Mehr Druck durch mehr Freiheit

http://www.neue-arbeitszeit-praxis.de/veranstaltungen/fachtagung/praes_sauer_arbeitszeit_und_betriebliche_leistungspolitik.pdf

Dieter Sauer
Arbeitszeit und betriebliche Leistungspolitik
Fachtagung „Neue Zeiten, neue Arbeitszeiten?“ der Bundesanstalt für
Arbeitschutz und Arbeitsmedizin am 17. November 2011 in Berlin


Vertrauensarbeitszeit
„Mehr Druck durch mehr Freiheit“: Die Beschäftigten arbeiten umso länger und umso härter, je mehr Freiheiten sie in der Arbeit haben. Vertrauensarbeitszeit oder andere Formen flexibler Arbeitszeit führen also gewöhnlich zur Arbeitszeitverlängerung und zur Arbeitsintensivierung.

Das Handlungsdilemma betrieblicher Arbeitszeitpolitik
Neue Zeitökonomie und Indirekte Steuerung bringen die Beschäftigten in eine Lage, in der sie, um ihre Arbeitsanforderungen zu erfüllen, selbst, d.h. von sich aus auf ihnen zustehende Rechte verzichten. Sie unterlaufen von ihnen erkämpfte Regeln der Arbeitszeitgestaltung, in Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen und auch Gesetzen, weil sie ihre Arbeit anders nicht schaffen oder Angst haben, ansonsten ihre Arbeitsplätze zu verlieren.
Betriebsräte und Gewerkschaften geraten in Gegensatz zu den Menschen, deren Interessen sie wahrnehmen wollen.

Die „Herrschaft über den Arbeitsprozess“
Der Kampf um die Zeit wird zum Kampf um die Einflussgrößen des Arbeitsprozesses und um dessen Gestaltung. Zeitpolitik wird integraler Bestandteil von Arbeitspolitik – einer Arbeitspolitik, die sich nicht mehr auf die Abfederung von Auswirkungen auf die Beschäftigten beschränken kann, sondern sich in die Organisation der Rahmenbedingungen von Arbeit einmischen muss, wenn sie Wirkung erzielen will.

Freier Wille

Die Daumenschraube eines jeden finden: Dies ist die Kunst, den Willen Anderer in Bewegung zu setzen. Es gehört mehr Geschick als Festigkeit dazu. Man muss wissen, wo einem Jeden beizukommen sei. Es gibt keinen Willen, der nicht einen eigentümlichen Hang hätte, welcher, nach der Mannigfaltigkeit des Geschmacks, verschieden ist. Alle sind Götzendiener, Einige der Ehre, Andere des Interesses, die meisten des Vergnügens. Der Kunstgriff besteht darin, dass man diesen Götzen eines Jeden kenne, um mittels desselben ihn zu bestimmen. Weiß man, welches für jeden der wirksame Anstoß sei, so ist es, als hätte man den Schlüssel zu seinem Willen. Man muß nun auf die allererste Springfeder oder das primum mobile in ihm zurückgehen, welches aber nicht etwa das Höchste seiner Natur, sondern meistens das Niedrigste ist: denn es gibt mehr schlecht- als wohlgeordnete Gemüter in dieser Welt. Jetzt muss man zuvörderst sein Gemüt bearbeiten, denn ihm durch ein Wort den Anstoß geben, endlich mit seiner Lieblingsneigung den Hauptangriff machen; so wird unfehlbar sein freier Wille schachmatt.

Baltasar Grácian, Handorakel und Kunst der Weltklugheit, 1647, Übersetzung: Arthur Schopenhauer