Personalführung: Das Personal führt

In https://www.dgfp.de/wissen/personalwissen-direkt/dokument/91358/herunterladen berichtet die Deutsche Gesellschaft für Personalführung unter anderem über den guten Einbezug psychischer Belastungen in den ganzheitlichen Arbeitsschutz der SICK AG. Der Bericht ist korrekt. Nicht erwähnt wird aber, dass der Betriebsrat der SICK AG in dieser Sache der Initiator war. Hier führte das Personal. (Wenn SICK von sich aus darauf hingewiesen hätte, dann würde ich das in meinem Blog nicht thematisieren.)
Der Titel der DGFP-Veröffentlichung ist: Viele Unternehmen stehen noch am Anfang – mit der Beurteilung psychischer Belastungen betreten Unternehmen Neuland.
Anfang – ja, neu – nein. So neu ist das Land nicht. Die Betriebsleitungen wollten eben anfangs nur nicht hören, welche Pflichten sie haben. Mitarbeiter, die ihre Unternehmensleitungen darauf aufmerksam machten, ernteten dafür in der Regel keinen Dank. Einige tragen auch Verletzungen davon.
Zur Statistik:

[…] Nur etwa jeder zweite Betrieb (51 %) konnte laut den Ergebnissen eine Gefähr­dungsbeurteilung vorweisen. Am besten schnitten dabei die Großbetriebe ab. […]

Wirklich? Ich bin mir da nicht so sicher. Großbetriebe mit Compliance-Abteilungen wissen besser als Kleinbetriebe, was eigentlich im Arbeitsschutz von ihnen verlangt wird. Dass sie psychische Belastungen nicht in die Gefährdungsbeurteilung einbezogen haben, geben Großunternehmen deswegen weniger offen zu, als kleinere Unternehmen, die es wirklich nicht genau wissen. KMUs, die Mängel bei sich nicht erkennen, verstecken diese Mängel natürlich auch nicht.
Großbetriebe können außerdem oft mit beeindruckenden Zertifikaten für Arbeitsschutzmanagementsystemen herumwinken, die von Auditoren erteilt wurden, die über mehrere Audits (ohne Betriebsratsbeteiligung) hinweg ganz offensichtliche Mängel ignorierten. Das ermöglicht auch unwahre Angaben von Großunternehmen im offiziellen Jahresgeschäftsbericht.
Und die Gewerbeaufsicht ist auch ziemlich nett zu Großunternehmen. Betriebsräte, die sich dort von der Gewerbeaufsicht beeindrucken lassen, trauen sich dann nicht, die unkritischen Feststellungen der Behörde in Frage zu stellen. Da ist es für die Arbeitnehmervertretung schwerer, zu führen.