B5 aktuell: Stress am Arbeitsplatz

Die Diskussionssendung Sonntags um 11 auf B5 aktuell widmet sich am Sonntag (2011-10-02, Zeit: etwa 11:30 bis 12:00) zwei Themen, eines davon ist “Risiko Burnout: haben Sie zuviel Stress am Arbeitsplatz?. (Zuvor gibte es noch ein Stress-Thema: “Erweiterter Euro-Rettungsschirm: kann Europa jetzt aufatmen?“.)
Zu Gast beim Moderator ist jede Woche ein leitender Redakteur einer bayerischen Zeitung. In dieser Sendung ist Rudi Wais (Berlin-Korrespondent der Zeitungen Augsburger Allgemeine, Main-Echo und Straubinger Tagblatt) zu Gast bei Andrea Böckmann.
Ein möglicher Anlass für die Themenwahl ist wohl, dass kürzlich Hans-Jürgen Urban von der die IG Metall vor den Folgen zunehmender psychischer Erkrankungen in der Arbeitswelt gewarnt und von Arbeitgebern und Politik mehr Bereitschaft zur Prävention gefordert hat (2011-09-28). Und zuvor gewann der erschöpfungsbedigte Rücktritt des Schalke-Trainers Ralf Rangnick Aufmerksamkeit in den Medien (2011-09-22).
B5-Hörer können unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 80 80 789 anrufen und sich an der Diskussion beteiligen. Nach der Sendung kann ein Podcast heruntergeladen werden.
Ich bin einmal gespannt, ob auch in dieser Diskussion ein wichtiger Grund für psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz trotz seiner guten Beobachtbarkeit vergessen wird: Immer noch kann der Großteil der Arbeitgeber (weitgehend ungestört von motivierten, aber politisch ausgebremsten Aufsichtseinrichtungen) die seit 1996 bestehende Pflicht zum mitbestimmten Einbezug psychischer Belastungen in den ganzheitlichen Arbeitsschutz missachten:

Es gibt noch viel zu viele Organisationen, die sich bei dem Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz zum “Jagen tragen lassen”, die sich viel zu wenig um die Gesundheit ihrer Beschäftigten sorgen und die sich sogar davor drücken, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes nachzukommen. Die entsprechenden Entscheidungsträger handeln in meinen Augen nicht nur grob fahrlässig, weil sie es versäumen, ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und für das Wohlergehen ihrer Beschäftigten Sorge zu tragen, sondern sie stellen auch leichtfertig – gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des sich abzeichnenden Fachkräftemangels – die Existenz ihrer Unternehmen aufs Spiel. 

Prof. Dr. Jochen Prümper, HTW Berlin in einem Interview
Das Thema Arbeitsschutz und die mit ihm eng verbundene Verhältnisprävention scheint Vielen immer noch zu unanschaulich zu sein. Verhaltensprävention mit netten Tipps für den Einzelnen ist wohl einfach mediengerechter darstellbar. Mal abwarten, wie es am Sonntag laufen wird.
 
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Nachbemerkung 2011-01-02: Das Format der Sendung lässt wohl nicht zu, die strukturellen Probleme genauer zu beleuchten, unter denen fehlbelastete Arbeitnehmer heute leiden. So überwogen wieder die Einzelschicksale, bis hin zur Erfahrung, dass Arbeit leichter fällt, wenn man dabei singt. Wie fast zu erwarten war, berichtete dann auch ein Teilnehmer, sein Psychiater habe ihm gesagt, er müsse sich verändern, die Firma werde sich nie verändern. Dieser Irrtum wird eben auch von den Betroffenen immer wieder neu gepflegt. Arbeitnehmer kennen eben immer noch weder ihre Rechte und Möglichkeiten, noch kennen sie die Pflichten von Arbeitgebern und Betriebsräten.
    Immerhin konnte ich aber am Telefon ein paar Hinweise geben: Podcast (Thema ab 28m42s, mein Beitrag ab 36m16s). Genauer hätte ich allerdings nicht von “Gefährdungsbeurteilungen” sprechen sollen, sondern von “ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilungen, in die psychisch wirksame Belastungen einbezogen werden”. Im Gegensatz zu den Gefährdungsbeurteilungen des technischen Arbeitsschutzes werden ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen (also mit Einbezug psychisch wirksamer Belastungen) nur bei wenigen Betrieben durchgeführt, obwohl die Arbeitgeber seit 1996 (und noch klarer nach BAG-Beschlüssen im Jahr 2004) dazu verpflichtet sind.
 

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