BGM besser als der Arbeitsschutz?

Ulrich F. Schübel
Institut fÜr Veränderungsmanagement, Unternehmensentwicklung und Training
http://www.gesundheitswirtschaft.ihk.de/linkableblob/1858566/.4./data/Betriebliches_Gesundheitsmanagement_als_Management_und_Fuehrung-data.pdf;jsessionid=3DCE9D04D3CCDC87EFDCCEFF4193F8E5.repl2 (2012-04)


Gesundheit als Managementaufgabe
Defizite der Vergangenheit
Traditionelle Vorgehensweisen im Rahmen eines Arbeits- und Gesundheitsschutzes

  • konzentrieren sich auf eine Verringerung schädigender oder gefährdender Arbeitsbedingungen,
  • vernachlässigen Verhalten der Mitarbeiter ebenso wie psychische und soziale Aspekte von Gesundheit,
  • siedeln Bemühungen zur Gesunderhaltung in der Regel bei Spezialisten an (z.B. Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz).
  • Resultierendes Defizit: Etablierung von Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung auf Basis eines umfassenden Managementsystems und Verknüpfung mit bereits existierenden Managementsystemen gelingt nicht oder nur sehr unzureichend.

    Diese Darstellung erweckt den Eindruck, dass das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) mehr böte, als der Arbeitsschutz. BGM ist aber keine Alternative zum Arbeitsschutz. Sondern Arbeitsschutz ist die Voraussetzung für BGM: Bevor ein BGM eingerichtet wird, müssen überhaupt erst einmal die grundlegenden Hausaufgaben im Arbeitsschutz erledigt werden. Das ist die Pflicht. Niemand hindert Unternehmer daran, ein über den Arbeitsschutz hinausgehendes BGM einzurichten. Das wäre dann die Kür.
    Der Arbeitsschutz konzentriert sich bewusst auf eine Verringerung schädigender oder gefährdender Arbeitsbedingungen. Die Regeln des Arbeitschutzes (und die Urteile dazu) berücksichtigen die psychischen und sozialen Aspekte von Gesundheit sehr wohl, aber die Mehrheit der Arbeitsgeber hat die vorgeschriebene verhältnispräventive Umsetzung vernachlässigt. Ihnen ist vielleicht ihr traditioneller Ansatz lieber: Mit diesem verhaltenspräventiv Ansatz werden die Mitarbeiter fürsorglich belagert. Genau diesen das Individuum bedrängenden Ansatz will der moderne, ganzheitliche Arbeitsschutz verändern. Dazu gibt es eine flexible Rahmengesetzgebung, innerhalb der Arbeitgeber und Arbeitnehmer betriebsnahe Lösungen vereinbaren können.
    Es gibt auch Managementsysteme für den Arbeitsschutz und Normen dazu, z.B. OHSAS 18001 und ILO-OSH. Aber sie werden oft nicht “gelebt”, denn ihre Umsetzung erfordert eine Veränderung von traditionellen Führungsstrukturen und Führungsstilen. Beispielsweise macht der Fokus auf die Arbeitsbedingungen Führungsverhalten transparenter. Das passt nicht zu jedem Führungsstil. Der Arbeitsschutz erhöht die unternehmerische Verantwortung. Die Beschreibung von bisher unbeobachteten Gefährdungen kann zudem zu Haftungsproblemen führen, denen Arbeitgeber bisher auszuweichen versuchten.
    Das BGM wird traditionelleren Ansätzen eher gerecht: Der Fokus liegt wieder auf der Veränderung der Mitarbeiters und der Anpassung ihrer Arbeitsfähigkeit an das “System Arbeit”. Die traditionelle Zuwendung zu einzelnen Mitarbeitern ist ja eine feine Sache, aber wenn vorher gar nicht erst probiert worden ist, sich an die Regeln des Arbeitsschutzes zu halten, dann bekommt diese individuelle Fürsorge ein Glaubwürdigkeitsproblem.
    Vielleicht sind Arbeitgeber offener gegenüber dem BGM, weil sie meinen, es besser kontrollieren zu können. Insbesondere zusammen mit der Mitbestimmung sehen viele Unternehmer im modernen Arbeitsschutz eine Beeinträchtigung ihrer unternehmerischen Freiheit.

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