Unternehmen stehen über dem Gesetz

http://www.arbeitsschutz-portal.de/beitrag/magazine/5047/gefaehrdungsbeurteilung-kmu-und-dienstleistung-hinken-hinterher.html

Gefährdungsbeurteilung: KMU und Dienstleistung hinken hinterher
BAuA-Studienergebnisse: Fast 50 % der Betriebe machen einfach keine GBU
07. April 2016 [ BAuA ]
Die Gefährdungsbeurteilung ist zwar für jeden Arbeitsplatz gesetzlich vorgeschrieben – sowohl Quantität als auch Qualität lassen dabei aber zu wünschen übrig. Das hat eine repräsentative Befragung von 6.500 Betrieben ergeben, deren Ergebnisse die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) jetzt in der Publikation „Prevalence and quality of workplace risk assessments – Findings from a representative company survey in Germany“ veröffentlichte. Im Klartext: Fast 50 % der Betriebe in Deutschland machen gar keine Gefährdungsbeurteilung. Nur in einem von vier Betrieben werden GBU vollständig durchgeführt. Der Rest der Unternehmen führt Gefährdungsbeurteilungen zwar durch, lässt aber wichtige Aspekte einfach weg, wie die Umsetzung von Maßnahmen, die Wirksamkeitskontrolle oder die Dokumentation.
Ob und wie gut GBU durchgeführt werden, hängt von folgenden betrieblichen Merkmalen ab:

  • Betriebsgröße: je größer, desto wahrscheinlicher sind GBU
  • Ob eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) und/oder ein Betriebsarzt bestellt sind: Wenn ja, sind GBU wahrscheinlicher
  • Ob es einen Personalrat oder einen Betriebsrat gibt: Wenn ja, sind GBU wahrscheinlicher
  • Ob die wirtschaftliche Lage des Unternehmens gut ist: Wenn ja, sind GBU wahrscheinlicher
  • Ob es sich um einen Betrieb aus dem produzierenden Gewerbe handelt. Diese setzen GBU häufiger um als solche aus dem Dienstleistungssektor

Die BAuA empfiehlt bessere Beratung und Überwachung durch Arbeitsschutzträger vor allem in Kleinbetrieben und im privaten Dienstleistungssektor.

Der Artikel ist nicht mehr ganz neu, aber dass in Deutschland Unternehmen sich weiterhin über das Gesetz stellen dürfen, ist auch nicht mehr neu. Das läuft nun schon so lange, dass ich davon ausgehe, dass die Möglichkeit, ungestraft gegen Arbeitsschutzvorschriften zu verstoßen, politisch gewollt ist.
Hier werden KMU (kleine und mittlere Unternehmen) auf’s Korn genommen. Bei großen und politisch gut vernetzten Unternehmen hat die Gewerbeaufsicht ohnehin keine Chance, wohl auch darum widmet sie sich den schwächeren KMUs. Die großen Unternehmen zeigen dagegen einfach ihr Zertifikat (z.B. OHSAS 18001) vor, mit denen die vom ihnen ausgesuchten und möglichst unkritischen Zertifikatsmühlen die Vollständigkeit ihres Arbeitsschutzmanagementsystems auch dann bescheinigen, wenn damit der Themenbereich der psychischen Belastungen nicht abgedeckt wird. Dieser Themenbereich ist dann im Konzern natürlich nicht mit Matrix-Audits überprüfbar.
 
http://www.baua.de/de/Publikationen/Aufsaetze/artikel100.html?src=asp-cu&typ=pdf&cid=5047

[…] Grundlage der Untersuchungen ist eine repräsentative Befragung von Arbeitsschutzverantwortlichen aus 6.500 Betrieben, die im Jahr 2011 für die Zwecke der Dachevaluation der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) durchgeführt wurde. […] Die Ergebnisse zeigen, dass fast die Hälfte der Betriebe in Deutschland gar keine Gefährdungsbeurteilung durchführt und nur jeder vierte Betrieb eine vollständige Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung bestätigt. […]

Die Forscher sind nicht sehr gut dabei, zu überprüfen, ob sie angeschummelt werden. Dazu hätten auch die jene Betriebsräte in die “repräsentative Umfrage” mit einbeziehen müssen, die noch mit dem Arbeitgeber über einen erstmaligen Einbezug psychischer Belastungen in das Arbeitsschutzmanagementsystem verhandeln.

BGHM: Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung

https://www.bghm.de/arbeitsschuetzer/bibliothek/gefaehrdungsbeurteilung-psychische-belastung/

Fachinformationen (FI)

Blog: How to streamline Incident Management

Ineke Leclercq (Marketing Director at Rivo, “the #1 cloud platform for EHS & operational risk management”) posted a message in linkedin about her blog article “How to streamline Incident Management”. The article has six sections:

  1. Identify all likely incidents
  2. Create a safety committee
  3. Involve employees
  4. Implement an efficient notification system
  5. Simplify data collection and usage
  6. Continually review and revise

 
Now, which kind of incidents need to be managed?
Based on clause 3.8 and 3.9 in OHSAS 18001:2007 there are 12 kinds of incidents:

12 KPIs for Occupational Health & Safety

Download: http://platinumcsr.org/wp-content/uploads/2016/09/IncidentClassification_OHSAS18001.pdf

Dummheiten vom Arbeitgeberverband

Der Arbeitgeberverband wird frech und der Bayernkurier reicht’s durch: https://www.bayernkurier.de/inland/16221-absurder-schutz-fuer-schwangere

05.08.2016 | 12:33 Uhr
Mutterschutzgesetz
Absurder Schutz für Schwangere?
Unnötige Bürokratie und ein Beschäftigungsverbot für werdende Mütter: Dieser massiven Kritik sieht sich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig wegen ihrer geplanten Reform des Mutterschutzgesetzes ausgesetzt. Die CDU warnt vor der Einführung “absurder Pflichten”.
[…]
Für Unmut sorgen zudem geplante sogenannte Gefährdungsanalysen für Arbeitsplätze. Gesamtmetall-Vertreterin Bartos sagte: Sollte der Entwurf ohne Änderungen in Kraft treten, würden alle Arbeitgeber verpflichtet, für jeden einzelnen Arbeitsplatz zu prüfen, ob mit der dortigen Tätigkeit Gefährdungen für Schwangere oder Stillende verbunden seien – selbst wenn dort aktuell ein Mann arbeite. Zudem sehe der Entwurf auch entsprechende Dokumentations- und Informationspflichten vor, klagte Bartos. Folglich müsse sogar einem Mann erklärt werden, ob an seinem Arbeitsplatz mögliche Gefährdungen für Schwangerschaften vorliegen.

Nach den Buchstaben des Gesetzes muss also der FC Bayern München tatsächlich nachweisbar Manuel Neuer darüber informieren, ob und welches Risiko für ihn bei der Arbeit besteht, falls er schwanger werden sollte.
Annette Bartos, Arbeitgeberverband Gesamtmetall

Für das Familienministerium sei die Kritik nicht nachvollziehbar, sagte eine Sprecherin. Die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen sei bereits in geltendem Recht verankert. Weil Arbeitsplätze vom Geschlecht unabhängig zu vergeben sind, komme auch jeder für eine Frau in Betracht.
[…]

Wenn man die den Arbeitgeber seit 1997 für alle Arbeitsplätze gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung so dumm durchführt, wie Annette Bartos (“Sozialpolitik-Expertin” des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall) das vorschlägt, dann liegt das nicht an dummen Gesetzen. Rechtsbruch im Arbeitsschutz ist keine Seltenheit. Dann aber noch frech zu werden, hat schon eine neue Qualität.
Warum brauchen sich Arbeitgeber seit 1997 bei der Beurteilung von Arbeitsplätzen nicht an das Arbeitsschutzgesetz zu halten?
Weil sie’s können.
Danke, liebe Gewerbeaufsicht und liebe Berufsgenossenschaften.
 


http://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/leistungen/abteilung05/56/schwangere/bekanntgabe/index.html

"Fürsorgliche Gespräche" bei Bosch

In der metallzeitung vom August 2016 der IGM (https://www.igmetall.de/20160728_metall_08_2016_11dc5f0494d262cc9d8864166080a4c86870f4ee.pdf) berichtet Jan Chaberny auf Seite 8 über die Vergabe des Betriebsrätepreises 2016. Auch der Gesamtbetriebsrat von Bosch wurde nominiert. Es geht um zwei Gesamtbetriebsvereinbarungen (GBVs):

  • Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung
  • Psychische Gesundheit

[…] Hervorzuheben ist vor allem der Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung
»Psychische Gesundheit«. In der Vereinbarung wird betont, dass psychische Erkrankungen kein Makel sind und dass Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretungen Betroffene gemeinsamdazu ermutigen, sich in sogenannten »fürsorglichen Gesprächen« ihrer Führungskraft anzuvertrauen. »Ziel dieser Gespräche ist, die Belastungen und deren Ursachen zu erkennen und den Betroffenen Hilfe anzubieten«, sagt der Nürnberger Betriebsratsvorsitzende Ludwig Neusinger, der die Vereinbarungmit ausgehandelt hat. […]

Was ist denn daran “hervorzuheben”? Bosch wollte doch immer schon hin zu einem individualpsycholigisch und verhaltenspräventiv orientierten Gesundheitsmanagement, das in das persönliche Seelenleben hilfsbedürftiger Mitarbeiter eindringt. Damit kann der Arbeitgeber zu leicht Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung sammeln, denn die Führungskraft, an die sich Mitarbeiter wenden können, ist im Konfliktfall weder Vater noch Mutter. Bei der eher sozial- und organisationspsychologisch orientierten verhältnispräventiven Beurteilung der Arbeitsplätze lässt sich Bosch nur alle drei Jahre in die Karten gucken. Darauf kann ein Betriebsrat nicht stolz sein.
Ludwig Neusinger, BR-Vorsitzender, Robert Bosch GmbH (http://betriebsraetetag.de/programm/wir-fuer-psychische-gesundheit-bei-bosch.html):

Mit den beiden Gesamtbetriebsvereinbarungen „Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung“ und „Psychische Gesundheit“ ist dem Gesamtbetriebsrat der Robert Bosch GmbH der große Wurf gelungen: Mit der „Psychischen Gesundheit“ bekennen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen gemeinsam dazu, dass das Erkennen von psychischen Belastungen, Gefährdungen und Erkrankungen und Gegenmaßnahmen zur deren Beseitigung eine Führungsaufgabe ist. Hauptaugenmerk liegt auf dem optimalen Schutz der Beschäftigten in Fertigung, Forschung und Entwicklung und in der Verwaltung mit dem Ziel, den Beschäftigten konkrete Hilfen anzubieten. Die GBV regelt das Verfahren und die Verantwortlichkeiten. Die Umsetzung der beiden Gesamtbetriebsvereinbarungen wird begleitet von einer Informationskampagne des Gesamtbetriebsrates und der lokalen Arbeitnehmervertretungen Richtung Beschäftigte und mit Schulung der Führungskräfte. […]

Richtig wäre: »Mit der „Ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung“ bekennen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen gemeinsam dazu, dass das Erkennen von psychischen Belastungen, Gefährdungen und Erkrankungen und Gegenmaßnahmen zur deren Beseitigung eine Führungsaufgabe ist.« Vor allem entspräche das der vorgeschriebenen Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes.
Ein großer Wurf sieht anders aus. Der Gefährdungsbeurteilung widmet der GBR-Vorsitzende keinen Kommentar, obwohl genau da in Deutschland der größte Nachbesserungsbedarf besteht. Die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung könnte der Bosch-GBR stolz hervorheben, wenn darin der in vielen Bosch-Betrieben geltende Standard OHSAS 18001 für Arbeitsschutzmanagementsysteme eingeflossen wäre. Das wäre ungewöhnlich, denn nur wenige Betriebsräte nehmen die Standards für Arbeitsschutzmanagementsysteme, nach denen ihre Betriebe zunehmend häufiger zertifiziert sind, genügend ernst. Die Vernachlässigung der disziplinierten Anwendung von Arbeitsschutz-Standards ist ein Fehler, den Betriebsräte viel zu häufig begehen – und dann noch stolz darauf sind. Die Kenntnis und Nutzung der Maßstäbe, auf die sich der Bosch selbst verpflichtet hat, hätte besonders bei der für eine ordentliche Gefährdungsbeurteilung erforderliche Regelung der Vorfallserfassung und Vorfallsanalyse viel Klärungsbedarf bei Verhandlungen zur Betriebsvereinbarung vermieden.
Aus dem Arbeitsschutzgesetz ergibt sich, dass individuelle Maßnahmen nachrangig zu allen anderen Maßnahmen sind. Die Verhältnisprävention hat Vorrang vor einer “fürsorglichen” Verhaltensprävention, weil sich mit letzterer “psychische Auffälligkeiten” von Mitarbeitern zu leicht individualisieren lassen. Aus meiner Sicht wurde der Bosch GBR hier vom Arbeitgeber in die falsche Richtung gelockt und verdient keinen Preis dafür. Noch habe ich aber die beiden Betriebsvereibarungen nicht gesehen und kann mir darum noch kein ausreichend fundiertes Urteil bilden.

Wo der Wille fehlt, nützt Wissen nichts

Dieses Blog wird derzeit von etwa 600 Leuten pro Woche gelesen. Die Hälfte davon greift darin gezielt auf Themen zu. Vielleicht fällt Ihnen auf, dass ich in letzter Zeit weniger zum Thema “psychischen Belastung” schreibe, obwohl das ja das Hauptthema des Blogs ist.
Der Grund: Es gibt zu dem Thema immer mehr zu finden, aber wenig Neues. Die eigentlichen Probleme werden nicht angegangen:

  • Die Gefährdungsbeurteilung dokumentiert möglicherweise auch Tatsachen, die das Haftungsrisiko des Arbeitgebers erhöhen könnte. Das berücksichtigen Arbeitgeber bei Verfahren zur Erstellung von Gefährdungebeurteilungen. Die Meisten Arbeitgeber fürchten eine gut dokumentierte Erfassung arbeitsbedingter psychischer Fehlbelastungen. Das ist so gut wie nie Gegenstand von Audits.
  • Mit dem Thema “psychische Belastungen” werden Führungsstile in Frage gestellt.
  • Eine ernstafte behördliche Überwachung findet im Bereich der psychischen Belastungen nicht statt. Und interne Audits sind werden in den Betrieben von Auditoren durchgeführt, die nicht kritisch hinsehen und zu abhängig vom Arbeitgeber sind. Externe Audits wiederum dienen in erster Linie dazu, Arbeitgeber formal abzusichern. Die Kunden der bei der DAkkS akkreditierten Prüfer sind die Arbeitgeber, nicht die Arbeitnehmer. Kritische Audits sind darum schlecht für das Zertifizierungsgeschäft.
  • Die Gewerbeaufsichten können auch deswegen nicht kritisch prüfen, weil sie sich dann mit ihrem eigenen Versagen auseinandersetzen müssten. Insbesondere vor dem Jahr 2012 sind sie ihrer Pflicht zur Prüfung des Einbezugs auch psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz überhaupt nicht nachgekommen. Würden sie bei Prüfungen nun den Widerstand eines Arbeitgebers gegen die gesetzlich geforterte umfassende Verhältnisprävention “entecken”, käme natürlich sofort die Frage auf, warum die Gewerbeaufsicht die jahrelangen Gesetzesverstöße dieses Arbeitgeber nicht schon in der Vergangenheit mindestens als Ordnungswidrigkeit geahndet hatte.
  • Viele Betriebsräte (wo es sie überhaupt gibt) sind mit dem Thema der psychischen Belastung überfordert. Und selbst wenn sie kompetent wären, können die von den schüchternen Gewerbeaufsichten geschützten Arbeitgeber Kritik der Betriebsräte an Mängeln im Arbeitsschutz leicht abwehren.

Es gibt verantwortungsvolle Arbeitgeber, aber auch heute sind sie in der Minderheit. Wenn der Wille zu einem ordentlichen Arbeitsschutz, zu ernsthaften Prüfungen und kritischen Audits fehlt, dann nützt auch das inzwischen reichlich vorhandene Wissen gar nichts.
Etwa drei Viertel der Arbeitgeber verstoßen auch heute im Bereich der psychischen Belasstungen gegen das Arbeitsschutzgesetz. In Deutschland traut sich keine Gewerbeaufsicht, das zu kritisieren oder gar Sanktionen zu verhängen. Die Anarchie hört also auch heute nicht auf.
Dieses Blog entstand im Jahr 2011. Heute sehe ich vor allem viel Aktionismus. Aber am grundsätzlichen Widerstand der Arbeitgeber gegen ehrliche und transparente Arbeitsschutzprozesse auch im Bereich der psychischen Belastungen hat sich wenig verändert. Die Arbeitgeber haben nur dazugelernt, wie sie Ihren Widerstand gegen den modernen ganzheitlichen Arbeitsschutz besser mit den Methoden des modernen Reputations-Managements verstecken können. Die Überforderung der Gewerbeaufsichten und das Zertifizierungs-Geschäft mit seinen oberflächlichen Audits spielen dabei eine wichtige Rolle.

Warum Handlungshilfen nicht helfen

Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung Handlungshilfe für die betriebliche Praxis (Mai 2015) ist eine Veröffentlichung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Der Rundbrief von Hans-Peter Gimbel machte mich darauf aufmerksam.
Wieder eine gute Handlungshilfe. Es gibt so viele davon. Zu viele Arbeitgeber wollen psychische Belastungen aber einfach nicht beurteilen. Insbesondere wenn Unternehmen groß und politisch gut vernetzt sind, dann brauchen sie das auch nicht zu tun, denn die Berufsgenossenschaften und Gewerbeaufsichten sind zu schwach, um das Arbeitsschutzgesetz wirksam durchsetzen zu können. Es ist zumindest bei Großunternehmen einfach so, dass sowohl für die behördliche Aufsicht wie auch für die Zertifizierungsauditoren Konflikte mit diesen Unternehmen unangenehmer sind, als Konflikte mit psychische fehlbelasteten Arbeitnehmern, die Fehlbelastungen praktisch so gut wie nie werden nachweisen können.
Selbst dort, wo von einer Betriebsleitung unterschrieben dokumentiert ist, dass psychische Belastungen nicht von dem Arbeitsschutzmanagementsystem des Unternehmens (mit dem der Betrieb aber fleißig wirbt) erfasst werden, gibt es seit Jahren weder Kritik von der behördlichen Aufsicht noch von den Zertifizierungsauditoren. Es wird nur lobend festgestellt, dass das Arbeitsschutzmanagementsystem z.B. nach OHSAS 18001 zertifiziert ist. Das reicht den Auditoren dann auch, und sie sehen nicht mehr genauer hin. Unter den geschlossenen Augen der Aufsicht schaffen solche Unternehmen es dann, die Dokumentation auch offensichtlicher psychischer Fehlbelastungen zu vermeiden.
Gegen unaufmerksame Kontrollen und allzu kundenfreundlichen Audits können auch die Betriebsräte im komplexen Gefährdungsbereich der psychischen Belastungen nichts unternehmen, denn dank der unaufmerksamen Aufsicht können Großunternehmen behaupten, dass Alles in Ordnung sei. Zwar ist die behördliche Aufsicht systemisch (und vermutlich politisch gewollt) überfordert, aber sie ist immer noch stark genug, Betriebsräte so zu beeindrucken, dass die Arbeitnehmervertreter sich nicht trauen, das Urteil der Aufsicht in Frage zu stellen.
Unter diesen Bedingungen können Handlungshilfen natürlich nicht so helfen, wie sie helfen sollten.

Die Gefährdungsbeurteilung als Infografik

http://www.arbeitstattstress.de/2016/05/die-gefaehrdungsbeurteilung-als-infografik/

[…] Manche Führungskräfte befürchten, mit der Bekanntgabe der Ergebnisse “ein Fass aufzumachen”, wenn diese Engpässe im Führungsverhalten oder in der Arbeitsorganisation aufzeigen. Ganz unrecht haben sie nicht. Denn zum einen weckt man bei den Mitarbeitern bestimmte Erwartungen, zu anderen ist es tatsächlich schwerer, Verbesserungen bei den sogenannten weichen Faktoren zu erzielen. Anstatt diese dicken Bretter zu bohren, bleibt man lieber bei den Lärmmessungen. Da weiß man, was man hat. […]

Gut beobachtet.
In dem Artikel finden Sie dann auch die Infografik.