Ideentreffen

Auf die folgende Veröffentlichung wurde ich durch arbeitstattstress.de aufmerksam. Die DGUV bietet hier mehr, als der Titel verspricht. Die Tipps können auch Teams in Großunternehmen helfen. So ein “Ideentreffen” kann man nicht nur für Gesundheitsthemen, sondern auch in Projekt-Retrospektiven (lessons learned) einbauen.
http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/i-7010-1.pdf

Gesund und fit im Kleinbetrieb
Arbeiten: entspannt, gemeinsam, besser
So geht´s mit Ideen-Treffen
Tipps für Wirtschaft, Verwaltung und Dienstleistung

Abgehängter Arbeitsschutz

In http://www.arbeitstattstress.de/2012/06/gesundheitsvorsorge-im-betrieb/ fragte Stephan List vor einem Jahr zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement:

… Warum ist dieses Thema eigentlich nicht bei der Arbeitssicherheit “aufgehängt”? Haben sich die Sicherheitsfachkräfte da “abhängen” lassen, freiwillig oder unfreiwillig? …

Die Frage müsste häufiger gestellt werden. Parallel dazu versucht das FDP-geführte Wirtschaftsministerium mit Werbung für die betriebliche Gesundheitsförderung und einem Präventionsförderungsgesetz das CDU-geführte Ministerium für Arbeit (usw.) abzuhängen, das wohl noch immer nicht weiß, wie man die Vorschriften für den Arbeits- und Gesundheitsschutz auch wirklich durchsetzt.
Selbst Ursula von Leyen zufolge hält sich nur ein Drittel der Unternehmen in Deutschland an die Vorschriften des ganzheitlichen Arbeitsschutzes, aber – wie List berichtet – einer Studie von EuPD Research zum betrieblichen Gesundheitsmanagement (hier wird auf Haufe Bezug genommen) zufolge wollen drei Viertel der befragten Betrieben bereits ein betriebliches Gesundheitsmanagement eingeführt haben. Gesundheitsmanagement hat ja auch einfach mehr Sex als die dröge Arbeitssicherheit und der anspruchsvolle Arbeitsschutz mit seinem (so behauptet es zumindest die Bundesarbeitsministerin) “knallharten Strafkatalog”. Aus diesem Katalog ist allerdings wohl noch keines der Unternehmen, die den Einbezug psychischer Belastungen in ihren Arbeitsschutz ausbremsen dürfen, bestraft worden. Der Katalog ist ein Popanz.
Nach meinem Eindruck dominiert im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) die bei Arbeitgebern beliebtere Verhaltensprävention, mit der sich Unternehmen dann vorzeigbar fürsorglich den einzelnen Mitarbeitern widmen können. Netterweise werden dabei auch gerne außerbetriebliche Probleme der Mitarbeiter angesprochen, damit deutlich gezeigt werden kann, dass psychische Erkrankungen nicht nur durch fehlbelastende Arbeitsplätze entstehen.
Zum Geschäft des Gesundheitsmanagements passt, dass für die Zertifizierung von Gesundheitsmanagementsystemen jetzt nach Standards wie die DIN SPEC 91020 geworben wird. Der Standard entstand im PAS-Verkahren, also ohne den bei anständigen Normen besser gesicherten Konsens der von dem Standard betroffenen Interessenten. Bevor die Show mit dem Gesundheitsmanagement startet, müssen die Arbeitgeber ihre Hausaufgaben doch erst einmal im Arbeits- und Gesundheitsschutz machen.
Im Gesundheitsmanagement und in der Gesundheitsförderung dominiert die Verhaltensprävention, obwohl die Regeln des modernen Arbeitsschutzes seit 1996 der Verhältnisprävention den Vorrang geben, bei der man Probleme im Bereich der von den Arbeitsbedingungen ausgehenden psychischen Belastungen nicht so einfach in die “Eigenverantwortung” und “Eigenvorsorge” der Arbeitnehmer abschieben kann, die sich dann auch noch selbst gegen die Selbstausbeutung wehren sollen, die von ihnen erwartet wird.
Die korrekte Maßnahmenhierarchie schmeckt vielen Arbeitgebern nicht. Mit den verkehrten Prioritäten in ihrem Gesundheitsmanagement, in dem der Arbeitsschutz und somit die Arbeitsschützer nur eine Nebenrolle spielen, lässt sich dann das werbewirksame Employer Branding viel einfacher betreiben. Die Regeln des Arbeitsschutzes ziehen dabei dann nicht mehr so viel Aufmerksamkeit auf sich.

Expertengespräch zu psychischen Erkrankungen

Wieder mal etwas Interessantes in Stephan Lists Blog: http://www.arbeitstattstress.de/2013/03/expertengespraech-zu-psychischen-erkrankungen-im-betrieb/.
21 Minuten Video. Fast schon ein Lehrvideo. Von der Buchmesse in Leipzig? Ausgewogene und kompetente Moderation durch Stephan Rohn. Gut, mit Michael Vollmer auch mal einen Betriebarzt zu sehen, der Mängel bei der Gefährdungsbeurteilung beschreibt. Die Gefährdungsbeurteilung ist auch für Dirk Windemuth ein wichtiges Instrument.
Wichtig: Das Thema ist “psychische Erkrankungen”, nicht nur “psychische Belastung”. Diese Themen werden gut getrennt, die Zusammenhänge aber gut dargestellt.

Wie kann Weiterbildung helfen?

http://www.facebook.com/Trainingaktuell/posts/511655065524082

#TrainerInfo: Das Echo auf den gestern veröffentlichten “Stressreport 2012” ist groß. 43 Prozent der Befragten gaben darin an, zunehmend unter Stress im Job zu leiden. Als wichtigste Gründe wurden Multitasking, Termindruck und Monotonie benannt.
Was meinen Sie: Wie kann Weiterbildung helfen? Wo muss Personalentwicklung ansetzen?

(http://www.arbeitstattstress.de/2013/01/ein-wort-an-die-personalentwickler-weiterbildung-und-psychische-gesundheit/ hatte mich auf diesen Facebookeintrag aufmerksam gemacht.)

Hundts Eristik durchschaut

(überarbeitet: 2012-01-30)
Schopenhauer sammelte in weiser Voraussicht seine Kunstgriffe der Eristischen Dialektik, um beispielsweise Dieter Hundts Versuche damit durchschaubar zu machen. Hundts versucht, damit zu argumentieren (http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/stressreport-streit-um-burnout-vorbeugung-a-880314.html),

… dass Beschäftigte seltener an psychischen Erkrankungen leiden als Nichtbeschäftigte. “Daher ist es auch falsch, psychische Erkrankungen vorrangig auf Arbeit zurückzuführen, das Gegenteil ist richtig.” …

Hundt ist intelligent genug, zu wissen, dass er damit das Publikum täuscht. Er weiß, dass es nicht um die Behauptung geht, dass Arbeit krank mache, sondern die an die Arbeitgeber gerichtete Kritik auch des Bundesarbeitsministeriums richtet sich gegen deren langjährige Vernachlässigung der vorgeschriebenen Erfassung und Bewertung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Es geht da noch gar nicht darum, allen psychischen Belastungen eine schädliche Wirkung zuzuschreiben, sondern es besteht die von sehr vielen Arbeitgebern inzwischen wissentlich missachtete gesetzliche Forderung, überhaupt erst einmal genau hinzusehen: Sehr angestrengt versuchen diese Arbeitgeber nun, Gefährdungsbeurteilungen zu vermeiden, mit denen gelegentlich auch einmal Haftungsgründe für eine vom Arbeitgeber zu verantwortende Körperverletzung dokumentiert werden könnten. Von dieser Pflichtverletzung lenkt Hundt beharrlich ab.
Hundts ständig wiederholtem rhetorischen Trick widmet auch Stephan List ein paar Worte: http://www.arbeitstattstress.de/arbeit-und-psychische-erkrankungen/

… Zunächst stellt er fest, dass laut Studien mehr psychische Erkrankungen bei Erwerbslosen vorkämen als bei Erwerbstätigen. Somit sei klar, dass Arbeit gar nicht die Ursache von psychischen Erkrankungen sein könne.
Hier hat einer seinen Schopenhauer sorgfältig studiert (“Die Kunst, Recht zu behalten”). Wenn Sie lange genug suchen, dann werden Sie auch den passenden rhetorischen Trick finden, den Herr Hundt hier angewandt hat. Natürlich ist es unzulässig, diesen Bezug herzustellen, aber im ersten Moment erzielt er Wirkung und darauf kommt es an. …

Siehe auch: http://blog.psybel.de/bewertung-psychischer-fehlbelastungen-ist-pflicht/#Belastungsquellen

Anti-Stress-Verordnung als Weckruf

Ich habe http://blog.psybel.de/arbeitgeber-gegen-anti-stress-verordnung/ überarbeitet und aktualisiert.
 
Das der Entwurf der IGM einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit irgendwann einmal zu einer tatsächlichen Verordnung wird, glaube ich nicht so recht. Das Fuchteln mit dem Verordnungsknüppel ist aber eine Möglichkeit, das Thema der psychischen Belastung ein bisschen konkreter in das Gespräch zu bringen.
Das eigentliche Problem bringt Stephan List in seinem Blog auf den Punkt:
http://www.arbeitstattstress.de/2012/07/anti-stress-verordnung-ja-oder-nein/

Warum neue Vorschriften, wenn noch nicht einmal die alten umgesetzt werden? Worin bestehen denn die Erkenntnislücken, von denen das Ministerium spricht?

Genau das sind die richtigen Fragen. Es gibt zum Beispiel gute Anweisungen an Aufsichtsbeamte. Die Kontrolleure, die ich kenne, möchten das auch liebend gerne umsetzen, aber irgendwie schien das bisher politisch nicht so recht gewünscht gewesen zu sein. Eine Gewerbeaufsichtlerin meinte einmal zu mir, sie dürfte erst tätig werden, wenn die Mitarbeiter eines Unternehmens aus dem Fenster springen. Einer ihrer Kollegen machte seinem Frust sogar öffentlich Luft.
Wenn man sich ansieht, seit wann sich die Arbeitgeber mit dem Thema der psychischen Belastungen auseinandersetzen, dann wird klar, dass sich seit spätestens 2005 die Mehrheit der Arbeitgeber ziemlich bewusst entschlossen hat, bestehende Vorschriften nicht umzusetzen. Sie konnten das, weil politisch ausgebremste Aufsichtsbehörden nicht ausreichend kontrollieren durften. Wenn Ursula von der Leyen beklagt, dass etwa 70% der Unternehmen das Thema der seelischen Belastungen “schleifen ließen”, dann beklagt sie damit das Versagen der Aufsicht. Verantwortlich ist ein breites rot-grün-schwarz-gelbes Spektrum von überforderten und desinteressierten Politikern.
 
Noch einen guten Blog-Beitrag finden sie hier:
http://www.persolog-blog.de/allgemein/anti-stress-verordnung-fuer-gesunde-mitarbeiter/

Anti-Stress-Verordnung für gesunde Mitarbeiter?
Artikel von Anna Dieckhoefer ….

 
Eine weitere Bloggerin ließ sich von der IGM überzeugen:
http://youpec.de/blog/2012/07/gesetzliche-regelung-des-feierabendverkehrs-im-email-postfach/

„So ein Quatsch“. Damit war meine spontane Privatmeinung bis jetzt knapp aber treffend zusammenzufassen. …

… Die europäische Sozialpartnervereinbarung von 2004 zu Stress am Arbeitsplatz beinhaltet keine verbindlichen Richtlinien. Trotzdem gibt es konkrete gesetzliche Vorgaben zur Verminderung von Stress am Arbeitplatz inzwischen in 13 EU-Ländern. Deutschland gehört nicht dazu. …

… So viel also zu meiner Anfangsmeinung… Anscheinend ist die Idee der gesetzlichen Regelung doch nicht so verkehrt.
Die IG-Metall hat nun in Form einer „Anti-Stress-Verordnung“ auch eine etwas konkretere Diskussionsgrundlage im Hinblick auf Regelungen zum Thema “arbeitsbedingter Stress” vorgelegt. Darin wird u.a. auch der „Gefährdungsfaktor Arbeitszeitgestaltung“ berücksichtigt (S.13f). …

 
PS: Die Gewerkschaft scheint’s ernst zu meinen: Ich kann den Entwurf vom Gewerkschafts-Server nicht herunterladen. Wochenendarbeitsverbot? Mein Server läuft noch. Hier ist eine Kopie: http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/07/docs_ig_metall_xcms_188529__2.pdf.