Arbeitsschutz verkehrt

Seiner Tradition folgend, hilft das von Daniel Bahr (FDP) geleitete Bundesgesundheitsministerium den Unternehmen, die im Arbeitsschutz nachrangige Verhaltensprävention als förderungswürdigen Beitrag zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz zu verkaufen. Das BMG behauptet, das folgende Projekt gehöre in den Bereich der “psychischen Belastung”. Das ist verkehrt. In dem Siemens-Projekt geht es vorwiegend um den Umgang mit individuellen Beanspruchungen. Ich vermute, dass die Fachleute im Ministerium, wissen, dass sie hier die verkehrten Begriffe verwenden. Als Politiker arbeiten sie aber auch an der Umdeutung des Arbeitsschutzvokabulars.
http://mobile.bundesgesundheitsministerium.de/index.php?id=5678

Projekte im Bereich Psychische Belastung
Förderung psychischer Gesundheit in der Arbeitswelt – Siemens Healthcare und Siemens-Betriebskrankenkasse
Unternehmen: Siemens Healthcare
Beschäftigte:
Zielgruppe: Mitarbeiter mit Führungsverantwortung in der Produktion und Verwaltung, mittlere Leitungsebene
Laufzeit: Start: 05/2009; Laufzeit: 10/2009–07/2010
In Schulungen und Coachings wurden Führungskräfte zur eigenen psychischen Gesundheit und zum Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeitern trainiert. In den einzelnen Trainingsmodulen wird der Umgang mit der eigenen Gesundheit und dem eigenen Stressverhalten, sowie dem Umgang mit der Gesundheit der Mitarbeiter thematisiert. Auch Stressbewältigung und Ressourcenmanagement sind fester Bestandteil der Schulungen. Zu Beginn wurde mithilfe einer Arbeitsunfähigkeitsanalyse der Handlungsbedarf ermittelt und im Arbeitskreis Gesundheit eine Strategie hierzu entwickelt. In einer Voranalyse mittels evaluierter Fragebögen wurden die Handlungsschwerpunkte festgelegt und in einem Workshop die betreffenden Inhalte für zwei Seminare abgeleitet. Themen der beiden Seminare waren „Persönliches Stress- und Ressourcenmanagement“ und „Umgang mit psychisch belasteten Mitarbeitern“. Mithilfe von Zwischen- und Posttests durch Fragebögen und Einzelgespräche zur Wissensvermittlung und dem Umgang mit Stress wurden weitere Handlungsempfehlungen gegeben und das Projekt evaluiert.

(Hervorhebungen nachträglich vorgenommen)
Das Ministerium betreibt Desinformation. Hier geht es nicht um “Projekte im Bereich Psychische Belastung” im Sinn des Arbeitsschutzes. Anstelle die Einhaltung der Vorschriften voranzutreiben, beteiligt sich das Ministerium zusammen mit Unternehmen an einer Begriffsverwirrung.
Diese Seminare können ja wohl nicht die im Arbeitsschutz vorgeschriebenen Unterweisungen gewesen sein sein. Hoffentlich wurde dieses verhaltenspräventiv ausgerichtete Projekt nicht mit Steuergeldern gefördert, solange nicht zuerst die Verhältnisprävention funktioniert.
Das Arbeitsschutzgesetz verlangt, dass individuelle Schutzmaßnahmen nachrangig zu anderen Schutzmaßnahmen sind. Unternehmen, die die auf das Individuum ausgerichtete Verhaltensprävention über die an Unternehmensprozessen ansetzende Verhältnisprävention stellen, stellen sich damit gegen die Grundsätze des Arbeitsschutzes. Als primäre Prävention haben Unternehmen der Verhältnisprävention Vorrang vor der Verhaltensprävention zu geben.
Im Arbeitsschutz kommen nicht die Mitarbeiter, sondern die Arbeits- und Leistungsbedingungen auf die Couch.
Siehe auch: http://mobile.bundesgesundheitsministerium.de/index.php?id=5784
Verhaltens- und VerhÄaltnisprÄavention im Betrieblichen Gesundheitsmanagement: http://blog.psybel.de/moderne-it-arbeitswelt-gestalten/#VFS

gesundheitsziele.de(r FDP)

Gemeinsame Pressemitteilung, BZgA und BMG (2012-03-29):

Nationales Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ vorgestellt 
Anlässlich des diesjährigen Weltgesundheitstags am 7. April 2012, hat heute Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr gemeinsam mit Dr. Rainer Hess, dem Vorsitzenden des Ausschusses gesundheitsziele.de, das neue Nationale Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ vorgestellt.
Dazu Bundesgesundheitsminister Bahr [(FDP)]: „Jeder und jede von uns kann in jeder Altersphase mit einer gesunden Lebensführung starten. Das Gesundheitsziel ‚Gesund älter werden’ will zweierlei erreichen: Eine bessere Gesundheitsförderung im Sinne einer Prävention sowie eine bessere Versorgung älterer Menschen im Krankheits- oder Pflegefall. Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz stärken wir die Rechte der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen in vielen Bereichen und zwar insbesondere in Bezug auf Leistungen, bessere Betreuung, Rehabilitation und Selbstbestimmung sowie Beratung. Darüber hinaus verbessern wir mit der geplanten Präventionsstrategie die Rahmenbedingungen für eine effektive und effiziente Gesundheitsförderung und Prävention, um Krankheiten und Pflegebedürftigkeit möglichst erst gar nicht entstehen zu lassen. Das Vorgehen bei ‚gesundheitsziele.de’ zeigt in bemerkenswerter Weise, dass es sinnvoll und effektiv ist, bewährte Strukturen wie die Plattform ‚gesundheitsziele.de’ zu nutzen, um sich auf Ziele und Maßnahmen zu verständigen und so das Gesundheitswesen auf konkrete Ziele auszurichten.“
Dr. Rainer Hess weist in seiner Vorstellung des Gesundheitsziels darauf hin:„Die demographische Entwicklung ist eine große Herausforderung unserer Gesellschaft. Wir wollen mit dem Nationalen Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen auch im Alter bei guter Gesundheit sind. Hierzu gibt es viele Anknüpfungspunkte. „Gesund älter werden“ benennt in 13 Zielen konkrete Handlungsfelder und Schwerpunkte, die es aktiv zu bewegen gilt.“
Das Gesundheitsziel wurde seit 2009 im Kooperationsverbund gesundheitsziele.de von einer Arbeitsgruppe von mehr als 30 Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Ländern, Selbstverwaltung, Zivilgesellschaft und Wissenschaft erarbeitet. Die Arbeitsgruppe wird über die Entwicklung des Ziels hinaus die Umsetzung der Maßnahmen begleiten. Dazu ist es notwendig, dass alle Akteure, die in den Zielen genannt werden, in ihrer jeweiligen Verantwortung Impulse für eine wirkungsvolle Umsetzung setzen. Die Geschäftsstelle von gesundheitsziele.de ist unter dem Dach der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. angesiedelt.
Der Weltgesundheitstag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Altern und Gesundheit: Gesundheit erfüllt die Jahre mit Leben“ und macht auf das globale Phänomen der alternden Gesellschaften und deren Folgen aufmerksam. Das neue Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ bietet konkrete Ansätze für die damit verbundenen Herausforderungen. Es benennt Teilziele und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention, zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung sowie zu besonderen Aspekten für die Zielgruppe 65plus wie dem Thema Demenz.
Das neue Nationale Gesundheitsziel „Gesund älter werden“ wird wie die vorausgegangenen Gesundheitsziele vom Bundesministerium für Gesundheit als Broschüre zur Verfügung stehen und in vier bis sechs Wochen auch als Download bei www.gesundheitsziele.de eingestellt.

(Text in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)
 
http://www.gesundheitsziele.de/cgi-bin/render.cgi?__cms_page=nationale_gz/depressive_erkrankungen

Depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln
Relevanz:
Depressionen gehören weltweit zu den häufigsten Formen psychischer Erkrankungen. Damit stellen psychische Erkrankungen zunehmend die Ursache für Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit dar. Rund ein Drittel aller Frühberentungen sind auf seelische Erkrankungen zurückzuführen. Nach Prognosen der WHO werden im Jahr 2020 Depressionen weltweit die zweithäufigste Krankheit darstellen. 45-70% aller Suizidopfer in Deutschland (2004: 11.000) haben Schätzungen zufolge zuvor an einer Depression gelitten.1
Ziele:

  • Ausreichender Wissensstand über das Krankheitsbild und seine Folgen in der Bevölkerung (Aktionsfeld Aufklärung)
  • Reduktion von Auftreten und Krankheitslast depressiver Erkrankungen (Aktionsfeld Prävention)
  • Verhinderung von Suiziden, Verkürzung von Krankheitsphasen (Aktionsfeld Diagnostik, Indikationsstellung und Therapie)
  • Frühzeitiges Erkennen von Erkrankten und deren umfassende und schnelle Behandlung (Aktionsfeld Diagnostik, Indikationsstellung und Therapie)
  • Stärkung der Position der Patient(inn)en und ihrer Angehörigen (Aktionsfeld Stärkung der Patient(inn)en und Betroffenen)
  • Verbesserung der Langzeitbehandlung Betroffener (Aktionsfeld Rehabilitation)
  • Bedarfsgerechter Zugang zu Versorgungsstrukturen (Aktionsfeld Versorgungsstruktur)

Empfohlene Startermaßnahmen:

  • Verbreitung und Weiterentwicklung von evidenzbasierten, allgemeinverständlichen Informationen über Krankheitsbild und Behandlungsmöglichkeiten
  • Ausbau und Koordinierung von regionalen Bündnissen gegen Depression
  • Flächendeckende niedrigschwellige Beratungs- und Hilfsangebote für Kinder psychisch kranker Eltern
  • Verhinderung von Nachahmungssuiziden, sensible Medienberichterstattung
  • Praxisbezogene und wiederholte Aus-, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu kommunikativer Kompetenz für Behandelnde der verschiedenen Professionen
  • Fortbildungsprogramme zur “Partizipativen Entscheidungsfindung”
  • Evaluierte Indikationskriterien für die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen
  • Implementation der evidenzbasierten und allgemein konsentierten Leitlinie Depression
  • Erweiterung des betrieblichen Arbeitsschutzes um Maßnahmen zur Reduzierung psychischer Belastungen
  • Fachgruppen- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit in vernetzten Versorgungsstrukturen (Integrationsverträge nach §140 SGBV)

“Erweiterung des betrieblichen Arbeitsschutzes um Maßnahmen zur Reduzierung psychischer Belastungen” ist für gesundheitsziele.de nur ein Nebenthema, obwohl der Mensch einen großen Teil seines Lebens bei der Arbeit verbringt. Insbesondere ist der Satz aber Unsinn, denn jede Arbeit ist Belastung. gesundheitsziele.de sollte eigentlich mehr Ahnung von diesem Thema haben. Richtig muss es heißen: “Erweiterung des betrieblichen Arbeitsschutzes um Maßnahmen zur Reduzierung psychischer Fehlbelastungen”.
Die FDP nimmt die Arbeitgeber nicht genügend in die Verantwortung.

Motivationsdruck auf Mitarbeiter

Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
http://blog.psybel.de/grundsaetze-der-behoerdlichen-systemkontrolle/

… Ursachen für Arbeitsschutzmängel müssen aufgedeckt werden. Dabei kann die Ursachenprüfung nicht beim Fehlverhalten des Arbeitnehmers enden, denn allzu häufig finden sich Fehler in der Delegationskette, in der Bereitstellung von Informationen, oder es sind Zuständigkeiten oder Abläufe unklar. …

 
SPIEGEL WISSEN, Patient Seele – Wie die Psyche wieder ins Gleichgewicht kommt,
(132 Seiten, Druckauflage: ca. 240000, Feb. 2012), Nr. 1/2012, S. 115

… Wenn ein Mitarbeiter aber über längere Zeit nichts unternimmt, um sein Problem anzugehen, dann könnte der Vorgesetzte in weiteren Gesprächen auch den Motivationsdruck erhöhen, sagt er [Dr. Werner Kissling, CFDM]. Das könnte dann so klingen: “Wir werden nicht mehr zwölf Monate abwarten, bis Sie etwas unternehmen, um gesund zu werden. Durch klare Ansagen erreiche man oft doch, “dass professionelle Hilfe angenommen wird” …, meint der Psychotrainer. Das letztlich auch im Interesse des erkrankten Mitarbeiters.
Das Modell hat nur einen Haken: Wer auf der Burnour-Spirale schon weit hinabgerutscht ist, hat längst seinen unverstellten Blick dafür verloren, was Gesundheit für ihn mal bedeutet hat. …

Darum schlägt Werner Kissling ein solches “Modell” auch nicht so vor, wie es sich einem unkritischen SPIEGEL-Leser auf den ersten Blick darstellen könnte. In seinen Seminaren rät er Mitarbeitern und Vorgesetzten klar davon ab, Arzt zu spielen. Laien können und dürfen weder “Probleme” von Mitarbeitern als Krankheit diagnostizieren noch Mitarbeiter als psychisch “erkrankt” einstufen.
Werner Kissling ist kein “Psychotrainer”, sondern ein seriöser Psychiater, dessen Institut (der TU-München) Vorträge, Schulungen und Beratung anbietet. Dabei betont er, dass ein funktionierender Arbeitsschutz eine Grundvoraussetzung ist und dass Gefährdungen vorschriftsgemäß beurteilt werden müssen. Im Gegensatz zum SPIEGEL kennt und respektiert Werner Kissling den Arbeitsschutz und die Mitbestimmung. Er bietet auch Betriebsräten Schulungen an.
All das hat der SPIEGEL ignoriert und erweist damit sowohl seinen Lesern wie auch dem von ihm zitierten Arzt keinen Dienst. Auch in dem ganzen 132seitigen Heft habe ich nichts zum Arbeitsschutz und seiner Vernachlässigung durch die Mehrheit der Arbeitgeber gefunden. In Sachen Arbeitsschutz bleiben die Leser unwissend und hilflos.
Die Vernachlässigung der psychischen Belastungen im Arbeitsschutz dermaßen zu ignorieren, muss inzwischen ziemlich anstrengend für Journalisten geworden sein. Diese Vernachlässigung ist inzwischen klar belegt. Die meisten Journalisten ignorieren die Fakten trotzdem: Etwa 70% der Unternehmen beziehen psychisch wirksame Belastungen nicht in den Arbeitsschutz ein. Der SPIEGEL weiß, dass es hier Probleme gibt, kommt aber nicht auf die Idee, dass die beharrliche Missachtung wichtiger Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes das Risiko der Mitarbeiter erhöht, durch ihre Arbeitsbedingungen verletzt zu werden. Unter welchen Bedingungen arbeiten eigentlich die Mitarbeiter des SPIEGEL? Ist der Einbezug psychischer Belastungen an den Bildschirmarbeitsplätzen in der SPIEGEL-Redaktion ein Tabu?
Von wichtige Fakten ausblendende Journalisten zu Politikern, die sich eigentlich um die Gesundheit der Bürger kümmern sollten: Auf der Rückseite des Heftes wirbt das FDP-geführte Bundesministerium für Gesundheit (BMG):

Die Vermeidung von zu viel Stress am Arbeitsplatz ist eine gemeinsame Aufgabe. Daran haben alle ihren Anteil.
Ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber: Zu viel Stress schadet uns allen. Nehmen Sie die betriebliche Gesundheitsförderung nicht auf die leichte Schulter. Machen Sie auch mit: www.Unternehmen-unternehmen-Gesundheit.de

Die Bundesregierung erlässt Gesetze, an die sich die Arbeitgeber zu halten haben. Anstatt die Missachtung des Arbeitsschutzgesetzes anzusprechen und die Verantwortung der Arbeitgeber für den Arbeits- und Gesundheitsschutz anzusprechen, macht dieses Ministerium (im Gegensatz zum CDU-geführten Bundesarbeitsministerium) Täter und Opfer gleichermaßen für die Gesundheitsförderung verantwortlich. Dabei ist erwiesen, dass sich Arbeitgeber ohne Motivationsdruck durch die Aufsicht beim Arbeitsschutz mehrheitlich nicht an ihre Pflichten halten würden. Ein zu großer Teil der Klientel der FDP drückt sich davor, den gesetzlichen Verpflichtung zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes nachzukommen.
(Aktualisierung: 2012-03-19)

Die TAZ sagt auch noch etwas dazu

Mit acht Tagen Verspätung füllt die TAZ (die tageszeitung) auf Seite 6 noch ein kleines Spaltenstückchen mit einer Meldung über die Arbeitsministerin van der Leyen, die jetzt etwas gegen Überlastung am Arbeitsplatz tun will. Zwei Spaltensegmente auf Seite 16 belegte dazu noch Simone Schmollack unter dem Kommentartitel “Ministerin ganz ohne Burnout“. Sehr originell. Schmollack maulte, dass sich die Arbeitsministerin in Themen der Familienministerin und der Gesundheitsministers einmische. Dann widmete sie sich dem Burn-Out als Modebegriff. Das ist nach all den Ungenauigkeiten in der Diskussion zu dem Thema eben im Augenblick die Mode.
Klar, das Thema war in den letzten Monaten populärer geworden, und dann musste nach langer Enthaltsamkeit zu diesem Thema auch die TAZ etwas dazu sagen. Schmollak machte das wie Kristian Weber in der Süddeutschen Zeitung (2011-10-22, S. 24), nur kürzer.
Angesichts ihrer Zuständigkeiten im Arbeitsschutz auf Bundesebene kann man der Arbeitsministerin legitim eigentlich nur vorwerfen, dass sie die Überlastung am Arbeitsplatz erst jetzt aufgreift und nicht deutlich genug macht, dass die Mehrheit der Arbeitgeber seit 1996 (und trotz wichtiger BAG-Beschlüsse im Jahr 2004) ihre Pflichten im ganzheitlichen Arbeitsschutz fortgesetzt und wissentlich mißachtet hatte. Nicht nur die Bundesfamilienministerin und der Bundesgesundheitminister kamen der Bundesarbeitsministerin zuvor, sondern besonders deutlich (hoffentlich auch weiterhin) wurde hier bereits Christine Haderthauer, die Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen.
Es ist zwar ein bisschen verkehrt herum, aber die TAZ könnte vielleicht auch noch nach dem Kommentar etwas recherchieren. In der Redaktion weiß man vermutlich nicht, dass die große Mehrheit der Unternehmen seit Jahren gegen die Arbeitsschutzbestimmungen verstößt, weil diese Arbeitgeber die psychisch wirksamen Belastungen in ihn nicht mit einbeziehen. Wenn man Kommentare über die Arbeitsministerin und Burn-out schreibt, könnte es nicht schaden, die Aufgaben der Arbeitsministerin zu kennen. Möglicherweise ist das Thema der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz aber auch nur uninteressant für die taffe TAZ. Oder vielleicht rafft sich ja doch aus dieser so vorbildlichen Redaktion noch jemand zu einer ordentlichen Recherche auf. (Ich hatte die Redaktion auch als TAZ-Genosse schon früher darum gebeten.) Zu der These “Zu viele Organisationen drücken sich vor dem Arbeitsschutz” könnte die TAZ damit in Berlin beginnen, also noch in Simone Schmollaks Nähe.
Anmerkung: Die Begeisterung der FDP-Gesundheitsminister für das Betriebliche Gesundheitsmanagement ist mit Vorsicht zu genießen. Siehe: Gesundheitsmanagement als Schleier.

Abschreckende Gesundheitspolitik

http://www.bild.de/geld/wirtschaft/praxisgebuehr/kostet-jeder-arztbesuch-bald-5-euro-21487608.bild.html
Nach Ansicht dieser sechs vermutlich kaum Praxisgebühren zahlenden Leute schrecken die derzeitigen Praxisgebühren nicht genügend vor “unnötigen” Praxisbesuchen ab:

Ob deren Äußerungen redlich oder unredlich sind, kann man daran prüfen, wie deutlich die Sechs sich für Abschreckungsmaßnahmen einsetzen, die es Unternehmen etwas schwerer machen, die Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes zu ignorieren. Würde den Arbeitgebern die seit 1996 nachhaltig tolerierte Missachtung ihrer Pflichten etwas wirksamer erschwert, dann gäbe es wohl auch weniger unnötige Arztbesuche.
Von der Techniker Krankenkasse gibt es immerhin sehr gute Veröffentlichungen. Aber die nun wirklich einmal fällige Feststellung, dass jahrelang zugelassene Pflichtverletzungen zur den Kosten im Gesundheitswesen beitragen und die Unternehmen offensichtlich nicht genügend Strafen dafür zahlen müssen, habe ich noch von keiner Krankenkasse gehört.
Unter den Politikern mit Regierungsverantwortung ist mir kürzlich Christine Haderthauer (CSU) positiv aufgefallen. Mal sehen, ob in Bayern nun tatsächlich die angekündigten “Burnout-Detektive” die Unternehmen proaktiver und gründlicher kontrollieren.

Das Präventionsgesetz gibt es bereits

http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=48252

Bahr: Kein Präventionsgesetz – Gesundheitsförderung lässt sich dennoch regeln
Berlin – Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat sich auf dem Kongress „Unternehmen unternehmen Gesundheit 2011“ erneut gegen ein Präventionsgesetz ausgesprochen, um die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) zu unterstützen. Damit erteilte er dem in der vergangenen Legislaturperiode erarbeiteten Entwurf der SPD-Fraktion zu einem Präventionsgesetz erneut eine Absage. …

Hier hat Bahr recht. Nicht Gesetze fehlen, sondern der Wille, sie umzusetzen. Das Präventionsgesetz gibt es bereits: Das Arbeitsschutzgesetz. Schade, das Bahr nicht darauf hinwies. Zusammen mit dem Betriebsverfassungsgesetz und vielen anderen Vorschriften könnten Betriebsärzte, Arbeitssicherheitsfachleute, Arbeitnehmervertreter und die Aufsichtsbehörden eine gute Prävention sicherstellen – wenn man sie ließe. In den Ländern, in denen die SPD regiert, soll sie erst einmal zeigen, wie bestehende Gesetze endlich besser durchgesetzt werden.

Vorzeitiger unfreiwilliger Ruhestand

http://www.sueddeutsche.de/karriere/
vorzeitiger-unfreiwilliger-ruhestand-aufhoeren-weil-die-seele-leidet-1.1165601

Aufhören, weil die Seele leidet
16.10.2011, 17:23
Von Thomas Öchsner
Psychische Erkrankungen sind mittlerweile der Hauptgrund für den unfreiwilligen Vorruhestand – und der kommt immer früher: Wer vor 30 Jahren vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden musste, war im Durchschnitt 56 Jahre alt. Heute sind vor allem diejenigen, die wegen seelischer Leiden aufhören, wesentlich jünger. Das hat mehrere Gründe. …

Auf Seite 4 (SZ 2011-10-17) gab es dann von “tö” den Kommentar “Wenn Arbeit krank macht”. Der Kommentarschreiber liest anscheinend seine eigene Zeitung nicht. Und er suchte auch nicht in ihrem Archiv: “Wenn Arbeit krank macht” war an gleicher Stelle schon einmal der Titel eines Kommentars, und zwar in der SZ 2010-08-13.
“tö” fragt: “Was zu tun ist?”. Seine Antworten: “Arbeitnehmer müssen lernen, an sich selbst keine überzogenen Ansprüche zu stellen, und die Arbeitgeber dürfen ihre Untergebenen nicht als moderne Arbeitssklaven behandeln …”
Davon, dass diese beiden (die Situation nicht ganz nicht falsch, aber auch nicht ausreichend beschreibenden) Klischees wiedergekäut werden, werden sie auch nicht hilfreicher. Sie lenken von einem ganz anderen Problem ab: Wieso kommt der Kommentator nicht auf die Idee, zu fragen, ob überhaupt ehrlich und diszipliniert gefragt wird, “was zu tun ist”? Einiges, was zu tun ist, ist nämlich seit vielen Jahren vorgeschrieben, wird aber nicht getan. Je nach Quelle kann man erfahren, dass seit Jahren 16% bis (sehr optimistisch geschätzt) 50% der Unternehmer psychisch wirksame Belastungen nicht in die vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen mit einbeziehen. Seit spätestens 2004 verstößt die Mehrheit der Unternehmen gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und die dazu gehörnden Urteile. Was wäre dagegen zu tun? Aufsicht! Und dass es an Aufsicht fehlt, sollte bei der SZ inzwischen auch bekannt sein.
Wenn die Leute locker bei Rot über die Ampel fahren dürften, würde sich sich doch auch niemand wundern, wenn mehr Verkehrsunfälle passieren. Es kann da doch keine allzu große geistige Herausforderung sein, zu fragen, wie sich der gewohnheitsmäßige Verstoß gegen die Pflicht der Arbeitgeber zum Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz (schon ganz am Anfang, also beim Fragen nach Gefährdungen) auf psychische Erkrankungen auswirkt.
SZ 2010-08-13, S. 4:

… Die Vorbehalte [der Firmen] gegenüber guter Prävention zeigen auch wieder, dass die Pläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler [(damals war er das noch)] falsch sind, den Arbeitgeberanteil am Krankenkassenbeitrag einzufrieren. Damit würden künftig die Arbeitnehmer alleine dafür zahlen, dass Firmen durch schlechte Vorsorge die Gesundheit ihrer Belegschaft gefährden.

 



http://www.tagesschau.de/inland/fruehrente100.html

Zahlen im vergangenen Jahr laut Zeitung angestiegen
Psychische Erkrankungen häufiger Grund für Frührente
Die Zahl der Arbeitnehmer, die wegen einer psychischen Erkrankung vorzeitig in Rente, ist im vergangenen Jahr gestiegen. Das berichtet die “Süddeutsche Zeitung” unter Berufung auf neue Zahlen der Deutschen Rentenversicherung.
Demnach mussten sich im Jahr 2010 bundesweit fast 71.000 Frauen und Männer wegen seelischer Störungen vor Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren in den Ruhestand verabschieden. 2009 waren es noch knapp 64.500 gewesen. …

 


Abendzeitung München / dpa:
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.rente-mit-depression-still-und-heimlich-in-die-fruehverrentung.c4d6a420-17fd-4ca7-878e-15e61e25d746.html

Mit Depression still und heimlich in die Frühverrentung
… Burnout ist kein neues Phänomen, aber es breitet sich aus wie ein Ölfleck auf dem Wasser. Die internationalen Konzern-Verflechtungen bei zunehmendem Konkurrenzdruck führen zu höheren Anforderungen an die Arbeitnehmer. Dabei spielen individuelle Fähigkeiten auch eine wichtige Rolle: Manche sind stress-resistenter als andere, die dann auch früher ans Limit kommen.
Um die fatale Entwicklung zu bremsen, muss nach Überzeugung aller Experten in den Betrieben vorbeugend gegengesteuert werden: Das Bundesgesundheitsministerium will dazu in Zusammenarbeit mit Firmen demnächst ein Stressabbauprogramm für Beschäftigte auflegen. …

Nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit. Warum weist die DPA auf die Bedeutung der individuellen Resilienz hin ohne auch die einfach nachprüfbare Missachtung der Arbeitsschutzregeln durch die Mehrheit der Unternehmen zu erwähnen? Warum will das Bundesgesundheitsministerium ein Stressabbauprogramm auflegen anstatt die Unternehmen endlich durch gründliche Gewerbeaufsicht zur Einhaltung bereits bestehender Vorschriften bewegen?
Die gute Nachricht: Wie man es richtig macht, zeigte jüngstens (entgegen meinen eigenen Vorurteilen) ausgerechnet eine CSU-Landesministerin. Und bereits im Jahr 2009 bohrte (entgegen meinen weiteren Vorurteilen) die FDP in Berlin an den richtigen Stellen nach. Hier sind ein paar Politiker der Presse voraus.

Fragen an Arbeitgeber

Die folgende Liste von Fragen wurde aus einer Kleinen Anfrage der FDP (2009, Mieke Senftleben und Kai Gersch) in Berlin abgeleitet. Hinter den Fragen steckt Kompetenz: Die Fragesteller haben das Thema “Verhaltensprävention vs. Verhältnisprävention” sehr gut verstanden und vermitteln das auch deutlich. Auch das ist eine Aufgabe solcher Anfragen. Zumindest als Oppositionspartei hatte die FDP hier gute Arbeit geleistet.
Bei den Fragen ging es um die Belastung von Lehrern an Berliner Schulen. Ich habe die Fragen so modifiziert, dass man sie in der Privatwirtschaft verwenden könnte. Man muss die Fragen dort, wo die Voraussetzungen des konkreten Falls nicht gegeben sind, natürlich ändern oder gegebenenfalls auch weglassen.

  1. Wie bewertet der Arbeitgeber die krankheitsbedingten Fehlzeiten von Mitarbeitern in seinen Betrieben als Kriterium für die Beurteilung der gesundheitlichen Belastung insbesondere vor dem Hintergrund der außergewöhnlichen Belastungen, denen sie ausgesetzt sind?
  2. Welchen Stellenwert hat nach Ansicht des Arbeitgebers die kontinuierliche Erfassung der Fehlzeiten von Mitarbeitern als Mittel zur Beurteilung der Veränderung und Erkennung von Tendenzen der gesundheitlichen Belastung?
  3. Welche sind nach Ansicht des Arbeitgebers die realen und potenziellen gesundheitlichen Belastungsfaktoren, unter denen Mitarbeiter in seinen Betrieben leiden?
  4. Ist der Arbeitgeber daran interessiert, die gesundheitlichen Belastung der Mitarbeiter in seinen Betrieben zu erfassen?
  5. Sofern der Fall: welcher Methoden/Parameter bedient sich der Arbeitgeber zu diesem Zweck (z.B. Gefährdungs- und Belastungsanalyse), und hält er die ihm zur Verfügung stehende Datenlage zum Gesundheitszustand der Mitarbeiter für ausreichend und statistisch valide?
  6. Wie viele Mitarbeiter wurden in den letzten 10 Jahren in den Betrieben des Arbeitgebers vorzeitig in den Ruhestand versetzt und welchen Anteil machten die vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand an der Gesamtzahl der jährlichen Versetzungen in den Ruhestand jeweils aus?
  7. Wie viele dieser vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand erfolgten in jedem der letzten 10 Jahre aus gesundheitlichen Gründen und welchen Anteil machten die gesundheitlich bedingten vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand an der Gesamtzahl der jährlichen Versetzungen von Mitarbeitern in den Ruhestand jeweils aus?
  8. Wie handhaben andere Arbeitgeber (z.B. Mitglieder in Arbeitgeber- und Personalerorganisationen, in denen auch der Arbeitgeber Mitglied ist) nach Kenntnis des Arbeitgebers die Erfassung und Auswertung der krankheitsbedingten Fehlzeiten von Mitarbeitern in seinen Betrieben?
  9. Liegen dem Arbeitgeber wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Verhaltens- in Relation zur Verhältnisprävention vor, und – sofern der Fall – welche sind dies?
  10. Wie bewertet der Arbeitgeber die Wirksamkeit von Verhaltens- in Relation zur Verhältnisprävention im Sinne der Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter?
  11. Der Arbeitgeber referiert allgemein den Begriff “Verhältnisprävention”, ohne konkrete Maßnahmen der Verhältnisprävention in seinen Betrieben zu nennen. Ist daraus zu folgern, dass vom Arbeitgeber keine Projekte der Verhältnisprävention zur Förderung der Mitarbeitergesundheit in seinen Betrieben durchgeführt werden?
  12. Hält es der Arbeitgeber für angemessen, den Mitarbeitern angesichts der besonderen Belastungen in seinen Betrieben vorwiegend oder ausschließlich sporadisch Strategien anzubieten, wie sie selbst diese Belastungen individuell kompensieren können [Verhaltensprävention], oder ist der Arbeitgeber der Ansicht, dass vor allem im Sinne einer Verhältnisprävention die Ursachen der Belastungen erkannt und behoben werden sollten?
  13. Auf welche Weise und in welchen Intervallen werden die vom Arbeitgeber dargestellten Maßnahmen der Verhaltensprävention bei Mitarbeitern auf ihre Wirksamkeit evaluiert, wie lauten die Ergebnisse der letzten Evaluationen und wie viel haben die Maßnahmen in den letzten 5 Jahren jeweils jährlich gekostet?
  14. Gilt die “Betriebsvereinbarung über das betriebliche Gesundheitsmanagement” vom (im Folgenden BVG genannt) im Betrieb X des Arbeitgebers auch für die Mitarbeiter in anderen Betrieben dieses Arbeitgebers, und wird sie umgesetzt?
  15. Sofern nicht der Fall: warum nicht?
  16. Sofern die BVG für die o.g. Betriebe gilt: Wie viele Gesundheitskoordinatoren/-innen gemäß BVG gibt es derzeit in den Abteilungen für Arbeitsschutz, und welche Betriebe werden von ihnen betreut?
  17. Wie viele Ausschüsse für Gesundheitsmanagement gemäß BVG sind derzeit für die Mitarbeiter tätig, welche Maßnahmenkataloge gemäß BVG wurden erstellt, welche Analyseinstrumente gemäß BVG finden aktuell Anwendung und wann/wo erfolg(t)en Mitarbeiterbefragungen gemäß BVG in den Betrieben des Arbeitgebers?
  18. Wie werden die Vereinbarungen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement vom November 2007 derzeit in den Betrieben des Arbeitgebers umgesetzt?
  19. In der Gesamtvereinbarung … heißt es in Bezug auf das Gesundheitsmanagement: “Die isolierte Einführung einzelner Maßnahmen wirkt – wenn überhaupt – nur kurzzeitig und ist längerfristig als kontraproduktiv anzusehen”. Wie bewertet der Arbeitgeber diese Aussage?
  20. Wie bewertet der Arbeitgeber vor dem Hintergrund der Gesamtvereinbarung kurzfristige, sporadische Angebote von “Stresskursen” für Mitarbeiter?
  21. Sind dem Arbeitgeber Initiativen anderer Arbeitgeber zur Förderung der Mitarbeitergesundheit bekannt und – sofern der Fall – wie bewertet der Arbeitgeber diese konkreten, langfristig ausgelegten Projekte, welche gesundheitsdiagnostische, gefährdungs- und belastungsanalytische mit nachhaltigen Maßnahmen der Verhältnisprävention kombinieren?

In der Original-Anfrage ging es um die Belastung von Lehrern an Berliner Schulen. Es gab auch Anfragen der CDU, aber die Fragen der FDP weisen viel deutlicher und präziser auf die Schwachstellen im Arbeitsschutz hin.
Siehe auch: http://www.arbeitstattstress.de/verhaeltnis-und-verhaltenspraevention/
 


2013-04-14
Habe hier enmal das Schlagwort “Bundestagswahl 2013” hinzugefügt. Die Berliner FDP kennt sich nämlich mit dem Arbeitsschutz gut aus – besonders wenn sie damit dem Berliner Senat auf die Pelle rücken kann. Wird man davon etwas im Regierungsprogramm merken?

Hier stellt die FDP einmal die richtigen Fragen

Anmerkung (2012-08-21): Einige Links in diesem Artikel scheinen nicht mehr zu funktionieren.
 
Eher nicht ein FDP-Wähler, muss ich doch der Berliner FDP für die untenstehende Kleine Anfrage ein Kompliment machen. Sie liefert auch Anregungen für Fragen an Arbeitgeber in der Privatwirtschaft, ohne dass solche Fragebn als “zu gewerkschaftlich” abgewiesen werden könnten.
(Noch eine kleine Anmerkungen: In meinem Alter besteht die Gefahr, die Jugendzeit zu verklärt zu sehen. Wie angenehm ist es dann doch, hier etwas von “Lärmampeln” zu lesen. Erstmal wusste ich nicht so recht, ob ich überhaupt wissen will, was das nun wieder ist. Aber dann siegte doch die Neugier, und Dank Google bin ich nun froh, dass ich heute nicht wieder zur Schule gehen muss.)
http://fdp-fraktion-berlin.de/index.php/page/initiativen/content/kleineAnfragen/year/2009/ressort
/0/abgeordneter/0/antrag/2321

http://fdp-fraktion-berlin.de/uploads/files/04db71f5a238ec3d4d53c6b51e13faf778823901.pdf

Drucksache 16/13607
Kleine Anfrage
16. Wahlperiode
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Mieke Senftleben (FDP) und Kai Gersch (FDP)
vom 27. Juli 2009 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juli 2009) und Antwort
Schluss mit sporadischen Symbolmaßnahmen – wie kann man den Senat für ein verhältnispräventives Konzept zur Lehrergesundheit interessieren?
Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:

1. Wie bewertet der Senat die krankheitsbedingten Fehlzeiten von Lehrkräften an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen als Kriterium für die Beurteilung der gesundheitlichen Belastung insbesondere vor dem Hintergrund der außergewöhnlichen Belastungen, denen viele Lehrkräfte in Berlin ausgesetzt sind?

Zu 1.: Der Lehrerberuf zeichnet sich durch komplexe Arbeitstätigkeiten und einen hohen Anteil von Kommunikation aus. Die Gesamtbelastung kann zu Stressreaktionen führen. Arbeitsbedingter Stress kann Ursache psychischer sowie psychosomatischer Erkrankungen sein. Der Senat beobachtet die Entwicklung und erarbeitet derzeit zusätzliche Angebote zur Prävention.

2. Welchen Stellenwert hat nach Ansicht des Senates die kontinuierliche Erfassung der Fehlzeiten von Lehrkräften als Mittel zur Beurteilung der Veränderung und Erkennung von Tendenzen der gesundheitlichen Belastung?

Zu 2.: Die Fehlzeiten von Lehrkräften werden bezogen auf deren Dauer erfasst. Es werden aber keine Gründe für die Fehlzeiten angegeben, auch die ärztlichen Diagnosen dürfen nicht dokumentiert werden.

3. Welche sind nach Ansicht des Senates die realen und potenziellen gesundheitlichen Belastungsfaktoren, unter denen Lehrkräfte an den Berliner Schulen leiden?

Zu 3.: Lehrkräfte geben an, dass sie u.a. die Erhöhung der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für die Erziehungs- und Bildungsaufgaben als belastend wahrnehmen. Sie erleben in dieser Hinsicht einen hohen Erwartungsdruck besonders von Seiten der Eltern. Als belastend empfinden sie darüber hinaus die Lärmbelastung, der sie permanent ausgesetzt sind.

4. Ist der Senat daran interessiert, die gesundheitliche Belastung von Lehrkräften an den Berliner Schulen zu erfassen?

Zu 4.: Es liegt zum Themenbereich der gesundheitlichen Belastung von Lehrkräften bereits eine Vielzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen vor. Davon unabhängig wird regional durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des Gesundheitsmanagements fortlaufend die gesundheitliche Belastung von Lehrkräften evaluiert. [Frage nicht beantwortet.]

5. Sofern der Fall: welcher Methoden/Parameter bedient er sich zu diesem Zweck (z.B. Gefährdungs- und Belastungsanalyse), und hält der Senat die ihm zur Verfügung stehende Datenlage zum Gesundheitszustand der Lehrkräfte für ausreichend und statistisch valide?

Zu 5.: Gefährdungsbeurteilungen im Sinne des Arbeitsschutzes sind Bestandteil des regionalen Gesundheitsmanagements. In den örtlichen Ausschüssen für Gesundheitsmanagement werden die vorhandenen Daten aufgrund von Gefährdungsbeurteilungen, Ergebnissen von Gesundheitszirkeln, ggf. Mitarbeiterbefragungen, Arbeits- und Dienstunfällen u.a. ausgewertet.
Überregional ist im Land Berlin im nächsten Jahr ein landesweiter Gesundheitsbericht vorgesehen, welcher auch Datensätze aus den Berliner Schulen beinhalten wird.

6. Wie viele Lehrkräfte wurden in den letzten 10 Jahren in Berlin vorzeitig pensioniert/berentet und welchen Anteil machten die vorzeitigen Pensionierungen/Berentungen an der Gesamtzahl der jährlichen Pensionierun-gen/Berentungen von Lehrkräften in Berlin jeweils aus?

Zu 6.: Die Anzahl der vorzeitig pensionierten/berenteten Lehrkräfte ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle:
Abgeordnetenhaus Berlin
Schuljahr; vorzeitig pensionierte/berentete Lehrkräfte – Anzahl; vorzeitig pensionierte/berentete Lehrkräfte in %; von der Gesamtzahl der pensionierten/berenteten Lehrkräfte
1;2008/2009;594;58,06
2;2007/2008;655;62,32
3;2006/2007;772;71,22
4;2005/2006;675;70,83
5;2004/2005;606;72,49
6;2003/2004;618;81,96
7;2002/2003;710;85,85
8;2001/2002;715;90,16
9;2000/2001;1015;92,27
10;1999/2000;918;93,10

7. Wie viele dieser vorzeitigen Pensionierungen/Berentungen erfolgten in jedem der letzten 10 Jahre aus gesundheitlichen Gründen und welchen Anteil machten die gesundheitlich bedingten vorzeitigen Pensionierungen/Berentungen an der Gesamtzahl der jährlichen Pensionierungen/Berentungen von Lehrkräften in Berlin jeweils aus?

Zu 7.: Statistische Angaben zum Anteil der aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Lehrkräften liegen nicht vor.

8. Wie handhaben die anderen Bundesländer nach Kenntnis des Senates die Erfassung und Auswertung der krankheitsbedingten Fehlzeiten von Lehrkräften an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen?

Zu 8.: Der Senat hat keine Kenntnis über die Erfassung der Fehlzeiten von Lehrkräften anderer Bundesländer.

9. Liegen dem Senat wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Verhaltens- in Relation zur Verhältnisprävention vor, und – sofern der Fall – welche sind dies?

Zu 9.: Derartige wissenschaftliche Erkenntnisse sind hier nicht bekannt.

10. Wie bewertet der Senat die Wirksamkeit von Verhaltens- in Relation zur Verhältnisprävention im Sinne der Förderung der Gesundheit der Lehrkräfte?
11. In Drs. 16/13446 (Antwort auf Fragen 3 und 4) referiert SenBWF allgemein den Begriff Verhältnisprävention, ohne konkrete Maßnahmen der Verhältnisprävention durch die Berliner Schulverwaltung zu nennen. Ist daraus zu folgern, dass von SenBWF und den Bezirksämtern keine Projekte der Verhältnisprävention zur Förderung der Lehrergesundheit in Berlin durchgeführt werden?
12. Hält es der Senat für angemessen, den Lehrkräften angesichts der besonderen Belastungen an vielen Berliner Schulen vorwiegend oder ausschließlich sporadisch Strategien anzubieten, wie sie selbst diese Belastungen individuell kompensieren können, oder ist der Senat der Ansicht, dass vor allem im Sinne einer Verhältnisprävention die Ursachen der Belastungen erkannt und behoben werden sollten?

Zu 10. und 12.: Der Bereich des Gesundheitsmanagements für die Berliner Schulen beinhaltet sowohl Maßnahmen zur Verhaltensprävention als auch solche zur Verhältnisprävention. Eine Wertung der Wirksamkeit beider Präventionsverfahren erübrigt sich, da im Arbeitsleben beide Faktorengruppen eine wichtige Rolle spielen. [Anmerkung: Verhältnisprävention ist wirksamer.] Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung setzt vielmehr darauf, mit gezielten Maßnahmen in Bezug auf pädagogisches Personal Hilfestellungen für den persönlichen Umgang mit Belastungssituationen zu bieten. [Anmerkung: Hier werden die im Arbeitsschutz vorgegebenen Prioritäten missachtet.] Die von meiner Verwaltung überregional angebotenen Fortbildungen umfassen beispielsweise Angebote zur Suchtprophylaxe und Gewaltprävention sowie zur Organisations- und Schulentwicklung. Für Führungskräfte in der Berliner Schule werden zielgerichtet zweitägige Workshops mit der Vermittlung von Kompetenzen auf den Gebieten des Stress-, Zeit- und Konfliktmanagements sowie der Verbesserung von Kommunikationsfähigkeiten angeboten.
Die Unfallkasse Berlin bietet darüber hinaus eine Vielzahl von Seminaren konkret für pädagogische Dienstkräfte an Schulen zum Arbeitsschutz in der Schule sowie zum Themenbereich Gesundheitsmanagement an. Bei der Unfallkasse Berlin ist es auch möglich, Seminare für ein gesamtes Kollegium an einer Schule zu Themenbereichen wie Reduzierung von Belastungen im Schulalltag und Lärmprävention anzumelden.
Zu 11.: Unabhängig von dem Fortbildungsangebot des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg wird in Kooperation mit der Unfallkasse Berlin im Bereich der Verhältnisprävention eine Vielzahl von Fortbildungen angeboten. Diese beinhalten sowohl Workshops, welche teilweise auch schulbezogen organisiert werden können als auch allgemeine Fortbildungen und Maßnahmen speziell für die Beschäftigten an der Berliner Schule (u.a. Lärm-, Gewaltprävention).
Davon unabhängig werden in einzelnen Bereichen bei konkreten Problemstellungen auch schulbezogene Projekte, gerade in Bezug auf Gewaltprävention, unter Beteiligung des betriebsärztlichen Dienstes durchgeführt.

13. Auf welche Weise und in welchen Intervallen werden die vom Senat in Drs. 16/13446 dargestellten Maßnahmen der Verhaltensprävention bei Lehrkräften auf ihre Wirksamkeit evaluiert, wie lauten die Ergebnisse der letzten Evaluationen und wie viel haben die Maßnahmen in den letzten 5 Jahren jeweils jährlich gekostet?

Zu 13.: In Bezug auf Fortbildungsmaßnahmen erfolgt ausschließlich eine subjektive Evaluation beim Teilnehmerkreis in unmittelbarem Anschluss an die Maßnahme. Da die Fortbildungsmaßnahmen überwiegend von der Unfallkasse Berlin finanziert werden, können über die diesbezüglichen Kosten keine Angaben gemacht werden.

14. Gilt die „Dienstvereinbarung über das betriebliche Gesundheitsmanagement in der Berliner Verwaltung“ vom 12. November 2007 (im Folgenden DVG genannt) auch für die Lehrkräfte der Schulen des Landes Berlin, und wird sie umgesetzt?
15. Sofern nicht der Fall: warum nicht?
16. Sofern die DVG für die o.g. Schulen gilt: Wie viele Gesundheitskoordinatoren/-innen gemäß DVG gibt es derzeit für die Berliner Schulen in den Außenstellen der Schulaufsicht, und welche Schulen werden von ihnen betreut?
17. Wie viele Ausschüsse für Gesundheitsmanagement gemäß DVG sind derzeit für die Lehrkräfte der Schulen des Landes Berlin tätig, welche Maßnahmenkataloge gemäß DVG wurden erstellt, welche Analyseinstrumente gemäß DVG finden aktuell Anwendung und wann/wo erfolg(t)en Mitarbeiterbefragungen gemäß DVG an den Schulen des Landes Berlin?

Zu 14., 15., 16. und 17.: Die Dienstvereinbarung über das Betriebliche Gesundheitsmanagement in der Berliner Verwaltung (DV Gesundheit) gilt für alle Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst und damit auch für die Dienstkräfte des Landes Berlin an der öffentlichen Berliner Schule.
Analog zu den Regelungen der DV Gesundheit ist in allen betroffenen Dienststellen im Sinne der Anlage zum Personalvertretungsgesetz Berlin innerhalb der Berliner Schule ein Ausschuss für Gesundheitsmanagement bereits eingesetzt worden oder wird innerhalb der nächsten Monate eingerichtet. Teilweise erfolgt die Aufgabenwahrnehmung auch im Zusammenhang mit der Sitzung des arbeitsschutzrechtlich vorgeschriebenen Arbeitssicherheitsausschusses.
Es sind Moderator(en)/innen für Gesundheitszirkel ausgebildet worden, welche auf Anforderung von Schulen bzw. der Schulaufsicht Gesundheitszirkel durchführen. Gefährdungsbeurteilungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes werden von dem von der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung beauftragten arbeitsmedizinischen Dienst regelmäßig durchgeführt
Die Funktion eines/einer Gesundheitskoordinator(s)/in wird von der örtlichen Referatsleitung bzw. der Schulaufsicht in den regionalen Außenstellen der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung wahrgenommen. Alle öffentlichen Schulen des Landes Berlin werden im Rahmen des Gesundheitsmanagements von der zuständigen Referatsleitung betreut.

18. Wie werden die Vereinbarungen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement vom November 2007 derzeit an den Schulen des Landes Berlin umgesetzt?

Zu 18.: Im November 2008 wurden alle öffentlichen Schulen auf die Gültigkeit der DV Gesundheit und insbesondere auf die dort bestehenden Regelungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement hingewiesen. Gleichzeitig wurde darum gebeten, eine Rückmeldung über Erfahrungen im Umgang mit diesen Regelungen zu geben, um ggf. mit den Beschäftigtenvertretungen Verfahren entwickeln zu können, die die Umsetzung der DV Gesundheit sicherstellt.
Bislang sind keine Probleme in diesem Zusammenhang benannt worden. [Anmerkung: Also kann es duchaus Probleme geben, die aber der Verwaltung nicht bekannt sind.] Um hier die Multiplikatorenfunktion von Schulaufsicht zu nutzen, wird im September und Oktober 2009 eine Weiterbildung mit diesem Personenkreis durchgeführt, die das betriebliche Eingliederungsmanagement in der Berliner Schule zum Themenschwerpunkt hat. Diese Weiterbildung beinhaltet auch Kooperationselemente mit den jeweiligen Beschäftigtenvertretungen.

19. In der GesamtVereinbarung zur Verwaltungsreform und Beschäftigungssicherung aus 2000 (im Folgenden VBSV 2000 genannt) heißt es in Abschnitt IV in Bezug auf das Gesundheitsmanagement: „Die isolierte Einführung einzelner Maßnahmen wirkt – wenn überhaupt – nur kurzzeitig und ist längerfristig als kontraproduktiv anzusehen“. Wie bewertet der Senat diese Aussage?
20. Wie bewertet der Senat vor dem Hintergrund von VBSV 2000 kurzfristige, sporadische Angebote von „Stresskursen“ für Lehrkräfte?

Zu 19. und 20.: Aufgrund der Tatsache, dass die VBSV 2000 keine Gültigkeit mehr hat, erübrigen sich hier wertende Äußerungen.

21. Wie bewertet der Senat den Einsatz von Lärmampeln an Schulen des Landes Berlin, und an welchen Schulen sind diese gegenwärtig im Einsatz?

Zu 21.: Der Einsatz von Lärmampeln an Grundschulen ist im Rahmen eines Modellprojektes erfolgt. Der Abschlussbericht des Projektes lässt keine allgemeingültige Bewertung zu. Recherchen darüber, an welchen Grundschulen derzeit die Lärmampel eingesetzt wird, konnten wegen der Ferienzeit im Rahmen der Terminsetzung für die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage nicht angestellt werden.

22. Wie bewertet der Senat das im Verbundprojekt „Lange Lehren“ durch das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Technischen Universität Dresden erarbeitete Dresdner Präventionsmodell?

Zu 22.: Das Dresdner Projekt beabsichtigte eine Kombination aus verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen, die nur in Kooperation verschiedener Fachdisziplinen wie Arbeitsmedizin, Psychologie und Pädagogik sinnvoll eingesetzt werden können. Ziel war die Erweiterung und Erprobung eines präventiven Gesundheitskonzeptes. Der arbeitsmedizinische Dienst führte eine Vitalitätsprüfung bei den Lehrkräften durch und gab dementsprechende Handlungsempfehlungen zur Gesundheitsförderung.

23. Hält der Senat die konsequente, systematische Umsetzung des o. g. Dresdner Präventionsmodells, wie sie in Sachsen erfolgt, in Berlin für wünschenswert?
24. Sofern nicht der Fall: warum nicht?

Zu 23. und 24.: Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Dresdner Präventionsmodells ist für alle Teilnehmer/innen freiwillig. Bisher liegt keine Evaluation darüber vor, wie viele Teilnehmer/innen den Empfehlungen gefolgt sind und welche Langzeitergebnisse der Modellversuch gezeigt hat. Berlin ist an den Ergebnissen sehr interessiert, um ggf. ähnliche Präventionsangebote zu entwickeln.

25. Wie bewertet der Senat das Hamburger Lehrerarbeitszeitmodell zur Arbeitszeitrhythmisierung als Bestandteil der Organisationsentwicklung an Schulen?

Zu 25.: Das Hamburger Arbeitszeitmodell hatte zum Ziel, die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte gerechter zu verteilen. Es wird von den betroffenen Lehrkräften sehr unterschiedlich eingeschätzt. Lehrkräfte, die durch das Modell eine geringere Unterrichtsverpflichtung haben, bewerten es positiver als die Kolleginnen und Kollegen, die wegen ihrer nicht so korrekturintensiven Fächer eine höhere Unterrichtsverpflichtung in Kauf nehmen müssen.
Dem Senat liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse darüber vor, ob das Modell tatsächlich auch einen Beitrag zur Arbeitszeitrhythmisierung als Bestandteil der Organisationsentwicklung an Schulen leistet.

26. Sind dem Senat Initiativen anderer Bundesländer zur Förderung der Lehrergesundheit bekannt (wie etwa „OPUS“ in Nordrheinwestfalen, KESS und „Lehrergesundheit – Baustein einer guten gesunden Schule“ des Landes Niedersachsen in Zusammenarbeit mit der Universität Lüneburg, REVIS in Schleswig-Holstein, LAGO im Saarland oder das „Projekt Lehrergesundheit“ in Rheinland-Pfalz) und – sofern der Fall – wie bewertet der Senat diese konkreten, langfristig ausgelegten Projekte, welche gesundheitsdiagnostische, gefährdungs- und belastungsanalytische mit nachhaltigen Maßnahmen der Verhältnisprävention kombinieren?

Zu 26.: Dem Senat sind die genannten Projekte bekannt. Allerdings existiert das Projekt „Opus“ in Nordrhein-Westfalen zurzeit nicht mehr, das Projekt KESS ist kein Projekt zur Förderung der Lehrergesundheit, sondern wird zur Persönlichkeitsstärkung von Kindern in Grundschulen durchgeführt. REVIS hat ebenfalls nichts mit dem Thema Lehrergesundheit zu tun, sondern beschäftigt sich mit der Revision der Ernährungs- und Verbrauchererziehung in Schulen. Alle anderen genannten Projekte zur Förderung der Lehrergesundheit sind ähnlich aufgebaut wie die Angebote, die Lehrkräfte im Berliner Landesprogramm für die gute gesunde Schule bereits erhalten.
Berlin, den 07. September 2009
In Vertretung
Claudia Zinke
Senatsverwaltung für Bildung,
Wissenschaft und Forschung
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Septemb. 2009)

(Hervorhebungen nachträglich eingefügt.)

Liebe Parteien …

Liebe CDU, CSU, FDP, Grüne, Die Linke, Piraten, SPD!
Die große Mehrheit der Unternehmen hat keine Lust, sich an das Arbeitsschutzgesetz zu halten. Es sind überwiegend die Betriebsräte, die sich zum Teil in recht aufreibender Arbeit dieser Anarchie entgegenstellen. Die Aufsichtsorganisationen, auf deren Einsatzfreude Sie, liebe Politiker, durchaus Einfluss haben, kontrollieren offensichtlich nicht in einer sehr wirksamen Weise. Wie werden Sie dieser offenen Missachtung der Regeln des Arbeitsschutzes ein Ende bereiten?
Wenn Sie in einem Ihrer Webauftritte eine Seite zu dem Thema haben, senden Sie mir bitte einen Link.
(Und nein: Das Thema der psychischen Belastung am Arbeitsplatz ist nicht neu und die Messung psychischer Belastung ist nicht kompliziert.)
 


2011-10-20
Es gibt eine Partei zum Thema: Arbeit und Familie. Das Programm ist interessant. Zielgruppe ist wohl die Masse der Angestellten. Der Mitgliederbetreuer der Partei empfiehlt auch Gewerkschaftsmitgliedschaft:

Treten Sie in Ihre zuständige Gewerkschaft ein. Und falls Sie bereits in einer Gewerkschaft sind, dann bringen Sie Ihrem Vertreter eventuelle Überlastungen zur Kenntnis. Dies geht auch anonym, wenn Sie das wünschen.

Solche “Themen-Parteien” haben es nicht leicht.
 


2012-06-22
Eine grüne Partei in Belgien: Ecolo
 


2012-06-23
SPD und DIE GRÜNEN in NRZ: Ganzheitlicher Arbeitsschutz im Koalitionsvertrag:
http://blog.psybel.de/2012/06/23/nrw-koalitionsvertrag-gute-arbeit-anstaendige-arbeitsbedingungen/
 


2012-10-25
http://blog.psybel.de/bundestagsdebatte-17-201-top-6/