NRW-Koalitionsvertrag 2012 – 2017:gute Arbeit, anständige Arbeitsbedingungen

http://www.gruene-nrw.de/fileadmin/user_upload/gruene-nrw/politik-und-themen/12/koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2012-2017.pdf
 
Zeilen 228 – 234

Wir setzen uns gemeinsam mit den Gewerkschaften für gute Arbeit, anständige Arbeitsbedingungen und faire Löhne ein. Wir halten am Ziel der Vollbeschäftigung fest. Wir treten auch in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften für Mindeststandards als Regeln gegen Missbrauch und Lohndumping auf dem Arbeitsmarkt ein. Für uns ist es eine Frage der Verantwortung für den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft, den Menschen durch gute Arbeit wieder Teilhabe und sozialen Aufstieg zu ermöglichen.

 
Zeilen 4815 – 4846

Beschäftigungsfähigkeit kann nur durch gesunde, humane Arbeitsbedingungen gesichert werden. Darauf werden wir den Gesundheits- und Arbeitsschutz in NRW stärker konzentrieren.
Gemeinsam mit Sozialpartnern und Sozialversicherungen werden wir das Programm “Arbeit gestalten – NRW” auflegen und umsetzen, dass sich schwerpunktmäßig mit der Gestaltung von betrieblichen Handlungsfeldern auf folgenden Gebieten befasst: alternde Belegschaften, gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen, Umgang mit Vielfalt und Unterschiedlichkeit in den Belegschaften.
Dies gilt insbesondere für psychische Erkrankungen, die zu hohen Ausfallzeiten führen und der häufigste Grund für Frühverrentungen sind. Wir wollen daher in Kooperation mit interessierten Unternehmen oder Unternehmensverbänden eine auf Selbsthilfegruppen gestützte Präventionsoffensive starten. Dabei gilt es einerseits zu untersuchen, was die Beschäftigten am Arbeitsplatz belastet, um Konzepte zu entwickeln wie menschlicher und intelligenter gearbeitet werden kann und andererseits innerbetriebliche Beratungs- und Krisenhilfe aufzubauen.
Die bestehende Deckelung des Rehabilitations-Budgets nach § 220 Abs. 1 SGB VI seit 1997 ist aufzuheben und dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Der Rechtsanspruch nach dem SGB IX auf Leistungen zur Teilhabe der Versicherten muss zwingend erfüllt werden. Der Grundsatz „Reha vor Rente“, die Tendenzen zur Verdichtung der Arbeit, zunehmende belastende Arbeitsbedingungen, bedingt ein höheres Budget für Rehabilitation, um frühzeitig drohende Leistungsminderung, Erkrankung, Behinderung und Erwerbsminderung zu verhindern.
Wir werden den einheitlichen Arbeitsschutz wiederherstellen. Der einheitliche Arbeitsschutz umfasst dabei das Aufgabenspektrum des technischen und betrieblichen Arbeitsschutzes, denn beides kann nicht unabhängig voneinander gedacht werden. Daher muss er auch in der Organisation in der Verwaltung deutlich zu erkennen und abzugrenzen sein. Die Zahl der Stellen für das Fachpersonal muss auskömmlich sein und vom zuständigen Fachressort fachlich verwaltet werden.

 
Zeilen 5510 – 5527

Wir setzen uns für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Das ist der Wunsch der meisten Familien und es entspricht auch dem wachsenden Fachkräftebedarf in der Wirtschaft. Wir wollen eng mit Arbeitgebern, Gewerkschaften, Betriebsräten, Verbänden und anderen Akteuren zusammenarbeiten, um gute Ansätze für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbreitern. Dazu werden wir die bestehende Aktionsplattform „Familie@Beruf“ weiterentwickeln.
Die Bundesregierung stellt in ihrem 8. Familienbericht, der sich dem Thema „Zeit“ widmet, fest, dass das Arbeitsrecht eine strukturelle „Blindheit“ gegenüber Familien hat. Wir wollen, dass dieser richtigen Erkenntnis auch Taten folgen und werden deshalb in einer Bundesratsinitiative Vorschläge für familienfreundliche Arbeitszeitregelungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und im Teilzeit- und Befristungsgesetz unterbreiten. Dabei geht es uns darum, dass Eltern mehr Einfluss auf die Ausgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen haben, wie Arbeitszeit und Arbeitsort. Ebenso wollen wir erreichen, dass Teilzeitstellen nicht zur Sackgasse werden. So werden wir uns dafür einsetzen, dass Teilzeitmodelle an Lebensphasen orientiert werden und es ein Rückkehrrecht auf Vollzeit gibt.

 
Zeilen 6046 – 6053

Psychische Erkrankung im Erwachsenalter ist die Erkrankungsart mit der höchsten Steigerungsrate. Ursachen sind sowohl in den veränderten Anforderungen in unserer Gesellschaft, insbesondere am Arbeitsplatz zu suchen. Sie verursachen enorme Kosten im Gesundheitssystem und kommen durch in der Regel langen Arbeitsausfall auch die Unternehmen teuer zu stehen.
Das Thema „psychische Gesundheit“ ist daher auch in der Landesgesundheitspolitik
aufzuwerten.

Fehlt dem “sowohl” hier nicht ein “als auch”?
Das Stichwort “Geschichte” ordnete ich auch diesem Artikel zu, weil psychische Belastungen am Arbeitsplatz hier erstmalig in einem Koalitionsvertrag thematisiert wurden.

Psychische Krankheiten müssen Thema des Arbeitsschutzes werden

DIE GRÜNEN, 2011-10-17
http://www.gruene-bundestag.de/cms/presse/dok/393/393519.psychische_krankheiten_muessen_thema_des.html

Zu den Zahlen der Deutschen Rentenversicherung, wonach sich psychische Krankheiten in den vergangenen zehn Jahren zum Hauptgrund für das unfreiwillige vorzeitige Ausscheiden aus dem Berufsleben entwickelt haben, erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte, und Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Prävention und Patientenrechte:
Psychische Krankheiten sind mittlerweile der Hauptgrund des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente, vor Skelett- und Muskel- sowie Herz- und Kreislauferkrankungen. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass Sozialversicherungsträger oder wissenschaftliche Institute über eine Zunahme von psychischen Störungen berichten. Diese Tendenz ist seit Jahren zu beobachten. Umso unverständlicher ist, dass die Bundesregierung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und Rente mit 67 keine Antwort darauf hat. Augen zu und durch – das ist die Devise der Bundesregierung.
Der Umgang mit psychischen Belastungen und Stress am Arbeitsplatz wurde viel zu lange ausschließlich den Arbeitgebenden überlassen. Aber die Eigenverantwortung der Arbeitgebenden hat nicht dazu geführt, dass psychische Krankheiten abnehmen – im Gegenteil.
Die Bundesregierung muss einen Aktionsplan vorlegen und dafür sorgen, dass die Gefährdungsbeurteilung um psychische Belastungen erweitert wird und mit einer Verordnung unterlegt wird. Für alle betrieblichen Akteure sind konkrete Ausführungsbestimmungen und verbindliche Maßnahmen zu schaffen, die aufzeigen, wie Schutzziele bei psychischen Belastungen erreicht werden können.
Diese Kraftanstrengung müssen alle betrieblichen Akteure gemeinsam leisten. Psychische Belastungen und Stress am Arbeitsplatz müssen zudem zu einem zentralen Thema der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie gemacht werden – auch gegen den Widerstand der Arbeitgeberseite.

Anmerkung: Es besteht zwar Verwechselungsgefahr, aber “Arbeitgebende” ist durchaus der physikalisch richtige Begriff für Menschen, die z.B. aus einer traditionell juristischen Sichtweise heraus als “Arbeitnehmer” bezeichnet wurden.

Prävention psychischer Erkrankungen endlich ausbauen

http://www.pflegerecht-forum.de/viewtopic.php?p=61381&sid=f9bfc372aac798421a32c6c05959afd9#61381

Prävention psychischer Erkrankungen endlich ausbauen
Zur Veröffentlichung des Fehlzeiten-Reports 2011 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK erklärt Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Prävention und Patientenrechte der grünen Bundestagsfraktion:
Wer die Augen vor den psychischen Belastungen am Arbeitsplatz verschließt, riskiert zunehmende Ausfälle und Fehlzeiten durch psychische Erkrankungen. Die Mitarbeiterbefragungen des Fehlzeiten-Reports 2011 zeigen, dass hier bislang viel zu wenig in den Betrieben passiert …

Mi Sep 07, 2011 7:54

15 Jahre Arbeitschutzgesetz

In http://www.sozialticker.com/15-jahre-arbeitsschutzgesetz-ein-anlass-zum-feiern-und-verbessern_20110820.html gefunden:

19. August 2011
15 Jahre Arbeitsschutzgesetz – ein Anlass zum Feiern und Verbessern
Zum 15-jährigen Bestehen des Arbeitsschutzgesetzes erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte:
    “Vor 15 Jahren, am 21.8.1996, ist das Arbeitsschutzgesetz in Kraft getreten. Damals war es ein wichtiger Meilenstein – heute muss dringend nachgebessert werden. Die Bundesregierung muss die neuen Herausforderungen beim Arbeitsschutz ernst nehmen, statt die notwendigen Reformen zu verschleppen.
    Psychische Belastungen nehmen zu und sind für einen großen Teil der berufsbedingten Erkrankungen und für vorzeitige Arbeitsunfähigkeit verantwortlich. Diese Entwicklung ist beunruhigend, deshalb besteht erheblicher Handlungsbedarf. Wir brauchen eine Anti-Stressverordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Stress und psychosozialen Gefährdungen am Arbeitsplatz. Die Gesundheitsrisiken durch beruflichen Stress darf die Bundesregierung nicht länger den Arbeitgebern unreguliert überlassen.
    Die gesetzlich verankerte Gefährdungsanalyse wird nur von einem Teil der Betriebe durchgeführt. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass nahezu alle Unternehmen eine Gefährdungsanalyse durchführen. Zudem muss sie um altersbezogene Aspekte ergänzt werden, denn die älteren Beschäftigten brauchen altersgerechte und die Jungen alternsgerechte Arbeitsplätze. Vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft und der Rente mit 67 Jahren ist dies ein Gebot der Stunde. Aber die Bundesregierung ist in Sachen Gefährdungsanalysen ahnungslos und naiv. Sie sollte sich schleunigst kundig machen und handeln.”
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

(Links nachträglich eingefügt)
“Gefährdungsanalyse” geht vielleicht zu weit, das Gesetz fordert eine Gefährdungsbeurteilung. Und die wird oft schon gemacht, jedoch ohne Einbezug psychisch wirksamer Belastungen. Und da diese inzwischen auch eine relevante Gefährtungskategorie darstellen, haben sie beurteilt zu werden. So ist das nun mal in einem Rechtsstaat.
Aber immerhin greifen DIE GRÜNEN das Thema auf.
Ich befürchte allerdings, dass sowohl die Bundesregierung wie auch die Unternehmen bei diesem Thema nur so tun, als ob sie ahnungslos und naiv seien. In Kooperation mit vielen Unternehmen stellen sich Politiker einfach dumm, um keinen Handlungsbedarf und/oder vorsätzlichen Rechtsbruch sehen zu müssen.
Die Stoiber-Kommission ahnt z.B. durchaus, dass die Bildschirmarbeitsverordnung mit ihren unangenehm konkreten Vorgaben recht wirksam sein könnte und versucht darum, diese Verordnung zu schwächen.
Ob eine Anti-Stress-Verordnung hilft? Eigentlich ist alles da, was Arbeitnehmer brauchen. Aber die Aufsicht will einfach nicht klappen. Kurz nach 1996 war das vielleicht noch verzeihlich, aber spätestens nach den BAG-Beschlüssen im Jahr 2004 hätte die Aufsicht in die Gänge kommen müssen. Kann es sein, dass sie aus politischen Gründen seit 1996 (also auch unter Rot-Grün) gar nicht funktionieren soll?

Liebe Parteien …

Liebe CDU, CSU, FDP, Grüne, Die Linke, Piraten, SPD!
Die große Mehrheit der Unternehmen hat keine Lust, sich an das Arbeitsschutzgesetz zu halten. Es sind überwiegend die Betriebsräte, die sich zum Teil in recht aufreibender Arbeit dieser Anarchie entgegenstellen. Die Aufsichtsorganisationen, auf deren Einsatzfreude Sie, liebe Politiker, durchaus Einfluss haben, kontrollieren offensichtlich nicht in einer sehr wirksamen Weise. Wie werden Sie dieser offenen Missachtung der Regeln des Arbeitsschutzes ein Ende bereiten?
Wenn Sie in einem Ihrer Webauftritte eine Seite zu dem Thema haben, senden Sie mir bitte einen Link.
(Und nein: Das Thema der psychischen Belastung am Arbeitsplatz ist nicht neu und die Messung psychischer Belastung ist nicht kompliziert.)
 


2011-10-20
Es gibt eine Partei zum Thema: Arbeit und Familie. Das Programm ist interessant. Zielgruppe ist wohl die Masse der Angestellten. Der Mitgliederbetreuer der Partei empfiehlt auch Gewerkschaftsmitgliedschaft:

Treten Sie in Ihre zuständige Gewerkschaft ein. Und falls Sie bereits in einer Gewerkschaft sind, dann bringen Sie Ihrem Vertreter eventuelle Überlastungen zur Kenntnis. Dies geht auch anonym, wenn Sie das wünschen.

Solche “Themen-Parteien” haben es nicht leicht.
 


2012-06-22
Eine grüne Partei in Belgien: Ecolo
 


2012-06-23
SPD und DIE GRÜNEN in NRZ: Ganzheitlicher Arbeitsschutz im Koalitionsvertrag:
http://blog.psybel.de/2012/06/23/nrw-koalitionsvertrag-gute-arbeit-anstaendige-arbeitsbedingungen/
 


2012-10-25
http://blog.psybel.de/bundestagsdebatte-17-201-top-6/
 

Gerechte Rentenpolitik

32. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
19. – 21. November 2010, Freiburg, Messe
http://www.gruene-partei.de/cms/default/dok/361/361242.dringlichkeitsantrag_fuer_eine_gerechte.htm

… Unter den heutigen Arbeitsbedingungen ist es für viele Menschen kaum vorstellbar bis zum 65. Lebensjahr zu arbeiten, geschweige denn bis sie 67 Jahre alt sind. Arbeit macht viele Menschen krank, zunehmend mehr auch durch die Zunahme von Stress und psychischer Belastung am Arbeitsplatz. Deswegen sind bessere Arbeitsbedingungen für alle eine unverzichtbare Voraussetzung um länger arbeiten zu können. Wir sehen, dass viele ArbeitnehmerInnen heute nicht bis zum Erreichen der Altersgrenze arbeiten können. So ist für viele die Erhöhung der Altersgrenzen nichts anderes als ein weiteres Absenken der Rente.
Wir wollen verhindern, dass die Anhebung der Regelaltersgrenze eine Rentenkürzung durch die Hintertür wird. Dazu müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Menschen auch länger arbeiten können. Das heißt konkret: mehr alters- und alternsgerechte Arbeitsplätze, eine präventive Gesundheitspolitik und Schaffung von „guter Arbeit“. Man kann Fachkräftemangel nicht immer durch eine Verlängerung der Arbeitszeit entgegenwirken. …

Zum Versuch der Arbeitgeber, sich von den von ihnen mitverursachten Krankheitskosten abzukoppeln, siehe auch diesen Kommentar in der Süddeutschen Zeitung: http://blog.psybel.de/2011/05/11/wenn-arbeit-krank-macht/

Politik der unterbesetzten Aufsichtsbehörden

Aus der Südeutschen Zeitung von heute:

Laxe Steuerprüfung —Millionäre bevorzugt
Was für ein Leben: viel Geld verdienen, eine Villa am See besitzen – und die Gewissheit haben, dass das Finanzamt nur selten vorbeikommt. Nach Ansicht der Grünen reduzieren viele Bundesländer absichtlich die Zahl der Steuerprüfungen. Von C. Hulverscheidt

Finanzamt – Wenn der Steuerprüfer gar nicht klingelt
Steuererklärung – Steuerschummeln? Darauf achten Finanzbeamte

Bei der Gewerbeaufsicht sieht es nicht besser aus, als bei der Steuerprüfung. Dass seit 15 Jahren mehr als 80% der Unternehmen immer noch Gefährdungsbeurteilungen ohne Einbezug psychisch wirksamer Belastungen anfertigen dürfen, kann kein Zufall mehr sein. Auf einer Tagung meinte einmal eine Psychologin (die für eine Organisation im Bereich der Arbeitssicherheit Unternehmen beobachtet) zu mir, dass sie erst tätig werden dürfe, “wenn in einem Unternehmen Zustände herrschen wie bei France Télécom“. Fachkräfte, die direkt Aufdicht ausüben, möchten ihre Arbeit durchaus tun. Aber ist ihnen das auch politisch erlaubt?
Siehe auch: http://blog.psybel.de/2010/11/22/mentale-belastung-am-arbeitsplatz/

Antrag der SPD und der Grünen in Bremen

http://www.gruene-fraktion-bremen.de/cms/default/dokbin/353/353353.antrag_psychische_belastung_muss_schwerp.pdf

BREMISCHE BÜRGERSCHAFT
Landtag
17. Wahlperiode
Drucksache 17 / 1422
10. 09. 10
Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen
Psychische Belastung muss Schwerpunkt des Arbeitsschutzes werden
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der psychisch bedingten Krankschreibungen in Deutschland um fast 40 % erhöht, während der Krankenstand mit 3,3 % heute nicht über dem des Jahres 2000 liegt. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) waren 1,6 der durchschnittlich gut zwölf Tagen, die jede/r Arbeitnehmer/-in 2009 krank geschrieben war, psychisch bedingt. Nicht selten bewirken psychische Erkrankungen lange Fehlzeiten im Betrieb. Dennoch werden die Effekte psychischer Belastungen auf körperliche und seelische Gesundheit nach wie vor unterschätzt.
Die von Bund, Ländern und Unfallversicherern getragene Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) berücksichtigt psychische Fehlbelastungen in der Arbeitsperiode 2008 bis 2012 als Querschnittsthema. Einzelschwerpunkte des von der GDA geförderten betrieblichen Gesundheitsschutzes sind derzeit die Vermeidung und Verringerung von Arbeitsunfällen, Muskel-Skelett-Belastungsstörungen und Hauterkrankungen. Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft (Landtag) beschließen:

  1. Der Senat wird gebeten, psychischen Fehlbelastungen am Arbeitsplatz im staatlich verantworteten Arbeitsschutz des Landes Bremen angemessen zu berücksichtigen und das Bewusstsein für diese Problematik bei Arbeitgebern/-innen und Arbeitnehmern/-innen aktiv zu fördern.
  2. Die Bürgerschaft (Landtag) bittet den Senat, sich der wachsenden Bedeutung psychischer Erkrankungen im Arbeitsleben entsprechend dafür einzusetzen, dass psychische Belastungsstörungen und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung bzw. Verminderung als eigenständiger Arbeitsschwerpunkt in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) verankert werden.

Helga Ziegert, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD
Silvia Schön, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

So richtig begriffen haben diese Politiker das Thema nicht. Mit so allgemein gehaltenen Anträgen wird es hier keinen Fortschritt geben. Konkret erforderlich ist, die Stärkung der Gewerbeaufsicht voranzutreiben. Die GDA bringt diese Stärkung nicht.
Siehe auch: http://www.taz.de/1/nord/bremen/artikel/1/stress-bis-in-die-fuehrungsetagen/

Grüne: Mehr Bewegung in die Prävention

http://www.gruene-bundestag.de/cms/beschluesse/dokbin/355/355046.beschluss_praevention.pdf

… Zudem muss die psychische Belastung am Arbeitsplatz mehr in den Fokus betrieblicher Gesundheitsförderung gestellt werden. 
Steigender Druck in der Arbeitswelt, Verdichtung der Arbeit und mentale Belastung am Arbeitsplatz führen dazu, dass viele Beschäftigte nicht mehr mithalten können und mit seelischen Belastungserscheinungen, langen Fehlzeiten, Burnout und im Extremfall mit Erwerbsunfähigkeit reagieren.
Psychisch bedingte Krankschreibungen haben in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent zugenommen. Die häufigsten Diagnosen sind depressive Erkrankungen oder Belastungsstörungen. Die Zunahme von atypischer und prekärer Beschäftigung, die höhere Arbeitsintensität und die „Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit“ durch moderne Kommunikationsmittel, die immer seltener einen selbstbestimmten Arbeitsrhythmus zulassen, gehen an den Menschen nicht spurlos vorbei. Dies zeigt sich vor allem im Dienstleistungssektor, im Gesundheits- und Sozialwesen, in Erziehung und Unterricht, sowie in der Leiharbeitsbranche. Studien belegen den Einfluss der Arbeitsbedingungen auf die Entstehung psychischer Erkrankungen.
Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass ihre Beschäftigten noch mithalten können und Arbeit nicht krank macht. Der Arbeitsschutz in allen Betrieben muss deshalb mehr als heute den Schutz vor Stress und psychischer Überlastung sicherstellen.
Die betriebliche Gesundheitsförderung muss Unternehmen dabei helfen, Maßnahmen zur Stressreduktion und Angebote zur individuellen Stressbewältigung in den Betrieben zu verankern. …

Unter “Prävention und Gesundheitsförderung konsequent weiterentwickeln” beschreiben die Grünen in ihrem Beschluss, wie sie kurzfristig § 20 SGB V weiterentwickeln wollen. Der Anteil der Verhältnisprävention soll auf 50 Prozent der Ausgaben erhöht werden.