Erst einmal die vorhandenen Arbeitsschutzregeln durchsetzen

http://www.igmetall.de/cps/rde/xchg/SID-4C613046-9BAEA969/internet/style.xsl/psychische-belastung-am-arbeitsplatz-9358.htm

Psychische Belastung am Arbeitsplatz
Wir brauchen Schutz vor Stress
24.01.2012 – Die IG Metall ist ein wesentlicher Treiber beim Thema Arbeitsstress. Sie fordert mit ihrer Anti-Stress-Initiative, dass es endlich eine verbindliche Verordnung gibt, an die sich die Unternehmen halten müssen. Denn die Erfahrung zeigt: Die bisherige “freiwillige Rahmenvereinbarung” bringt so gut wie nichts.

Das Arbeitsschutzgesetz setzt bereits den heute von der IGM geforderten vorgeschriebenen Rahmen. An den haben wir uns zu halten. Das ist nicht freiwillig.


Die “Anti-Stress-Initiative” der IG Metall hat das Ziel, den Schutz vor psychischer Gefährdung in der Arbeit in eine konkrete Verordnungen zu fassen. Das Arbeitsschutzgesetz gibt dafür den Rahmen vor. “Ich fordere Arbeitsministerin Ursula von der Leyen auf, die Schutzlücke bei psychischen Gefährdungen zu schließen”, sagte Hans-Jürgen Urban auf einer Pressekonferenz in Berlin. Es geht Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, um eine Verbindlichkeit, an die sich Arbeitgeber halten müssen.

(Links nachträglich in das Zitat eingefügt)
Die Verbindlichkeit gibt es doch schon längst. Neue und zusätzliche betriebsübergreifende Regelungen bergen die Gefahr in sich, dass man sich hier auf niedrigstem Niveau einigt und dann Alle meinen, ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Gewerkschaften, Arbeitgeber, Bundesarbeitsministerin usw. sehen dann gut aus, aber den Menschen in den Unternehmen hilft das nicht.
Hier verstehe ich die Forderungen meiner Gewerkschaft nicht (oder ich verstehe sie vielleicht auch nur falsch). Der Schwerpunkt der Arbeit muss doch darauf liegen, dass überhaupt erst einmal die bestehenden Arbeitsschutzregeln eingehalten werden und genügend Aufsichtspersonal zur Verfügung steht. Diese Fachleute müssen dann den Arbeitsschutz in den Betrieben wirklich aufmerksam und nachhaltig beaufsichtigen dürfen. Auch müssen die Arbeitnehmervertreter (Betriebs- und Personalräte) verstehen, dass Arbeitsschutzrechte unabdingbar sind. Arbeitnehmervertreter haben beim Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz die Pflicht zur Mitbestimmung.
Die IGM schreibt doch selbst:


Der Gesundheitswissenschaftler und Leiter der Forschungsgruppe Public Health, Rolf Rosenbrock, erklärt: “Das zentrale Problem ist nicht das Fehlen von allgemeinen gesetzlichen Vorschriften oder Mängel an gesichertem Wissen. Sondern der Unwille in der Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland, den Vorschriften zu folgen und das Wissen zu nutzen.” Aus seiner gesundheitswissenschaftlichen und -politischen Sicht begrüßt er jede Initiative, die die Thematik auf die betriebliche und politische Tagesordnung bringt.

Aber dann wieder:

…Ohne Regeln und Kontrolle passiert zu wenig. 68 Prozent der IG Metall-Betriebsräte gaben in einer Umfrage an, dass seit der Wirtschaftskrise Stress und Leistungsdruck stark oder sehr stark zugenommen haben. Ein wirklich wirksamer Schutz der Beschäftigten kann nur zustande kommen, wenn es Regeln gibt, die zum Handeln führen. Alle Akteure brauchen dafür einen verbindlichen Rahmen.

Die fehlende Kontrolle ist aus meiner Sicht das Hauptproblem. Es ist einfach so, dass der Zwang zur Erfüllung gesetzlicher Regeln das wichtigste Motiv von Unternehmern ist, sich mit psychosozialen Risiken im Betrieb zu befassen. Die Regeln gibt es, den Zwang nicht. Ohne Durchsetzung sind die Regeln für die Tonne. Gesetze zum Vorzeigen haben wir schon genug. Nicht die Regeln fehlen, sondern ihre Durchsetzung in einem Land, in dem wir uns schon zu sehr an einen sehr “flexiblen” Umgang mit rechtlichen Verpflichtungen gewöhnt haben. Der “Unwille in der Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland, den Vorschriften zu folgen” sollte in einem Rechtsstaat keine unüberwinbare Hürde sein.
Falls Sie es in diesem Blog noch nicht gelesen haben sollten: Die Mehrheit der Arbeitgeber durfte seit 1996 (und auch nach der Konkretisiertung im Jahr 2004 durch das BAG) ohne ein Einschreiten der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaften straflos ihre Pflicht zum Einbezug psychisch wirksamer Belastungen missachten.
Die mangelnde Thematisierung dieser Tatsache in den Medien zeigt aber, dass diese Art der Rechtsbruchs bei uns heute schulterzuckend toleriert wird. Unternehmer, die die Schutzrechte von Arbeitnehmern ignorieren, gehören wohl zur akzeptierten Lebenswirklichkeit und scheinen journalistisch uninteressant zu sein.
Siehe auch: http://blog.psybel.de/petition20090202/

Schreibe einen Kommentar