Arbeitsbedingte Risiken für Depression

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30. Juni 2011
BPtK-Symposium: Psychisch gesund bei der Arbeit
Kooperationen für Prävention, Behandlung und Rehabilitation

Arbeitsbedingte Risiken für Depression
Prof. Dr. Renate Rau, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Marburg, erläuterte den Zusammenhang zwischen Arbeitsbelastungen und dem Auftreten psychischer Erkrankungen. Zahlreiche Studien hätten bisher Zusammenhänge zwischen psychischen Arbeitsbelastungen und psychischen Erkrankungen herstellen können. Bei diesen Studien sei aber nicht auszuschließen gewesen, dass psychisch kranke Menschen stärker über Arbeitsbedingungen klagen, die aus objektiver Sicht nicht überdurchschnittlich belastend sind.
In einer eigenen Studie konnte Prof. Rau jedoch diesen Zusammenhang anhand objektiv erhobener Merkmale der Arbeit und dem Auftreten von Depression nachweisen. Personen mit der objektiv höchsten Arbeitsintensität hatten ein 4,5fach erhöhtes Risiko, an Depression zu erkranken. Eine hohe Arbeitsintensität zeigt sich vor allem durch Zeitdruck und viele Unterbrechungen der Arbeitstätigkeiten. Auch die wahrgenommene soziale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte war bei Menschen mit Depression ungünstiger. Prof. Rau betonte die Bedeutung der Arbeitsprozesse für die Entstehung psychischer Erkrankungen und regte an, die Kenntnis von Arbeitsanalysen in der Aus- und Weiterbildung der Psychotherapeuten stärker zu berücksichtigen.

 
http://www.bptk.de/uploads/media/20110622_BPtK-Symposium_Psychisch_gesund_bei_der_Arbeit_Vortrag_Prof._Dr._Renate_Rau.pdf

Forschungsprojekt Nr. F1865 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
„Untersuchung arbeitsbedingter Ursachen für das Auftreten von depressiven Störungen“

… Analyse und Bewertung der Arbeitsbelastungen muss mit bedingungsbezogenenobjektivenund subjektivenVerfahren erfolgenTheoretische Basis:Job Demand/Control Modell (Karasek, 1979)Effort/Reward-Imbalance Modell (Siegrist, 1996)Konzept der aktiven Auseinandersetzung mit Tätigkeiten (Hacker, 1986)…

… Beispiel Objektive Arbeitsanalyse
Prinzipieller Ablauf:

  • Beobachtung der Arbeitstätigkeit vor Ort während einer Schicht
  • Ergänzung der Beobachtung durch gezieltes Nachfragen (= Beobachtungsinterview)
  • Einstufung auf verankerten Skalen
  • Erstellen des Tätigkeitsprofils
  • Ableitung von Arbeitsgestaltungsmaßnahmen unter Einbezug arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse

WICHTIG: Nicht der Arbeitnehmer wird bewertet, sondern die Tätigkeit! …

… Zumindest für den Zusammenhang von hoher Arbeitsintensität und Depression kann eineevtl. bestehende störungsimmanente Wahrnehmungsverzerrungnicht verantwortlich sein. …


Berücksichtigung von Arbeitsstress und von Auslösern für Arbeitstress in der Psychotherapie:

  • Ein Großteil der Patienten steht im Arbeitsleben.
  • Arbeitsbedingter Stress kann durch Merkmale der Arbeit, der Organisationerzeugt werden.

ergo:

  • Eine „einseitige“ Veränderung des Verhaltens des Patienten vermindert diesen Stress nicht
  • Die Veränderung des Erlebens (Wahrnehmung der Umwelt inkl. Interaktion) kann sogar kontraproduktiv sein. Problem „Schuldfrage“.