Arbeiten ohne Ende

http://www.monde-diplomatique.de/pm/2013/06/14.mondeText1.artikel,a0006.idx,1

[…] Arbeiten ohne Ende
Der Abschied vom Ruhestand
von Stephan Lessenich
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[Ruhestand:] Diese doppelte Freude auf Entpflichtung und Versorgung wird, so scheint es jedenfalls, den heute bereits älteren Menschen noch nicht vergehen. Doch den zukünftigen Generationen wird sie wohl nicht mehr beschieden sein. Der Ruhestand als soziale Institution und politische Errungenschaft der westeuropäischen Nachkriegsgesellschaften ist gegenwärtig auf dem besten – oder eher schlechtesten – Wege, historisch zu werden.
Mittlerweile haben all diese Gesellschaften mehr oder weniger weitreichende “Reformen” ihrer Alterssicherungssysteme in Angriff genommen. Sie laufen allesamt darauf hinaus, das Rentenzugangsalter zu erhöhen, das Leistungsniveau der öffentlichen Zuwendungen zu senken und die jüngeren Menschen verstärkt zu privater Altersvorsorge anzuhalten.
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Soziale Rechte sind im Grunde positionale Güter: Kommen sie tendenziell allen zugute, werden sie für die zuvor Privilegierten wertlos. Die suchen dann nach neuen Ressourcen und Instrumenten sozialer Distinktion – oder sie bemühen sich, den Kreis der Anspruchsberechtigten zu begrenzen. Aus Sicht dieser Privilegierten war die Garantie einer arbeitsfreien Versorgung breiter Bevölkerungsschichten schon immer ein sozialpolitischer Sündenfall. […]