Belastung, Fehlbelastung, Mobbing

Hans Gottlob Rühle, Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht (http://www.hans-gottlob-ruehle.de/Arbeitsrecht_X/Arbeitsrecht_115/arbeitsrecht_115.html):

[…] Unterscheidung zwischen Mobbing und psychischem Druck — Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen psychischer Belastung am Arbeitsplatz, Streß, psychischer Ermüdung und Druck am Arbeitsplatz einerseits und Mobbing andererseits. Viele Arbeitnehmer werfen die Begriffe durcheinander bzw. zählen alle psychischen Probleme unter den Oberbegriff des Mobbing. Dies ist nicht hilfreich, da der Begriff Mobbing dadurch ähnlich konturlos wird, wie z.B. der Begriff “Rheuma” im medizinischen Bereich. Es ist deshalb zu trennen zwischen der psychischen Belastung am Arbeitsplatz im allgemeinen und den Mobbing-Phänomenen im speziellen. […]

Kommentar dazu: Bei Mobbing ist die Beweislage in der Regel schwierig. Bei psychischer Belastung ist wiederum zu unterscheiden zwischen der Belastung, die zur Arbeit gehört (und ohne die es keine Arbeit gäbe!) einerseits und der psychischen Fehlbelastung, die Erkrankungen verursachen oder verschlechtern kann, andererseits.

Strategien gegen Arbeit?

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/58306/Strategien-gegen-psychische-Belastungen-am-Arbeitsplatz-immer-wichtiger

Politik
Strategien gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz immer wichtiger
Donnerstag, 10. April 2014
[…]

Dieses Missverständnis ist wohl nicht totzukriegen. Strategien gegen psychische Belastungen wären Strategien gegen Arbeit.
Was gebraucht wird, sind Strategien gegen psychische Fehlbelastungen.
 

Arbeitsschutz in Hessen

2013-04-19:
Psychische Fehlbelastungen: http://verwaltung.hessen.de/irj/RPDA_Internet?rid=HMdI_15/RPDA_Internet/sub/d1d/d1d32abb-a1f7-21f3-efef-e2389e481851,,22222222-2222-2222-2222-222222222222.htm

Mit psychischen Fehlbelastungen sind Anforderungen und Belastungen gemeint, die in ihren Ausprägungen (Intensität, Dauer, Häufigkeit) mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Beschäftigten führen.
Typische Risikofaktoren psychischer Fehlbelastungen sind z.B.:

  • hoher Zeitdruck, hohe Arbeitsverdichtung
  • häufige Arbeitsunterbrechungen, z.B. aufgrund von Mängeln in der Arbeitsorganisation
  • fehlende Qualifikation und Erfahrungen
  • fehlende soziale Unterstützung von Kollegen oder Vorgesetzten
  • ungünstige Arbeitszeiten, häufige kurzfristige Arbeitseinsätze, die wenig Planungsmöglichkeiten lassen
  • Verkürzte oder fehlende Pausen
  • hohe emotionale Inanspruchnahme durch z.B. Kunden oder kritische Ereignisse
  • monotone Tätigkeit, geringe Abwechslung
  • wenig Planungsmöglichkeiten bei der eigenen Arbeit, ein hoher Grad an Fremdbestimmung
  • Widersprüche in den Anforderungen und Zielen
  • geringe Vereinbarkeit von Familie und Beruf

 
2012-08-10:
ASCA: http://www.rp-darmstadt.hessen.de/irj/RPDA_Internet?rid=HMdI_15/RPDA_Internet/sub/8b7/8b7232ab-ba1f-721f-3efe-fe2389e48185,,22222222-2222-2222-2222-222222222222.htm
 
Gute praktische Tips.
2011-05-13:
http://projekte.sozialnetz.de/ca/ud/sgd/ (nicht mehr zugänglich):

ASCA-Erhebungsinstrumentarium 
Modular strukturiertes Überprüfungs- und Bewertungsinstrumentarium zur Analyse der betrieblichen Arbeitsschutzsituation

gesundheitsziele.de(r FDP)

Gemeinsame Pressemitteilung, BZgA und BMG (2012-03-29):

Nationales Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ vorgestellt 
Anlässlich des diesjährigen Weltgesundheitstags am 7. April 2012, hat heute Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr gemeinsam mit Dr. Rainer Hess, dem Vorsitzenden des Ausschusses gesundheitsziele.de, das neue Nationale Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ vorgestellt.
Dazu Bundesgesundheitsminister Bahr [(FDP)]: „Jeder und jede von uns kann in jeder Altersphase mit einer gesunden Lebensführung starten. Das Gesundheitsziel ‚Gesund älter werden’ will zweierlei erreichen: Eine bessere Gesundheitsförderung im Sinne einer Prävention sowie eine bessere Versorgung älterer Menschen im Krankheits- oder Pflegefall. Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz stärken wir die Rechte der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen in vielen Bereichen und zwar insbesondere in Bezug auf Leistungen, bessere Betreuung, Rehabilitation und Selbstbestimmung sowie Beratung. Darüber hinaus verbessern wir mit der geplanten Präventionsstrategie die Rahmenbedingungen für eine effektive und effiziente Gesundheitsförderung und Prävention, um Krankheiten und Pflegebedürftigkeit möglichst erst gar nicht entstehen zu lassen. Das Vorgehen bei ‚gesundheitsziele.de’ zeigt in bemerkenswerter Weise, dass es sinnvoll und effektiv ist, bewährte Strukturen wie die Plattform ‚gesundheitsziele.de’ zu nutzen, um sich auf Ziele und Maßnahmen zu verständigen und so das Gesundheitswesen auf konkrete Ziele auszurichten.“
Dr. Rainer Hess weist in seiner Vorstellung des Gesundheitsziels darauf hin:„Die demographische Entwicklung ist eine große Herausforderung unserer Gesellschaft. Wir wollen mit dem Nationalen Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen auch im Alter bei guter Gesundheit sind. Hierzu gibt es viele Anknüpfungspunkte. „Gesund älter werden“ benennt in 13 Zielen konkrete Handlungsfelder und Schwerpunkte, die es aktiv zu bewegen gilt.“
Das Gesundheitsziel wurde seit 2009 im Kooperationsverbund gesundheitsziele.de von einer Arbeitsgruppe von mehr als 30 Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Ländern, Selbstverwaltung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft erarbeitet. Die Arbeitsgruppe wird über die Entwicklung des Ziels hinaus die Umsetzung der Maßnahmen begleiten. Dazu ist es notwendig, dass alle Akteure, die in den Zielen genannt werden, in ihrer jeweiligen Verantwortung Impulse für eine wirkungsvolle Umsetzung setzen. Die Geschäftsstelle von gesundheitsziele.de ist unter dem Dach der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. angesiedelt.
Der Weltgesundheitstag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Altern und Gesundheit: Gesundheit erfüllt die Jahre mit Leben“ und macht auf das globale Phänomen der alternden Gesellschaften und deren Folgen aufmerksam. Das neue Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ bietet konkrete Ansätze für die damit verbundenen Herausforderungen. Es benennt Teilziele und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention, zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung sowie zu besonderen Aspekten für die Zielgruppe 65plus wie dem Thema Demenz.
Das neue Nationale Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ wird wie die vorausgegangenen Gesundheitsziele vom Bundesministerium für Gesundheit als Broschüre zur Verfügung stehen und in vier bis sechs Wochen auch als Download bei www.gesundheitsziele.de eingestellt.

(Text in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)
 
http://www.gesundheitsziele.de/cgi-bin/render.cgi?__cms_page=nationale_gz/depressive_erkrankungen

Depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln
Relevanz:
Depressionen gehören weltweit zu den häufigsten Formen psychischer Erkrankungen. Damit stellen psychische Erkrankungen zunehmend die Ursache für Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit dar. Rund ein Drittel aller Frühberentungen sind auf seelische Erkrankungen zurückzuführen. Nach Prognosen der WHO werden im Jahr 2020 Depressionen weltweit die zweithäufigste Krankheit darstellen. 45-70% aller Suizidopfer in Deutschland (2004: 11.000) haben Schätzungen zufolge zuvor an einer Depression gelitten.1
Ziele:

  • Ausreichender Wissensstand über das Krankheitsbild und seine Folgen in der Bevölkerung (Aktionsfeld Aufklärung)
  • Reduktion von Auftreten und Krankheitslast depressiver Erkrankungen (Aktionsfeld Prävention)
  • Verhinderung von Suiziden, Verkürzung von Krankheitsphasen (Aktionsfeld Diagnostik, Indikationsstellung und Therapie)
  • Frühzeitiges Erkennen von Erkrankten und deren umfassende und schnelle Behandlung (Aktionsfeld Diagnostik, Indikationsstellung und Therapie)
  • Stärkung der Position der Patient(inn)en und ihrer Angehörigen (Aktionsfeld Stärkung der Patient(inn)en und Betroffenen)
  • Verbesserung der Langzeitbehandlung Betroffener (Aktionsfeld Rehabilitation)
  • Bedarfsgerechter Zugang zu Versorgungsstrukturen (Aktionsfeld Versorgungsstruktur)

Empfohlene Startermaßnahmen:

  • Verbreitung und Weiterentwicklung von evidenzbasierten, allgemeinverständlichen Informationen über Krankheitsbild und Behandlungsmöglichkeiten
  • Ausbau und Koordinierung von regionalen Bündnissen gegen Depression
  • Flächendeckende niedrigschwellige Beratungs- und Hilfsangebote für Kinder psychisch kranker Eltern
  • Verhinderung von Nachahmungssuiziden, sensible Medienberichterstattung
  • Praxisbezogene und wiederholte Aus-, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu kommunikativer Kompetenz für Behandelnde der verschiedenen Professionen
  • Fortbildungsprogramme zur “Partizipativen Entscheidungsfindung”
  • Evaluierte Indikationskriterien für die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen
  • Implementation der evidenzbasierten und allgemein konsentierten Leitlinie Depression
  • Erweiterung des betrieblichen Arbeitsschutzes um Maßnahmen zur Reduzierung psychischer Belastungen
  • Fachgruppen- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit in vernetzten Versorgungsstrukturen (Integrationsverträge nach §140 SGBV)

“Erweiterung des betrieblichen Arbeitsschutzes um Maßnahmen zur Reduzierung psychischer Belastungen” ist für gesundheitsziele.de nur ein Nebenthema, obwohl der Mensch einen großen Teil seines Lebens bei der Arbeit verbringt. Insbesondere ist der Satz aber Unsinn, denn jede Arbeit ist Belastung. gesundheitsziele.de sollte eigentlich mehr Ahnung von diesem Thema haben. Richtig muss es heißen: “Erweiterung des betrieblichen Arbeitsschutzes um Maßnahmen zur Reduzierung psychischer Fehlbelastungen”.
Die FDP nimmt die Arbeitgeber nicht genügend in die Verantwortung.

Sinnvolle Arbeit reduziert Burnout-Risiko

In dem Artikel geht es um Burnout bei Ärzten. Die Steigerung des von Ärzten als sinnvoll erachteten Anteils an ihrer gesamten Arbeit trägt signifikant zur Senkung des Burnout-Risikos bei.
http://archinte.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=415000

Career Fit and Burnout Among Academic Faculty
Tait D. Shanafelt, MD; Colin P. West, MD, PhD; Jeff A. Sloan, PhD; Paul J. Novotny, MS; Greg A. Poland, MD; Ron Menaker, EdD; Teresa A. Rummans, MD; Lotte N. Dyrbye, MD
Arch Intern Med. 2009;169(10):990-995. doi:10.1001/archinternmed.2009.70.

 
ABSTRACT:
Background Extensive literature documents personal distress among physicians and a decrease in their satisfaction with the practice of medicine over recent years. We hypothesized that physicians who spent more of their time in the aspect of work that they found most meaningful would have a lower risk of burnout.
Methods Faculty physicians in the Department of Internal Medicine at a large academic medical center were surveyed in the fall of 2007. The survey evaluated demographic variables, work characteristics, and career satisfaction. Burnout was measured using the Maslach Burnout Inventory. Additional questions evaluated which professional activity (eg, research, education, patient care, or administration) was most personally meaningful and the percentage of effort that was devoted to each activity.
Results Of 556 physicians sampled, 465 (84%) returned surveys. A majority (68%) reported that patient care was the aspect of work that they found most meaningful, with smaller percentages reporting research (19%), education (9%), or administration (3%) as being most meaningful. Overall, 34% of faculty members met the criteria for burnout. The amount of time spent working on the most meaningful activity was strongly related to the risk of burnout. Those spending less than 20% of their time (approximately 1 d/wk) on the activity that is most meaningful to them had higher rates of burnout (53.8% vs 29.9%; P<.001). Time spent on the most meaningful activity was the largest predictor of burnout on multivariate analysis (odds ratio, 2.75; P = .001). Conclusions The extent to which faculty physicians are able to focus on the aspect of work that is most meaningful to them has a strong inverse relationship to their risk of burnout. Efforts to optimize career fit may promote physician satisfaction and help to reduce attrition among academic faculty physicians. […]

Nicht als sinnvoll empfundene Arbeit wird hier also als Fehlbelastung empfunden.

Früherkennung von Fehlbelastungen

http://www.mobifair.eu/Meldungen/12_01_05_Belastungen_am_Arbeitsplatz_werden_staerker/


mobifair befasst sich im Rahmen eines Projektes mit dem Thema Psychische Belastung am Arbeitsplatz. In Zusammenarbeit mit der TU Dortmund läuft derzeit ein breit angelegter Praxistest. Ziel ist es, eine zuverlässige Handlungshilfe zur Früherkennung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu entwickeln.

TU Dortmund ist in Ordnung, aber “Früherkennung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz” klingt so, als ob psychische Belastung vermieden werden sollte. Das hat die TU vermutlich nicht vor.
Der Fehler ist derzeit noch immer ziemlich populär. Es ist aber so, dass es ohne psychische Belastungen keine Arbeit für Menschen gäbe. Es geht ja nicht darum, Arbeit abzuschaffen, sondern der Arbeitgeber hat Arbeitsplätze dahingehend zu beurteilen, ob von diesen Arbeitsplätzen ausgehend Fehlbelastungen auf die Mitarbeiter wirken. Gegen Fehlbelastungen, die zu Fehlbeanspruchungen der Mitarbeiter führen (also deren physische und psychische Gesundheit gefährden), müssen dann Maßnahmen ergriffen werden.
Dafür gibt das Arbeitsschutz dem Arbeitgeber die Verantwortung. Aber was nun Fehlbelastungen am Arbeitplatz sind, können Arbeitgeber nicht einfach selbst bestimmen, sondern Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandeln darüber miteinander. Die Wissenschaft und das Recht bieten dafür einen Rahmen, innerhalb dessen beide Seiten betriebsnahe Lösungen erarbeiten und vereinbaren müssen.

Die Betriebe in die Pflicht nehmen

http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_wirtschaft/article13774163/Burn-out-als-Chefsache.html

Von der Leyen kündigt Kampagne gegen psychische Belastung am Arbeitsplatz an
Ministerin will kein schärferes Gesetz, sondern Firmenstrategien
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will Arbeitnehmer besser vor psychischen Belastungen am Arbeitsplatz schützen und dabei die Betriebe in die Pflicht nehmen. “Das ist für mich eines der großen Ziele im Arbeitsschutz”, sagte von der Leyen “Welt Kompakt”. “Wir sind in den letzten Jahrzehnten weit vorangekommen, um schwere körperliche Schäden durch Arbeit, etwa durch Fließbandarbeit, deutlich zu reduzieren. Das können wir bei den psychischen Belastungen auch schaffen.
Im kommenden Jahr werde die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie mit den Ländern und den Unfallversicherungsträgern einen Schwerpunkt setzen und die Konzepte mit Hilfe der Arbeitgeber und Gewerkschaften in die Betriebe hineintragen, kündigte die Ministerin an”

Sich beispielsweise an die seit 1996 bestehende Gesetze zum Arbeitsschutz zu halten, könnte eine gute Firmenstrategie sein. Angesichts der bestehenden Zustände wäre das sogar ziemlich innovativ. Bisher nämlich griff die große Mehrheit der Arbeitgeber das Thema “Psychische Belastungen” als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung ohne die Impulsgebung durch Gewerkschaften, Betriebsräte bzw. Arbeitsschutzbehörden (vereinzelt) nicht auf, worauf die Arbeitsministerin wider besseren Wissens nicht hinweisen möchte.
Noch ein sachlicher Fehler, der aber ziemlich weit verbreitet ist: Es geht nicht um die Abschaffung psychischer Belastungen. Eine Kampagne gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz würde Arbeitsplätze beseitigen. Was die Ministerin wohl meint, ist eine Kampagne gegen psychische Fehlbelastungen. Fallweise kann auch ein Mangel an stimulierenden psychischen Belastungen eine Fehlbelastung sein.

Übung: Wo ist der Fehler?

Hochschule Bremen – Verhältnisprävention
https://www.hs-bremen.de/internet/de/hsb/projekte/gesundheitsmanagement/verhaeltnispraevention/


Maßnahmen zur Verhältnisprävention sind etwa:

  1. betrieblicher Umweltschutz
  2. ergonomische Gestaltung der Arbeitsumgebung und Arbeitsmittel,
  3. Abbau belastender Arbeitsbedingungen,
  4. Verbesserung des Arbeitsklimas und Erweiterung von Handlungsspielräumen,
  5. Personalverantwortliche in gesundheitsorientierter Führung fortbilden
  6. Stärkung der individuellen Stresskompetenz und der Ressourcen
  7. lebensphasenorientierte Gestaltung der Arbeit


Ein Punkt ist falsch. Ein Abbau belastender Arbeitsbedingungen bedeutet, dass es keine Arbeit gibt. Ziel ist jedoch Abbau fehlbelastender Arbeitsbedingungen.
Einer zweiter Punkte gehört nicht zur Verhältnisprävention, sondern ist eher der Verhaltensprävention zuzurechnen. Welcher Punkt ist das? (Hier ist die Lösung)

20 Milliarden Euro Kosten

http://www.inqa.de/Inqa/Navigation/Themen/stress,did=259178.html

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz verursachen Kosten in Milliardenhöhe
Arbeitsbedingte psychische Belastungen verursachen in Deutschland jährlich Kosten von gut sieben bis knapp 20 Milliarden Euro – je nachdem, ob man sich dabei auf arbeitsbedingte psychische Störungen im engen Sinne konzentriert, oder auch körperliche Erkrankungen hinzurechnet, die auf psychische Belastungen am Arbeitsplatz zurückzuführen sind. Das haben der Epidemiologe Wolfgang Bödeker und der Mathematiker Michael Friedrichs im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt.
Psychische Probleme seien eine wesentliche Ursache für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung, schreiben die Wissenschaftler vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen beziehungsweise vom Institut für Prävention und Gesundheitsförderung an der Uniklinik Essen. …

Die Arbeitgeber sparen am Arbeitsschutz und belasten die Krankenkassen. Dazu passt: http://blog.psybel.de/wenn-arbeit-krank-macht/
Ansonsten noch die leider immer wieder nötige Anmerkung: Psychische Belastungen gehören zum Job. Was unnötige Kosten verursacht, sind psychische Fehlbelastungen.

Urlaub hilft nicht / Belastungen & Fehlbelastungen

http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/bei-depressionen-hilft-auch-kein-urlaub-3636763.php

… Urlaub beziehungsweise eine Auszeit von der Arbeit hilft in der Regel nicht, das Auftreten von Depression zu vermeiden, warnen Experten der Stiftung Deutsche Depressionshilfe wie der Psychiater und Direktor der Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Leipzig, Prof. Ulrich Hegerl. Dem Fachmann zufolge sollten Arbeitnehmer, die erste Anzeichen einer psychischen Erkrankung bei sich feststellen, keinesfalls in den Urlaub fahren, „denn die Depression reist mit.“ Zudem erleben die Betroffenen „den Zustand noch schmerzlicher“, wenn sie „irgendwo in der Ferne“ sind, erläuterte Hegerl. …

… Die Belastungen durch die Arbeit seien zudem eher selten der Auslöser für eine Depression, so Hegerl weiter. Sehr viel häufiger führen Änderungen im Lebensgefüge, wie zum Beispiel der Verlust einer nahestehende Person zu psychischen Problemen, erläuterte der Direktor der Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Auch können Hegerl zufolge scheinbar positive Dinge wie eine bestandene Prüfungen oder ein Urlaubsantritt Depressionen auslösen.
DGB fordert Verringerung der psychischen Belastungen in der Arbeitswelt:
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht anders als die Experten der Stiftung Deutsche Depressionshilfe bei den Arbeitsbedingungen eine wesentliche Einflussgröße in Bezug auf das Auftreten von Depressionen. In einer aktuellen Pressemitteilung fordert DGB-Vorstandsmitglied, Annelie Buntenbach, daher „psychische Belastungen in der Arbeitswelt konsequenter als bisher“ zu bekämpfen.“ …

Der DGB hat durchaus auch seine Experten. Es gibt wohl einen Unterschied zwischen der Depression, auf die sich die Stiftung Deutsche Depressionshilfe bezieht und der Erschöpfung (“Burnout”), die der DGB meint und die mangels geeigneter Klassifikation (ICD 10) oft als “Depression” diagnostiziert wird. Darum konstruiert das auch geschäftlich eher individualpsychologisch orientierte heilpraxis.net hier möglicherweise einen Dissens, den es so gar nicht gibt.
Daneben liegt Annelie Buntenbach jedoch mit der Forderung nach einer Verringerung der psychischen Belastungen. Das ist keine gute Idee, denn ohne psychische Belastungen (mental workload nach ISO 10075) gäbe es keine Arbeit. Was der gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsschutz dagegen (im Interesse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern) zu verringern hat, sind psychische Fehlbelastungen. Zu deren Verringerung kann es fallweise sogar erforderlich sein, psychische Belastungen zu erhöhen. Es gibt bei den Gewerkschaften genug Experten, die das wissen. Den Top-Funktionären scheint das aber oft zu kompliziert zu sein. Als Gewerkschaftsmitglied finde ich das recht ärgerlich.