Krankenkassen vergessen den Arbeitsschutz

http://www.presseportal.de/pm/63330/2382903/praeventionsbericht-2012-krankenkassen-engagieren-sich-verstaerkt-fuer-psychische-gesundheit-im

… “Die gesetzlichen Krankenkassen konzentrieren sich damit schon heute auf das, was der Bundesgesundheitsminister jetzt fordert – nämlich intensiv die betriebliche Gesundheitsförderung und Maßnahmen in Lebenswelten vor Ort zu fördern”, so Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. “Gesundheitsförderung ist dann erfolgreich, wenn sie die Menschen auf möglichst vielen verschiedenen Wegen anspricht und dadurch erreicht. Eine Verengung auf eine ärztliche Verordnung, wie derzeit offenbar im Bundesgesundheitsministerium überlegt wird, wäre ein falscher Ansatz. Prävention muss z. B. im Kindergarten, am Arbeitsplatz und in der Schule beginnen und nicht erst dann, wenn jemand bereits zum Arzt geht.” ..

Bellen am falschen Baum. Der Arbeitsschutz stellt die Prävention sicher – vorausgesetzt, dass sich die Arbeitgeber an die Vorschriften halten. Wenn die Krankenkassen besser darauf geachtet hätten, dann gäbe es jetzt schon weniger Erkrankungen.

… Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung ausgebaut
Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz – das bedeutet geringere krankheitsbedingte Kosten und mehr Lebensqualität für den Einzelnen. Deshalb haben die Krankenkassen 2011 wie in den Vorjahren ihr Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) ausgeweitet …

Mit welcher Absicht wird der Arbeitsschutz am Arbeitsplatz nicht berücksichtigt? Warum wird (abgesehen von der Techniker Krankenkasse) das Engagement beim Arbeitsschutz nicht ausgebaut?

Psychische Erkrankungen verursachen rund 10 Prozent aller Krankheitstage in deutschen Unternehmen und sind seit Jahren die Hauptursache für krankheitsbedingte Frühverrentungen. Entsprechend den gewandelten Belastungen am Arbeitsplatz mit zunehmender Hektik und fortschreitender Arbeitsverdichtung verstärkten die Krankenkassen 2011 weiter ihre Aktivitäten zur Förderung der psychischen Gesundheit von Arbeitnehmern. “Die Anforderungen in der Arbeitswelt haben sich in den letzten Jahren rasant verändert. In der Folge sind vor allem kognitive und psychosoziale Belastungen gestiegen – Stress ist inzwischen das zweithäufigste arbeitsbedingte Gesundheitsproblem. Der Präventionsbericht zeigt, dass die Krankenkassen hier aktiv gegensteuern”, so Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS.
2011 gehörten Maßnahmen zum Stressmanagement bzw. zur Stressbewältigung und Angebote zur gesundheitsgerechten Mitarbeiterführung neben der Reduktion von körperlichen Belastungen zu den häufigsten Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz

Der Präventionsbericht zeigt, dass die Krankenkassen die Bedeutung des Arbeitsschutzes noch immer nicht verstehen.
 
Präventionsbericht: http://www.mds-ev.de/Praeventionsbericht.htm (direkt: http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/12/Praeventionsbericht_2011_final_ungschuetzt.pdf)

… Mittlerweile wird die betriebliche Gesundheitsförderung – insbesondere in Großbetrieben – zunehmen in ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement integriert. Das betriebliche Gesundheitsmanagement kann darüber hinaus beispielsweise Initiativen des Arbeitgebers zum Arbeitsschutz, zur Wiedereingliederung langfristig Erkrankter, zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zur Hilfe in privaten Krisen und anderes mehr umfassen. …

Was bezweckt der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) mit solchen Aussagen? Damit es klar ist: Der Arbeitsschutz ist keine Nebensache. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement “kann” den Arbeitsschutz nicht umfassen, sondern der Arbeitgeber hat den Arbeitsschutz mit Einbezug der psychischen Belastungen vorschriftsmäßig umzusetzen.
 
http://www.welt.de/wirtschaft/article112025787/Kassen-sollen-mehr-Geld-in-Praevention-stecken.html

Kassen sollen mehr Geld in Prävention stecken
Sechs Euro pro Mitglied fließen künftig qua Gesetz in die Vorsorge. So soll Krebs häufiger erkannt, die Zahl der Diabetes-Fälle reduziert oder psychisches Leiden im Job verringert werden.
Die schwarz-gelbe Koalition will die gesetzlichen Krankenkassen zu verstärkten Investitionen in die Gesundheitsförderung verpflichten. Der Schwerpunkt soll dabei auf der Krankheitsvorbeugung in den Betrieben liegen. Dies sieht eine 16-seitige Präventionsstrategie vor, auf die sich die Gesundheitsexperten von Union und FDP verständigt haben. …

Die Kassen merken’s nicht. Der Arbeitsschutz muss von den Unternehmen bezahlt werden, nun sollen aber die Kassen mitzahlen. Das sollte für die Kassen doch Motivation genug sein, beim Arbeitsschutz der Unternehmen ein bisschen schärfer hinzusehen.

… Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sagte am Freitag, Ziel der Strategie sei es, einen gesunden Lebensstil zu fördern und Krankheiten zu vermeiden. Das Konzept setze auf die Eigenverantwortung der Bürger. Die Krankenkassen sollten künftig nur noch qualitätsgesicherte Präventionsmaßnahmen finanzieren. Ein Schwerpunkt solle außer in den Betrieben in sozialen Brennpunkten liegen. …

http://www.daniel-bahr.de/wcsite.php?wc_c=21749&wc_lkm=2611

… Die Prävention verstanden als aktive Gesundheitsvorsorge ist primär eine individuelle Herausforderung. Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise der Entstehung von Gesundheitsrisiken vorzubeugen, qualitätsgesicherte Angebote sachgerecht zu nutzen und auch bei bereits vorhandenen Krankheiten durch ein verantwortungsbewusstes Verhalten dazu beizutragen, dass eine Besserung erreicht oder eine Verschlimmerung vermieden werden kann. Es ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung zur Vermeidung, Heilung und Linderung bei vielen Erkrankungen zu verdeutlichen und zielgerichtet Menschen, die von sich heraus ohne Hilfe nicht zu einem gesundheitsbewussten Leben in der Lage sind, dabei zu unterstützen, entsprechende Aktivitäten zu entfalten. Die Finanzierung darf deshalb nicht allein auf die Kranken- bzw. Sozialversicherung zentriert werden. …

Das ist überwiegend Verhaltensprävention. Die ist freiwillig. Die Verhältnisprävention verstanden als aktiver Arbeitsschutz ist primär eine den Unternehmen vorgeschriebene Aufgabe. Die Finanzierung ist daher auf sie zu zentrieren.
Die Mehrheit der Arbeitgeber greift den Arbeitsschutz einerseits durch die offene Missachtung der Arbeitsschutzvorschriften an und andererseits über den Umweg über das Bundesgesundheitsministerium. Bahrs Schwerpunkt liegt zusammen mit den Interessen der Arbeitgeber auf der Eigenverantwortung der in den Betrieben Beschäftigten. Bahr und die Mehrheit der Unternehmen bremsen schon seit einiger Zeit den ganzheitlichen Arbeitsschutz aus, denn der Arbeitsschutz nimmt die Arbeitgeber in die Pflicht. Die den Arbeitgebern vorgeschriebene Verhältnisprävention gegen arbeitsbedingte Erkrankungen müsste von Ursula von der Leyen (BMAS) nachhaltig eingefordert werden. Sie hat dazu aber nur kurz etwas Lärm gemacht zu haben und scheint danach von Daniel Bahr (BMG) geschickt zur Seite gedrängt worden zu sein.
Die Krankenkassen sollten einmal bei Ursula von der Leyen anklopfen.
 
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