#Stressmanagement auf #Armlänge

Henriette Reker erntet jetzt viel Spott für ihre verhaltenspräventiven Vorschläge für bedrängte Frauen. Die Massenkriminaltät auf dem Kölner Bahnhofsplatz ist natürlich ein mediengerechteres Thema, als die Prävention psychischer Fehlbelastungen in der Arbeitswelt.
Wie wäre es für Resilienz-Trainings für Frauen? In der Arbeitswelt gibt es dafür leider kaum Spott. Hier dominiert auch in einem großen Teil der Öffentlichkeit immer noch die Ansicht, dass Arbeitnehmer zum Beispiel mit besserem individuellem Stressmanagement möglichen psychischen Fehlbelastungen am Arbeitsplatz begegnen sollten. Ich glaube zwar, dass im realen Alltag sowohl Verhaltensprävention wie auch Verhältnisprävention erforderlich ist, aber im Arbeitsschutzgesetz gibt der Staat zumindest auf dem Papier der Verhältnisprävention den Vorrang (individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen).
In der rauhen Wirklichkeit dürfen immer noch zu viele Arbeitgeber die in ihrer Verantwortung liegende Verhältnisprävention mit einer die einzelnen Mitarbeiter in die Verantwortung nehmenden Verhaltensprävention zu marginalisieren. Kein Bundesinnenminister beschwert sich hier über Gewerbeaufsichten, die hier nur überfordert und ziemlich tatenlos zusehen.
Den Medien ist das Thema “Verhaltensprävention versus Verhältnisprävention im Arbeitsschutz” natürlich zu kompliziert und zu unsexy.
Politiker, die jahrelang zuließen, dass sich bis 2012 etwa 80% der Betriebe über das Gesetz stellten und der Verhältnisprävention psychischer Belastungen auswichen, sollten sich jetzt mit Kritik an Henriette Reker besser ein bisschen zurückhalten. Das gilt auch für Journalisten, die sich bis heute von Firmen einlullen lassen, die mit Segnungen wie Stressmanagement-Trainings und individuellem Coaching Werbung betreiben, ohne gleichzeitig unbequemeren Pflichten im Arbeitsschutz nachzukommen. Nachdem des Thema der psychischen Belastungen nicht mehr aus den Betrieben herausgehalten werden kann, versuchen viele Unternehmer (und inzwischen auch viele Anbieter von Coachings für Mitarbeiter) nun, dem lästigen Thema mit Verhaltensprävention in den Griff zu bekommen. Wo bleibt der Spott?