Neufassung der Betriebssicherheits­verordnung

Eine Neufassung der Betriebssicherheits­verordnung (BetrSichV) wurde gestern vom Bundeskabinett beschlossen. Sie soll im Jahr 2015 in Kraft treten und dient der Verbesserung des Arbeitsschutzes bei der Verwendung von Arbeitsmitteln durch Beschäftigte und des Schutzes Dritter beim Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen.
http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsschutz/Meldungen/beschluss-neufassung-betriebssicherheitsverordnung-bundeskabinett.html

[…] Die neue Verordnung

  • trägt besonderen Unfallschwerpunkten Rechnung (Instandhaltung, besondere Betriebszustände, Betriebsstörungen, Manipulationen). Zudem werden erstmals
    • besondere Vorgaben zur alters- und alternsgerechten Gestaltung sowie zu
    • ergonomischen und psychischen Belastungen

    bei der Verwendung von Arbeitsmitteln aufgenommen. […]

Begründung zur Verordnung zur Neuregelung der Anforderungen an den Arbeitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln und Gefahrstoffen (http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/begruendung-neuregelung-anforderung-arbeitsschutz-arbeitsmittel-gefahrstoffe.pdf), darin speziell zu § 3 (Gefährdungsbeurteilung):

[…] Ergonomische Gesichtspunkte werden explizit in Artikel 7 der Richtlinie 2009/104/EG genannt. Sie spielen im Arbeitsschutz eine zunehmend größere Rolle und wurden nunmehr genereller und deutlicher ausgestaltet als bisher. Jedoch ist wegen der Vielfalt der Möglichkeiten eine Konkretisierung durch technische Regeln und EN-Normen (im Rahmen der Beschaffenheitsanforderungen) von großer Bedeutung. Vor dem Hintergrund der Zunahme entsprechender Erkrankungen stellt die anzustrebende Reduzierung psychischer Belastungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln ein neu hinzu getretenes Schutzziel dar. […]

Die Verordnung ist naturgemäß ziemlich technisch orientiert. Im gesamten Text wird Ergonomie explizit nur im Zusammenhang mit hochgelegenen Arbeitsplätzen erwähnt. Zu psychischen Belastungen gibt es keine ausdrücklichen Aussagen. Die weiteren Änderungen zu diesen beiden Themen sind überschaubar. Aber das Kabinett nutzt wohl gerne die Gelegenheit, zeigen zu können, dass es etwas für diese Themen tut.
Nachtrag 2015-08-25: Es hat sich seit dem letzten Jahr noch etwas getan. Psychische Belastungen wurden doch noch in der BetrSichV thematisiert.

Snarkjägerarbeitsplatz

Das Bild rechts im Forbes-Artikel verwende ich schon seit einigen Jahren bei der Darstellung der Gefährdungskategorien, die bei der Gefährdungsbeurteilung eines Arbeitsplatzes berücksichtigt werden könnten. Ich hatte die Illustration vor fünf Jahren in den deutschen Wikipedia-Artikel zur psychischen Belastung eingestellt. In der drögen deutschen Wikipedia überlebte das nicht, aber in der englischsprachigen hat sich dann ein anderer Autor des Bildes angenommen. Auch in Japan darf das Bild ストレス (Stress) erklären. In Frankreich, Israel und Russland wird es ebenfalls verstanden.
Was ich mit der Vewendung des Bildes sagen will, hatte in dieser Woche auch Forbes begriffen:

Workplace stress caused by an unsuitable work environment (Illustration by Henry Holiday in Lewis Carroll’s “The Hunting of the Snark” ) (Photo credit: Wikipedia)

Leider steuert der Artikel dann in die gewohnte Stress-Management-Richtung, also individuelle Verhaltensprävention für’s “Employee Brain” mit Yoga usw. Dabei zeigt Henry Holidays Illustration eigentlich sehr gut, dass man im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumgebung oft schon viel Verbesserungspotential entdecken kann. Übung: Wie beurteilen Sie die Gefährdungen an diesem Arbeitsplatz?

Ergonomie, ein Begriff schon vor mehr als 150 Jahren

Ergonomie ist ein wissenschaftlicher Ansatz, damit wir aus diesem Leben die besten Früchte bei der geringsten Anstrengung und mit der höchsten Befriedigung für das eigene und das allgemeine Wohl ernten.

Wojciech Jastrzębowski, 1857
(Zitat gefunden in Michael Herczegs Buch Software-Ergonomie, 2009)

Le petit bleu qui trouble…

Zur Übung: Wie würden Sie als Arbeitsschutzbeauftragter oder als Betriebsratsmitglied bei einer Begehung den auf dem rechten Bild dargestellten Arbeitsplatz beurteilen?

Links: Illustration von Gustave Doré zu John Miltons Paradise Lost, Buch VI, 1866
Rechts: Illustration von Henry Holiday zu Lewis Carrolls The Hunting of the Snark, 1876
Die Illustration von Henry Holiday verwende ich seit einigen Jahren zur Darstellung der verschiedenen Gefährdungskategorien des Arbeitsschutzes. Hier sehen Sie einen Arbeitsplatz, der sich durch ein gewisses Verbesserungspotential auszeichnet: Wir haben hier chemische Belastung (Tinte), biologische Belastung (etliche herumschwirrende Ungeheuer), akustische Belastung (die Pig Band), verschiedene schwebende Lasten, Mobbing und (was vom Arbeitsschutz bisher noch nicht berücksichtigt wird) auch fiskalische Belastung. Der Lehrer des Bibers macht zudem einen nicht allzu entspannten Eindruck.
Übrigens: Im Dezember 2008 gab es dann eine kleine Überaschung für mich. Sehen Sie das Bildzitat? Gibt es noch mehr davon?
Falls auch Sie das Bild mögen, dann können Sie sich den Vergleich auch im Format 4440 x 3000 ansehen.
(“Le petit bleu qui trouble…” ist ein Kommentar von Jean-Michel Frodon, einem der Betreiber der “Artsciencefactory”in Frankreich.)
 

All art is infested by other art.

Leo Steinberg (Art about Art, 1979)
Siehe auch: https://psybel.snrk.de/snarkjaegerarbeitsplatz/