Bayern: Arbeitsschutz ist Verfassungsschutz

http://bayern.dgb.de/presse/++co++e27ecc44-0f0d-11e3-b645-00188b4dc422

[…] Der DGB Bayern setzt seine Verfassungsschutz-Kampagne mit dem sechsten Motiv „Verfassungswidrig – Arbeit darf nicht krank machen“ fort. Die Bayerische Verfassung stellt in Artikel 167 fest: „Ausbeutung, die gesundheitliche Schäden nach sich zieht, ist als Körperverletzung strafbar.“ […] 

 
http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsbayprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-VerfBY1998rahmen&doc.part=X&doc.origin=bs&st=lr

[…]
Artikel 167

  1. Die menschliche Arbeitskraft ist als wertvollstes wirtschaftliches Gut eines Volkes gegen Ausbeutung, Betriebsgefahren und sonstige gesundheitliche Schädigungen geschützt.
  2. Ausbeutung, die gesundheitliche Schäden nach sich zieht, ist als Körperverletzung strafbar.
  3. Die Verletzung von Bestimmungen zum Schutz gegen Gefahren und gesundheitliche Schädigungen in Betrieben wird bestraft.

[…]

Träumt schön weiter.

Keine Seelsorger

http://www.vbw-bayern.de/Redaktion-(importiert-aus-CS)/04_Downloads/Downloads_2012/08_PlaKo/Reden-BB/20121122-Gesundheitskongress_endg.pdf

bayme vbm
Die bayerischen Metall und Elektro-Arbeitgeber
2. Gesundheitskongress 2012
Donnerstag, 22.11.2012 um 10:00 Uhr […]
Mitarbeitergesundheit als Wettbewerbsfaktor
Bertram Bossert
Hauptgeschäftsführer
bayme – Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro e.V.
vbm – Verband der bayerischeen Metall- und Elektro-Industrie e.V.
[…]

  • Während wir im Juni das Thema “Betriebliches Gesundheitsmanagement” auf bestimmte Zielgruppen im Betrieb fokussiert haben,
  • gehen wir heute das Thema als Führungsaufgabe an.

[…]
Unternehmer und Führungskräfte sind

  • weder Therapeuten
  • noch Sozialarbeiter
  • noch Seelsorger

Es entspricht aber der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, Auffälligkeiten bei Mitarbeitern zu bemerken und Betroffene sozusagen als Lotsen in die bestehenden Versorgungsstrukturen weiter zu vermitteln, die durch die Sozialsysteme zur Verfügung gestellt werden –

  • seien es Coaches
  • Sozialberater oder
  • andere lokale Dienstleister, die spezialisiert sind auf die menschliche Psyche

Aufgabe von uns Verbänden wird es sein, ein Netzwerk von Spezialisten aufzubauen, das unsere Unternehmen in die Lage versetzt, ihre Lotsenfunktion zu den Vorsorgeeinrichtungen und verfügbaren Spezialisten wahrzunehmen.
Denn eines ist klar: Ein psychisch erkrankter Mitarbeiter ist für unsere Unternehmen ebenso ein Kostenfaktor, wie ein körperlich erkrankter Mitarbeiter. […]

Bertram Bossert will Lotse sein. Aber wohin will er steuern? Das Ziel, das er eigentlich anzusteuern hätte, scheint nicht auf seinem Kurs zu liegen: Mit keinem Wort erwähnt er den Arbeitsschutz, dessen Vorschriften die Pflichten der Mitglieder seines Vereins zu befolgen haben. Es entspricht der Pflicht des Arbeitgebers, im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes Auffälligkeiten bei den Arbeitsplätzen zu bemerken und auf Mitarbeiter wirkende Fehlbelastungen zu mindern, bevor diese Mitarbeiter zu psychisch erkrankten “Betroffenen” werden.
Ich nehme einmal an, dass Bertrand Bossert weiß, dass die Minderung psychischer Fehlbelastungen eine Aufgabe des Arbeitsschutzes ist. Es wäre dann kein Zufall, dass er den Arbeitsschutz in seiner Rede nicht erwähnt. Bossert braucht ersteinmal selbst einen Lotsen, der ihm und seinen Vereinsmitgliedern hilft, mehr Respekt für die Gesetze und Vorschriften des Arbeitsschutzes zu entwickeln. In immer mehr Betrieben übernehmen die Arbeitnehmervertreter selbst diese Lotsenarbeit.
Das wird eine Lotsenarbeit im Arbeitsschutz sein und nicht zuerst in “Vorsorgeeinrichtungen”. Was diese Einrichtungen sein sollen und wer sie bezahlt, wird bei Bossert nicht klar. Sollen hier wieder Kosten vergesellschaftet werden? Wenn es um Arbeitsschutz ginge, dann hätten die Arbeitgeber die Kosten dafür zu tragen.
Suche: http://www.vbw-bayern.de/vbw/Suche.jsp.is?queryText=psychische&co=2

Die Kunstgriffe der vbw

http://www.b4bschwaben.de/nachrichten/dillingen_artikel,-Klartext-Mythos-psychische-Belastung-am-Arbeitsplatz-_arid,129993.html

vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Klartext: Mythos psychische Belastung am Arbeitsplatz
Dillingen | 30.08.2013
Hier wird kein Blatt vor dem Mund genommen. Die vbw stellt sich gegen den Mythos, dass psychische Belastung vornehmlich durch Stress am Arbeitsplatz hervorgerufen wird. Die Realität sieht komplett anders aus.

Eristischer Kunstgriff: Verstärkt wohl durch die Bearbeitung der vbw-Pressemeldung “Psychische Erkrankungen haben viele Ursachen / Mythen und Fakten zur Arbeitswelt: Teil 6” durch B4B Schwaben, wird hier der Mythos zusammengebastelt, dass es einen Mythos gäbe, dass psychische Belastung vornehmlich durch Stress am Arbeitsplatz hervorgerufen wird. Natürlich wird auch das gelegentlich den Arbeitgebern vorgeworfen. Die inzwischen öffentliche Kritik setzt aber woanders an: Es war bisher für Mitarbeiter recht gefährlich, das Thema der psychischen Belastungen überhaupt anzusprechen.
Beispiel: Überlastungsanzeigen landeten bei den Personalabteilungen, die den betroffenen Mitarbeitern dann zur Stressminderung eine Minderung der Arbeitsbelastung und damit auch des Einkommens “anboten”, anstelle zuallererst einmal nachzusehen, wie die vom Arbeitsplatz des Mitarbeiters auf ihn wirkenden psychischen Belastungen beurteilt wurden. In den meisten Fällen gab es da nichts, denn bisher konnten viele Arbeitgeber es sich straflos leisten, in den vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen keine ernsthafte Beurteilung psychischer Belastungen vorzunehmen.
Warum es falsch ist, “dass psychische Belastung vornehmlich durch Stress am Arbeitsplatz hervorgerufen wird”, erklärt der Artikel nicht. Eine solche Behauptung wäre nämlich tatsächlich falsch, aber den eigentlichen Grund für den Fehler in dieser Aussage haben die Autoren des vdw gar nicht verstanden: Sachlich richtig ist, dass umgekehrt die Beanspruchung des Menschen am Arbeitsplatz durch die vom Arbeitsplatz ausgehende und auf den Menschen wirkende psychische Belastung hevorgerufen wird. Und selbst das ist noch kein Problem, denn das ist die Eigenschaft von Arbeit! Ohne Belastungen gibt es keine Jobs. Die vbw wehrt sich dagegen, dass Arbeit schlecht gemacht wird. Aber ihr Gebrauch des Begriffes “Belastung” macht schon den Begriff der Belastung schlecht. Belastung als negativ darzustellen, mag der übliche Sprachgebrauch sein, aber das ist keine Entschuldigung für einen “Klartext”, der die Dinge klären soll.
Zum Problem werden Belastungen erst, wenn sie Fehlbelastungen sind. Dann können krank machende Beanspruchungen die Folge psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz sein. Niemand will Arbeit schlecht machen. Aber der Widerstand gegen krank machende Arbeit wird jetzt immer stärker.
Wer unterscheidet zwischen Belastungen und Fehlbelastungen? In den Betrieben entscheiden das Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam und betriebsnah innerhalb des weiten Rahmens des Arbeitsschutzgesetzes. Es geht also um Mitbestimmung. Die jedoch ist bei einigen Arbeitgebern immer noch unbeliebt.
 

Es gibt viele Mythen und pseudo Fakten, die sich in der öffentlichen Meinung zur Arbeitswelt festgesetzt haben. Eine dieser Mythen rankt sich um das Thema psychische Belastung. Viele glauben, dass psychische Belastung einzig und allein aus dem vermeidlichen Stress am Arbeitsplatz resultiert. Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. setzt sich diesem Gerücht entgegen. Psychische Belastungen im Alltag nehmen zu, das ist Fakt. „Ich warne aber davor, psychische Erkrankungen auf den vermeintlich steigenden Stress in der Arbeitswelt zurückzuführen“, so vbw Geschäftsführer Bertram Brossardt. „Psychische Erkrankungen haben viele Ursachen, die von der Veranlagung bis zur Belastung im Arbeits- und Privatleben reichen. Studien belegen, dass befriedigende Arbeit die psychische Gesundheit nicht schwächt, sondern stärkt.“

Eristischer Kunstgriff: “Studien belegen…” Dass befriedigende Arbeit die psychische Gesundheit nicht schwächt, sondern stärkt, ist etwa seit dem Pleistozän bekannt. Niemend stellt in Frage, dass befriedigende Arbeit befriedigt (solange es nicht um suchthafte Befriedigung geht). Hier wir am falschen Baum gebellt. Beim seit dem Jahr 1996 geforderten Einbezug psychischer Belastungen in den ganzheitlichen Arbeitsschutzes geht es z.B. um unbefriedigende Arbeit, aber auch um suchthaft befriedigende Arbeit.
Nächster Kunstgriff: “Psychische Erkrankungen haben viele Ursachen, die von der Veranlagung bis zur Belastung im Arbeits- und Privatleben reichen.” Richtig. Auch das ist bekannt. Aber wie können Arbeitgeber es wagen, etwas zu psychische Fehlbelastungen im Arbeitsleben zu sagen, wenn sie sich seit 1997 mehrheitlich schon gegen die Erfassung und Beobachtung von psychischen Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung gewehrt haben? Ihr Interesse, Ursachen im Arbeitsleben entdecken zu können, war jedenfalls bisher nicht sehr ausgeprägt.
Noch ein Kunstgriff: die Warnung, psychische Erkrankungen auf den vermeintlich steigenden Stress in der Arbeitswelt zurückzuführen. Diese Warnung ist genauso unsinnig, wie psychische Erkrankungen nur auf die Arbeitswelt zurückzuführen. Die Warnung ist sogar ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz, denn hier muss es möglich sein, nach einer ordentlichen Gefährdungsbeurteilung psychische Erkrankungen durchaus auch einmal auf gefährdende Arbeitsbedingungen zurückzuführen.
 

Erwerbstätige erkranken deutlich seltener
Nach einer Erhebung des BKK-Bundesverbands leiden Erwerbstätige deutlich seltener an psychischen Störungen als Arbeitslose. Nur 12 Prozent der männlichen und 16 Prozent der weiblichen Beschäftigten suchen pro Quartal einen Arzt wegen psychischer Probleme auf. Bei Arbeitslosen und Rentnern sind es dagegen 20 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen. Außerdem stehen den 5,2 Krankheitstagen aufgrund psychischer Erkrankungen von Arbeitslosen die 1,5 Tage der Erwerbstätigen gegenüber. Menschen ohne Arbeit haben eine wesentlich größere Wahrscheinlichkeit psychisch zu erkranken.

Eristischer (und wenig origineller) Kunstgriff: Den Trick mit “Arbeit macht mehr Freude als Erwerbslosigkeit” versuchte Dieter Hundt schon früher. Es ist auch irreführend, z.B. einen gestressten 40jährigen Arbeitnehmer mit einem Rentner zu vergleichen. Seriös wäre dagegen eine Unterscheidung innerhalb der Gruppe der Erwerbstätigen zwischen nicht krank machender (und dann oft den Menschen bereichender) Arbeitsbelastung und krank machender Arbeitsbelastung. Das ist die Aufgabe beispielsweise der Gefährdungsbeurteilung. Genau hier will es der Mehrheit der Arbeitgeber auch heute noch nicht gelingen, in ihrem Arbeitsschutz mitbestimmte und auditierbare Verfahren zur Erkennung und Bewertung psychischer Belastungen zu implementieren. Woran mag das liegen?
 

Arbeitgeber auf Arbeitnehmer gut eingestellt
Ganz unabhängig von diesem großen Unterschied hat sich die bayerische Wirtschaft dem Thema Gesundheit bereits angenommen. „Unser Focus muss auf Prävention und Früherkennung liegen, um psychische Erkrankungen zu vermeiden“, so Brossardt. „Hier ist bereits viel geschehen: 93 Prozent der Unternehmen haben laut Institut der deutschen Wirtschaft Köln Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsplatzes im Rahmen eines Gesundheitsmanagements eingeleitet. Dieses Engagement wird auch von den Mitarbeitern honoriert: Rund zwei Drittel der Beschäftigten sind der Meinung, dass sich ihr Betrieb gut oder sehr gut um ihre Gesundheit kümmert.“

Eristischer Kunstgriff: Argumentation mit Gesundheit insgesamt. Es geht um den mangelhaften Arbeitsschutz, nicht um das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) schlechthin. Wie viele der Beschäftigten sind der Meinung, dass sich ihr Betrieb gut oder sehr gut um ihre psychische Gesundheit kümmert?
Im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements tun die Unternehmen tatsächlich werbewirksam viel, z.B. Rückenschule, Yoga, gerne auch Fünf Tibeter usw. Aber in der Praxis überwiegt dabei die Verhaltensprävention. Die im Arbeitsschutz vorgeschriebene Verhältnisprävention wird dagegen im BGM oft marginalisiert. Der vorgeschriebene Arbeitsschutz kann ein Teil des ansonsten freiwilligen BGM sein, aber er würde (bei seiner ernsthaften Umsetzung im Bereich der psychischen Belastungen) Führungsstile und die Arbeitsorganisation transparenter machen und stärker in Frage stellen, als das die Arbeitgeber das bisher gewohnt waren. Das ist es, was bis etwa 2011 die seit 1996 stattfindende Missachtung der Pflicht erklärt, psychische Belastungen mitbestimmt in den Arbeitsschutz einzubeziehen.
 

M+E Industrie kümmert sich um Gesundheit am Arbeitsplatz
Die bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeber bayme vbm nehmen dieses Thema ebenfalls ernst. Deshalb haben sie den „Aktionstagprogramm psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ im Bereich der gesundheitlichen Vorsorge ins Leben gerufen. „Damit wollen wir zum einen wissenschaftlichen Beitrag leisten und so die Diskussion versachlichen“, erklärt Brossardt. „Zum anderen bieten wir Betrieben Workshops zur Weiterbildung von Führungskräften und Betriebsärzten an. Ab 01. September 2013 stehen mit unserer Hotline zwei Psychologen für eine telefonische Beratung für Mitarbeiter und Führungskräfte unserer Mitgliedsunternehmen zur Verfügung, um bei psychischer Belastung frühzeitig intervenieren und helfen zu können.“ Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre ausgelegt. bayme vbm wendet fast 1,7 Mio. Euro für diese Maßnahmen auf.

Die Wissenschaftlichkeit des Beitrages der vbw bedarf sicherlich einer nachhaltigen Beobachtung. Mitarbeiter, die psychischen Fehlbelastungen ausgesetzt sind, sollten den hier zitierten “Klartext” genau durchlesen, bevor sie sich entscheiden, bei der Hotline der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft anzurufen. Da mag es klüger sein, mögliche psychische Belastungen zunächst erst einmal mit einem Mitglied des Betriebsrates zu besprechen. Auch die Hausärzte kennen sich zunehmend besser mit dem Thema aus.
 
Links:

Wie die Steuerfahndung, so die Gewerbeaufsicht?

SZ 2012-04-25, von Mike Szymanski: Seehofers Leiden, S. 6

[…] Brandaktuell ist und bleibt der Umstand, dass Bayerns Steuerverwaltung seit Jahren chronisch unterbesetzt ist, laut Gewerkschaft fehlen 2000 Männer und Frauen. Als Steuerhinterzieher kann man sich in Bayern sicherer fühlen als in anderen Bundesländern. Diesen Schluss legen die Statistiken nahe. Wirklichen Ehrgeiz, daran etwas zu ändern, hat die Staatsregierung trotz Dauerkritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofes nicht erkennen lassen […]

Und welchen Ergeiz zeigt die bayerische Staatsregierung im Arbeitsschutz? Was hilft OHRIS, wenn die Kontrolle fehlt? Was helfen Fachleute, denen die Hände gebunden sind? Mir scheint, dass es den bayerischen Unternehmen nicht gerade schwer gemacht wird, gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes zu verstoßen. Es sind wohl nicht die Arbeitnehmer, die die bayerischen Politiker wirklich schützen wollen.

Ministerium nimmt Personalvertretungen und Betriebsärzte in die Pflicht

Auf eine Anfrage hin hat mir das Bayerische Staatsministerium für Arbeit- und Sozialordnung, Familie und Frauen (Referat II 3; Arbeitsmedizin, Arbeitsschutzorganisation, sozialer Arbeitsschutz) eine freundliche und ehrliche Antwort geschickt.

Vielen Dank für Ihre E-Mail vom 18. Februar 2013 an Staatsministerin Christine Haderthauer, in der Sie über Probleme bei der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich der Einbeziehung psychischer Belastungen berichten. Frau Staatsministerin hat uns, als das für die Arbeitsmedizin zuständige Fachreferat, mit der Beantwortung Ihrer E-Mail beauftragt.
Seit dem Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) im Jahre 1996 hat der Arbeitgeber alle erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit zu treffen. Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen muss der Arbeitgeber auch die Gefährdung durch „psychische Belastungen“ mit einbeziehen.
Der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) hat auf seiner 54. Sitzung im September 2009 in Kiel die Veröffentlichung der LV 52 „Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden“ beschlossen. Basierend auf dieser LASI-Publikation wird künftig in Bayern durch technisches und ärztliches Personal der Gewerbeaufsicht die Beratung zu und die Überwachung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz in den Unternehmen von Seiten der Arbeitsschutzbehörden erfolgen. Diese Handlungshilfe wird es dem Aufsichtspersonal in der Praxis ermöglichen, grob orientierend Anhaltspunkte für psychische Fehlbelastungen in Betrieben zu erkennen und erforderliche betriebliche Maßnahmen anzustoßen.
Derzeit werden die bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamtinnen und -beamten entsprechend geschult.
Zentraler Ansatzpunkt ist die Kontrolle der Gefährdungsbeurteilung. Allerdings ist festzustellen, dass es für die Gewerbeaufsicht oft nur sehr schwer möglich sein wird, auch bei vorhandener Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich psychischer Belastungen, im Rahmen einer Betriebsüberprüfung zu erkennen, ob (in bestimmten Bereichen) erhöhte psychische Belastungen vorliegen und ob ausreichende Maßnahmen getroffen wurden, diesen entgegenzuwirken. Einfacher wird es sein in Branchen, in denen es bekannter Weise zu erhöhten psychische Belastungen kommt.
Deshalb und in Anbetracht der sehr limitierten Personalressourcen wird es den bayerischen Arbeitsschutzbehörden nur möglich sein, die Unternehmen für die Belange psychischer Belastungen zu sensibilisieren und eine „Anstoßberatung“ durchzuführen. Kontrollen werden nur in Ausnahmefällen in die Tiefe gehen können.
Es steht außer Frage, dass Gefährdungsbeurteilungen auch in Hinblick auf psychische Belastungen „gelebt“ werden müssen. Die Verantwortung dafür trägt der Arbeitgeber. Sollte es hier Mängel geben, so gibt es ja gerade in großen Betrieben die Möglichkeit Probleme intern, über eine starke Personalvertretung oder den Betriebsarzt anzugehen. Die Behörde wird tätig, sobald ihr Defizite bekannt werden.

(Link und Hervorhebungen nachträglich in den Text eingetragen)
Die “Burnout Detektive” der Ministerin Haderthauer waren dann wohl eher eine Erfindung der Presse.
Es geht vermutlich nicht nur um Ressourcenprobleme, sondern auch um eine Gewerbeaufsicht, die sich gegenüber den Unternehmen nicht wirklich durchsetzen darf. Noch Anfang 2012 traute sich die Gewerbeaufsicht, zu schreiben:

[…] Psychische Fehlbelastungen lassen sich vermeiden. Die bayerische Gewerbeaufsicht überprüft die Betriebe und legt die Abhilfemöglichkeiten in einer Zielvereinbarung fest. […]

Der Text ist inzwischen verschwunden.
Die Überforderung der Gewerbeaufsicht ist übrigens kein ausschließlich bayerisches Problem, sondern sie gefährdet die Arbeitnehmer bundesweit.
 


Vier Anmerkungen zu dem Brief:
Arbeitnehmervertretungen und Betriebsärzte in der Pflicht: Die offene und ehrliche Antwort des Staatsministeriums ist hilfreich, denn sie zeigt eine Lösung auf: Die Arbeitnehmervertretungen und die Betriebsärzte werden in die Pflicht genommen. Diese Lösung gibt es natürlich schon seit es das Betriebsverfassungsgesetz und das heutige Arbeitsschutzgesetz gibt! Aber es ist gut, wenn sich Betriebs- und Personalräte auch einmal von einer eher konservativen Staatsregierung anhören müssen, dass die Gewerbeaufsicht ohne engagierte Arbeitnehmervertretungen und Betriebsärzte auf einem verlorenen Posten steht. Wenn diese Akteure zu schüchtern und zu schlecht ausgebildet sind und die Gewerbeaufsicht nicht auf Defizite hinweisen, dann funktioniert die Kontrolle der Gefährdungsbeurteilung nicht.
Mehrbelastung von Arbeitnehmervertretern und Betriebsärzten: Hier sind Aufgaben auf die Arbeitnehmervertretungen und die Betriebsärzte (aber auch auf die Fachkräfte des Arbeitsschutzes) zugekommen, denen möglicherweise existierende Richtlinien zur Budgetierung nicht mehr gerecht werden. Sie müssen ja nun die Ressourcenprobleme der Behörden kompensieren. Für mutige Arbeitnehmervertretungen ist das kein unlösbares Problem: Zwar gilt weiterhin ein Betriebsverfassungsgesetz mit heute zu wenig Freistellungen, aber auch dank der ehrlichen Darstellung von behördlichem Ressourcenmangel durch Staats- und Bundesministerinnen werden Arbeitsrichter die Ressourcenprobleme der Personal- und Betriebsräte, der Betriebsärzte und der Fachkräfte für den Arbeitsschutz besser verstehen. Allerdings gibt es leider auch Arbeitnehmervertretungen, die zu schwach und zu kleinmütig sind, angemessene Ressourcen (z.B. Weiterbildung, externe Auditoren und Experten usw.) für sich durchzusetzen und Freistellungszeiten über das gesetzlich garantierte Mindestmaß hinaus auszudehnen.
Arbeitnehmervertreter zuständig für die Beurteilung der Arbeitsschutzqualität: Die Antwort des Staatsministeriums erlaubt noch eine weitere Schlussfolgerung: Gibt es nach einer Kontrolle durch die Gewerbeaufsicht keinen Mängelbericht, dann können Betriebe (in Bayern, aber wohl auch in anderen Ländern) trotzdem nicht behaupten, dass die Gewerbeaufsicht ihnen bestätigt habe, dass sie psychische Belastungen pflichtgemäß in den Arbeitsschutz einbeziehen. Das Ministerium verweist uns hier an die Arbeitnehmervertretungen und an die Betriebsärzte.
        Von den beiden genannten Akteuren im Arbeits- und Gesundheitsschutz haben nun wiederum die Arbeitnehmervertretungen die besseren Durchsetzungsmöglichkeiten. (Für die Fachkräfte der Arbeitsschutzes in den Betrieben ist das nicht so einfach.) Wehe den Mitarbeitern der Betriebe, in denen die Betriebsräte oder der Personalräte zu schüchtern oder/und zu schlecht ausgebildet sind, um Ihrer Mitbestimmungspflicht im Arbeitsschutz gerecht zu werden!
Falsches Verständnis von vertrauensvoller Zusammenarbeit: Angesichts der Bedeutung der Betriebs- und Personalräte für die Kontrolle des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist es besonders bedenklich, wenn der Arbeitgeber und die Arbeitnehmervertretung vertrauensvolle Zusammenarbeit falsch verstehen und gemeinsam bei Besichtigungen durch Auditoren, durch die Gewerbeaufsicht und durch die Berufsgenossenschaft jene Vorfälle und Gefährdungen verheimlichen, die als arbeitsbezogene Ereignisse auftraten oder auftreten können, obwohl diese Vorfälle und Gefährdungen zum Beispiel physische und psychische Verletzungen oder Erkrankungen (bei OHSAS 18001 ohne Berücksichtigung der Schwere!) zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. (Erkrankungen sind in diesem Zusammenhang erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert.)
        Solche Arbeitnehmervertretungen sind vielleicht sogar gefährlicher als gar keine Arbeitnehmervertretungen, denn sie nehmen den von ihnen vertretenen Mitarbeitern grundlegende Rechte im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Ein ziemlich entsetzliches Beispiel: Von konkreten Fällen starker psychischer Fehlbelastung betroffene Mitarbeiter werden alleine gelassen, damit die harmonische Zusammenarbeit zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat bei gemeinsamen Projekten nicht gestört wird.
        Betriebsräte, die (vielleicht in guter Absicht) einer Betriebsleitung helfen, Fälle psychischer Fehlbelastngen und das Fehlen wirklich wirksamer Beurteilungen psychischer Belastungen unter den Teppich zu kehren, werden am Ende zum Dank auch noch über den Tisch gezogen: Wenn der Arbeitgeber sich nach geschickter Vorbereitung und Vertuschungsarbeit in kleinen und unauffälligen Schritten sicher genug fühlt, wird er behaupten, dass sein Arbeitsschutz schon lange ganzheitlich gewesen sei, denn der Betriebsrat hätte ja in der Vergangenheit bei Besuchen der Gewerbeaufsicht die Aufsichtspersonen pflichtgemäß auf Defizite aufmerksam machen können. “Offensichtlich” habe es aber keine Defizite gegeben. Zum Schluss können der Arbeitgeber und die Gewerbeaufsicht den schwarzen Peter so zum Betriebsrat schieben – und zwar zu Recht!
Andererseits: Auch Betriebsräte können ausbrennen.
Noch einmal der Hinweis: LASI-Veröffentlichungen

Grüße aus Bayern

http://www.arbeitsschutz-aktuell.de/de/Grusswort_02.html

Schriftliches Grußwort der Schirmherrin, Frau Staatsministerin Christine Haderthauer, anlässlich der Messe und des Kongresses „Arbeitsschutz Aktuell 2012“ vom 16. – 18. Oktober 2012 in Augsburg

Unsere Arbeitswelt ist aktuell gravierenden Änderungen unterworfen. Das bringt auch im Bereich des Arbeitsschutzes neue Herausforderungen mit sich. Neben der Prävention von Verletzungen und Erkrankungen infolge von Unfällen, gewinnt auch die Reduzierung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz an Bedeutung. Dazu müssen wir im Arbeitsschutz neue Wege gehen.
Wir müssen den arbeitenden Menschen ganzheitlich betrachten. Es gilt, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Menschen ein Arbeitsleben lang und darüber hinaus zu erhalten. Deswegen müssen wir das Themenfeld psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Gewerbeaufsicht integrieren. Auch der Schwerpunkt der Fortbildung der Gewerbeärzte und der Gewerbeaufsichtsbeamten muss sich aktuell auf die Vermeidung von psychischen Belastungen konzentrieren. Wir bauen dabei auch auf die Eigenverantwortung der Beschäftigten, besonders aber der Arbeitgeber und Führungskräfte.

So ganz klappt das mit dem Unterschied zwischen Fehlbelastungen und Belastungen noch nicht. Aber der Trend stimmt. Gut ist, dass die Ministerin die bereits von Fachleuten der Gewerbeaufsicht seit einigen Jahren geforderte Weiterbildung der Gewerbeärzte und der Gewerbeaufsichtsbeamten unterstützt.

Qualifizierung der Bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamten

http://www.verwaltung.bayern.de/egov-portlets/xview/Anlage/4038079/Jahresbericht der Gewerbeaufsicht des Freistaates Bayern 2010.pdf, S. 59

Qualifizierung der Bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamten zur Thematik „arbeitsbedingte psychische Belastungen“
Arbeitsbedingte psychische Belastungen: eine Herausforderung für die Gewerbeaufsicht …

… Schwerpunktaktionen zu psychischen Belastungen hat es zwar in Bayern schon in einzelnen Branchen und Tätigkeitsfeldern gegeben (siehe www.lgl.bayern.de), sie wurden aber ausschließlich von Gewerbeärzten in Zusammenarbeit mit dem LGL durchgeführt. Die technischen Beamten – und damit das Gros des Personals der Gewerbeaufsicht – waren nicht eingebunden. …

 
S. 60

… Alle technischen Aufsichtsbeamten erhalten bis Ende 2011 eine Basisschulung zum Baustein I (siehe Tabelle 3). 2012 sollen alle technischen Aufsichtsbeamten zum Baustein II qualifiziert werden. Der Baustein III dient dem Erfahrungsaustausch der Aufsichtsbeamten und wird voraussichtlich 2013 durchgeführt.
Verbindliche Schulungsinhalte für alle Mitarbeiter mit Revisionstätigkeiten
== Schulungsangebot ==
Basisschulung Baustein I
Basisschulung Baustein II
Erfahrungsaustausch und 'Gefährdungsbeurtei lung'
Basisschulung Baustein III
Erfahrungsaustausch
== Lernziele ==
Aneignung von: Grundkenntnissen zum Themenfeld psychische Belastungen (pB) Integrationsansätzen in die Besichtigungstätigkeit
I. Festigung des erworbenen Wissens, Austausch von Erfahrungen
II.Befähigung zur Information, Beratung und Überwachung zur Gefährdungsbeurteilung (Teil 'Psychische Belastung')
 Festigung des erworbenen Wissens,
 Austausch von Erfahrungen
 == Inhalte ==
  Begriffklärung Stress, Belastungs-Beanspruchungs-Konzept
 Risikofaktoren: Begriffe, Beispiele, Bedeutung
 Ressourcen: Begriffe, Beispiele, Bedeutung
Indikatoren von pB im Betrieb
Kurz- und langfristige Folgen von psychischen Belastungen
Tätigkeitsmerkmale der Arbeitsgestaltung
Gestaltungsempfehlungen, Handlungsfelder, Beispiele, Lösungen, Erfah-
rungsaustausch
Relevanz der Erkenntnisse für die Arbeitsschutzverwaltung
Erste Schritte im Betrieb: Wie spreche ich mit dem Arbeitgeber
eigene Rolle und Grenzen
 I. Erfahrungen unter anderem zu/zum
  Bedingungen im Betrieb, Fallbeschreibung
 Vorgehen im Betrieb
 II.Gefährdungsbeurteilung:
Methodenübersicht
  Vorstellung praxisnaher Instrumente
 Prozess und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung
 Beurteilung der Gefährdungsbeurteilung Teil 'Psychische Belastung' entsprechend der 'Leitlinie'
Wie gehe ich konkret im Betrieb vor?
 Erfahrungen unter anderem zu/zum
  Bedingungen im Betrieb, Fallbeschreibung
 Vorgehen im Betrieb
Handlungsbedarf, Risikofaktoren, Ressourcen
Gestaltungsmaßnahmen
Förderliche und hemmende Faktoren
Reaktion des Unternehmens
Möglichkeiten der verbesserten Einbindung in die Besichtigungstätigkeit
== Methoden ==
 Lehrdialog, moderierte Diskussionen, Fallbeispiele, Aktionsplan 'Transfer'
 Lehrdialog, moderierte Diskussionen, Demonstration, Übung
Fallbeispiele, Aktionsplan zur Umsetzung im Betrieb
Praxisbegleitender Erfahrungsaustausch, intern oder extern moderiert
== Dauer ==
 8 Lerneinheiten/ 2 Tage
 8 Lerneinheiten/ 2 Tage
 4 Lerneinheiten/ 1 Tag oder kontinuierlich praxisbegleitend
Tabelle 3: Curriculum für die Qualifizierung von Aufsichtskräften zum Thema 'psychische Belastungen'
Curriculum für die Qualifizierung von Aufsichtskräften zum Thema “psychische Belastungen”

Diese Tabelle finden Sie auch auf Seite 19 in der LV 52 (LASI).

Anspruch und Wirklichkeit in Bayern

Vorbemerkung: Auf fachlicher Ebene bemüht sich die bayerische Aufsichtsbehörde, gute Arbeit zu leisten. Politiker, die hier etwas in Bewegung bringen wollen, müssen eigentlich nur noch für Ressourcen sorgen. Die Aufsichtsbehörde wird damit gut umgehen können, wenn sie das darf.
 
Die folgende Pressemitteilung ist vom April. Was hat die Ministerin inzwischen umsetzen lassen? Was machen die “Burnout-Detektive”? Wie passen in Bayern Anspruch und Wirklichkeit zusammen?
http://www.bayern.de/Gesundheit-.335.10373046/index.htm

Pressemitteilung
27.04.12
Arbeitsministerin Haderthauer: “Arbeitsschutz muss neue Wege gehen” – Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
“Mit dem Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft haben sich die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten stark verändert. Dies bringt auch neue Herausforderungen im Bereich des Arbeitsschutzes mit sich. So steigen beispielsweise die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen immer weiter an. Mein Ziel ist es, dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Dazu müssen wir im Arbeitsschutz neue Wege gehen. Stand früher die Verhütung von Körperschäden, wie Unfälle und körperliche Erkrankungen im Vordergrund, so gewinnt heute die Reduzierung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz an Bedeutung. Wir müssen den arbeitenden Menschen ganzheitlich betrachten. Deswegen habe ich das Themenfeld psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Gewerbeaufsicht [die z.B. schon im Jahr 2002 und 2003 daran arbeitete und im Jahr 2010 ein gutes Weiterbildungskonzept für technische Aufsichtsbeamte entwickelt hatte] integriert und einen Schwerpunkt der Fortbildung der Gewerbeärzte und der Gewerbeaufsichtsbeamten in diesem Jahr auf die Vermeidung von psychischen Belastungen, zum Beispiel Burnout am Arbeitsplatz gelegt”, erklärte Bayerns Arbeitsministerin Christine Haderthauer heute in München mit Blick auf den Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz am 28. April. Der Welttag wurde von der International Labour Organisation (ILO) eingeführt, um das Bewusstsein für sichere, gesunde und menschenwürdige Arbeit zu stärken.
Haderthauer weiter: “Arbeitgeber und Führungskräfte haben eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern. So haben sie dafür Sorge zu tragen, dass aus den vielen Stressfaktoren bei der Arbeit keine psychischen Fehlbelastungen für die Mitarbeiter entstehen, die krank machen und beispielsweise auch zum Burnout-Syndrom führen können. Um auch das Thema psychische Belastungen am Arbeitsplatz in den Griff zu bekommen, empfehle ich den Betrieben die freiwillige Einführung eines Gesundheitsmanagements. Hervorragend eignet sich das ganzheitliche betriebliche Gesundheitsmanagementsystem – GABEGS -, das wir im Bayerischen Arbeitsministerium schon vor einigen Jahren entwickelt haben und dessen Einführung und Anwendung kostenlos ist. GABEGS ist ein effektives Hilfsmittel für die Betriebe, die Gesundheit ihrer Beschäftigten nachhaltig zu schützen und zu fördern. Und dies kommt auch dem Erfolg des Unternehmens zugute, denn nur gesunde Mitarbeiter sind auch produktive Mitarbeiter.”
Nähere Informationen zu GABEGS erhalten Sie unter: www.zukunftsministerium.bayern.de/arbeitsschutz/managementsysteme/gabegs.php
Pressemitteilung auf der Seite des Herausgebers

(Die Anmerkung in eckigen Klammern, Links und Hervorhebungen wurden nachträglich eingetragen.)
Etwa 70% der deutschen Unternehmen haben psychische Belastungen nicht vorschriftsmäßig in ihren Arbeitsschutzes einbezogen, aber die Ministerin schlägt ihnen in Bayern ein freiwilliges Gesundheitsmanagement vor. Wird da niemand stutzig?
Um auch das Thema psychische Belastungen am Arbeitsplatz in den Griff zu bekommen, empfehle ich den Betrieben, zunächst die vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen so sorgfältig anzufertigen, dass aus ihnen die Qualität des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz klar und verständlich deutlich wird. Bevor nämlich ein schickes Gesundheitsmanagement aufgebaut wird, muss erst einmal der bestehende Zustand beurteilt werden. Höchstrichterlich ist (auf Betreiben eines Arbeitgebers) auch bestätigt, dass Arbeitsschutzmaßnahmen mit einer Gefährdungsbeurteilung begründet werden müssen.
Solange psychische Belastungen nicht in den Arbeitsschutz einbezogen sind, sind die Mitarbeiter gefährdeter, als wenn ein ganzheitlicher Arbeitsschutz bereits implementiert wäre. Darum muss ein fehlender Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz selbstverständlich in der Gefährdungsbeurteilung dokumentiert werden. Das ist nicht kompliziert, und Arbeitgeber sind gegebenenfalls verpflichtet, das sofort zu tun, denn auch ein unvollständiger Arbeitsschutz kann die Mitarbeiter gefährden.
Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, dann wird die Beschreibung des fehlenden Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz der Einstieg vieler Unternehmen in den ganzheitlichen Arbeitsschutz sein. Das ist nicht nur eine lästige Pflichtübung bei der Einhaltung von Vorschriften, sondern eine wahrheitsgemäße, gut verständliche und vollständige Gefährdungsbeurteilung wird gebraucht,

  • damit Arbeitsschutzmaßnahmen aus konkreten Tatsachen abgeleitet werden können,
  • damit die Leistungsbedingungen der Mitarbeiter besser verstanden ond offen angesprochen werden,
  • damit sich Mitarbeiter sowie ihre Führungskräfte zu ihrem eigenen Schutz auf gegebenenfalls festgestellte Lücken im Arbeitsschutz (z.B. ein ungenügender oder mangelhafter Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitschutz) so lange einstellen können, bis der noch zu implementierende ganzheitliche Arbeitsschutz auch wirklich funktioniert.

Die Mitarbeiter müssen deswegen die zu ihren Arbeitsplätzen gehörenden Gefährdungsbeurteilungen natürlich auch kennen, verstehen und überprüfen können.
Es gibt jetzt schon Maßnahmen, die Christine Haderthauer zulassen muss, wenn sie es mit dem ganzheitlichen Arbeitsschutz ernst meint. Es darf in Bayern keine Betriebe mehr geben, die psychische Belastungen nicht ausreichend in ihren Arbeitsschutz integriert haben, aber nach einem Besuch der Gewerbeaufsicht gegenüber der Belegschaft behaupten können, sie hielten die Vorschriften des Arbeitsschutzes ein. Wenn der (mitbestimmte) Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz gar nicht geprüft wurde, dann vertrauen die die Mitarbeiter und die Führungskräfte auf einen Schutz, den es gar nicht gibt. Wenn die Gewerbeaufsicht zulässt, dass der Anspruch des Unternehmens, einen ausreichend ganzheitlichen Arbeitsschutz implementiert zu haben, von der krank machenden Wirklichkeit abweicht, dann richten unvollständige Prüfungen sogar Schaden an.
 
Siehe auch:

(Links aktualisiert: 2013-03-21)

Servus Zielvereinbarung

In http://blog.psybel.de/zielvereinbarung-mit-unternehmen/ berichtete ich von Zielvereinbarungen, die die bayerische Gewerbeaufsicht gegebenenfalls mit Unternehmen trifft. Im neuen Webauftritt finde ich das nicht mehr. Die interne Suchmaschine des bayerischen “Zukunftsministeriums” ist zur Zeit zwar noch erfolgreicher. Aber wenn man die von ihr gefundene Seite anklickt, kommt auch wieder eine Seite ohne “Zielvereinbarung”.
Vielleicht sind Christine Haderthauers “Burnout-Detektive” auch schon an die Kette gelegt worden. Ich hatte im Oktober 2011 die bayerische Ministerin darum gebeten, dass die Gewerbeaufsicht von Zielvereinbarungen auch Gebrauch macht. Kurz danach kam (wohl nicht sosehr als Folge meiner Anregung) die Burnout-Detektive-Schlagzeile. Und einige Monate danach verschwand die Zielvereinbarung.
Den Mut der Gewerbeaufsicht findet man also jetzt nur noch im Cache der bayerisch-ministeriellen Suchmaschine.

Jeder dritte Münchner besonders gestresst

http://www.merkur-online.de/lokales/stadt-muenchen/jeder-vierte-scheitert-rente-2374777.html

… Laut VKB [(Versicherungskammer Bayern)] muss jeder vierte Arbeitnehmer seinen Job vorzeitig an den Nagel hängen. Barbara Schick, Vorstandsmitglied bei der VKB, spricht von einem „drastischen Irrtum“. „Und das, obwohl knapp jeder dritte Münchner seinen Beruf als ,besonders stressig‘ bezeichnet und jeder siebte als ,gefährlich oder körperlich anstrengend‘ empfindet.“ …

… „Der Druck in der Arbeitswelt nimmt zu“, warnt [Barbara] Schick [(VKB-Vorstandsmitglied)]. „Und das über alle Berufsgruppen hinweg.“ Psychische Störungen werden zur Volkskrankheit, der Burnout im Büro ist längst keine Seltenheit mehr. Die Rolle von Unfällen wird hingegen überschätzt, sie sind nur in elf Prozent der Fälle der Grund für eine Berufsunfähigkeit …

Der Münchner Merkur (Nr. 151/2012, S. 12) weist auch gleich mit schöner journalistischer Distanz darauf hin, dass Münchner jetzt nicht gleich bei der VKB eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen müssen.
Und was will die Christine Haderthauer gegen zu viel Stress unternehmen?