Heutige Arbeitswelt macht krank

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Claus Leggewie (im Gespräch mit Britta Bürger) sieht gesellschaftliche Ursachen für Burn-Out
Dass die Fälle von Burn-out und Depressionen zunehmen, liegt zum Teil auch an den Bedingungen in der heutigen Arbeitswelt, sagt der Kulturwissenschaftler Claus Leggewie. Hier helfe den Betroffenen, “wenn sie Teil wären von etwas in ihrem Arbeitsprozess, für das es sich lohnt, tätig zu sein”. …

Hier ein Ausschnitt aus dem Interview:

Bürger: Aber man kann doch innerhalb der Therapie sicher davon ausgehen, dass ein depressiver Patient oder jemand, der unter Burn-out leidet, tatsächlich auch seine sozialen Probleme im Umfeld überdenkt – die Doppel- und Dreifachbelastung am Arbeitsplatz und in der Familie, Mobbing im Betrieb, Konkurrenz und all diese Probleme. Das ist doch ziemlich unrealistisch aber, dass sich jemand, der sich ohnehin gerade schwach fühlt, dann auch noch mit seinem Chef anlegt.
Leggewie: Es geht nicht darum, die Menschen jetzt gewissermaßen in ein freiwilliges ökologisches oder soziales Jahr zu schicken und zu sagen, daraus könnt ihr wieder Motivation schöpfen, überhaupt nicht. Es geht darum, sie nicht nur widerstandsfähiger, sondern auch widerständiger zu machen gegen Verhältnisse, die sie immer wieder krank machen werden.

Wie viele Menschen, so denkt auch Britta Bürger nur an Verhaltensprävention; die seit 1996 im Arbeitsschutz für psychisch wirksame Belastungen vorgeschriebene Verhältnisprävention ist bei ihr (wie bei der Masse der Journalisten) noch nicht angekommen.
Passend dazu fehlt in der Welt der Journalisten oft auch das Wissen über Betriebsräte. Zumindest in Betrieben mit Betriebsräten müssen sich nicht Mitarbeiter mit dem Chef anlegen, sondern der Betriebsrat muss das machen. Außerdem ist oft der Chef selbst in der Bredouille, insbesondere wenn es sich um die unteren Führungsebenen handelt. Betriebsräte betreuen heute auch diese Chefs als ihre Klienten, denn hier sind die Risiken psychischer Fehlbelastungen besonders hoch.
Claus Leggewies Antwort. “Es geht darum, sie nicht nur widerstandsfähiger, sondern auch widerständiger zu machen gegen Verhältnisse, die sie immer wieder krank machen werden.” Er spricht damit die Stärkung der individuellen Resilienz an (Verhaltensprävention), aber auch den Widerstand gegen krankmachende Arbeitsbedingungen (Verhaltensprävention). Leggewie und Bürger ist leider nicht bekannt, dass es in den gesetzlichen Rahmen für die Widerständigkeit bereits seit 1996 gibt. So richtig vorwerfen kann man das Beiden aber auch wieder nicht, denn selbst die meisten Betriebsräte tun sich noch schwer damit, die Möglichkeiten des ganzheitlichen Arbeitsschutzes zu verstehen.
Zur Arbeitswelt siehe auch:

 

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