Zweite Fachtagung: Psychische Belastungen im Beruf

Die Fachtagung (16. und 17. Juni 2011 in Bad Münstereifel) passt zu dem (nicht gerade billigen) Buch des die Tagung veranstaltenden Verlages. Interessant ist das Dreiebenenmodell:

  1. Ressourcen und Kompetenzen der einzelnen Beschäftigten, mit Belastungen umzugehen,
  2. psychischen Belastungen am Arbeitsplatz, also der Gesamtheit der Ereignisse und Gegebenheiten aus dem Arbeitsumfeld einer Person, die von außen psychisch auf sie einwirken,
  3. außerbetriebliche, äußere Gegebenheiten.

Zum zweiten Punkt wird behauptet: “Diese betrieblichen psychischen Belastungen auf der mittleren Ebene wurden in der Vergangenheit primär diskutiert, wenn es um die Frage der betrieblichen Prävention ging.” Das stimmt nicht ganz, denn in der Diskussion im Betrieb ist die schnelle Hinwendung zum ersten und dritten Punkt häufig die Flucht vor dem zweiten Punkt (siehe Fallbeispiel).
http://rehanews24.de/archives/1494:

Die Veranstaltung fand zum ersten Mal im Mai 2010 statt und wird aufgrund des sehr großen Interesses und der positiven Resonanz in 2011 fortgesetzt. Sie findet wieder in Kooperation mit den Herausgebern des Standardwerks “Praxishandbuch psychische Belastungen im Beruf”, Prof. Dr. Dirk Windemuth, Leiter des IAG; Priv.-Doz. Dr. Detlev Jung, Leitender Betriebsarzt des ZDF und Olaf Petermann, Vorsitzender der Geschäftsführung der BG ETEM, statt.

 


Nachtrag 2011-04-27 (aus dem letzten Jahr):
 
http://www.youtube.com/watch?v=8pva7RQLdcc
Psychische Belastungen – auf drei Ebenen (Dirk Windemuth)

(Siehe auch: http://www.arbeitstattstress.de/2011/05/das-dreiebenenmodell-der-psychischen-belastungen/)
 
http://www.youtube.com/watch?v=VVtV1a5N1Co
Psychische Belastungen – ein wichtiges Thema im Arbeitsschutz (Olaf Petermann)

 
http://www.youtube.com/watch?v=1f6fcaZHHSY
Psychische Belastungen – aus betriebsärztlicher Sicht (Detlev Jung)

Macht Mitbestimmung Spaß?

Mitglieder des Betriebsrats bilden eine besondere Risikogruppe, da sie mit überdurchschnittlich vielen psychosozialen Konflikten umgehen müssen. Dazu gibt es auch Seminare, z.B. vom Forschungs- und Beratungsinstitut GULMO
Hinweise zu Seminaren mit interessanten Themen lasse ich in diesem Blog stehen, auch wenn die Termine schon in der Vergangenheit liegen. Hier ist so ein Seminar. Es geht um ein bisher ziemlich vernachlässigtes Thema:

14.03. – 15.03.2011 in Heidelberg, Leonardo Hotel
Wer kennt das nicht: Erst rackert man sich für die Kollegen ab und dann kommt noch nicht mal ein Dankeschön. Im Gegenteil, bei der nächstbesten Gelegenheit ist der Betriebsrat dann auch noch Blitzableiter für alle möglichen Probleme im Unternehmen – mit freundlicher Unterstützung des Arbeitgebers. Oft herrscht auch im Gremium, in Betriebsversammlungen oder bei Verhandlungen keine heile Welt, was zu zusätzlichem Ärger und Belastungen führt.
Der Stresssituation von Arbeitnehmervertretern in Deutschland wurde von Dr. Norbert Gulmo an der Universität Heidelberg in einer umfangreichen Studie von 2006 bis 2007 nachgegangen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und mit Hilfe des von den Krankenkassen geförderten Konzepts „Gelassen und sicher im Stress“ werden im Seminar nützliche Problemlöse- und Stressbewältigungsmethoden vorgestellt und Wege aus verfahrenen und belastenden Situationen aufgezeigt.

Montag, 14. März 2011
09:30 Uhr Begrüßung und Einführung in das Seminar
10:00 Uhr Stress für Arbeitnehmervertreter, gibt’s den überhaupt? Beispiele der betrieblichen Praxis
10:30 Uhr Kaffeepause
10:45 Uhr Macht Mitbestimmung Spaß? Ergebnisse der Studie zu Stress von Betriebsräten in der BRD
11:30 Uhr Grundlagenwissen: Was ist Stress? Ursachen, Erscheinungsformen, Folgen für Gesundheit etc.
12:15 Uhr Mittagspause
13:30 Uhr Die eigenen Fähigkeiten nutzen
– Drei Hauptwege zur Stressbewältigung
14.15 Uhr Stress entsteht im Gehirn: Wie man sich selbst verrückt machen kann und was wirklich dran ist
15:00 Uhr Kaffeepause
15:30 Uhr Kloß im Hals oder Herzrasen: Cool bleiben durch Erregungskontrolle
Dienstag, 15. März 2011
09:00 Uhr Diskussion oder Diskreditierung?
Über Kommunikation im Gremium und anderswo
10:15 Uhr Kaffeepause
10:30 Uhr Woher kommt eigentlich der Ärger?
Ursachenanalyse und Problemlösemethoden für Stresssituationen, die nur Arbeitnehmervertreter kennen
11:30 Uhr Enthusiasmus – Frustration – Resignation:
Wege aus der Burnout-Falle
12:15 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Wenn`s wenigstens einen gibt, mit dem man reden kann: Was andere Menschen bewirken können
14:15 Uhr Warum das alles? Ziele klären und mit sich selbst übereinstimmen
15:00 Uhr Kaffeepause
15:15 Uhr Wenn einem alles über den Kopf wächst:
Zeitmanagement und Nein-Sagen können
16:00 Uhr BR-/PR-Arbeit ist auch nicht alles:
Work-Life-Balance
16:30 Uhr Ende des Seminars

Seminarkosten
Seminargebühr: 590,-€
Hotelkosten mit Vollpension 218,-€, bei Anreise am Sonntag 350,-€ incl. Abendessen; (Sollten Sie nicht im Hotel übernachten berechnet das Hotel eine Tagungspauschale von 86,-€). Alle Preise zzgl. MwSt.
Zur Anmeldung.

Norbert Gulmo begann seine berufliche Laufbahn als Schlosser, sammelte dann Erfahrung als Betriebsratsmitglied und Betriebsratsvorsitzender und arbeitet nun schon seit einigen Jahren als Berater, nachdem ein Psychologie-Studium mit einer Promotion abschloss. Ich konnte diese personifizierte Kombination aus Praxis und Theorie selbst in einem seiner Seminare kennenlernen.
 


Nachtrag (2015-11): http://www.gulmo.de/seminare/klausurtagung/

Arbeiten wie verrückt?!

KMU = Kleine und mittlere Unternehmen
http://www.bghw.de/aktuelles/nachrichten/vortragsfolien-zur-tagung-arbeiten-wie-verrueckt

Vortragsfolien zur Tagung “Arbeiten wie verrückt?!”
Downloadangebot des Deutschen Netzwerks für betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF)
Am 24. und 25. Januar 2011 fand die 4. Tagung des Forums KMU im Deutschen Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF) im Ausbildungszentrum der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe BGN in Mannheim statt. Das Motto lautete “Arbeiten wie verrückt?!”
Die Teilnehmer der Veranstaltung erfuhren nicht nur, warum Stress und andere psychische Belastungen auch für Klein- und Kleinstunternehmen ein Thema sind und wie man das Thema den Betrieben näher bringen kann. Sie erfuhren auch, dass es zu einfach wäre, die steigenden Erkrankungszahlen durch die Überforderung Einzelner oder durch bestimmte Arbeitsbedingungen zu erklären. …

Kleine Anmerkung: Es muss nicht immer wieder gepredigt werden, dass die steigenden Erkrankungszahlen nicht nur durch bestimmte Arbeitsbedingungen erklärt werden können. Kein Profi im Gesundheitsschutz behauptet das. Aber dieser Bereich wurde mehr vernachlässigt, als die beiden anderen Ebenen des Dreiebenenmodells. Darum konzentriert sich der Arbeitsschutz auf die Arbeitsbedingungen. Dass es noch andere Ebenen gibt, rechtfertigt die Missachtung der Arbeitsschutzvorschriften nicht.

Psychosomatische Grundversorgung

http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Institut-und-Poliklinik-fuer-Arbeits-Sozial-und-Umweltmedizin/download/inhalt/aktuelles/Ankuendigung_Psychosomat_Grundversorgung.pdf

PSYCHOSOMATISCHE GRUNDVERSORGUNG FÜR ARBEITSMEDIZINER/ BETRIEBSÄRZTE
… moderne Arbeitsmedizin erfordert zunehmend Kenntnisse und praktische Fertigkeiten auf dem Gebiet der Interaktion zwischen somatischen und psychischen Prozessen. Wir müssen arbeitsmedizinisch betreute Mitarbeiter in ihrem spezifischen psychosozialen Kontext verstehen lernen, um Rückenschmerzen, Hypertonus, Herzbeschwerden, Nackenverspannungen, Burn-out, Depression und andere komplexe Krankheitskonstellationen sachgerecht beurteilen und angehen zu können.
Der Kurs richtet sich spezifisch an Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner sowie Kolleginnen und Kollegen mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin. Er orientiert sich am Curriculum „Psychosomatische Grundversorgung“ der Bundesärztekammer. Die Themen „psychische Gefährdungs- und Belastungsanalyse“ und „Gesundheitszirkel“ finden zusätzlich Berücksichtigung. …
Veranstaltungsort:
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin,
Klinikum der Universität München, Ziemssenstr. 1, 80336 München
[Fünf Wochenenden vom Januar bis Juli 2011]

 
Curriculum psychosomatische Grundversorgung
http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.120.1116.1122 (1997, 2001)

… Der Begriff “Psychosomatische Grundversorgung” wird in diesem Rahmen zur Bezeichnung eines in die vertragsärztliche Versorgung eingeführten Tätigkeitsbereiches verwendet. Aus systematischen Gründen werden vier Gruppen von Erkrankungen unterschieden:

  • Psychische Erkrankungen, die geläufige Krankheitsbilder (wie etwa Angsterkrankungen, depressive Syndrome), umfassen.
  • Funktionelle Störungen, die somatoforme Erkrankungen, also körperliche Beschwerden ohne organischen Befund, darstellen.
  • Psychosomatische Krankheiten als diejenigen körperlichen Erkrankungen, bei deren Entstehung oder Verlauf psychosoziale Faktoren wesentlich beteiligt sind, und
  • somatopsychische Störungen, die dann vorliegen, wenn schwere somatische Erkrankungen zur Bewältigung psychischer Probleme auftreten.

Achtsamkeit

Vorwarnung: Der Dalai Lama hält die Abschlussrede. Sie können den Dauerkartenkauf also schon mal vergessen.

Internationaler Kongress Achtsamkeit, Hamburg, August 2011
Achtsamkeit ist eine der bekanntesten buddhistischen Methoden heute. Buddhisten aller Traditionen sehen in der Achtsamkeitspraxis die Möglichkeit, tiefere Einsichten in die Wirklichkeit und dadurch mehr innere Freiheit zu erlangen.
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Achtsamkeitspraxis aus dem buddhistischen Kontext herausgelöst und allgemein zugänglich gemacht worden, etwa als Anti-Stress-Methode von Jon Kabat-Zinn. Hier geht es vor allem darum, Dinge bewusst im gegenwärtigen Moment zu tun.
Die Aufmerksamkeit des Geistes zu stärken ist angesichts der Herausforderungen durch Arbeitsverdichtung, Stress und immer neue Kommunikationsmöglichkeiten eine wichtige Aufgabe. Vor allem Kinder und Jugendliche, die zunehmend unter psychischen Belastungen leiden, können sich Elemente der Achtsamkeitspraxis zunutze machen.
Der Kongress zeigt das ganze Spektrum der Achtsamkeitspraxis heute auf. Dabei geht es um den Ursprung und die Bedeutung im buddhistischen Kontext ebenso wie um die moderne Anwendung in Pädagogik, Medizin und Psychologie. Das Ziel ist, die Forschungsergebnisse verschiedener Fachgebiete zusammenzutragen und interdisziplinär zu erörtern.

Bei solchen Sachen schwebt meine Hand schon mal über dem roten Knopf für Esoterikalarm. Aber aus familiären Gründen habe ich den Buddhismus nicht nur als Mode (“asiatische Weisheiten” für Orientierung suchende Langnasen) kennengelernt. Die Grundlagen der Achtsamkeitsmeditation sind eher knochentrocken und unesoterisch: die Mahāsatipatthāna Sutta. (Hinweis für moderne Leser der etwa im 1. Jh. v. Chr. im Pāli-Kanon verschriftlichten Sutta: Die ständigen Wiederholungen gab es in solchen Texten als Merkhilfe für die große Mehrzahl der Leute, die nicht lesen konnte und denen diese Lehrrede darum in Sprechgesängen vorgetragen wurde.)
Wer mehr wissen will: Für “Westler” ist der Einstieg in den Buddhismus über den Kopf ganz in Ordnung, z.B. mit Michael von Brücks Einführung in den Buddhismus (2007). Für die Anwendung des Buddhismus im Westen gibt es auch interessante Veröffentlichungen von und über Serge-Christophe Kolm, allerdings nur in Französisch (Serge-Christophe Kolm – économiste bouddhiste, Interview von Bruno Mattei, Le Monde Dimanche, 1983-10-23). Bekannt ist – zumindest in seiner Branche – Kolm eher als Wirtschaftswissenschaftler und Ökonometriker. Richtig anstrengend ist Nyanaponika Theras Geistestraining durch Achtsamkeit (2000, Original älter).
Ich bin trotz meines Alters dafür vielleicht zu zappelig und spirituell unterentwickelt geblieben.