Zeitschiene auch weiche Daten erhoben werden – zum Beispiel wie die Beschäftigten ihre subjektiv empfundene Arbeitsfähigkeit beurteilen. [Siehe: WAI. Es gibt aber auch bessere Messinstrumente.]
  • Es muss aber klar abgegrenzt sein, was gesetzlich bedingter Arbeitsschutz ist und was eine freiwillige Leistung im Sinne der Gesundheitsforderung ist. Hier darf es keine Überschneidungen geben. [Richtig. Darauf sollten Arbeitnehmervertretungen sehr genau achten, damit Pflichtleistungen nicht als freiwillige Leistungen dargestellt werden. Das kann ein Versuch sein, die Mitbestimmung zu schwächen.]
  • Deshalb rate ich dazu, bei BGM einen längerfristigen Zeithorizont einzuplanen – beispielsweise fünf Jahre. [Das Arbeitsschutzgesetz hat der Arbeitgeber jedoch sofort umzusetzen! Also Vorsicht, wenn der Arbeitgeber mit dem BGM beginnt, ohne vorher seine Hausaufgaben im Arbeitsschutz gemacht zu haben.]
  • Wie beurteilen Sie Initiativen, BGM-Systeme zertifizieren lassen zu wollen? — Das läuft der Position zuwider, dass man keine Vorgaben machen soll. Es beschränkt zudem die Individualität und Kreativität der Betriebe. [Richtig. Gerade diese Freiheit begründet, dass die Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmervertretungen beim BGM bzw. der BGF nicht kategorisch ausgeschlossen werden kann.]

Arbeitgeber gegen Anti-Stress-Verordnung

(Neu kommentiert: 2012-07-15)
“Anti-Stress-Verordnung nicht zielführend” ist der Titel des untenstehend zitierten und von mir kommentierten Artikels. Ob irgendetwas “zielführend” oder “nicht zielführend” ist, kommt bekanntlich nicht nur auf den Weg an, sondern auch auf die Ziele. Es könnte sein, das Arbeitgeber (für die Stephan Sandrock und Sascha Stohwasser arbeiten) andere Ziele haben, als die Arbeitnehmer.
http://www.arbeitgeberverbaende.de/index.php?option=com_content&view=article&id=103:anti-stress-verordnung-nicht-zielfuehrend-

Anti-Stress-Verordnung nicht zielführend
Psychische Erkrankungen sind auf Vielzahl von Faktoren zurückzuführen
Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) hält die Forderung der IG Metall nach einer Anti-Stress-Verordnung für nicht zielführend. „Die Arbeitswelt als ausschließlicher Ansatz zur Erklärung psychischer Störungen ist nicht ausreichend und zweckmäßig“, so Dr. Stephan Sandrock, Arbeitspsychologe am ifaa. [Eristik: Sandrock versucht den Eindruck zu erwecken, dass die IGM die Arbeitswelt als ausschließlicher Ansatz zur Erklärung psychischer Störungen darstellt. Das ist aber nicht die Richtung, in die die IGM geht. In fertigen Vorschlag einer Anti-Stress-Verordnung (2012-06) wird auch das Dreiebenen-Modell beschrieben, in dem die Arbeitswelt nur eine Teil-Ursache psychischer Störungen ist.] Die Gründe psychischer Störungen liegen häufig in einem schwer entflechtbaren Mix aus Person, Entwicklung, privatem Umfeld, der genetischen Prägung und im Arbeitsverhältnis / Arbeitsumfeld. [Richtig. Und der Arbeitsschutz kümmert sich eben um den Teil, der dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen ist] Eine Unternehmenskultur, die auf Wertschätzung und Gesundheit abzielt, hängt vom betrieblichen Umfeld ab und kann nicht verordnet werden. [Richtig. Aber Verordnungen können helfen, Änderungen in den Unternehmenskulturen anzustoßen]
„Valide Instrumente zur Einschätzung des Burnout liegen bislang nicht vor“
Professor Dr. Stowasser, Direktor des Instituts [ifaa] und Leiter des ISO-Norm-Ausschusses ‚Grundsätze der Ergonomie‘ betont: „Bereits heute ist durch die Arbeitsschutz-gesetzgebung und durch Normung viel erreicht worden und wir haben sehr gute praxisgerechte Standards und Handlungsempfehlungen zur Bewertung und Verbesserung der psychischen Belastungssituation am Arbeitsplatz erarbeitet – denn es ist unbestritten, dass psychisch gesunde Mitarbeiter ein bedeutender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg sind.“ [Richtig. Und das Kurzverfahren Psychische Belastung (KPB) des arbeitgebernahen und von Stohwasser geleiteten Institutes (ifaa) ist ein Werkzeug von vielen. Standards und Handlungsempfehlungen speziell des LASI sind gut. Aber die Arbeitgeber missachten sie. Darum will die IGM die Unternehmer etwas intensiver motivieren.]
Was Unternehmen tun können
Schon heute werden in vielen Betrieben die Führungskräfte zum Umgang mit psychisch kranken Mitarbeitern geschult. [Aber die Pflicht, die Mitarbeiter über ihre Rechte und Pflichten in der vorgeschriebenen Unterweisung aufzuklären, wird von der Mehrheit der Arbeitgeber missachtet.] Außerdem kommt den Betriebs- und Werksärzten eine immer wichtigere Lotsenfunktion zu. „Neben der Sensibilisierung der Führungskräfte und der Qualifikation der Betriebsärzte kommt eine wichtige ergänzende Rolle dem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) zu, in dessen Rahmen psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit überwunden und einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann.“, so Stowasser. [BEM (Betriebliches Eingliederungs Management) hat mit der im Arbeitsschutz vorgeschriebenen und von den Arbeitgebern mehrheitlich vernachlässigten Verhältnisprävention wenig zu tun. BAM betrifft bereits erkrankte Mitarbeiter. Das ist schon keine Prävention mehr.]
 
Als Ergänzung und Vertiefung zu diesem Thema finden Sie im Anhang den Artikel von Dr. Stephan Sandrock “Depression und Burnout – Wie Unternehmen damit umgehen können” aus der aktuellen, vom ifaa herausgegebenen Zeitschrift ‚Betriebspraxis & Arbeitsforschung‘ (Ausgabe 209).
>> Anhang [Depression und Burnout – Wie Unternehmen damit umgehen können von Stephan Sandrock (Dateidatum: 2011-09-28). Das geht an dem Ziel der IGM und des Arbeitsschutzgesetzes vorbei: Durchsetzung der Verhältnisprävention. Die Arbeitgeber haben anscheinend andere Ziele, als der Gesetzgeber und die IGM. Insofern mag die “Verordnung” der IGM aus Sicht der Arbeitgeber tatsächlich nicht “zielführend”sein. In Sandrocks Veröffentlichung geht es insbesondere um psychische Erkrankungen. Der Arbeitsschutz dient jedoch der präventiven Erhaltung der Gesundheit. Und gesundheit ist mehr, als nur die Abwesendheit von Krankheit]

(Anmerkungen und Links in eckigen Klammern nachträglich wurden eingetragen.)
Und nun zum Ausgleich noch ein Schmankerl von einer Berufsgenossenschaft:

Andere Belastungsquellen wirken aus der Freizeit in die Arbeit hinein: aus dem Privatleben (Familie, Freunde), aus nebenberuflicher Betätigung (z.B. Verein) sowie aus den Problemen von Nachbarschaft, Kommune und Gesellschaft (siehe Außenkreis des Modells). Arbeits- und Freizeitbelastungen lassen sich in ihren Wirkungen heute noch nicht völlig trennen. Studien belegen aber, dass die Arbeitsbelastungen das Privatleben nachhaltiger stören als umgekehrt!

2012-06-27:
http://www.arbeitswissenschaft.net/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&file=fileadmin/Redaktion/PDF-Downloads/PI_-_Anti-Stress-Verordnung_praxisfern.27.06.2012.pdf&t=1342297518&hash=e0ec6bb82a5e5ce755f3778fac49d8cb

Anti-Stress-Verordnung praxisfern und nicht zielorientiert
27.06.2012
Neue Verordnung der IG Metall liefert keine neuen Ansätze
Der heute von der IG Metall veröffentlichte Entwurf für eine sogenannte Anti-Stress-Verordnung löst die aktuellen Herausforderungen im Kampf gegen psychische Störungen in unserer Gesellschaft nicht [Begründung?]. Der vorgestellte Entwurf einer Verordnung gibt den Unternehmen keine Handlungsanleitung [Soll er auch nicht. Es geht darum, dass existierende Handlungsanleitungen endlich respektiert werden. Es ist bekannt, was und wie geprüft wird. Daraus ergeben sich klare Handlungsanweisungen an Unternehmen.] und ist für die betriebliche Praxis demnach [Wieso “demnach”? Da fehlt doch vorher schon die Begründung.] untauglich. “Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen können mit den sehr allgemein gehaltenen Beurteilungskriterien für die Ausgestaltung der Arbeitsorganisation, Arbeitsgestaltung und sozialen Beziehungen überhaupt nichts anfangen” [Unlogisch. Gerade die Arbeitgeber wollten wg. Entbürokratisierung und wg. der Unterschiede zwischen den Betrieben keine Detailregelungen.], so Professor Dr. Sascha Stowasser, Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa). Mit dem IGM-Entwurf ist ein deutlicher Rückschritt gegenüber bereits bestehenden Regelwerken wie zum Beispiel der international gültigen Norm zur arbeitsbedingten psychischen Belastung festzustellen. [Eristische Argumentation. Der Entwurf hat eine andere Aufgabe, als die Norm.]
Wichtiger sind umsetzbare und konkrete Handlungshilfen
Unternehmen benötigen vielmehr Handlungshilfen, die die praktische Umsetzung der im Arbeitsschutzgesetz geforderten Gefährdungsbeurteilung – d.h. die arbeitsplatzorientierte Bewertung körperlicher und geistiger Aspekte der Arbeit – ermöglicht. [Eristische Argumentation. Handlungshilfen gibt es genug von den Berufsgenossenschaften (wurde von der BDA bekämpft) und den Aufsichtsbehörden. Die Verordnung soll helfen, dass diese Handlungshilfen auch umgesetzt werden.] Hierfür gibt es heutzutage bereits eine Reihe von Verfahren. Diese sind in der Praxis oft unbekannt – Aufklärung über Existenz und Einsatzmöglichkeit sollte weitflächig durch Politik, Sozialpartner und Wissenschaft betrieben werden. [Das ifaa klärt z.B. nicht auf, sondern macht Werbung vorwiegend für den von ihm entwickelten Einfachverfahren, dem KPB. Seriös ist dagegen die Aufklärung der BAuA.] Die geforderte Anti-Stress-Verordnung der IGM löst diese Aufgabe nicht. [Das ist auch nicht die Aufgabe der Verordnung.] Ein erfolgswirksamerer Ansatzpunkt ist die startende Zielsetzung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). [“Startende Zielsetzung”? Die Verordnung soll bei der Durchsetzung der Ziele der GDA helfen. Und die GDA-Leitlinie zu psychischen Belastungen wird von den Arbeitgebern bekämpft] Auch das Arbeitsschutzgesetz, Verordnungen und Normungen berücksichtigen das Thema psychische Belastung bereits hinreichend. [Das ist richtig. Leider wurden diese Normen aber bisher missachtet.]
Das Thema ,,Psychische Gesundheit” objektiv betrachten
Die mediale Hetze, wie sie derzeit seitens IG Metall betrieben wird, verunsachlicht die Diskussion. [Was ist daran jetzt “objektiv”?] “Eine versachlichte und objektive Diskussion des Themas psychische Gesundheit muss eingeleitet werden. [Richtig.] Hierzu gehört die offene Aussprache vieler Facetten dieses komplexen Themas, wie zum Beispiel: Sensibilisierung und Eigenverantwortung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Versorgungslage in Deutschland, die unterschiedliche Betroffenheit verschiedener Branchen”, betont Dr. Stephan Sandrock, Arbeitspsychologe am ifaa. [Richtig. Die in der LASI LV 54 verlangte unternehmerische Eigenverantwortung wurde hier allerdings vergessen.]
Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. (ifaa)
Ansprechpartnerin: Dorothée Werry, Uerdinger Straße 56, 40474 Düsseldorf,
Telefon: 0211 542263-24, d.werry@ifaa-mail.de, www.arbeitswissenschaft.net

(Link und Anmerkungen in eckigen Klammern wurden nachträglich eingetragen.)
Dr. rer. pol. Stephan Sandrock ist Mitarbeiter des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft, einem eingetragener Verein (ifaa e. V.). Mitglieder des ifaa sind die Verbände der Metall- und Elektroindustrie sowie der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie, GESAMTMETALL, Berlin.
Ich selbst habe auch noch immer (siehe oben) Bedenken gegen so eine Verordnung. Besser wäre eine Stärkung der Kompetenz und der Durchsetzungsfähigkeit der Betriebs- und Personalräte. Inzwischen glaube ich aber fast, dass dieser Weg wegen der damit verbundenen Belastungen viele Arbeitnehmervertreter überfordert.