Unkritische DGUV

Ohne Zweifel gibt es sehr gutes Informationsmaterial der DGUV zur Minderung psychischer Fehlbelastungen in den Betrieben der bei ihren Unfallversicherern versicherten Arbeitgeber. Die DGUV senkt damit auch die Risiken einer Inanspruchnahme der Unfallversicherung. Das ist ethisch kein Problem.
Ich frage mich allerdings, warum die DGUV Projekte des Gesundheitsmanagements der bei ihr versicherten Arbeitgeber lobend darstellt, wenn der Arbeitsschutz in deren Betrieben im Bereich der psychischen Belastungen noch überhaupt nicht ausreichend implementiert ist.
Es geht mir nicht darum, die Leistungen von Unternehmen schlecht zu reden. Wenn aber Unternehmen in wissenschaftlich aussehenden “Reports” des “Institute for Work and Health of the German Social Accident Insurance” gelobt werden, die weder regelmäßigen Gefährdungsbeurteilung noch eine vollständige Erfassung und Bewertung aller potenziellen Gefahren durchführen, dann wäre das durchaus ein ethisches Problem: Natürlich fällt es beispielsweise durch arbeitsbedingte psychische Fehlbelastungen erkrankten Mitarbeitern eines von der DGUV öffentlich gepriesenen Vorzeigearbeitgebers schwerer, Ansprüche an die Berufsgenossenschaft zu stellen, als wenn die DGUV im Bereich der psychischen Belastungen Verstöße des Arbeitgebers gegen Arbeitsschutzbestimmungen dokumentiert hätte. Der Arbeitgeber stellt sich mit dem werbewirksamen Lob der DGUV als fürsorglich dar, obwohl es bei ihm noch kein prozesshaftes Verfahren und keine mit dem Betriebsrat vereinbarten Kriterien zur Erfassung und Beurteilung psychischer Belastungen gibt.
Die Hilfe der DGUV beim Showbusiness der bei ihr versicherten Unternehmen schwächt die Position geschädigter Arbeitnehmer in Konflikten mit dem Arbeitgeber und könnte so den Berufsgenossenschaften helfen, Kosten zu sparen. Wenn das die Absicht der DGUV wäre, dann hätten durch Fehlbelastungen geschädigte Arbeitnehmer schlechte Karten. Derzeit jedenfalls haben Arbeitnehmer derzeit kaum eine Chance, dass die Berufsgenossenschaft durch arbeitsbedingte psychische Fehlbelastungen verursachten Erkrankungen auch als arbeitsbedingt anerkennt.

Die GDA bis 2012 und Prioritäten ab 2013

http://www.dguv.de/medien/landesverbaende/de/veranstaltung/tda/2013/documents/09_jansen.pdf

Die GDA bis 2012
– Erfahrungen –
Prioritäten ab 2013
Michael Jansen
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung – DGUV
Fellbach, 14. März 2013
[…] 

  • ORGA: Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
  • MSE: Verringerung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich
  • PSYCH: Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung

Der PSYCH Kernprozess für die Beratung und Aufsich begann erst im Jahr 2015. Die Qualifizierung des Aufsichtspersonals bei PSYCH begann in der GDA erst im Mitte 2013. Einen Anlauf für eine gerade mal insgesamt fünftägige Ausbildung für PSYCH für die eher technisch orientierten Aufsichtpersonen gab es in Bayern ab 2011, also etwa sechs Jahre, nachdem das BAG klarstellte, dass psychische Belastungen Gegenstand des Arbeitsschutzes sind. Bis dahin waren die Arbeitnehmer einem Arbeits- und Gesundheitsschutz ausgeliefert, der von der Gewerbeaufsicht nicht kompetent beaufsichtigt werden konnte.
Ich erkenne bei der Gewerbeaufsicht kein Interesse, zu untersuchen, welchen Schaden sie damit angerichtet hat. Mindestens müssten sie von den vielen Unternehmen, die psychische Belastungen noch nicht ausreichend in den Arbeitsschutz mit einbezogen haben, fordern, dass ihre Budgets für den Arbeitsschutz über das für DGUV2 geltende Maß hinausgehen. Die Aufholjagd erfordert ganz logisch zusätzlichen Aufwand.

Zu starkes Gewicht auf der „Fürsorge für“ den Einzelnen

Die Erkenntnisse des Berichts aus dem Jahr 2005 sind aktuell, denn in vielen Unternehmen will man das Thema bis heute nicht wirklich verstehen. Auch dieser Bericht zeigt, dass Unternehmer das Thema schon seit vielen Jahren hätten verstehen können, wenn sie das gewollt hätten. Vielleicht sollten die Gewerbeaufsichten endlich begreifen, dass viele Unternehmen bei ihrer Pflicht zur Vermeidung psychischer Fehlbelastungen eben doch vorsätzlich gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen.
Statusbericht Stress bei der Arbeit (http://osha.europa.eu/de/publications/reports/203), Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, 2005:

[…] Häufig ist die Sicht auf den Inhalt von Stressmanagement zu eng begrenzt, und es liegt ein zu starkes Gewicht auf der „Fürsorge für“ den Einzelnen oder der „Heilung“ des Einzelnen. […]

Die fürsorgliche Belagerung der einzelnem Mitarbeiter ist aber genau der Weg, den viele Unternehmen weiterhin einschlagen. An die Arbeitsorganisation in ihren Betrieben trauen sie sich dagegen immer noch allzu ungerne heran. Lieber legen sie die Mitarbeiter auf die Couch, anstatt die eigene Unternehmenskultur zu überprüfen.
Gefunden habe ich den Statusbericht Stress bei der Arbeit über die Seite in http://www.dguv.de/de/Prävention/Themen-A-Z/Psychische-Belastungen/ der DGUV. Bei der DGUV gibt es noch andere Informationen, die schon länger zur Verfügung stehen und damit Zeigen, dass die Mehrheit der Unternehmer, die auch heute noch ihren Mitarbeitern den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz verwehren, ihre Unwissenheit wohl schon vorsätzlich pflegen.

Psychische Belastungen:11 gesundheitsgefährdende Faktoren

Das Wichtigste aus dem IGA-Report: http://www.haufe.de/arbeitsschutz/gesundheit-umwelt/psychische-belastungen-11-faktoren-identifiziert_94_331364.html (2015-12-07)
 
IGA-Report: http://www.iga-info.de/veroeffentlichungen/igareporte/igareport-31/

Risikobereiche für psychische Belastungen 
Mit den Veränderungen in der Arbeitswelt verändern sich auch die Belastungen, die auf den Menschen bei der Arbeit einwirken. So hat sowohl der Anteil als auch die Vielfalt an psychischen Arbeitsbelastungen zugenommen. Und diese können sich je nach Ausgestaltung positiv oder negativ auf Körper und Psyche auswirken.
Psychische Belastungen können also sowohl eine Kraftquelle als auch Gefahr für Beschäftigte darstellen. Herzerkrankungen und Muskel-Skelett-Erkrankungen zählen u. a. zu den körperlichen Erkrankungen, die aus psychischen Fehlbelastungen resultieren können. Und auch psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen können durch psychische Fehlbelastungen mit verursacht werden.
Der iga.Report 31 widmet sich diesem Gefährdungspotenzial von psychischen Belastungen und zeigt auf, welche Belastungsfaktoren nachweislich als Risikofaktoren für die Gesundheit von Arbeitnehmenden identifiziert werden können. Hierfür wurden empirische Studien zum Zusammenhang zwischen psychischen Arbeitsbelastungen und Erkrankungen ausgewertet. Im Ergebnis weist die Untersuchung 11 Belastungsfaktoren aus, die potenziell als Gesundheitsrisiko zu bewerten sind.

Die Initiative Gesundheit und Arbeit (IGA) wird gemeinsam getragen von:

  • AOK-Bundesverband
  • BKK Dachverband e. V.
  • Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV)
  • Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)

GDA-Leitlinien: 2008, 2011 und 2015

Die GDA-Leitlinien zur Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation sind nicht neu. Sie bauen auf LASI-Veröffentlichungen und DGUV-Veröffentlichungen auf.
Zum Vergleich drei Versionen: 2008, 2011 und 2015. (Von der Ausgabe aus dem Jahr 2012 habe ich keine Kopie.)
 
Weitere Links zur GDA und zu Dokumenten, die es früher schon gab (PsyGeb):

 

DGUV: Qualitätskriterien für die Betriebliche Gesundheitsförderung

http://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/fachbereiche/fb-gesundheitsdienst/documents/qualitaet_uv_traeger.pdf (April 2014)

Qualitätskriterien im Präventionsfeld
»Gesundheit im Betrieb«
Fachbereich »Gesundheit im Betrieb«
Sachgebiet »Betriebliche Gesundheitsförderung«


1. Ebene: Grundlage
Aus Sicht der Unfallversicherung ist eine grundlegende Voraussetzung für einen »gesunden Betrieb« ein funktionierender Arbeitsschutz, in dem die gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsschutzes und weitere relevante öffentlich-rechtliche Verpflichtungeneingehalten werden.
Auf die inhaltlichen Aspekte der ersten Ebene wird in diesem Papier nicht näher eingegangen.

Die gute Fee der DGUV

Den Weihnachtsmann hatten wir schon dort, wo er hingehört: im Dezember. Nun kommt die Fee dran (http://www.dguv.de/dguv/de/Presse-Aktuelles/Podcasts/Video-Podcasts/index.jsp):

Die gute Fee

Präventionsfilm zu psychischen Belastungen bei der Arbeit

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hat einen weiteren Präventionsfilm zum Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz veröffentlicht. Die Hauptrolle übernimmt die gute Fee.

Auch der Weihnachtsmann braucht Abwechslung

Gestern hatte er es hinter sich gebracht. Als Maßnahme gegen Fehlbelastung sucht der Weihnachtsmann nun eine neue Belastung.
http://www.dguv.de/de/Presse-Aktuelles/Pressemitteilung_73091.jsp (DGUV-Pressemeldung)

Gesetzliche Unfallversicherung veröffentlicht Präventionsfilm zu psychischen Belastungen bei der Arbeit
17.12.2013
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat heute einen Kurzfilm zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz veröffentlicht. Die Hauptrolle übernimmt passend zur Jahreszeit der Weihnachtsmann.
Standbild aus dem Film. (DGUV / DOMAR Film GmbH)Standbild aus dem Film. (DGUV / DOMAR Film GmbH)
Jedes Jahr dieselbe Leier: Von Stadt zu Stadt, von Land zu Land eilt der Weihnachtsmann um die Welt, um all die Geschenke zu verteilen, die auf den Wunschzetteln stehen. Seit Jahrhunderten schon klettert er auf die ewig gleichen Dächer und Schornsteine. Abwechslung? Fehlanzeige. Schon bedroht die Monotonie das seelische Gleichgewicht des Weihnachtsmanns, da nimmt seine Geschichte eine unerwartete Wendung.
“Wir wollen mit einem Augenzwinkern auf ein eigentlich ernstes Thema aufmerksam machen”, sagt Gregor Doepke, Leiter Kommunikation der DGUV. “Ziel des Films ist es, Arbeitgeber und Versicherte für psychische Belastungen bei der Arbeit zu sensibilisieren – in diesem Fall mangelnde Abwechslung und einseitige Belastung.”
Hintergrund ist die zunehmende Bedeutung des Themas für die betriebliche Prävention. So muss der Arbeitgeber bei der Beurteilung von Risiken für Sicherheit und Gesundheit im Betrieb auch psychische Belastungen berücksichtigen. Das hat der Gesetzgeber vor wenigen Monaten im Arbeitsschutzgesetz präzisiert. Unterstützung erhalten Arbeitgeber in Präventionsfragen von ihrer Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse.
Der Film wurde in Kooperation mit der Filmakademie Ludwigsburg realisiert. Produktion: DOMAR Film GmbH, Regie: Alexander Landsberger, Produzenten: Dominik Utz & Martin Schwimmer. Weitere Filme werden voraussichtlich im Laufe des kommenden Jahres veröffentlicht.
Weitere Informationen zum Thema psychische Belastungen finden Sie hier .

Vorsicht: Abwechslung ist kein Patentrezept für jeden. Manche mögen Monotonie, und es kommt auch auf die Art der Abwechslung an. Beispielsweise für mich war einmal eine dreijährige Versetzung nach Japan eine gute Abwechslung. Bei der Firmenweihnachtsfeier dort war ich dann natürlich der Weihnachtsman. Bart und Bauch musste ich mir nicht erst wachsen lassen.

Ideentreffen

Auf die folgende Veröffentlichung wurde ich durch arbeitstattstress.de aufmerksam. Die DGUV bietet hier mehr, als der Titel verspricht. Die Tipps können auch Teams in Großunternehmen helfen. So ein “Ideentreffen” kann man nicht nur für Gesundheitsthemen, sondern auch in Projekt-Retrospektiven (lessons learned) einbauen.
http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/i-7010-1.pdf

Gesund und fit im Kleinbetrieb
Arbeiten: entspannt, gemeinsam, besser
So geht´s mit Ideen-Treffen
Tipps für Wirtschaft, Verwaltung und Dienstleistung