Gemobbt und ausgebrannt

Süddeutsche Zeitung, 18.12.2009, S. 23 (Wirtschaftsteil):

Druck am Arbeitsplatz: Gemobbt und ausgebrannt
Ein Kommentar von Sibylle Haas
Wer seinen Job in der Wirtschaftskrise behält, könnte eigentlich froh sein. Doch der steigende Druck macht Mitarbeiter krank – und kostet die Unternehmen unnötig viel Geld…

Position von Betriebsärzten und Gewerkschaft

In dem folgenden Positionspapier von Betriebsärzten und Gewerkschaft fand ich einen wichtigen Begriff: Primärprävention. Gemäß Arbeitsschutzgesetz hat Verhältnisprävention Vorrang vor der Verhaltensprävention. Die Verhältnisprävention auf Basis der Gefährdungsbeurteilung ist die Primärprävention. “… Sowohl aus sozialer, ökonomischer als auch aus medizinischer Sicht spricht alles dafür, der Primärprävention eine zentrale Bedeutung zu geben. … Dazu kann auch die betriebliche Gesundheitsförderung beitragen. Sie ist eine wichtige ergänzende Maßnahme zur Primärprävention …”. Es steht nicht im Belieben irgendwelcher Arbeitgeber, hier die Prioritäten zu verändern. Aus meiner Sicht kann Verhaltensprävention ohne Verhältnisprävention die Arbeitnehmer sogar zusätzlich gefährden.
 
http://www.ak-sozialpolitik.de/dukumente/2009-05-28-igm-vdbw.pdf und http://www.vdbw.de/Aktuell-Detailansicht.27+M579eb13db28.0.html?&tx_ttnews[year]=2009

Gemeinsames Positionspapier von IG Metall und VDBW
“Psychische Gesundheit in der Arbeit – eine gemeinsame Herausforderung der Arbeitswelt von morgen”
Angesichts dramatisch steigender Zahlen psychischer Erkrankungen und Beeinträchtigungen bei berufstätigen Menschen stehen die Betriebe vor großen Herausforderungen. Betriebsärzte und IG Metall setzen sich für die nachhaltige Verbesserung der psychischen Gesundheit in den Betrieben ein. Für die IG Metall und den Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW) ist dies zu einem Schwerpunktthema geworden.

  1. Veränderungen in der Arbeitswelt
    IG Metall und VDBW sehen Gründe dieser Gefährdungen auch in den neuen Belastungen in der Arbeitswelt. Diese werden angesichts der Krise noch verschärft. Permanente Reorganisationsprozesse in den Unternehmen, die Weitergabe des Markt- und Kostendrucks an die Beschäftigten, der Einsatz von Informationstechnologien, die eine permanente Erreichbarkeit der Beschäftigten gewährleisten, tragen zu einer Entgrenzung von Arbeitszeiten und Leistung bei. Sie erhöhen insbesondere auch in den indirekten Tätigkeitsbereichen und in den Büroberufen den arbeitsbedingten Stress. Gegen gesundheitsgefährdende Belastungen, vor allem viele psychische Belastungen, kann insbesondere das Management in den Betrieben eine Menge tun. Denn Personalpolitik, Führungsstile und eine Arbeitsorganisation, die Menschen weder unter- noch überfordert, humane Arbeitszeiten und damit die gesamte Unternehmenskultur sind zentrale Aufgaben unternehmerischer Entscheidungen.
    Das Arbeitsschutzgesetz enthält deshalb auch eine eindeutige Verpflichtung für die Arbeitgeber, nicht nur Arbeitsunfällen und anderen arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzubeugen, sondern auch die Arbeit menschengerecht zu gestalten. Dazu gehört auch, sich den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt zu stellen. Unbestritten ist, dass sowohl betriebliche als auch außerbetriebliche Faktoren Ursache für psychische und psychosomatische Erkrankungen sein können. Ob die eigenen Ressourcen der Beschäftigten ausreichen, die Belastungen zu bewältigen, hängt auch von der persönlichen Situation, vom Lebensstil und dem Freizeitverhalten ab. Gemeinsamer Ansatzpunkt von IG Metall und VDBW ist vor allem der Betrieb als gemeinsames Handlungsfeld. Neben diesen betrieblichen Aktivitäten muss es für Menschen in Arbeitslosigkeit spezifische Maßnahmen zum Erhalt der psychischen Gesundheit geben.
  2. Neue Volkskrankheit
    IG Metall und VDBW stellen mit großer Besorgnis fest, dass die Auswirkungen der tiefen Krise und die Bedrohung von Arbeitsplätzen zu einer zusätzlichen Belastung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten werden. Schon in den letzten Jahren haben Erkrankungen wie Depressionen und Burnout erheblich zugenommen und die Ausmaße einer neuen ,,Volkskrankheit” angenommen. Dies stellt zugleich nur die Spitze eines Eisberges von Gesundheitsgefährdungen dar. Sieht man sich die Arbeitsunfähigkeitsstatistiken an, so ist eine deutliche Zunahme der Erkrankungen aus dem psychischen Bereich zu erkennen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei vielen somatischen Erkrankungen eine wesentliche Mitursache in der Psyche liegt.
    Sowohl aus sozialer, ökonomischer als auch aus medizinischer Sicht spricht alles dafür, der Primärprävention eine zentrale Bedeutung zu geben. Dies verhindert menschliches Leid, erspart sowohl betrieblich als auch gesellschaftlich hohe Kosten und verhindert, dass die Belastungen, die auf den Menschen einwirken, letztlich zu manifesten Erkrankungen werden. Für die Entwicklung psychischer und auch psychosomatischer Erkrankungen sind die chronischen Auswirkungen psychischer Fehlbelastungen entscheidend. Nur durch umfassende Prävention und frühzeitige Intervention kann einer weiteren bedrohlichen Entwicklung entgegen gewirkt werden.
  3. Gefährdungsbeurteilung
    IG Metall und VDBW sehen angesichts dieser bedrohlichen Entwicklung Handlungsbedarfe und Interventionsmöglichkeiten vor allem in folgenden Bereichen: 

    1. In den Unternehmen sind Frühwarnsysteme für psychische Fehlbelastungen zu entwickeln, die auf allen Ebenen geeignete Interventionsmöglichkeiten schaffen. Schon beim Vorliegen von Befindlichkeitsstörungen bei den Beschäftigten wie z.B. Erschöpfungsgefühle, Gereiztheit, Kopfschmerz oder innere Unruhe, sind Reaktionen erforderlich. Ziel dabei ist es, Fehlbelastungen zu beseitigen und individuelle Bewältigungsfähigkeiten und Ressourcen der Beschäftigten zu stärken. Hierbei kommt den Betriebsärzten, beispielsweise im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen eine wichtige Aufgabe zu.
    2. Wir setzen uns dafür ein, das Thema psychische Gesundheit in der Arbeit zu enttabuisieren. Über Risikofaktoren und Gesundheitsgefährdungen muss in den Betrieben offen geredet werden können. Betriebsklima und Unternehmenskultur müssen dies befördern.
    3. Stressprävention muss in alle betrieblichen Entscheidungen eingebaut und Teil einer präventiv gestalteten Arbeitsorganisation werden. Insbesondere eine ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung, die auch psychische und soziale Belastungen ermittelt, ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Einleitung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Die Gefährdungsbeurteilung ist die Basis – die individuelle Beratung muss dies ergänzen. An dieser Stelle sind die Betriebsärzte besonders gefragt.
    4. Um die individuellen Bewältigungsfähigkeiten der Beschäftigten im Umgang mit Belastungen zu entwickeln, ist eine Stärkung ihrer Gesundheitsressourcen eine wichtige Aufgabe. Dazu kann auch die betriebliche Gesundheitsförderung beitragen. Sie ist eine wichtige ergänzende Maßnahme zur Primärprävention und trägt der komplexen Verursachung von Gefährdungen der psychischen Gesundheit Rechnung. Hinweise an die Beschäftigten für ihr Freizeitverhalten und die Motivation zu einem gesundheitsfördernden Lebensstil sind wichtige Bestandteile der ärztlichen Beratung und dürfen dabei nicht fehlen, um die Eigenaktivität der Menschen für Ihre Gesundheit zu stärken.
  4. Gute gesetzliche Basis
    In allen Fällen, in denen Beschäftigte länger erkranken, bietet das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 SGB IX ein wichtiges Instrument, um Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, einer erneuten Erkrankung vorzubeugen und chronische Krankheiten zu verhindern.
  5. Betriebsärztliche Versorgung sichern
    Bei allen Beschäftigten, die ernsthaft psychisch erkrankt sind, ist eine fachliche Versorgung durch Betriebsärzte und andere Fachleute unabdingbar. Eine entsprechende Erweiterung der Qualifikation für alle Fragen der psychischen und psychosomatischen Faktoren ist dabei Voraussetzung.
    Wir stellen fest, dass die arbeitsmedizinische Betreuung an vielen Stellen derzeit nicht ausreichend ist und die ernste Gefahr besteht, dass das Niveau des Gesundheitsschutzes vor allem in kleinen und mittleren Betrieben weiter sinkt. Die Politik ist aufgefordert, die geeigneten rechtlichen Grundlagen zur Stärkung der betriebsärztlichen Vorsorge zu schaffen, die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen und die arbeitsmedizinischen Lehrstühle auszubauen, anstatt einen weiteren Abbau zuzulassen .
  6. Zusammenarbeit notwendig
    Auf all diesen betrieblichen Handlungsfeldern halten IG Metall und VDBW eine gute Zusammenarbeit von Betriebs- und Werksärzten und den betrieblichen Interessenvertretungen der Beschäftigten für unerlässlich. Ohne eine gute Beratung, Information und Betreuung der Beschäftigten, ohne ihre aktive Einbeziehung in die Bewältigung der gestiegenen Anforderungen und die Nutzung ihrer Kompetenzen als ,,Experten ihrer eigenen Arbeit” werden die Probleme nicht zu lösen sein. Gerade bei dem sensiblen und nach wie vor tabuisierten Thema der psychischen Gesundheit ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Betriebs- und Werksärzten und betrieblichen Interessenvertretungen erforderlich. Da in der gegenwärtigen Krise die Gefahr droht, dass der Druck auf Kranke und weniger Leistungsfähige in den Betrieben steigen kann, treten VDBW und IG Metall für einen Schutz auch erkrankter Beschäftigter ein und setzen sich gemeinsam für eine Stärkung der Prävention ein.
    Medizinische Daten sind sensible und schützenswerte Informationen, deren Umgang geregelt ist. Betriebsärzte unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht in vollem Umfang; Verletzungen der ärztlichen Schweigepflicht sind nach § 203 Strafgesetzbuch strafbewehrt. Beschäftigte können sich darauf verlassen, dass Betriebsärzte mit den ihnen anvertrauten gesundheitlichen Informationen sorgfältig umgehen und diese nicht weitergeben.
  7. Krise als Chance
    Die psychische Gesundheit in der Arbeit ist nach Meinung von IG Metall und VDBW auch für Politik und Wissenschaft eine Herausforderung für die Gesellschaft von morgen. Das Ziel, Erkrankungen zu vermeiden und zum Erhalt psychischer Gesundheit in der Arbeit beizutragen, bedarf der politischen Unterstützung wie auch der Weiterentwicklung von Erkenntnissen über Zusammenhänge und wirksame Gegenstrategien.
    Mittlerweile werden auf europäischer Ebene wie auch hierzulande etwa im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) und der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) die Förderung der psychischen Gesundheit und die Prävention von psychischen Erkrankungen als wichtige Aufgaben betrachtet. Entsprechende Netzwerke und Kooperationen sind im Entstehen, benötigen aber ausreichende Ressourcen. Bei der jetzt von der Bundesregierung gestarteten Initiative ,,Neue Kultur der Arbeit” sollte das Thema ,,Psychische Gesundheit in der Arbeit” einen prominenten Stellenwert erhalten.
    Gerade in der aktuellen Situation muss an die Betriebe das Signal gehen, dass auch in Krisenzeiten die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und die Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen weiterhin eine hohe Priorität erfordern. Die Bewältigung der Krisenfolgen wird nur mit motivierten und kompetenten Beschäftigten möglich sein. Dazu muss man deren Interesse an gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen ernst nehmen.

Karlsruhe/Frankfurt a.M., im Mai 2009

Siehe auch:

 

Weniger Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

http://www.motio.de/stepone/data/downloads/bb/00/00/Motio-Newsletter-IV.Quartal05.pdf, Newsletter der Motio Verbund GmbH, IV. Quartal 2005

… DIHK schlägt Einschränkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vor.
Äußerungen des Präsidenten der Deutschen Industrie und Handelskammer Ludwig Georg Braun am 26. August sorgten bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern für Aufregung. Herr Braun forderte die Abschaffung der Lohnfortzahlung an den ersten beiden Krankheitstagen.
Arbeitnehmer würden so zu mehr Eigenverantwortung gebracht und Unternehmen entlastet werden. Brauns Forderung oder Vorschläge in diese Richtung wurden nicht das erste Mal laut. Auch Handwerkspräsident Otto Kentzler unterstützt diese Ansicht und wünschte sich kürzlich Fehltage von Langzeitkranken mit Urlaubstage zu verrechnen. Nach Meinung Brauns und Kentzlers würden hierdurch Arbeitgeber stark entlastet, die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und Spielraum für Investitionen geschaffen.
Auch die Union und die FDP hatten 1996 Kürzungen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall angestrebt. Hierbei sollte erst am dritten Tag die Lohnfortzahlung erfolgen und diese zudem von 100 auf 80 Prozent des Arbeitsentgeltes gekürzt werden. …

Motio kritisiert diesen Vorschlag:

… In Zeiten eines Rekordtiefs des Krankheitsstandes – derzeit 3,57 %5 – erscheinen Äußerungen wie die von Ludwig Georg Braun sowohl destruktiv als auch nicht durchdacht. Das Problem in Deutschland ist nicht das des „blau machen“s, so Fraktionsvize Thea Dückert, sondern vielmehr das des sich zur Arbeit Schleppen des Arbeitnehmers obwohl er krank ist. Über dieses Phänomen – genannt Präsentismus – berichteten wir im letzten Motio-Newsletter. Präsentismus entsteht in der heutigen Zeit aus der Angst heraus, seinen Arbeitsplatz zu verlieren und solche „Einbußen“ zu erfahren, wie von IHK-Präsident Braun gefordert.
Auf den ersten Blick spart das Unternehmen zwar Kosten durch die Anwesenheit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz. Auf den zweiten Blick tritt jedoch ein Produktivitätsverlust ein, da der Arbeitnehmer aufgrund seines Unwohlseins nur ca. 80 % seiner Arbeitsleistung erbringen kann (siehe Motio Newsletter für das III. Quartal 2005). Wo bleibt jedoch bei Überlegungen zur Kürzung der Lohnfortzahlung der Arbeitnehmer als wichtigste Ressource im Unternehmen? …

Deutschland verfehlt Ziele der WHO zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz

http://www.bdp-verband.org/bdp/presse/2008/04_bericht.html

Pressemitteilung
Nr. 04/08
22. April 2008

Anstieg psychischer Probleme in der Arbeitswelt

Deutschland verfehlt Ziele der WHO zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz
Deutschland erreicht die von der Weltgesundheitsorganisation gesteckten Ziele zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz nicht. Dies geht aus dem Bericht des Berufsverbandes Deutscher Psychologen (BDP) 2008 zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz hervor. Während die Zahl der Arbeitsunfälle zurückgeht, nimmt die der psychischen und Verhaltensstörungen drastisch zu. Ihr Anteil an den Ausfalltagen ist von 6,6% auf 10,5% angewachsen. Es wird geschätzt, dass allein die depressiven Verstimmungen bereits 2020 nach den Herzerkrankungen an zweiter Stelle stehen werden. Dieser Anstieg ist zu hoch, um sich aus der größeren Bereitschaft und Fähigkeit, eine psychische Störung als solche zu diagnostizieren, zu erklären.
Ursachen liegen dem BDP-Bericht zufolge in Zeitdruck, Komplexität der Arbeit und Verantwortung der Beschäftigten, fehlenden Partizipationsmöglichkeiten, prekären Arbeitsverhältnissen wie Leiharbeit und Zeitarbeit, mangelnder Wertschätzung, defizitärem Führungsverhalten sowie einem Ungleichgewicht zwischen beruflicher Verausgabung und erhaltener Entlohnung. “Wir haben in Deutschland nicht nur ein Problem mit Managergehältern, wir haben einen weit verbreiteten Mangel an Managerqualitäten”, so BDP-Vizepräsidentin Thordis Bethlehem, der sich auch in psychischen Problemen von Beschäftigten niederschlägt.
Nicht nur Arbeitslosigkeit, sondern auch die permanente Sorge um den Arbeitsplatz, so geht aus dem Bericht hervor, ist mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden. Arbeitsüberlastung, hoher Erfolgsdruck und Mangel an sozialer Anerkennung führen unter denen, die permanent um ihren Job fürchten, zu ausgeprägten sozialen Spannungen und chronischem Stress. Arbeitslose, so zeigte sich bei Untersuchungen, haben ein hohes Maß an somatoformen Beschwerden und eine besonders niedrige Lebensqualität. Etwas geringer sind diese Beschwerden bei Berufstätigen, die sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen, während Berufstätige in einem sicheren Arbeitsverhältnis weniger betroffen sind
Kosteneinsparungen in Unternehmen und die daraus zum Teil erwachsende stärkere Arbeitsbelastung führen aber nicht nur zu einer höheren Zahl von Krankentagen aus psychischen Gründen, sondern verändern das Arbeitsklima: Intrigen und Mobbing nehmen zu. Auch die berufsbedingte Trennung von Partnern, die mit der gesellschaftlich geforderten Flexibilität von Arbeitnehmern häufig einhergeht, führt zu psychischen Belastungen, insbesondere bei Frauen, die mit Berufstätigkeit und Familienarbeit stärker gefordert bis überfordert sind.
Der Bericht widmet einzelnen Berufsgruppen mit besonderen Belastungen spezielle Aufmerksamkeit. Dazu gehören Ärzte, Lehrer und Lokführer. Mindestens 20 Prozent der Ärzte, heißt es im Bericht, leiden an einem Burnout-Syndrom, einer individuellen Reaktion auf berufliche Überforderung bzw. ungünstige Stressbewältigung, rund 10 Prozent an einer substanzbezogenen Störung; die Suizidraten sind bei Medizinern bis zu 3-fach erhöht, bei Medizinerinnen bis zu 5-fach. Die Risikofaktoren für Lehrer liegen laut BDP-Bericht vor allem in der fehlenden Balance von Wollen, Sollen und Können. Die nach wie vor hohe Zahl von Frühpensionierungen (24%), insbesondere an Grund- und Hauptschulen, ist alarmierend.
Entschieden fordert der BDP ein nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement, geeignete Methoden bei der Personal- und Organisationsentwicklung und Präventionsprogramme, wie sie z.B. die Deutsche Bahn wegen des Traumatisierungsrisikos für Lokführer etabliert hat. Neue Arbeitsbedingungen, so heißt es, verlangen neue Fähigkeiten, z.B. die, widerstandsfähig gegenüber äußeren Belastungen und Krisensituationen zu sein. Resilienz lautet das Zauberwort für eine Eigenschaft, die laut BDP bis zu einem gewissen Grad trainierbar ist. In den am Schluss des Berichts formulierten Empfehlungen für Politik und Wirtschaft fordert der Verband dazu auf, die bereits existierenden gesetzlichen Regelungen in Verwaltung und Wirtschaft endlich umzusetzen statt über steigende Gesundheitskosten zu lamentieren.

Christa Schaffmann, Pressesprecherin

Die BDP gibt der Verhältnisprävention Vorrang vor der Verhaltensprävention. Sie marginalisiert den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Nicht “Resilienz” ist das Zauberwort, sondern eine an den Arbeitsbedingungen ansetzende Verhältnisprävention. So haben die Bürger das in Europa demokratisch beschlossen.