Halbbildung (forts.)

http://www.hauptsache-bildung.de/2012/schlusselthema-burnout-abschlussinterview-mit-burnoutexperte-manuela-starkmann/#more-5283

… Jeder Mensch ist verschieden. Das ist zwar ein Satz, den ich oft höre, doch ich vermisse die dazugehörige, individuelle Behandlung. Man bekommt nun mal seine Mitarbeiter nicht durch das gleiche Raster. Da kann man noch so viele standardisierte Personalbefragungsbögen haben. Mitarbeitergespräche sollten aus einer Mischung grundsätzlicher Einheitlichkeit sowie Anerkennung der persönlichen Stärken bestehen. …

Die gut klingende Aussage, dass jeder Mensch verschieden sei und individuelle Behandlung brauche, finden wir in Argumentationsmustern, die oft als Einwand gegen Verhältnisprävention verwendet werden. Verhältnisprävention sichert die Verhältnisse, die die verschiedenen Menschen brauchen. Menschen legen sowohl auf individuelle Behandlung wert wie auch auf gerechte Gleichbehandlung. Es kommt hier immer auf die Situation an.
Manuela Starkmann will Burnoutexpertin sein, weiß aber nicht, dass Mitarbeiter in den Unternehmen bisher vorwiegend “individuell behandelt” wurden, wenn es um Burnout und um psychische Erkrankungen ging. Hier wird also am ganz falschen Baum gebellt, denn nicht die Zuwendung zum Individuum fehlt, sondern strukturelle Verbesserungen wird ausgewichen. Praktischerweise konnten Arbeitgeber damit ihre Verantwortung zu individuellen Mitarbeitern verschieben, ohne auf kranke Strukturen in ihrem Unternehmen schauen zu müssen. Darum gab es in der Wirtschaft eher starken Widerstand gegen die Verhältnisprävention. Aber der Verhaltensprävention mit ihrer ach so liebevollen Hinwendung zum einzelnen Menschen wandten sich Unternehmer wohl schon im Paläolithikum allzu gerne zu.
Die Burnoutexpertin Starkmann vermittelt also wieder nur Halbbildung: Standardisierte Personalfragebögen beruhen auf Grundlagen, die verschiedenen Menschen gemeinsam akzeptierten. Es geht auch nicht darum, Menschen durch ein gleiches Raster zu bekommen, sondern im Arbeitsschutz geht es darum, die Qualität der Arbeitsplätze (Arbeitsbedingungen) von Menschen zu untersuchen. Starkmann versucht den alten Trick, Mitgefühl mit den geplagten Individuen zu zeigen und die Verhältnisprävention als etwas Unpersönliches darzustellen, das persönliche Stärken vernachlässigt. Das ist Unsinn. Verhältnisprävention setzt an den Rahmenbedingungen an, die wir zur Entfaltung unserer persönlichen Stärken brauchen. Übrigens: Ein menschliches Umfeld muss auch persönliche Schwächen erlauben.
In die Esoterik-Kategorie kommt Frau Starkmann wegen dieses Artikels: http://blog.psybel.de/2012/06/18/ursache-halbbildung/

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