Maßnahmen der DAX-Unternehmen

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/burnout-was-dax-unternehmen-dagegen-tun-a-838241.html

… Die Reaktionen auf das Burnout-Ranking der Dax-Unternehmen, das manager magazin in seiner aktuellen Ausgabe veröffentlicht, waren zweigeteilt: Offiziell hüllten sich die meisten Konzerne in Schweigen. Doch in vielen inoffiziellen Gesprächen, in Leserbriefen und E-Mails konnten zahlreiche Mitarbeiter ihre Genugtuung kaum verbergen: Endlich werde die Krankheit nicht nur abstrakt beschrieben, sondern mit der konkreten Zuordnung von Fallzahlen zu einzelnen Firmen auch auf die Agenda der Konzerne gesetzt. …

… Die Maßnahmen, die die Unternehmen gegen die Erschöpfungskrankheit am Arbeitsplatz einsetzen oder einzusetzen planen, sind in weiten Teilen ähnlich. Medizinische Check-ups und Sport, Vorsorgeuntersuchungen, Seminare zur Stressbewältigung oder Beratungs-Hotlines werden angeboten. Einige Firmen machen Gesundheit und Stress zum Thema regelmäßiger Mitarbeiterbefragungen. Andere, darunter auch die Allianz, führen die gesetzliche Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen und Beanspruchungen am Arbeitsplatz durch.
Das ist lobenswert, doch abgesehen davon, dass Politiker dies seit langem fordern, kommt die Maßnahme für die vielen Beschäftigten, die bereits an Burnout leiden, leider zu spät. …

Der SPIEGEL verfolgt das vom manager magazin (Mitglied der SPIEGEL-Gruppe) mit seinem Burn-out-Ranking aufgegriffene Thema weiter.
Zu den “Maßnahmen” mache ich wieder einmal auf http://www.arbeitstattstress.de/2011/11/schutz-vor-selbst-ausbeutung/ aufmerksam. Es gibt eine klare Maßnahmenhierarchie. Unternehmen, die diese Hierarchie nicht beachten, versuchen sich um ihre Pflichten herumzudrücken.
“Erschöpfungskrankheit am Arbeitsplatz” ist eine vernünftiger Begriff. Mit der Zeit werden wir zu diesem Thema vielleicht häufiger eine solche Wortwahl sehen.
Nun zu den Politikern: Sie sind es im Wesentlichen, die dafür verantwortlich sind, dass die Unternehmen seit 1996 weitgehend unbelästigt von Kontrollen das Arbeitschutzgesetz missachten konnten. Es waren die Politiker, die die Aufsichtsdienste wegen der Haushaltslage immer weiter abbauten, weil sie ideologiegetrieben glaubten, dass Unternehmen sich aus eigener Einsicht an die Schutzvorschriften halten.
Mit “… kommt die Maßnahme für die vielen Beschäftigten, die bereits an Burnout leiden, leider zu spät …” trifft der SPIEGEL einen wichtigen Punkt. Manche Unternehmen meinen, dass man die Vergangenheit vergessen könne, wenn man sich jetzt doch bereitfände, die Vorschriften zu respektieren. Aber die in der Vergangenheit begangenen Schädigungen von Mitarbeitern treten als psychische Erkrankung oft erst einige Jahre später in Erscheinung.
-> Andere Artikel zum Thema

manager magazin: Burn-out-Ranking

http://www.reif.org/blog/blow-up-des-employer-brandings-manager-magazin-uber-burn-out-falle-der-dax-konzerne/

… In einigen Vorstandsbüros und Employer-Branding-Abteilungen schlugen einige Köpfe auf den Tisch. Das ist der Mega-Blow-up für das Employer-Branding. Das Manager-Magazin titelt in seiner neuesten Ausgabe “Welche Konzerne ihre Mitarbeiter krank machen”. Als Deutschlands erstes Burn-out-Ranking wird der Leitartikel eingeleitet. Bisschen viel Polemik für meinen Geschmack. …

… Solche Berichte sind ein Tritt in die Magengrube des Employer-Brandings. Von solchen Botschaften erholt man sich nicht in einer Woche. Kenne die Zusammenstellung der Studie nicht im Detail. Aber woher kommen die präzisen Angaben und womit lässt sich eine solch konkrete Aussage zur Burn-out-Quote nach Unternehmen mit Zahlen untermauern? …

Die Antwort auf diese Frage von Markus K. Reif interessiert mich auch. Wie mutig sind die Extrapolationen von Asklepios?
 
Suche: http://www.google.de/search?q=Burn-out-Ranking+manager-magazin
Der Schwerpunkt des Heftes 2012-06 ist ein “Burn-out-Ranking” deutscher Unternehmen. Verwendet wurden dabei Daten von Asklepios, “Europas führender privater Klinikkette”. Die Statistik halte ich für zumindest fragwürdig. Der Artikel zum Thema ist aber schon interessant.
S. 108:

… Der Umgang mit Burn-out-Erkrankungen fällt vielen Unternehmen auch deshalb so schwer, weil sich Organisationen zwar ändern lassen, aber die Persönlichkeit des Einzelnen und seine Fähigkeit, mit Stress umzugehen, mindestens ebenso bedeutend sind. …

Organisationen lassen sich ändern? Die große Mehrheit der deutschen Unternehmen hat ja nicht einmal versucht, wenigstens die schon seit 1996 vorgeschriebenen organisatorischen Maßnahmen im Arbeitsschutz auch für die Gefährdungskategorie der psychischen Belastungen umzusetzen. Im Gegenteil, sie verstießen zunehmend vorsätzlich gegen die Regeln des Arbeitsschutzes. Da die Aufsichüberfordert war, war das anscheinend problemlos (also straflos) möglich. So läuft das heute eben.
Herrmann-Josef Lamberti (Personalvorstand der Deutschen Bank) meinte (so das manager magazin auf S. 105), das Thema der psychischen Belastung werde übertrieben und es bestünde kein Handlungsbedarf. Das zu sagen, war wohl keine gute Idee. Ob Handlungsbedarf besteht, hat nämlich in Gefährdungsbeurteilungen beurteilt zu werden, und zwar in einem vom Betriebsrat mitbestimmten Arbeitsschutzprozess nach vom Betriebsrat mitbestimmten Kriterien. Ich hoffe, dass Lamberts Ausführungen die Gewerbeaufsicht und die Berufsgenossenschaft zu häufigen Besuchen bei der Deutschen Bank anregen.
Ob polemisch oder nicht, in einem Punkt haben Eva Buchhorn, Michael O.R. Kröher und Klaus Werle im manager magazin ihre Hausaufgaben gemacht: Sie fragen gezielt nach der Gefährdungsbeurteilung (S. 106):

… Die gezielte Nachfrage seitens mm, ob die Bank das seelische Belastungspotential der Arbeitsplätze analysiere, will die Bank nicht beantworten. Mitarbeitervertreter kritisierten, dass es diese Erhebungen nicht gebe: “Die Bank kuriert nur das Verhalten Einzelner, an den Verhältnissen ändert sich nichts”, heißt es. …

Klartext: Die Bank will nicht sagen, ob sie sich an die Regeln des Arbeitsschutzes hält, und der Betriebsrat sagt, dass in die im Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen psychische Belastungen nicht einbezogen werden, die Bank also die Regeln des Arbeitsschutzes missachtet. Nebenbei wird noch deutlich, dass die Bank aus der Sicht der Mitarbeitervertreter den Mitarbeitern mit individueller Verhaltensprävention zu Leibe rückt, ihnen aber die vorgeschriebene Verhältnisprävention verweigert.
Die Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung gibt es im Prinzip schon seit 1996. Darum vermittelt der folgende Absatz ein falsches Bild (S. 112):

… Dass der Kampf gegen den Burn-out die Unternehmen nicht mehr loslässt, dafür sorgt nun auch die Politik. Nach dem Willen von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen soll die Analyse psychischer Belastungen, wie sie von der Commerzbank bereits realisiert werden, auch an Büroarbeitsplätzen endlich Standard werden – und nicht wie bisher auf Industriejobs beschränkt sein. …

Schon seit 1996 gab es ganz klar keine Beschränkung auf Industriejobs mehr. Hier irrt sich entweder das manager magazin oder die Arbeitsministerin oder beide irren sich zusammen. Es gab hier einmal eine entsprechende Rechtsposition der Arbeitgeber, die aber nicht mit einer Tatsache verwechselt werden sollte. Nach Auffassung beispielsweise der Berufsgenossenschafen ist der Einbezug psychischer Belastungen in die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilungen von Arbeitsplätzen schon seit langer Zeit der Standard, dem die Arbeitgeber zu folgen haben. Nur hat die Politik es bisher erlaubt, dass Arbeitgeber nicht belangt werden, selbst wenn sie sich beharrlich den Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes widersetzen.
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/0,2828,834827,00.html

… Und von einem strategischen Gesundheitsmanagement, das etwa auch die Risiken analysiert, am Arbeitsplatz psychisch zu erkranken, sind viele Firmen noch weit entfernt. …

manager magazin online beschreibt hier einen nachhaltigen Verstoß vieler Firmen gegen die Regeln des Arbeitsschutzes. Für diese anarchischen Zustände trägt auch die Ärztin Ursula von der Leyen (zusammen mit ihren Vorgängern) eine Mitschuld..
 
Noch etwas zum manager magazin selbst: Mir schien bisher, es gäbe ein Tabu-Thema in Redaktionen: Missachtung des Arbeitsschutzes. Aber siehe da (S. 106):

… Und die Medien, die sich in zahllosen Beiträgen am Thema [Burn-out] abarbeiten, sitzen selbst im Glashaus: Die Burn-out-Quote der Branche soll etwa doppelt so hoch sein wie im Durchschnitt aller Beschäftigten. …

Hier nun kann sich das manager magazin kleine Seitenhiebe auf Mitbewerber nicht verkneifen. Im Editorial arbeitet Arno Balzer (der Chefredakteur des Magazins) mit Lust am eigenen Employer-Branding (S. 5):

… In unserer Branche ist die Quote nach Asklepios-Schätzung rund doppelt so hoch wie in der übrigen Wirtschaft. Besonders stark betroffen sei der Axel-Springer-Verlag, gefolgt vom Norddeutschen Rundfunk. Die Spiegel-Gruppe, in der auch manager magazin erscheint, weist nach Asklepios-Angaben wenige Stresspatienten auf. …

 
Das Stichwort “Geschichte” ordnete ich auch diesem Artikel zu, weil hier erstmalig ein Überblick über die Zustände in einzelnen deutschen Unternehmen veröffentlicht wurde. Die Statistik selbst ist mit Vorsicht zu genießen, aber dass das “Burn-out”-Thema einmal in dieser Weise thematisiert werden wird, hätten wir uns vor vielleicht fünf Jahren wohl so noch nicht vorgestellt.
 
Fortsetzung: https://psybel.snrk.de/2012/06/15/massnahmen-der-dax-unternehmen/
 
-> Andere Artikel zum Thema

Great Place to Work® nicht so great

http://www.greatplacetowork.de/best/kultur-audit.php

Great Place to Work® Kultur Audit© 
Das Great Place to Work® Kultur Audit© ist ein Fragebogen an das Management. Er dient dazu einen besseren Einblick in die Gesamtkultur der Organisation zu bekommen und die Maßnahmen und Konzepte im Personal- und Führungsbereich zu erfassen. Wir stellen dieses Instrument nur teilnehmenden Unternehmen zur Verfügung. Die folgenden Informationen geben Ihnen jedoch schon einen Eindruck von der Art der Befragung:
Das Kultur Audit©:
Das Instrument gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil des Kultur Audits© erheben wir z. B. Daten zur Demografie der Mitarbeiter (d. h. die Zahl der Mitarbeiter im Land, Personalfluktuation, ethnische Verteilung, Betriebszugehörigkeit, etc.). Zudem geht es um allgemeine Informationen zum Unternehmen (d. h. Gründungsjahr, Umsatz) wie auch um Sonderleistungen und freiwillige Sozialleistungen für die Mitarbeiter (z. B. Zahlung von Versicherungsbeiträgen für die Mitarbeiter, Zahl der Urlaubstage, Sport- und Gesundheitsangebote).
Im zweiten Teil des Kultur Audits© stellen wir offene Fragen, die dem Unternehmen die Möglichkeit geben, uns die relevanten Aspekte der Unternehmenskultur zu vermitteln. Die Fragen im zweiten Teil beziehen sich auf das Great Place to Work® Modell©, das hier im Mittelpunkt der Bewertung steht.

Da stehen so viele ®s und ©s drin, dass ich zum Zitat noch etwas sagen muss: Mit seinen Angeboten arbeitet Great Place to Work® an uns Alle betreffenden Unternehmenskulturen. Das beeinflusst unsere Arbeitswelt, und darum muss sich das Unternehmen zur Auseinandersetzungen mit seiner Arbeit zitieren lassen. Ich nehme einmal an, dass es nicht versuchen wird, sich (wie z.B. Scientology) mit Hilfe des Urheberrechts dem Diskurs zu entziehen. (Fragen beantwortet das Unternehmen allerdings schon nicht sehr aktiv.)
Beim Trust Index© werden Mitarbeiter befragt, beim Kultur Audit© das Management. Hier gibt es nun eine Schwäche: Unternehmensmanagements können bei der Bekanntgabe der Ergebnisse der Audits von Great Place to Work® auf die von ihnen nicht beeinflussbaren Antworten der Mitarbeiter hinweisen. Den Standardfragen können sie auch eigene Fragen hinzufügen. Wenn die Antworten schlecht ausfallen, kann Great Place to Work® sowohl bei der Auswertung der Befragung der Mitarbeiter wie auch nach der Selbstdarstellung des Managements im Kultur Audit© dem Unternehmen die Interpretationshilfe geben, dass die Mitarbeiter das Unternehmen schlechter bewerten, als es tatsächlich ist. Arbeitgeber wehren sich gegen Arbeitnehmervertretungen, wenn diese die Mitarbeiter angeblich “bevormunden”, scheuen sich aber selbst nicht, Meinungsäußerungen von Mitarbeitern in Frage zu stellen.
Interessant ist auch, dass einige Indikatoren für eine vorschriftsmäßige Befolgung der Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes zwar ganz einfach überprüft werden können (z.B. nach § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung), aber Great Place to Work® es anscheinend vorzieht, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen, zumindest nicht proaktiv. Das ist bedenklich, weil die Art der Umsetzung der Arbeitsschutzvorschriften sehr gut zeigt, welche Einstellung ein Unternehmen zu seinen Pflichten tatsächlich hat. Dass Great Place to Work® hier mit wenig Aufwand konkretes Handeln bewerten könnte, es aber nicht tut, trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der Audits des Unternehmens bei.
Sieben von zehn Unternehmen lassen das Thema der psychischen Belastungen schleifen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit.” Aber ausgerechnet hier sieht Great Place to Work® nicht kritisch genug hin, obwohl gerade Great Place to Work® schon mit seinen beiden Audits viel mehr gegen diese (von Ursula von der Leyen diplomatisch angenommene) Unwissenheit und Hilflosigkeit tun könnte. Wenn Great Place to Work® daran interessiert wäre, dann ginge das mit ganz wenigen Fragen auch ohne einen zusätzlichen Wettbewerb um den Sonderpreis Gesundheit.
Angesichts der Zurückhaltung von Great Place to Work® bei einfachen Beobachtungsmöglichkeiten im Arbeitsschutz sollten sich Betriebs- oder Personlalräte die Ergebnisse der Audits, mit denen der Arbeitgeber wirbt, von den Auditoren direkt im Gremium der Arbeitnehmervertretung erläutern lassen und dann offene Fragen mit den Auditoren klären. Die Initiative dazu sollte von Great Place to Work® ausgehen.
Suchmaschinenfutter: GPTW Kritik, Great Place to Work Kritik
Update (2017-03): http://www.greatplacetowork.de/unsere-leistungen/kultur-audit

Ratingproblematik im Personalwesen

Interessantes Interview:
http://www.haufe.de/personal/specialContentDetail?specialID=1258453499.59

Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung DGFP will “politischer und lauter” werden. Doch die Themen gaben zuletzt andere vor. Der neue Vorstandsvorsitzende, Lufthansa-Personalvorstand Stefan Lauer, erläutert im Interview mit dem Personalmagazin, wie sich die Fachorganisation zu neuer Konkurrenz in der Verbändelandschaft stellt, warum sie letztlich doch das Ratinginstrument HPI ablehnt und was das Personalwesen ihrer Meinung nach wirklich voranbringt.

Siehe auch:
Artikel und Publikationen zum Thema “Human Potential Index (HPI)”
http://www.kibis.at/human/x_hpi01.htm

Lieber „Great Place to Work" …

An Great Place to Work, Deutschland:
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
Seit 2006 vergeben sie Ihren Sonderpreis Gesundheit an Unternehmen, die ein preiswürdiges Gesungheitsmanagement haben. Dabei berücksichtigen Sie richtigerweise, ob und wie die Unternehmen die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes umsetzen. Insbesondere würdigen Sie im Bereich des Arbeitsschutzes die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung mit Einbezug psychischer Belastungen.
Nun meine Frage: Prüfen Sie generell, ob und wie die Kandidaten für ihre Rankings und Audits die Schutzbestimmungen einhalten? Ihr Kulturaudit beispielsweise basiert ja nicht auf einer Befragung der Mitarbeiter zu diesem Punkt. Also müssen Sie sich auf Aussagen ihrer Ansprechpartner in den von Ihnen untersuchten Unternehmen verlassen.

  • Gefährdungsbeurteilung: Untersuchen Sie in den Beschreibungen (soweit vorhanden) der Gefährdungsbeurteilungs-Prozesse (soweit vorhanden), welche Qualität in den Unternehmen der Einbezug der psychisch wirksamen Arbeitsbelastung in die Gefährdungsbeurteilungen hat?
  • Betriebsvereinbarungen: Fragen Sie in Unternehmen die Arbeitnehmervertreter (soweit vorhanden) explizit, ob es entsprechende Betriebsvereinbarungen gibt und wie die Arbeitnehmervertreter mit den Gefährdungsbeurteilungs-Prozessen zufrieden sind?
  • Mitbestimmung: Überprüfen Sie, ob ein Unternehmen unzulässigerweise Maßnahmen des Arbeitsschutzes ohne Mitbestimmung durch die Arbeitnehmervertreter definiert und umgesetzt hat?
  • Prioritäten im Gesundheitsmanagement: Überprüfen Sie, ob Unternehmen im Arbeitsschutz den vorgeschriebenen Vorrang der Verhältnisprävention vor der Verhaltensprävention beachten, oder können Unternehmen einen unzureichenden Arbeitsschutz z.B. mit Maßnahmen des Gesundheitsmanagements kompensieren, die freiwillig und nicht im Arbeitsschutz erforderlich sind?
  • Unangebrachtes Lob: Kann es passieren, dass Sie das Gesundheitsmanagement eines Unternehmens loben, obwohl die psychische Belastung in die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung nicht in der erforderlichen Weise einbezogen wurde?

Wenn Sie einverstanden sind, veröffentliche ich ihre Antwort gerne in blog.psybel.de.
Mit freundlichen Grüßen
Götz Kluge

Höchstens 43% der Betriebe beziehen psychische Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung mit ein

In einer Präsentation von EUpD Research finden sich sehr interessante und aktuelle Daten, die zeigen, dass nur 43% der befragten Unternehmen psychische Belastungen nach eigenen Angaben in die Gefährdungsbeurteilung mit einbeziehen. Das heißt: 57% der befragten Unternehmen erfüllen die seit 1996 geltenden Anforderungen der ganzheitlichen Arbeitsschutzes nicht.
Basis: 166 Unternehmen

http://www.arbeitsschutz-aktuell.de/downloads/referenten/20_6/Henssler.pdf [nicht mehr aufrufbar]
Psychische Belastungen erkennen und Vermeiden – Corporate Health Award, Oliver-Timo Henssler, EUpD Research (2010-10-20)
Quellen psychischer Belastung (INQA):

  • Arbeit: 39%
  • gesellschaftliche Entwicklung: 26%
  • Familie: 24%
  • Freizeit: 11%

Psychische oder soziale Belastungen der Arbeitnehmer in Deutschland (Forsa, im Auftrag des Fürstenberg Instituts, 1001 Berufstätige):

  • Stress:39%
  • Erschöpfung: 26%
  • depressive Stimmung: 14%
  • Überforderung: 10%
  • Alkohol, Nikotin, Medikamente: 6%

Anteil der Unternehmen, in denen Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt werden (EuPD Research 2010):

  • für alle Arbeitsplätze: 68,7%
  • für Teil der Arbeitsplätze: 21,7%
  • nein: 7,8%
  • keine Angaben: 1,8%

Einbezug psychischer Gefährdungen in die Gefährdungsbeurteilung (EuPD Research 2010):

  • ja: 48,0%
  • nein: 45,3%
  • keine Angaben: 6,7%

(Inhaltliche Wiedergabe eines kleinen Teils der Präsentation)
Mitbestimmte Gefährdungsbeurteilung: EuPD Research gibt auch an, dass 86,7% der Unternehmen, die Gefährdungsbeurteilungen (GBs) durchführen, ein schriftliches Konzept zur Durchführung haben. Mit 90,4% Betrieben, in denen eine GB durchgeführt wird, kann man daher mit einem optimistischen Ansatz vermuten, dass maximal etwa 80% der Betriebe die GB ordentlich mitbestimmt in einer Betriebsvereinbarung geregelt haben können. Aber nur in in 48% der Gefährdungsbeurteilungen wurden psychisch wirksame Belastungen mit einbezogen, d.h. nur 48%×90,4%=43,4% der befragten Unternehmen respektieren nach eigenen Angaben die Anforderungen des ganzheitlichen Arbeitsschutzes.
Die Erhebung von EuPD Research liefert mit 43% eine etwas bessere Befolgung der Vorschriften, als die von der BAuA angegebenen 33% (siehe Deutscher Bundestag, 2010-02-25).

Positivliste Gefährdungsbeurteilungen

http://blog.psybel.de/positivliste/ ist das “employer branding” dieses Blogs, denn kaum ein Ranking-Unternehmen kümmert sich darum, ob die von ihnen bewerteten Unternehmen psychisch wirksame Belastungen in ihre Beurteilungen von Arbeitsbedingungen mit einbeziehen, obwohl das eine der einfachsten Übungen wäre.
In einem Ranking der Ranking-Unternehmen läge bei mir immer noch Great Place to Work an der Spitze, da dieses Beratungsunternehmen wenigstens bei der Vergabe eines Sonderpreises darauf achtet, dass die Vorschriften des Arbeitsschutzes mit genügendem Elan eingehalten werden. Im “Kulturaudit” des Unternehmens scheint aber nicht sichergestellt zu sein, dass ihre Pflichten im Arbeitsschutz auch langjährig verletzende Unternehmen Kritik erfahren müssen. Vielleicht sollte GP2W seine Ergebnisse den Mitarbeitern in Betriebsversammlungen direkt mitteilen anstelle dies interpretierenden Darstellungen der Betriebsleitungen zu überlassen.

Bewertung durch Studenten und Schüler

Bild nimmt Randstad Awards ernst

Airbus sei der beste Arbeitgeber, liest man heute (2011-04-12) in der Bild auf Seite 1. Es geht um die “Verleihung” (2011-03-28) der Randstad Awards 2010.
http://www.randstad-korrespondent.de/news/2011/04/13/randstad-award-attraktivste-branche-20102011.html:

Der Randstad Award wurde in Deutschland bereits zum zweiten Mal vergeben und beruht auf dem Maß an Attraktivität, über das Unternehmen verschiedener Branchen in der Wahrnehmung einer größeren Öffentlichkeit verfügt. Die Attraktivität der 150 größten deutschen Arbeitgeber (nach Anzahl Mitarbeiter) wurde dabei anhand zehn verschiedener Faktoren gemessen, zum Beispiel Arbeitsplatzsicherheit und Betriebsklima.

Siehe auch:

Reicht nur die Teilnahme?

Wie”Great Place to Work” in der Werbung für ein Unternehmen eingesetzt wird, zeigt hier ein Beispiel der ESG (ESG Elektroniksystem- uns Logistik GmbH) im Magazin “Spektrum” der Firma (Herbst 2008, S.1), http://www.esg.de/fileadmin/downloads/ESG-Spektrum08-3.pdf:

Sein Know-how verdankt das Unternehmen seinen qualifizierten Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern – sie sind das „Kapital“ der ESG. Um dies zu würdigen, beteiligt sich das Unternehmen in diesem Jahr zum ersten Mal an einem Wettbewerb, in dem „Deutschlands beste Arbeitgeber“ ermittelt werden. „Great
place to work“ heißt die Initiative, bei der wir uns mit anderen Unternehmen derselben Größe messen werden. Es handelt sich dabei um Deutschlands größte Benchmarkstudie zum Thema Arbeitgeberattraktivität.
Ein „great place to work“ ist ein Arbeitsplatz, an dem Kollegen und Führungspersonal vertrauensvoll miteinander umgehen, wo man stolz auf seine Tätigkeit ist und seiner Arbeit mit Freude nachgeht. Fünf Dimensionen – nämlich Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und der Teamgeist – stehen im Fokus der Betrachtung. Ich bin davon überzeugt, dass die ESG „großartige Arbeitsplätze“ bietet; über die Ergebnisse werden wir Sie nach Abschluss der Studie in unserer Unternehmenszeitschrift informieren.

Alleine schon die Teilnahme wird hier als positiv verkauft.