Antrag der SPD und der Grünen in Bremen

http://www.gruene-fraktion-bremen.de/cms/default/dokbin/353/353353.antrag_psychische_belastung_muss_schwerp.pdf

BREMISCHE BÜRGERSCHAFT
Landtag
17. Wahlperiode
Drucksache 17 / 1422
10. 09. 10
Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen
Psychische Belastung muss Schwerpunkt des Arbeitsschutzes werden
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der psychisch bedingten Krankschreibungen in Deutschland um fast 40 % erhöht, während der Krankenstand mit 3,3 % heute nicht über dem des Jahres 2000 liegt. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) waren 1,6 der durchschnittlich gut zwölf Tagen, die jede/r Arbeitnehmer/-in 2009 krank geschrieben war, psychisch bedingt. Nicht selten bewirken psychische Erkrankungen lange Fehlzeiten im Betrieb. Dennoch werden die Effekte psychischer Belastungen auf körperliche und seelische Gesundheit nach wie vor unterschätzt.
Die von Bund, Ländern und Unfallversicherern getragene Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) berücksichtigt psychische Fehlbelastungen in der Arbeitsperiode 2008 bis 2012 als Querschnittsthema. Einzelschwerpunkte des von der GDA geförderten betrieblichen Gesundheitsschutzes sind derzeit die Vermeidung und Verringerung von Arbeitsunfällen, Muskel-Skelett-Belastungsstörungen und Hauterkrankungen. Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft (Landtag) beschließen:

  1. Der Senat wird gebeten, psychischen Fehlbelastungen am Arbeitsplatz im staatlich verantworteten Arbeitsschutz des Landes Bremen angemessen zu berücksichtigen und das Bewusstsein für diese Problematik bei Arbeitgebern/-innen und Arbeitnehmern/-innen aktiv zu fördern.
  2. Die Bürgerschaft (Landtag) bittet den Senat, sich der wachsenden Bedeutung psychischer Erkrankungen im Arbeitsleben entsprechend dafür einzusetzen, dass psychische Belastungsstörungen und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung bzw. Verminderung als eigenständiger Arbeitsschwerpunkt in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) verankert werden.

Helga Ziegert, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD
Silvia Schön, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

So richtig begriffen haben diese Politiker das Thema nicht. Mit so allgemein gehaltenen Anträgen wird es hier keinen Fortschritt geben. Konkret erforderlich ist, die Stärkung der Gewerbeaufsicht voranzutreiben. Die GDA bringt diese Stärkung nicht.
Siehe auch: http://www.taz.de/1/nord/bremen/artikel/1/stress-bis-in-die-fuehrungsetagen/

Psychokardiologie

http://www.youtube.com/watch?v=C8T7H1dPWJ8
Psychokardiologie – wie Stress Herz und Seele krank macht – Teil 1 von 2

 
http://www.youtube.com/watch?v=7actw_GUBh8
Psychokardiologie – wie Stress Herz und Seele krank macht – Teil 2 von 2

 
http://www.youtube.com/watch?v=bKk81SXOT3E
Psychosomatik: Herzbeschwerden bei organisch gesundem Herz

Grüne: Mehr Bewegung in die Prävention

http://www.gruene-bundestag.de/cms/beschluesse/dokbin/355/355046.beschluss_praevention.pdf

… Zudem muss die psychische Belastung am Arbeitsplatz mehr in den Fokus betrieblicher Gesundheitsförderung gestellt werden. 
Steigender Druck in der Arbeitswelt, Verdichtung der Arbeit und mentale Belastung am Arbeitsplatz führen dazu, dass viele Beschäftigte nicht mehr mithalten können und mit seelischen Belastungserscheinungen, langen Fehlzeiten, Burnout und im Extremfall mit Erwerbsunfähigkeit reagieren.
Psychisch bedingte Krankschreibungen haben in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent zugenommen. Die häufigsten Diagnosen sind depressive Erkrankungen oder Belastungsstörungen. Die Zunahme von atypischer und prekärer Beschäftigung, die höhere Arbeitsintensität und die „Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit“ durch moderne Kommunikationsmittel, die immer seltener einen selbstbestimmten Arbeitsrhythmus zulassen, gehen an den Menschen nicht spurlos vorbei. Dies zeigt sich vor allem im Dienstleistungssektor, im Gesundheits- und Sozialwesen, in Erziehung und Unterricht, sowie in der Leiharbeitsbranche. Studien belegen den Einfluss der Arbeitsbedingungen auf die Entstehung psychischer Erkrankungen.
Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass ihre Beschäftigten noch mithalten können und Arbeit nicht krank macht. Der Arbeitsschutz in allen Betrieben muss deshalb mehr als heute den Schutz vor Stress und psychischer Überlastung sicherstellen.
Die betriebliche Gesundheitsförderung muss Unternehmen dabei helfen, Maßnahmen zur Stressreduktion und Angebote zur individuellen Stressbewältigung in den Betrieben zu verankern. …

Unter “Prävention und Gesundheitsförderung konsequent weiterentwickeln” beschreiben die Grünen in ihrem Beschluss, wie sie kurzfristig § 20 SGB V weiterentwickeln wollen. Der Anteil der Verhältnisprävention soll auf 50 Prozent der Ausgaben erhöht werden.

Laienpsychologie

Wie urteilen wir (z.B. Mitarbeiter, Führungskräfte, Betriebsratsmitglieder, Betriebsleitung usw.) bei psychologischen Fragestellungen als Laien? Mehr dazu in einem Auszug aus Günter Bierbrauers Buch Sozialpsychologie, 2005, S. 51.
Daraus resultieren Fragen, die untrainierte „Gefährdungsbeurteiler“ sich selbst stellen sollten.

COPSOQ

http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/Toolbox/Verfahren/COPSOQ.htm

COPSOQ, deutsche Standardversion: Copenhagen Psychosocial Questionnaire, deutsche Standardversion

Gestaltungsbezug: Quantitative Verfahren der Verhältnisprävention
Analysetiefe: Screeningverfahren

Gütekriterien: vorhanden; umfangreiche Überprüfung und Bewertung der Gütekriterien der Langversion und der verkürzten Version (Nübling et al., 2005 (dt.) Nübling et al., 2006 (eng.))

 
http://www.copsoq.de/

COPSOQ: deutsche Standard Version

Der COPSOQ – Fragebogen ist ein Screening- Instrument zur Erfassung psychischer Belastungen und Beanspruchungen bei der Arbeit.
Die deutsche Version des Fragebogens wurde auf der Basis des dänischen und englischen Copenhagen Psychosocial Questionnaire entwickelt und 2003 – 2004 an einer breiten Stichprobe von 2561 Beschäftigten erprobt. Wissenschaftliches Ziel war die umfassende Prüfung der Messqualitäten des Fragebogens, d.h. seiner Eignung zur Erfassung psychosozialer Faktoren bei der Arbeit.
Praktisches Ziel war daneben die Erstellung eines verkürzten Instrumentes, das allen Interessierten in Praxis und Forschung kostenfrei zur Verfügung gestellt wird. Das Ausfüllen der verkürzten Version dauert ca. 15-20 Minuten. …

Es gibt Erhebungsverfahren (Fragebögen usw.) wie Sand am Meer. COPSOQ bietet insbesondere den Vorteil einer guten Vergleichbarkeit innerhalb Europas. Bei der Auswertung bieten auch die Ämter für Statistik Dienstleistungen an.
 


Claudia Stenner: Arbeitswissenschaftliche Analyse der psycho-mentalen Belastung in der öffentlichen Verwaltung, Diplomarbeit, 2007-08-03 (Anwendung des COPSOQ)
http://opus.haw-hamburg.de/volltexte/2008/556/pdf/arb_y_235.pdf

Tausendmal diskutiert und doch ist nichts passiert?

  • Resch, M. & Blume, A., 2004: Tausendmal diskutiert und doch ist nichts passiert? Computer-Fachwissen 2/2004, 9 – 14 und 3/2004, 8 – 13. (In einer Datei zusammengefasst: Resch-Blume-inCF2004-02u03.pdf)
  • Manuel Kiper, 2006: Psychische Belastungen, Computer-Fachwissen 7-8/2006

Prüfliste

Prüfliste zum Erkennen psychischer Fehlbelastungen (für Betrieb/Abteilung _____, Tätigkeit _____, Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer: _____)
Welche Merkmale treffen zu?

  1. Tätigkeit, deren Ausführung durch technische/technologische Bedingungen oder organisatorische Regelungen detailliert festgelegt ist: Eine Einflussnahme durch den Beschäftigten ist kaum möglich.
  2. Tätigkeit, die auf Grund ihres hohen Arbeitsanfalls nur unter sehr hohem Einsatz und/oder erheblichem Zeit- bzw. Termindruck qualitätsgerecht ausgeführt werden kann.
  3. Tätigkeit, die aus extrem kurzen und gleichartigen Handlungen (Zyklus <3 Minuten) besteht und die eine ständige Aufmerksamkeit erfordert.
  4. Tätigkeit, bei der in extrem hoher oder in extrem niedriger Dichte anfallende Informationen zu erfassen sind.
  5. Tätigkeit mit sehr hoher Verantwortung für Leben und Gesundheit anderer Menschen und/oder für sehr hohe materielle Werte.
  6. Tätigkeit mit hoher emotionaler Inanspruchnahme z.B. durch
    1. den ständigen Umgang mit anderen Menschen (z.B. kunden, Patienten, Schüler), bei dem soziale Kontakte in der Regel konfliktbehaftet sind,
    2. Umgang mit Krankheit, Verletzung oder Tod,
    3. permanentes Zeigen positiver Emotionen.

Quelle: Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, 2009

Komplexe Abhängigkeiten machen psychisch krank

http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/komplexe-abh.html (2010-03-23):

23. März 2010
Komplexe Abhängigkeiten machen psychisch krank
BPtK-Studie zu psychischen Belastungen in der modernen Arbeitswelt

Metaanalysen belegen, dass Erwerbstätige bei der Kombination aus hohen Anforderungen (z. B. Zeitdruck, Komplexität der Aufgaben, Verantwortung) und geringem Einfluss auf den Arbeitsprozess überdurchschnittlich häufig psychische Erkrankungen entwickeln. Weitere Studien zeigen eine Häufung psychosomatischer Beschwerden, wenn ein gravierendes Ungleichgewicht zwischen Einsatz im Beruf (“Verausgabung”) und Entlohnung sowie Anerkennung (z. B. Gehalt, Wertschätzung der Person, Aufstiegschancen, Arbeitsplatzsicherheit) besteht. Neueste Studien weisen nach, dass eine hohe Arbeitsintensität (Zeitdruck, Störung des Arbeitsablaufs und wenig Möglichkeiten, Aufgaben an andere zu delegieren) das Risiko erhöht, an einer Depression zu erkranken.