DGUV Vorschrift 2 verschlechtert Arbeitsschutz

https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2011/_11/_08/Petition_21011.html

Der Deutsche Bundestag möge prüfen, ob die Unfallverhütungsvorschrift “Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit” (DGUV Vorschrift 2) der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) den mit dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASIG) verfolgten Zweck (Arbeitsschutz und Unfallverhütung) erreicht.

 
Aus der Begründung:

[…] Nicht die Gefährdungslage des Betriebes, sondern die Entscheidung des Unternehmers, welches Modell er einsetzt, wird über das Niveau an Arbeitsschutz und Unfallverhütung in einem Betrieb entscheiden. Der Umfang des Einsatzes von Expertenwissen sollte sich an der potentiellen Gefährdungslage orientieren. Es dürfen nicht finanzielle Interessen eines Unternehmers Einfluss auf das Niveau des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung erlangen. […]

Siehe auch: https://www.openpetition.de/petition/online/arbeitsschutz-novellierung-der-unfallverhuetungsvorschrift-zum-arbeitssicherheitsgesetz

Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit

Betriebsräte und Personalräte bestimmen bei der Organisation der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes mit. Sie müssen wissen, was Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu tun haben: http://www.bgw-online.de/internet/generator/Inhalt/OnlineInhalt/Medientypen/bgw__vorschriften-regeln/DGUV2-Betriebsaerzte-und-Fachkraefte-fuer-Arbeitssicherheit.html
Zum betriebsspezifischen Teil der Betreuung beschreibt Anhang 4 unverbindlich die zu berücksichtigenden Aufgabenfelder sowie Auslöse- und Aufwandskriterien und Leistungen, die im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben nach §§ 3 und 6 Arbeitssicherheitsgesetz ergänzend zur Grundbetreuung betriebsspezifisch erforderlich sein können.
Interessant sind einige Tabellen, z.B. (S. 52):

3.1 Neue Vorschriften, die für den Betrieb umfangreichere Änderungen nach sich ziehen
Aufarbeiten grundlegender Konsequenzen für den Betrieb

  • Unterstützen bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach Maßgabe der neuen Vorschrift
  • Organisation von erforderlichen Qualifizierungsaktivitäten zur Vorschrift generell
  • Ableiten von Konsequenzen für die Zuweisung von Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortung
  • Mitwirken bei Veränderungen betrieblicher Ablauforganisation
  • Unterstützen bei notwendigen technischen und organisatorischen Veränderungen in den Arbeitssystemen
  • Unterstützen bei der Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen zum arbeitsschutzgerechten Verhalten der Beschäftigten

Nun ist die Pflicht der Arbeitgeber zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutznicht mehr so ganz neu, aber wenn Ihr Betrieb damit jetzt erst beginnt, dann werden zusätzliche Ressourcen genau so gebraucht, wie bei der Umsetzung neuer Vorschriften, die für den Betrieb umfangreichere Änderungen nach sich ziehen. Wurde das bei der Planung in Ihrem Betrieb berücksichtigt?
Ist der fehlende Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz dokumentiert, dann ergibt sich daraus Nachholbedarf – mit einem erweiterten Budget. Es kann jedoch sein, dass Arbeitgeber versuchen, Dokumentation zu vermeiden, die zeigt, dass psychische Belastungen bisher nicht in den Arbeitsschutz einbezogen wurden. Wenn der Arbeitgeber nicht genügend Ressourcen für die nachträgliche Vervollständigung des ganzheitlichen Arbeitsschutzes bereitstellt, muss die Arbeitnehmervertretung notfalls die Feststellung erzwingen, dass wie bei der Umsetzung neuer Vorschriften (die für den Betrieb umfangreichere Änderungen nach sich ziehen) vorzugehen ist.
Siehe auch: http://www.dguv.de/inhalt/praevention/vorschr_regeln/dguv_vorschrift_2/ (2011-01-01):

DGUV Vorschrift 2 – Reformierte Unfallverhütungsvorschrift zum ASiG ist in Kraft getreten

83% haben keine Verfahren zum Umgang mit arbeitsbedingtem Stress

European Survey of Enterprises on New & Emerging Risks (ESENER), 2007-2010
http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2013/01/16.-Arbeitsschutzkonferenz-Psychische-Belastungen-Vortrag-von-Michael-Ertel.pdf (früher in http://www.dgb-bremen.de/themen/arbeitsschutzkonferenz-16/16. Arbeitsschutzkonferenz – Psychische Belastungen – Vortrag von Michael Ertel.pdf), 2010-06-02, S. 6 ff:

… Gibt es in Ihrem Betrieb ein Verfahren zum Umgang mit arbeitsbedingtem Stress?
(Antworten durch Arbeitsschutzverantwortliche der befragten Betriebe in Deutschland; N=1510)

  • 15% – Ja
  • 83% – Nein
  •   1% – Arbeitsbedingter Stress ist in unserem Betrieb kein Thema

Welche der folgenden Gründe haben Ihren Betrieb dazu veranlasst, sich mit psychosozialen Risiken zu befassen?
(Antworten durch Arbeitsschutzverantwortliche der befragten Betriebe in Deutschland; N=1510)

  • 53% – Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen
  • 42% – Anforderungen seitens der Beschäftigten oder ihrer Vertreter
  • 22% – Anforderungen seitens der Kunden oder Bedenken hinsichtlich des Rufs der Organisation
  • 22% – Auflagen seitens der Gewerbeaufsicht oder Berufsgenossenschaft
  • 19% – Nachlassen der Produktivität oder der Qualität der Leistung
  • 11 % – Hohe Fehlzeitenrate

Arbeitsumgebung und psychische Belastungen

http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitsstaetten/Tagungen/pdf/Vortrag-Arbeitsstaetten-2011-04.pdf?__blob=publicationFile&v=1, S.18/19:

Fachveranstaltung Arbeitsstätten – Dortmund, 9. Mai 2011
Andrea Fergen
Ressortleiterin Arbeitsgestaltung und Gesundheitsschutz

Betrieb:

  • Arbeitgeber müssen stärker in die Verantwortung genommen werden, hier sind auch die Aufsichtsbehörden gefordert!
  • Betriebsräte müssen ihre Mitbestimmungsrechte im Interesse guter Arbeit stärker nutzen
  • Fachkräfte für Arbeitssicherheit / Betriebsärzte müssen neues Aufgabenfeld offensiver angehen
  • Kooperationsbeziehungen verbessern

Gesetz-/Verordnungsgeber:

„Arbeitsschutzgemeinde“:

  • Arbeitsbedingtheit psychischer Beeinträchtigungen hervorheben
  • Maßnahmentransfer forcieren

2011: Änderungen in der gesetzlichen Unfallversicherung

http://www.aus-portal.de/nachrichten_19321.htm

Arbeitgeber müssen sich für 2011 auf Änderungen in der gesetzlichen Unfallversicherung einstellen
Arbeitgeber mit mehr als zehn Beschäftigten müssen sich im kommenden Jahr auf veränderte Vorgaben zur betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung einstellen. Darauf haben Unfallkassen und Berufsgenossenschaften hingewiesen. Während die bisherige Regelung feste Einsatzzeiten für den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit vorsah, gelten ab dem 1.1.2011 teilweise Leistungskataloge, aus denen sich die notwendigen personellen Ressourcen ableiten lassen. …

2012-02-02: Siehe auch http://blog.psybel.de/betriebsaerzte-und-fachkraefte-fuer-arbeitssicherheit/